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Glossar | Jüdisches Leben in Deutschland nach 1945 | bpb.de

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Glossar

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Abraham-Geiger-Kolleg: 1999 gegründet als erstes Rabbinerseminar in Deutschland nach dem Holocaust, Ausbildungsstätte für Rabbiner der liberalen Strömung

Arisierung: die Überführung jüdischen Eigentums in "arischen" Besitz

Auschwitz-Prozesse in Frankfurt ab 1963: die ersten großen Verfahren gegen NS-Verbrecher vor einem deutschen Gericht; die Prozesse prägten die Debatte um die deutsche Auseinandersetzung mit der NS-Vergangenheit. Sechs Strafprozesse fanden von 1963 bis 1966 in Frankfurt am Main statt, in den 1970er-Jahren gab es drei Nachfolgeprozesse.

Conference of Jewish Material Claims against Germany (Claims Conference): ist ein Zusammenschluss jüdischer Organisationen. Sie vertritt seit ihrer Gründung 1951 Entschädigungsansprüche jüdischer Opfer des Nationalsozialismus und Holocaust-Überlebender. Die Organisation hat ihren Sitz in New York City.

Diaspora: ist ein aus dem Griechischen kommender Begriff, bedeutet "Zerstreuung" und drückt in der jüdischen Tradition die Zerstreuung des jüdischen Volkes in der Welt aus. Diaspora bezeichnet zudem die Orte, in denen Jüdinnen und Juden außerhalb Israels leben.

Displaced Persons (DPs): Ist ein rechtlicher Status für Zivilpersonen, die sich aufgrund der nationalsozialistischen Eroberungs- und Vernichtungspolitik sowie der Auswirkungen des Zweiten Weltkrieges bei Kriegsende außerhalb ihres Herkunftslandes befanden. Zu den DPs gehörten auch die Gefangenen der nationalsozialistischen Konzentrations- und Vernichtungslager. Die Alliierten waren bestrebt, die DPs möglichst zügig in die Herkunftsländer zurückzubringen. Die Sowjetunion lehnte die DP-Definition ab und etablierte keine Sammelzentren (weder für jüdische noch nicht-jüdische Opfer nationalsozialistischer Verfolgung und Vertreibung) in ihrer Besatzungszone.

Eichmann-Prozess in Jerusalem 1961: Öffentliches und medienwirksames Gerichtsverfahren gegen den ehemaligen deutschen SS-Obersturmbannführer und maßgeblichen Organisatoren des Holocaust Adolf Eichmann, der zuvor von israelischen Agenten in Argentinien entführt worden war. Er wurde, zum Tode verurteilt und in der Nacht vom 31. Mai auf den 1. Juni 1962 hingerichtet.

Halacha: bedeutet "Weg" und wird als das praktische Religionsgesetz der Juden verstanden. Die Halacha beinhaltet das Recht, den Kultus sowie die Moralgesetze des Judentums. Die Bestimmungen der Halacha wurden ursprünglich mündlich überliefert, später schriftlich kodifiziert, vor allem in Mischna und Talmud.

Hochschule für Jüdische Studien in Heidelberg: gegründet 1979 zur Ausbildung von Rabbinern und Religionslehrern

Holocaust: siehe Shoah

IRO, International Refugee Organization, Nachfolgerin von UNRRA (siehe dort): die Internationale Flüchtlingsorganisation, eine Sonderorganisation der Vereinten Nationen, übernahm im Sommer 1947 von der UNRRA die Zuständigkeit für die DPs. Sie stellte ihre Arbeit am 31. Januar 1952 ein und wurde am 30. September 1953 offiziell aufgelöst. Sie wurde durch das Büro des United Nations High Commissioner for Refugees (UNHCR) ersetzt.

Jewish Agency (JA), seit 1948 JA für Israel: 1921 als Organisation der Zionistischen Weltorganisation (ZWO) gegründet. Die JA verstand sich als Interessenvertretung der in Palästina lebenden Juden und Jüdinnen bei der britischen Mandatsregierung, vor dem Völkerbund und ab 1947 vor den Vereinten Nationen. Nach der Gründung Israels (15. Mai 1948) wurde die JA in Zusammenarbeit mit der ZWO zum Bindeglied zwischen Israel und den in der Diaspora lebenden Juden und Jüdinnen.

Jewish Restitution Successor Organization (JRSO, auch IRSO, deutsch: Jüdische Restitutionsnachfolger-Organisation) mit Sitz in New York wurde 1948 von verschiedenen amerikanischen und internationalen jüdischen Organisationen gegründet. Ihr Ziel war es, in der amerikanischen Besatzungszone sowie im amerikanischen Sektor in Berlin die Restitution des erbenlosen Vermögens von Privatpersonen zu betreiben, welche als "jüdisch" rassisch verfolgt wurden und dadurch ums Leben kamen. In der britischen Zone war dafür die Jewish Trust Corporation for Germany (JTC) zuständig und in der französischen die Branche Française de la Jewish Trust Corporation.

Joint Distribution Committee: seit 1914 vor allem in Europa tätige Hilfsorganisation US-amerikanischer Juden. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde das Komitee als Zentralorganisation aller jüdischen Wohlfahrtsverbände die wichtigste Hilfsorganisation für die überlebenden jüdischen DPs in Deutschland, Italien und in den osteuropäischen Staaten.

Kiddusch: Der Segen, der am Schabbat und an jüdischen Feiertagen über einem Becher Wein gesprochen wird.

Kippa: Kopfbedeckung des jüdischen Mannes, die beim Gebet, rituellen Handlungen oder in der Synagoge aufgesetzt wird.

Kontingentflüchtlinge: sind in Deutschland Flüchtlinge, die in festgelegter Anzahl (Kontinent) nach Deutschland übersiedeln dürfen. Nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion hatten ab 1991 Jüdinnen und Juden aus der Sowjetunion und Menschen mit jüdischen Vorfahren aus deren Nachfolgestaaten die Möglichkeit, als Kontingentflüchtlinge nach Deutschland einzureisen.

Koscher: Kommt aus dem Hebräischen und meint "taugliche" Speisen, die den jüdischen Speisegesetzen entsprechen.

Luxemburger Abkommen: unterzeichnet am 10. September 1952: Globalentschädigung für Israel in Höhe von drei Milliarden DM sowie für die Claims Conference in Höhe von 450 Millionen DM, beinhaltete auch Verbesserungen der Entschädigungsgesetzgebung. Das Abkommen förderte die Annäherung an den Staat Israel und leistete einen wichtigen Beitrag zur internationalen Reputation des neuen, demokratischen Deutschlands.

Pogrom: Das russische Wort für "Massaker, Verwüstung" bezeichnet eine gewalttätige Verfolgung einer Minderheit mit Plünderungen und Morden durch eine aufgebrachte Gruppe von Menschen. Seit den mittelalterlichen europäischen Judenverfolgungen diente der Begriff Pogrom vor allem zur Bezeichnung von Massenausschreitungen gegen Juden. Die Verfolgung deutscher Juden am 9./10. November 1938 in Deutschland und die Zerstörung vieler Synagogen wird als "Reichspogromnacht" bezeichnet.

Restitution: Rückerstattung/Rückvergütung von während des Nationalsozialismus in Deutschland enteigneten und geraubten oder im Notverkauf weit unter dem Wert abgegebenen Vermögenswerten an ihre rechtmäßigen Eigentümer. Zunächst von den westlichen Alliierten und später der Bundesrepublik erlassene Gesetzgebung, insbesondere das Bundesrückerstattungsgesetz (BRüG) regelte diese Verfahren.

Rabbinerkonferenz: Eine Rabbinerkonferenz ist eine Vereinigung mehrerer Rabbiner, die sich mit religionsrechtlichen Fragen beschäftigt. In Deutschland bestehen zwei Rabbinerkonferenzen: die Allgemeine Rabbinerkonferenz Deutschland (ARK) und die Orthodoxe Rabbinerkonferenz Deutschland (ORD). Beide Rabbinerkonferenzen sind Gremien des Zentralrats der Juden in Deutschland. Die Allgemeine Rabbinerkonferenz vereinigt Rabbinerinnen und Rabbiner nicht-orthodoxer Strömungen des Judentums. Der Orthodoxen Rabbinerkonferenz gehören ausschließlich orthodoxe Rabbiner an.

Schtetl: überwiegend von Juden in Osteuropa vor dem Zweiten Weltkrieg bewohnter Ort/Gemeinschaft, in dem die Bevölkerung nach ihren eigenen jüdischen Traditionen lebte.

Shoah (hebräisch šô'ä· = Katastrophe): Die hebräische Bezeichnung für den Holocaust, den millionenfachen Mord an den Jüdinnen und Juden im Nationalsozialismus.

Stereotyp: vereinfachendes, verallgemeinerndes, klischeehaftes (Vor-)Urteil über eine bestimmte Gruppe von Menschen

Talmud: Die Auslegung, Kommentierung und Ergänzung der Tora durch rabbinische Gelehrte. Im traditionellen Judentum wird er als mündliche Lehre gesehen, die bereits Moses auf dem Berg Sinai zusammen mit der schriftlichen Lehre (Tora) übermittelt wurde.

Tora: bedeutet "Lehre" und ist im weitesten Sinne die Bezeichnung für die Lehre des Judentums, im engeren Sinne für die fünf Bücher Mose (im Christentum: Teil des Alten Testaments). In der Synagoge werden die Bücher Mose, die als Handschrift auf einer Pergamentrolle geschrieben sind und in einer besonderen Lade verwahrt werden, während eines Jahres im Gottesdienst verlesen.

Union progressiver Juden: Dachverband von 26 liberalen Gemeinden in Deutschland

United Nations Relief and Rehabilitation Administration (UNRRA): 1943 mit dem Auftrag gegründet, sich gemeinsam mit dem Alliierten Oberkommando um die Displaced Persons im zerstörten Nachkriegseuropa zu kümmern. Die UNRRA wurde 1947 aufgelöst, ihre Aufgaben übernahm die IRO.

Wiedergutmachung: Entschädigung – s. Definition im Text

Zentralrat der Juden in Deutschland: gegründet am 19. Juli 1950 in Frankfurt am Mai als Interessenvertretung der jüdischen Gemeinden und ihrer Mitglieder in Deutschland. Vorsitzender ist aktuell Dr. Josef Schuster.

Zentralwohlfahrtsstelle der Juden in Deutschland e. V. (ZWST): jüdische Sozialeinrichtung, 1951 gegründet als Einrichtung der Freien Wohlfahrtspflege mit Aufgaben in den verschiedensten Bereichen der Sozial- und Flüchtlingshilfe, der Alten- und Jugendarbeit bis hin zur Mitwirkung an der Sozialgesetzgebung

Zionismus: Ende des 19. Jahrhunderts entstandene jüdische Bewegung, die das Ziel hatte, einen selbstständigen Nationalstaat für das jüdische Volk zu gründen und die jüdische Identität zu festigen. Der Name der Bewegung bezieht sich auf die religiös-traditionelle Sehnsucht der Juden nach der Rückkehr nach Zion (Jerusalem)