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Wahlbeobachtung: Erste Erklärung der Assoziation GOLOS zu den Ergebnissen der Langzeitwahlbeobachtung der auf den 4. Dezember festgesetzten Wahlen zur Staatsduma der Russischen Föderation | Russland-Analysen | bpb.de

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Wahlbeobachtung: Erste Erklärung der Assoziation GOLOS zu den Ergebnissen der Langzeitwahlbeobachtung der auf den 4. Dezember festgesetzten Wahlen zur Staatsduma der Russischen Föderation

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Erste Erklärung der Assoziation GOLOS zu den Ergebnissen der Langzeitwahlbeobachtung der auf den 4. Dezember festgesetzten Wahlen zur Staatsduma der Russischen Föderation. Diese Erklärung ist der erste in einer Reihe von Berichten, die den Ablauf der Wahlkampagne untersuchen. Er umfasst den Zeitraum vom 30. August bis zum 25. Oktober 2011.

Erste Erklärung der Assoziation GOLOS

Diese Erklärung ist der erste in einer Reihe von Berichten, die den Ablauf der Wahlkampagne untersuchen. Er umfasst den Zeitraum vom 30. August bis zum 25. Oktober 2011.

Am 30. August ist der Erlass in Kraft getreten, der die Wahlen zur Staatsduma auf den 4. Dezember 2011 festgelegt hat.

I.Rechtliche Besonderheiten der Wahlen zur Staatsduma

Die Assoziation GOLOS stellt fest, dass das Gesetz »Über die Wahl der Abgeordneten der Staatsduma«, das seit 2007 einige unwesentliche Änderungen erfahren hat, die negativsten Veränderungen, denen die russische Wahlgesetzgebung in den vorangegangenen Jahren unterzogen wurde, beibehält. Diese sind:

  • Alle 450 Abgeordneten der Staatsduma werden in einem einheitlichen Föderalen Wahlkreis, also dem Wahlgebiet der Russischen Föderation, nach dem Verhältniswahlrecht gewählt.

Dies beraubt parteilose Bürger praktisch der Möglichkeit, für ein Abgeordnetenmandat zu kandidieren und Kandidaten zu nominieren.

  • Der zentrale Teil der Parteilisten darf bis zu 10 Kandidaten umfassen; die Mindestzahl der regionalen Kandidatengruppen beträgt 70.

Dies erhöht faktisch die arithmetische Hürde für eine Reihe von Gruppen, die Mandate anstreben (insbesondere bei Listen der Parteien, die die Sperrklausel nur knapp überwinden) und erhöht die Gefahr, dass ein Teil der Regionen in der Duma nicht vertreten ist.

  • Die Sperrklausel von 7% wird beibehalten.

Gleichwohl erhalten nach den neuen Bestimmungen Parteien mit 5-6% der Stimmen ein »Trostmandat« - an Stelle von bei einer Sperrklausel von 5% möglichen 23 Mandate -, während Parteien mit 6-7% zwei solcher Mandate (statt sonst möglicher 32) erhalten.

  • Die Wahlperiode der Staatsduma ist von vier auf fünf Jahre verlängert worden.

  • Die Wahlbürgschaft wurde abgeschafft.

Dies nimmt den nicht im Parlament vertretenen Parteien praktisch eine relativ sichere Möglichkeit, an den Wahlen teilzunehmen.

  • Die deutliche Bevorzugung der Parlamentsparteien bleibt weiterhin bestehen.

Neben dem Umstand, dass die Listen der Parlamentsparteien ohne zusätzliche Auflagen registriert werden (alle übrigen Parteien müssen zur Registrierung Unterschriftenlisten vorlegen), wird bei den Unterschriftenlisten der zulässige »Ausschuss« auf 5% der erforderlichen 150.000 Unterschriften festgelegt. Dabei werden nicht nur »gefälschte« Unterschriften zum Ausschuss gezählt (d. h. solche,die nicht von der angegebenen Person stammen), sondern auch »ungültige« Unterschriften (solche, die technische oder formale Mängel aufweisen).

  • Neu ist die Bestimmung, dass Parteien, die bei einer Dumawahl weniger als 3% der Stimmen erhalten haben bei der nachfolgenden Wahl ihren Anspruch auf kostenlose Sendezeit und Anzeigenspalten für Wahlwerbung verlieren.

Diese Bestimmung wird bei den gegenwärtigen Wahlen die Parteien »Jabloko« und »Patrioten Russlands« treffen. Die Partei »Rechte Sache« hat als neue Partei bei diesen Wahlen einen Anspruch auf kostenlose Sendezeit und Printfläche.

  • Zu den positiven Neuerungen gehören einige Sonderrechte für Menschen mit Sehbehinderungen.

Die Assoziation GOLOS weist darauf hin, dass die Wahlgesetzgebung der Russischen Föderation und das Gesetz »Über die politischen Parteien« durch die Schaffung eines zentral regulierten politischen Systems den politischen Wettbewerb praktisch zunichte gemacht haben.

So ist von 2007 bis 2011 mit Ausnahme der Partei »Rechte Sache«, die anstelle der Parteien »Union der Rechten Kräfte« (SPS), »Demokratische Partei Russlands« (DPR) und »Bürgerkraft« gegründet wurde, keine einzige politische Partei neu registriert worden. Dabei ist offensichtlich, dass die Gründung der »Rechten Sache« mit Unterstützung der Präsidialadministration erfolgte.

In den vergangenen Jahren endete der Versuch einer Parteineugründung unter anderem bei folgenden Parteien mit Ablehnung der Registrierung: »Partei der Tat« (Partija Dela), »Heimat - gesunder Menschenverstand« (Rodina - Sdrawyj Smysl), »Rot-Front«, bei der Partei »Freiheit« (Wolja), der Partei »Anderes Russland« und bei der »Partei der Volksfreiheit« (Partija Narodnoj Swobody - ParNaS).

Am 22. Juni erhielt die stärkste der »Nichtsystemparteien«, die »Partei der Volksfreiheit« (mit dem Parteimotto »Für ein Russland ohne Willkür und Korruption«), die in der Presse als ParNaS bezeichnet wird, einen abschlägigen Registrierungsbescheid.

Der Brief des Justizministeriums über die Ablehnung der staatlichen Registrierung ist in den Gremien dieser Partei geprüft worden. Nach Ansicht von ParNaS sind die dort aufgeführten Gründe für diesen Bescheid rechtswidrig, da sie grundlegenden Bestimmungen der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten widersprechen, die auf dem Gebiet der Russischen Föderation Gesetzeskraft hat. Die Konvention enthält eine erschöpfende Aufzählung der Gründe, mit denen eine Registrierung verweigert werden kann. Die vom Justizministerium angeführten Begründungen fallen eindeutig nicht unter die in der Konvention aufgeführten Kategorien.

II. Sammlung der Unterstützerunterschriften.

Den Informationen der regionalen Vertreter der Assoziation GOLOS zu Folge haben »Jabloko« in den meisten Regionen und die »Patrioten Russlands« in einem Teil der Regionen eine recht aktive Sammlung von Unterstützerunterschriften betrieben. Unterschriftensammlungen für die Partei »Rechte Sache« waren nur in einigen Regionen feststellbar. Insgesamt war, so die Ergebnisse der regionalen Wahlbeobachtung, die Unterschriftensammlung der Partei »Rechte Sache« im Vergleich zu allen anderen Parteien am wenigsten erkennbar. Gleichwohl war es ausgerechnet diese Partei, die am 14. Oktober als erste ihre 160.000 Unterschriften bei der Zentralen Wahlkommission eingereicht hat, wie Andrej Dunajew, Spitzenkandidat und geschäftsführender Vorsitzender der Partei, gegenüber Journalisten bekannt gab.

Bezeichnend ist, dass bei den derzeit geltenden Anforderungen an die Unterschriftensammlung die weniger bekannten Parteilisten und Kandidaten problemlos registriert werden, während populäre und wohlbekannte Vertreter der Opposition nicht selten abschlägige Bescheide erhalten. Dies macht deutlich, dass unter den derzeit geltenden Gesetzesbestimmungen und angesichts der Art ihrer Anwendung die Registrierung oder Nichtregistrierung im Wesentlichen vom guten Willen der zuständigen Wahlkommission und der Einstellung der entsprechenden Verwaltungsbehörden gegenüber dem jeweiligen Kandidaten oder seiner Partei abhängt.

Insgesamt ist zu konstatieren, dass die Sammlung der Unterschriften in allen Regionen mit großen Mühen verbunden war und in einer Reihe von Fällen durch die Justiz- und Sicherheitsbehörden aktiv behindert wurde. Nach Angaben der regionalen Parteistellen schrecken Bürger davor zurück, unbekannten Personen die Tür zu öffnen; sind zudem verwundert, dass sie persönliche Angaben in die Unterschriftenblätter einzutragen haben und fragen mitunter nach der Vereinbarkeit dieses Verfahrens mit den Datenschutzgesetzen.

III. Aufstellung der Parteilisten. Gewährleistung der Rechte von Bürgern ohne Parteizugehörigkeit.

Nach 2007, als bei den Dumawahlen das reine Verhältniswahlrecht eingeführt wurde, sind in die Wahlgesetzgebung Bestimmungen symbolischer Art aufgenommen worden, die das passive Wahlrecht von Bürgern ohne Parteizugehörigkeit gewährleisten sollen. Es ist wohl klar, dass eine Partei nicht dazu gezwungen werden kann einen Kandidaten aufzustellen, der keinerlei Verbindung zu ihr hat, ihre Tätigkeit nicht unterstützt und ihre Ansichten nicht teilt. In keiner der Regionen jedoch hat die Assoziation GOLOS auch nur einen einzigen Fall feststellen können, in dem diese rein deklarative Norm erfolgreich umgesetzt worden wäre.

Die Rechtlosigkeit parteiloser Kandidaten ist besonders deshalb besorgniserregend, weil das Justizministerium in den letzten Jahren allen neugegründeten politischen Parteien (mit Ausnahme der Partei »Rechte Sache«) die Registrierung verweigert hat.

Nach Angaben der Zentralen Wahlkommission sind bei den Dumawahlen von 2011

  • in der Liste von »Einiges Russland« 184 von 599 Kandidaten parteilos;

  • in der Liste von »Rechte Sache« 71 von 313;

  • bei »Gerechtes Russland« 100 von 585;

  • bei der KPRF 60 von 594;

  • bei »Jabloko« 56 von 374;

  • bei den »Patrioten Russlands« 40 von 309 und

  • bei der LDPR nur 6 von 312.

Nach den vorliegenden Informationen ist in keinem dieser Fälle die Aufstellung formal parteiloser Kandidaten auf das erwähnte, im Gesetz beschriebene Verfahren eines Antrags an die Partei zurückzuführen, sondern auf andere Beziehungen zwischen den Parteilosen und der Parteiführung, etwa auf nur formale Parteilosigkeit eines erwünschten Kandidaten (so ist etwa Präsident Medwedew als Spitzenkandidat von »Einiges Russland« kein Parteimitglied), auf ein Sponsorenverhältnis oder auf die Tatsache, dass der gewünschte Kandidat wegen seiner Dienststellung kein Parteimitglied sein darf.

Nicht weniger besorgniserregend ist die Einschränkung der Rechte zur Mitwirkung bei der Nominierung der Kandidaten nicht nur füreinzelne Mitglieder, sondern auch für ganze regionale Parteigliederungen. Beim derzeit in Russland herrschenden Nominierungssystem (es entscheidet der zentrale Parteitag) wird deren Meinung nicht selten ignoriert, und Parteigliederungen, die Widerspruch anmelden, werden aufgelöst und/oder ausgeschlossen.

In den vergangenen Jahren ist in der Russischen Föderation verstärkt ein Vorwahlverfahren (russ.: »prajmeris«) zum Einsatz gekommen, das einen offenen Wettbewerb bei der Kandidatenfindung imitiert.

Über die Zusammensetzung der Parteilisten wird in Wirklichkeit in der Parteibürokratie entschieden, und die tatsächlichen Motive für die Besetzung der Liste werden der Öffentlichkeit vorenthalten.

So bleibt es eine Frage von grundsätzlicher Bedeutung, ob die Bewerber bei formal abgehaltenen Vorwahlen oder bei Parteikonferenzen ihre Anwartschaft auf einen Listenplatz tatsächlich frei und unabhängig von den Parteibossen anmelden können.

Das Beispiel der Partei »Einiges Russland« bei den Dumawahlen zeigt: Es gab weder einen freien Zugang von Kandidaten zu den Vorwahlen (es wurde nur über mögliche Kandidaten abgestimmt, die von der Parteiführung verlesen worden waren), noch war das Recht der Parteimitglieder auf eine gleiche Wahl gewährleistet (es stimmten nicht die Gesamtheit der Parteimitglieder ab, sondern speziell ausgesuchte Wahlmänner). So stimmten also eigens ausgewählte Wahlmänner für im Voraus ausgesuchte Kandidaten. Doch selbst dann noch hatten die Ergebnisse der Vorwahlen für den Parteitag keinerlei rechtlich verbindlichen Charakter - die Ergebnisse sind des Öfteren ignoriert worden.

Die Abhaltung der so genannter Vorwahlen bei »Einiges Russland« im Jahre 2011 stand in einem engen Zusammenhang mit der im Mai gebildeten so genannten Allrussischen Volksfront (Obschtscherossijskij Nazionalnyj Front - ONF).

Auf Basis der regionalen Bürgerbüros von Wladimir Putin war unter aktiver Mithilfe der jeweiligen Verwaltungen intensiv die Bildung von regionalen Gliederungen der ONF vorangetrieben worden. Es wurde verkündet, dass angesichts des Umstandes, dass die ONF juristisch nicht registriert wird, alle rechtlichen Fragen durch das Institut für sozial-ökonomische und politische Forschung unter Nikolai Fjodorow, dem ehemaligen Präsidenten Tschuwaschiens, geregelt würden. Die ONF werde dabei auch am Wahlkampf teilnehmen, indem sie Vorschläge gesellschaftlicher Organisationen für die Wahlprogramme der Partei (Einiges Russland) aufgreifen und die Aufstellung von Kandidaten aus der Gesellschaft in der Parteiliste organisieren werde.

Letztendlich wurden von Parteigliederungen und gesellschaftlichen Organisationen insgesamt 4.700 Personen für die Vorwahlen von »Einiges Russland« vorgeschlagen. Gleichzeitig wurde im Voraus bekannt gegeben, dass Wladimir Putin, der Führer von »Einiges Russland« und ONF, Kandidaten persönlich nominieren bzw. aus der Parteiliste streichen kann - unabhängig vom formalen Ausgang der Vorwahlen. »Dieses Recht kann ihm niemand nehmen«, bemerkte hierzu Sergej Newerow, geschäftsführender Sekretär des Generalrates der Partei. Das Recht zur endgültigen Besetzung der Parteiliste, die ja vom Parteitag verabschiedet werden sollte, blieb Wladimir Putin vorbehalten und die Vorwahlen spielten lediglich eine »beratende« Rolle.

Die auf dem Parteitag von »Einiges Russland« verabschiedete Kandidatenliste für die Dumawahlen spiegelt denn auch nur in 8 von 80 regionalen Kandidatengruppen die Ergebnisse der Vorwahlen wieder.

Putin konstatierte, dass das System der Vorwahlen funktioniert: »Es ist gut, dass wir diese Instrumente einführen, und es ist gut, dass wir den gesamten Prozess überblicken und nötigenfalls das Geschehen korrigieren können.«

Wichtigstes Ereignis des Parteitags von »Einiges Russland« am 24. September war der Auftritt Präsident Medwedews, der seinen Verzicht auf eine Kandidatur bei den Präsidentschaftswahlen 2012 erklärte und für dieses Amt den Ministerpräsidenten Putin vorschlug. Als Antwort verkündete der Führer von »Einiges Russland«, Medwedew als Ministerpräsidenten ernennen zu wollen. Im gleichen Zuge schlug Putin vor, Medwedew als Spitzenkandidaten der Parteiliste von »Einiges Russland« zu nominieren.

Präsident Medwedew ist also, ohne Mitglied von »Einiges Russland« zu sein, Spitzenkandidat und einziger Kandidat des zentralen Teils der Parteiliste für die Dumawahl.

Den Kern der Liste bilden nach wie vor hochgestellte nationale und regionale Würdenträger. Die Liste umfasst 54 Gouverneure (bei insgesamt 83 Föderationssubjekten), 8 Regierungsmitglieder und den Leiter der Präsidialverwaltung. Neben den Gouverneuren mit »Zugpferd«-Funktion und den Amtsträgern der nationalen Ebene sind dort auch eine große Gruppe stellvertretender Gouverneure und regionaler Minister zu finden, ebenso 9 regionale Parlamentspräsidenten, 11 Bürgermeister regionaler Hauptstädte sowie etliche Leiter von Kreisverwaltungen.

Eine Besonderheit dieser Wahlen besteht in der Verletzung des richterlichen Berufskodex und des föderalen Gesetzes »Über den Status der Richter«, die den Richtern eine Mitgliedschaft und Beteiligung an der Arbeit politischer Parteien und Bewegungen untersagen, und es auch verbieten, diese »materiell zu unterstützen sowie an politischen Aktionen teil zu nehmen«.

Merkwürdigerweise sind in der Parteiliste von Einiges Russland dennoch Vertreter der Richterschaft zu finden, etwa Michail Tarassenko, Vorsitzender des Obersten Gerichtshofs der Republik Baschkortostan, und Tamerlan Agusarow, Vorsitzender des Obersten Gerichtshofs von Nordossetien.

Auch der Staatsanwalt der Republik Komi, Wladimir Poneweschskij, hat einen Listenplatz bei Einiges Russland bekommen. Laut Gesetz über die Staatsanwaltschaften dürfen jedoch Mitarbeiter einer Staatsanwaltschaft »nicht Mitglieder gesellschaftlicher Organisationen mit politischer Zielsetzung sein oder an deren Tätigkeit mitwirken«.

Einziger großer politischer Skandal des bisherigen Wahlkampfes war der Wahlparteitag der Partei »Rechte Sache« am 14. September. Dort teilten die Vertreter Prochorows - er selbst war auf dem Parteitag nicht zugegen - mit, dass eine Gruppe von 21 nicht registrierten Parteitagsdelegierten den Versuch unternommen habe, am Parteitag teilzunehmen und in dessen Arbeitsgremien zu gelangen. Anführer dieser Gruppe war Radij Chabirow, stellvertretender Referatsleiter für Innenpolitik in der Präsidialverwaltung. Letztlich bestätigte der Parteitag den Status dieser Delegierten, die - Prochorows Team zu Folge - durch niemanden delegiert waren. Auf einer abends außerplanmäßig anberaumten Pressekonferenz bezeichnete Prochorow das Vorgehen der Delegierten als »feindliche Übernahme«.

Tags darauf, am 15. September gab es zwei Veranstaltungen. Die Gruppe um Dunajew und Bogdanow führte im Internationalen Handelszentrum eine Veranstaltung durch, die offiziell als Parteitag anerkannt wurde (bei dieser Veranstaltung waren Vertreter des Justizministeriums und der Zentralen Wahlkommission anwesend), während die Gruppe um Prochorow eine Veranstaltung in einem Raum der Akademie der Wissenschaften ausrichtete. Prochorow gab dabei seinen Rücktritt als Vorsitzender sowie den Austritt aus der Partei bekannt.

Wozu nun diese offene Einmischung der Präsidentenadministration in die Arbeit dieser Partei?

Zu den Gründen für diese Ereignisse kursieren verschiedene Versionen. Der ersten zu Folge handelt es sich um das Zusammentreffen personalpolitischer Fehler Prochorows und dem Konflikt um die Figur Rojsman, mit der die Lenkbarkeit des Kremlprojektes getestet wurde. Die zweite Version lautet: Motive für die Einmischung war die abgekühlte Haltung des Kreml zum Projekt »Rechte Sache«, möglicherweise mit dem zusätzlichen Moment, dass zur betreffenden Zeit die strategische Entscheidung über die Spitzenkandidatur Medwedews für die Partei »Einiges Russland« bereits gefallen war, und sich die Förderung eines zusätzlichen »präsidentenfreundlichen« Projektes erübrigte.

Womöglich hatte auch die am 4. September in der Sendung »NTWschniki« erfolgte Ankündigung Prochorows, dass er für sich eine Präsidentschaftskandidatur nicht ausschließe, den Kreml auf den Plan gerufen.

Wie dem auch sei - dieser Skandal hat das Wahl- und Parteiensystem beträchtlich diskreditiert, indem er dem In- und Ausland dessen künstlichen und orchestrierten Charakter deutlich gemacht hat.

Die Assoziation GOLOS stellt als positiven Umstand fest, dass alle sieben politischen Parteien, die Kandidatenlisten eingereicht hatten, letztendlich zur Wahl zugelassen wurden.

Übersetzung: Hartmut Schröder

Dieser Beitrag entstand im Rahmen des gemeinsamen Projektes von GOLOS, Europäischem Austausch, Heinrich Böll Stiftung und der Deutschen Gesellschaft für Osteuropakunde.

Fussnoten