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Analyse: Die georgisch-russischen Beziehungen: Begibt sich Georgien in eine zu große Abhängigkeit von Russland? | Russland-Analysen | bpb.de

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Analyse: Die georgisch-russischen Beziehungen: Begibt sich Georgien in eine zu große Abhängigkeit von Russland? Russland-Analysen Nr. 465

Erekle Gozalishvili

/ 11 Minuten zu lesen

Dieser Artikel befasst sich mit der Abhängigkeit Georgiens von Russland und gibt einen Überblick über die wirtschaftlichen Beziehungen, die Elitenpolitik und die öffentliche Meinung.

Borjomi, eine bekannte georgische Wassermarke, hat nach dem russsichen Angriffskrieg auf die Ukraine 2022 bekannt gegeben ihre Flaschen nicht mehr in russischen Läden verkaufen zu wollen. (© picture-alliance/dpa, TASS | Valery Sharifulin)

Zusammenfassung

Die Beziehungen zwischen Georgien und Russland haben sich seit der Wiedererlangung der Unabhängigkeit Georgiens im Jahr 1991 stark verändert. Die ersten Jahre waren geprägt von Spannungen und Konflikten, insbesondere dem russisch-georgischen Krieg 2008. Seit 2012 haben sich die wirtschaftlichen und politischen Beziehungen vertieft. Georgien ist in Bezug auf Handel, (Rück-)Überweisungen und Investitionen zunehmend von Russland abhängig geworden. Dies ist im Hinblick auf die langfristige Stabilität und die Integration des Landes in die euro-atlantischen Strukturen sehr bedenklich. Gleichzeitig hat die gegenwärtige georgische Regierung trotz starken öffentlichen Widerstands eine Politik verfolgt, die weitgehend mit den russischen Interessen übereinstimmt. Diese Entwicklung in Verbindung mit dem wachsenden Einfluss Russlands in den besetzten Gebieten und der militärischen Invasion in der Ukraine gefährdet die Souveränität Georgiens und wirft Fragen über den zukünftigen Kurs des Landes auf.

Herausgeber der Länderanalysen

Die Russland-Analysen werden von der Forschungsstelle Osteuropa an der Universität Bremen, der Deutschen Gesellschaft für Osteuropakunde e.V., dem Deutschen Polen-Institut, dem Leibniz-Institut für Agrarentwicklung in Transformationsökonomien, dem Leibniz-Institut für Ost- und Südosteuropaforschung und dem Zentrum für Osteuropa- und internationale Studien (ZOiS) gGmbH gemeinsam herausgegeben. Die Bundeszentrale für politische Bildung/bpb veröffentlicht die Analysen als Lizenzausgabe.

Höhen und Tiefen in den Beziehungen zwischen Georgien und Russland

Die Beziehungen zwischen Georgien und Russland haben sich seit der Wiedererlangung der Unabhängigkeit Georgiens von der Sowjetunion im Jahr 1991 stark verändert. Dazu gehören geopolitische Spannungen, Wirtschaftssanktionen, hybride Kriegsführung und die russische Invasion in Georgien im Jahr 2008, die tiefgreifende Auswirkungen auf die georgische Innen- und Außenpolitik hatte. Im ersten Jahrzehnt des 21. Jahrhunderts befanden sich die Beziehungen zwischen Georgien und Russland auf dem Tiefpunkt. Seit 2012 nähert sich Georgien jedoch allmählich wieder an Russland an. Die Handelsbeziehungen florieren, Georgien passt sich politisch an und ignoriert bewusst Russlands Einmischung und Aktivitäten in den besetzten georgischen Gebieten. Dies hat die Resilienz Georgiens vor allem in den Bereichen Wirtschaft und Sicherheit beeinträchtigt. Es wird daher in naher Zukunft immer schwieriger werden, sich vom russischen Einfluss zu befreien.

Handelsbeziehungen: Georgiens zunehmende Abhängigkeit vom russischen Markt

In der Vergangenheit war Russland der wichtigste Handelspartner Georgiens, doch seit Anfang der 2000er Jahre ist die Bedeutung des Landes zurückgegangen, da Georgien seine Handelsbeziehungen diversifiziert hat. Im Jahr 1995 entfielen 31 Prozent der georgischen Exporte auf Russland, im Jahr 2003 waren es nur noch 18 Prozent. Der Rückgang beschleunigte sich nach dem russischen Wirtschaftsembargo gegen Georgien im Jahr 2006, das in erster Linie auf den Wunsch Georgiens nach Integration in die euro-atlantischen Strukturen zurückzuführen ist. Russland war bestrebt, seinen Einfluss auf Georgien als postsowjetisches Land zu wahren. Infolge des Embargos sanken die Exporte nach Russland auf 8,1 Prozent, Ende 2012 waren die georgischen Exporte nach Russland auf nur noch 2 Prozent gesunken. Bemerkenswert ist, dass die georgische Wirtschaft trotz des Embargos weiter wuchs: Das BIP stieg 2006 um 9,4 Prozent und 2007 um 12,6 Prozent. Der frühere georgische Präsident Micheil Saakaschwili hatte durch seine konsequente Politik gegenüber Russland einen maßgeblichen Anteil an diesem Prozess. Trotz der mit dieser Politik verbundenen politischen und wirtschaftlichen Risiken hat Georgien durch die Diversifizierung seines Außenhandels eine bemerkenswerte wirtschaftliche Resilienz bewiesen. Länder wie die Türkei, Armenien, Aserbaidschan, Deutschland und die USA gewannen zunehmend an Bedeutung. Georgien hat damit gezeigt, dass der russische Markt nicht allein ausschlaggebend für den wirtschaftlichen Erfolg Georgiens ist. Zwischen 2010 und 2012 lag das Wachstum des BIP bei über 6 Prozent, während es zwischen 2013 und 2019, als sich die Handelsbeziehungen zu Russland zu normalisieren begannen, durchschnittlich unter 5 Prozent lag.

Der Ausbau der Handelsbeziehungen begann 2013 nach dem Wahlsieg des "Georgischen Traums" unter Bidsina Iwanischwili im Jahr 2012. Russland hob beispielsweise sein Embargo für georgischen Wein und Mineralwasser auf. Der bilaterale Handelsumsatz ist zwischen 2013 und 2021 stetig gewachsen. Insbesondere die russischen Exporte nach Georgien stiegen von 839 Millionen US-Dollar im Jahr 2017 auf beachtliche 1,83 Milliarden US-Dollar im Jahr 2022. Auch die georgischen Exporte nach Russland stiegen von 409 Millionen US-Dollar im Jahr 2017 auf 642 Millionen US-Dollar im Jahr 2022. Obwohl Georgien 2014 ein weitreichendes und umfassendes Freihandelsabkommen (DCFTA) mit der EU unterzeichnet hat, ist der Handel mit Russland weiter gewachsen. Während der georgische Handel mit der EU zwischen 2013 und 2018 um 106 Prozent zunahm, verzeichneten die russischen Exporte ein Wachstum von mehr als 800 Prozent. Diese Entwicklung verdeutlicht das strategische Dilemma Georgiens, das darin besteht, eine Balance zwischen einer stärkeren wirtschaftlichen Integration mit Europa zu finden und engere Handelsbeziehungen mit Russland aufrechtzuerhalten.

Die Analyse wichtiger Aspekte der Außenwirtschaftsbeziehungen wie Handelsumsatz, Handelsbilanz und Zusammensetzung der gehandelten Güter liefert wertvolle Einblicke in die zunehmende wirtschaftliche Abhängigkeit Georgiens von Russland. Im Jahr 2023 nahm der Umsatz allerdings etwas ab, was vor allem auf einen Rückgang der Einnahmen aus Überweisungen, Tourismus und Exporten um 13 Prozent zurückzuführen ist. Dies ist vor allem der russischen Invasion in die Ukraine und den westlichen Sanktionen zuzuschreiben. Diese Sektoren machten zusammen 10,3 Prozent des BIP aus, verglichen mit 14,5 Prozent im Jahr 2022. Während der Handelsumsatz im Jahr 2023 um 3 Prozent zurückging, verzeichneten die georgischen Exporte nach Russland, insbesondere Wein und Zitrusfrüchte, einen erheblichen Anstieg. Georgien spielte auch eine Schlüsselrolle bei der Wiederausfuhr von Gütern nach Russland über Drittländer wie Kasachstan, Kirgisistan und Armenien. Dies hat zu Spekulationen geführt, dass Russland möglicherweise internationale Sanktionen umgeht, indem es Georgien als Transitland für verschiedene Technologien nutzt, die für den Bau russischer Rüstungsgüter verwendet werden. Eine weitere Erklärung für die zunehmenden Handelsbeziehungen Georgiens mit diesen Ländern ist der Versuch des "Georgischen Traums", seine Handelspartner in einer Zeit zu diversifizieren, in der sich die Beziehungen zu westlichen Ländern und Bündnissen verschlechtern. Gleichzeitig stiegen die georgischen Weinexporte nach Russland weiter an und erreichten 2023 mit 65 Prozent der gesamten Weinexporte den höchsten Stand im Zeitraum 2013–2023.

Ein weiterer wichtiger Faktor in den bilateralen Wirtschaftsbeziehungen sind die (Rück-)überweisungen (remittances) aus Russland. Während die Überweisungen zwischen 2015 und 2021 rückläufig waren, erlebten sie 2022 aufgrund des Zustroms russischer Migrant:innen nach Georgien einen deutlichen Anstieg. Darüber hinaus ist die genaue Messung der ausländischen Direktinvestitionen aus Russland kompliziert. Offiziellen Angaben zufolge machten die ausländischen Direktinvestitionen aus Russland im Zeitraum 2017–2023 fünf Prozent der gesamten ausländischen Direktinvestitionen in Georgien aus. Darüber hinaus ist die Zahl der russischen Unternehmen in Georgien seit 2022 stark angestiegen. Im Jahr 2023 waren rund 34.000 russische Unternehmen in Georgien registriert, von denen 77 Prozent innerhalb von nur zwei Jahren (2022–2023) gegründet wurden. Die meisten dieser Unternehmen sind Einzelunternehmen. Georgien hat seit 2023 wieder Direktflüge nach Russland erlaubt, was zum Wirtschaftswachstum beigetragen hat, Georgien aber auch zu einem wichtigen Transitland für russische Bürger:innen gemacht hat. Das ist bei der Umgehung internationaler Sanktionen nicht unerheblich. Infolgedessen ist der Anteil der Flüge von und nach Russland am Gesamtverkehrsaufkommen von und zu georgischen Flughäfen beträchtlich. Diese Faktoren schwächen die wirtschaftliche Resilienz Georgiens: Die Anfälligkeit für politischen Druck aus Russland steigt, die Marktdiversifizierung geht zurück, die EU-Integration wird gebremst und das Land ist unerwarteten Schocks durch Sanktionen gegen Russland ausgesetzt.

Die georgische Regierung argumentiert, dass engere Beziehungen zu Russland eine geopolitische Notwendigkeit sind, um wirtschaftliche Vorteile zu erlangen. Politiker:innen des "Georgischen Traums" argumentieren, dass Sanktionen gegen Russland Georgien schaden und die Bedrohung durch Russland nur verstärken würden. Dieses Argument ist jedoch nicht überzeugend. Georgien hat 2006 nach dem russischen Embargo seine Resilienz bewiesen, die Wirtschaft wuchs weiter. Darüber hinaus bezieht sich der "Georgische Traum" auch auf das Wirtschaftswachstum, das nach der Verbesserung der Beziehungen zu Russland im Jahr 2022 zu beobachten war. Dieser wirtschaftliche Aufschwung war jedoch in erster Linie auf den kriegsbedingten Zustrom von Migrant:innen auf Russland zurückzuführen und kam nur einem kleinen Teil der Gesellschaft zugute. Insgesamt bleibt der russische Markt sehr unzuverlässig, so dass die Auswirkungen auf das Wirtschaftswachstum wahrscheinlich nur von kurzer Dauer sein werden und den langfristigen Zielen Georgiens, sich in den EU-Binnenmarkt zu integrieren, entgegenwirken.

Die politische Annäherung des "Georgischen Traums" an Russland

Die Partei "Georgischer Traum" begründet die vertieften wirtschaftlichen Beziehungen zu Russland vor allem mit dem Beginn der großflächigen Invasion der Ukraine. Gleichzeitig gibt es langjährige politische und wirtschaftliche Verbindungen von Parteifunktionären nach Russland. Großen Einfluss übt der Milliardär Bidsina Iwanischwili aus, der in den 1990er Jahren in Russland durch Investitionen im Banken-, Metallurgie- und Telekommunikationssektor zu beträchtlichem Reichtum kam. Obwohl er seine offiziellen politischen Ämter niedergelegt hat, gilt er als graue Eminenz der Regierungspartei "Georgischer Traum". Kritiker:innen behaupten, durch Iwanischwilis Einfluss habe sich Georgien Russland angenähert und den prowestlichen Kurs verlassen. Nach den umstrittenen Parlamentswahlen 2024 verhängten die USA Sanktionen gegen Iwanischwili, weil er angeblich die Demokratie untergrabe und russische Interessen in Georgien fördere.

Die zweifelhafte Legitimität der Präsidentschaft des antiwestlichen Micheil Kawelaschwili in Verbindung mit den prorussischen Gesten von Funktionären wie Wachtang Gomelauri und Otar Partschaladse sind weitere Zeichen für diesen Wandel. Sowohl Gomelauri als auch Partschaladse wurden von den USA wegen Menschenrechtsverletzungen und Verbindungen zum russischen Geheimdienst mit Sanktionen belegt. Darüber hinaus äußerte sich der ehemalige Premierminister Irakli Garibaschwili häufig antiwestlich, während der amtierende Premierminister Irakli Kobachidse die EU-Integration aussetzte und sich für eine Annäherung an autoritäre Staaten, insbesondere Russland, einsetzte. Dies zeigt sich in der Verabschiedung repressiver Gesetze nach russischem Vorbild und dem rasanten demokratischen Rückschritt. Dazu gehören das umstrittene "Gesetz über ausländische Agenten", das sich gegen zivilgesellschaftliche Organisationen und ihre Aktivitäten richtet, das Anti-LGBTQ+-Gesetz und repressive Gesetze im Verwaltungsgesetzbuch, darunter die Erhöhung der Haftstrafe auf 60 Tage, die Verhängung von Geldstrafen für Straßenblockaden bei Massendemonstrationen und die Abschaffung der Befugnis der Justiz, über Verwaltungsstrafen zu entscheiden, wodurch die Polizei die Befugnis erhält, solche Strafen direkt zu verhängen. Das politische System Georgiens hat sich damit zunehmend dem russischen Autoritarismus angenähert.

Russlands schleichende Besetzung und verstärkter Einfluss in Abchasien und Südossetien

Die politische Loyalität des "Georgischen Traums" gegenüber Russland zeigt sich auch darin, dass Georgien das aggressive Vorgehen Russlands in den besetzten Gebieten weitgehend ignoriert. Russland baute seine Position in Abchasien und Südossetien vor allem durch sicherheits- und wirtschaftspolitische Maßnahmen weiter aus. Der "Georgische Traum" hat jedoch keine diplomatischen Schritte in internationalen Organisationen unternommen, um den wachsenden Einfluss Russlands zu verurteilen und zu hinterfragen.

Russland übt starke wirtschaftliche Kontrolle über die besetzten Regionen Abchasien und Südossetien aus. In Abchasien dominieren russische Unternehmen 90 Prozent der Exporte und 99 Prozent der ausländischen Direktinvestitionen. Außerdem kontrollieren diese wichtige Infrastruktur wie Flughäfen, dem Schienenverkehr und Energieressourcen. Moskau leistet umfangreiche Finanzhilfe, die zwei Drittel des abchasischen Haushalts ausmacht. In Südossetien beliefen sich die russischen Subventionen zwischen 2008 und 2015 auf rund 840 Millionen US-Dollar. Die jüngsten Veränderungen in der russischen Politik seit 2022 deuten jedoch auf eine Verringerung der finanziellen Unterstützung hin. Im Jahr 2024 kündigte Russland seine Absicht an, die finanzielle Unterstützung für Abchasien einzustellen, da die Region keine prorussischen Reformen durchgeführt habe. Der "Georgische Traum" zog daraus jedoch keine Konsequenzen, sondern verabschiedete sogar pro-russische Gesetze wie das Gesetz über "ausländische Agenten".

Zu den wichtigsten wirtschaftlichen Projekten gehört die Wiedereröffnung des Flughafens Sochumi, der seit Anfang der 1990er Jahre nicht mehr in Betrieb war. Ein weiteres alarmierendes Beispiel ist die Entwicklung des Hafens Otschamtschire, der für russische Marineoperationen vorgesehen ist. Dieser Hafen soll als Marinestützpunkt für die russische Schwarzmeerflotte dienen, ein strategischer Schachzug als Reaktion auf die Anfälligkeit der russischen Häfen für ukrainische Angriffe. Ursprünglich war die Flotte auf der Krym stationiert, doch nach erfolgreichen ukrainischen Angriffen war Russland gezwungen, große Teile der Kriegsmarine in das russische Noworossijsk zu verlagern. Aufgrund anhaltender Sicherheitsbedenken hat Moskau seinen Schwerpunkt jedoch auf den Hafen Otschamtschire in Abchasien verlagert. Russland versucht damit, seine militärische Präsenz in der Region weiter auszubauen. Otschamtschire könnte ein wichtiger Marinestützpunkt für Russland werden, was Georgien aufgrund der Nähe russischer Kriegsschiffe zur Hauptstadt Tbilissi und anderen Hafenstädten bedroht. Darüber hinaus besteht die Möglichkeit, dass Georgien in den Krieg Russlands gegen die Ukraine hineingezogen wird, falls die Ukraine den russischen Marinestützpunkt in Otschamtschire angreift. Darüber hinaus hat Russland den Güterverkehr auf der Schiene erhöht und seine Absicht bekundet, mehr Einfluss zu gewinnen und Gründe für eine mögliche Annexion georgischen Territoriums zu schaffen. Darüber hinaus könnten Debatten über die Erlaubnis für russische Staatsbürger:innen, Immobilien in Abchasien zu erwerben, zu erheblichen demografischen Veränderungen führen und den russischen Einfluss weiter erhöhen. Diese Entwicklungen in den beiden besetzten Regionen und das Ausbleiben einer Reaktion Georgiens oder der internationalen Gemeinschaft könnten langfristig den Weg für eine russische Annexion ebnen.

Die öffentliche Meinung in Georgien über Russland

Im Gegensatz zur prorussischen Politik des "Georgischen Traums" spiegelt die öffentliche Meinung in Georgien ein tiefes Misstrauen gegenüber Russland wider. Laut einer IRI-Umfrage aus dem Jahr 2023 sind 73 Prozent der Georgier:innen dagegen, dass russische Staatsbürger:innen in Georgien Eigentum erwerben, Unternehmen anmelden oder ohne Visum nach Georgien einreisen. Darüber hinaus unterstützen 64 Prozent der Befragten die NATO-Mitgliedschaft Georgiens, und rund 85 Prozent befürworten die EU-Integration. Eine CRRC-Umfrage aus dem Jahr 2024 zeigt, dass 69 Prozent der Georgier:innen Russland als die größte Bedrohung für ihr Land ansehen. Darüber hinaus halten 55 Prozent der EU-Befürworter:innen an ihrer Haltung fest, selbst wenn dafür die Handelsbeziehungen mit Russland eingestellt werden müssten. Diese Ergebnisse deuten auf eine wachsende pro-westliche Orientierung der Georgier:innen hin, trotz der Versuche des "Georgischen Traums", die Abhängigkeit von Russland zu erhöhen.

Darüber hinaus hat die Politik des "Georgischen Traums", Georgien enger an Russland zu binden und die EU-Integration zu verzögern, zu Massenprotesten im Land geführt. Diese Demonstrationen haben seit 2022 zugenommen und sind zu einem festen Bestandteil der politischen Auseinandersetzung in der georgischen Gesellschaft geworden, obwohl die georgische Polizei Gummigeschosse, Tränengas, politische Verhaftungen und unverhältnismäßige Gewalt einsetzt. Hunderte von Aktivist:innen sind von diesen repressiven Maßnahmen betroffen, unter anderem haben sie gesundheitliche Schäden davongetragen oder wurden aus politischen Gründen inhaftiert. Einigen Aktivist:innen drohen jahrelange Haftstrafen, während andere hohe Geldstrafen zahlen müssen, was ein deutliches Zeichen dafür ist, wie autoritär und repressiv das georgische Regime geworden ist.

Schlussfolgerungen

Die Beziehungen zwischen Georgien und Russland haben sich seit 2012 erheblich verändert, wobei die wirtschaftlichen Beziehungen und die politische Annäherung trotz der historischen Zerwürfnisse und des öffentlichen Widerstands in Georgien zugenommen haben. Dieser Wandel spiegelt sich in steigenden Exporten, (Rück-)überweisungen und dem Zustrom russischer Unternehmen wider, die ein erhebliches Risiko für die wirtschaftliche Resilienz Georgiens und seine EU-Integrationsbestrebungen darstellen. Obwohl die georgischen Behörden versuchen, diese Abhängigkeit als geopolitische Notwendigkeit zu rechtfertigen, hat die jüngste Geschichte gezeigt, dass Georgiens Wirtschaft auch ohne jegliche Abhängigkeit von Russland gewachsen ist, insbesondere nach dem Embargo von 2006. Die politischen Maßnahmen in Georgien, wie die Verabschiedung von Gesetzen und die Umsetzung repressiver Maßnahmen, deuten auf eine Entwicklung in Richtung Autoritarismus hin und ignorieren den russischen Einfluss in den besetzten Gebieten. Trotz dieser Entwicklungen bleibt die öffentliche Meinung überwiegend pro-westlich, wobei die Mehrheit die Integration in die EU und die NATO unterstützt und eine verstärkte russische Präsenz im Land ablehnt. Die Abhängigkeit Georgiens bringt das Land an einen Scheideweg, der entweder zur EU-Integration oder zu einer Zunahme des russischen Einflusses führen könnte.

Weitere Inhalte

Erekle Gozalishvili hat einen Masterabschluss in European Studies von der Universität Regensburg, an der er als Stipendiat des Deutschen Akademischen Austauschdienstes (DAAD), ergänzt durch ein Erasmus+ Austauschsemester an der Universität Aalborg in Dänemark, studiert hat. Er verfügt über vier Jahre Erfahrung in den Bereichen internationale Beziehungen, EU-Angelegenheiten, Demokratieförderung und außenpolitische Analysen im Europäischen Parlament, im georgischen Parlament und in verschiedenen Forschungszentren, Think Tanks und NGOs. Diese Analyse wurde während eines Praktikums im Arbeitsbereich Politik des Leibniz-Instituts für Ost- und Südosteuropaforschung verfasst.