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Europäischer Rat | Europäische Union | bpb.de

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Europäischer Rat

Olaf Leiße

/ 4 Minuten zu lesen

Der Europäische Rat gibt die Richtung vor: Staats‑ und Regierungschefs setzen Leitlinien, entscheiden über Außenpolitik, Erweiterung und Haushalt. Einstimmigkeit vorausgesetzt.

Die Flaggen der Mitgliedstaaten vor einem Treffen des Europäischen Rates: Er dient den Spitzen der Mitgliedstaaten als Forum für Verhandlungen, Absprachen und Entscheidungen. (© picture alliance / dts-Agentur)

Der Europäische Rat ist das höchste Entscheidungsgremium in der Europäischen Union. Er besteht aus den Staats- und Regierungschefs der Mitgliedstaaten. Die meisten Staaten entsenden ihren Regierungschef. Aus Deutschland nimmt der Bundeskanzler an den Ratssitzungen teil, obwohl offiziell der Bundespräsident das Staatsoberhaupt ist. In anderen Ländern hat der Präsident eine verfassungsrechtlich bedeutendere Rolle spielt. Aus diesen Ländern - etwa Frankreich, Rumänien, Zypern und Litauen - nimmt der Präsident teil. Die Präsidentin der Europäischen Kommission ist ebenfalls Mitglied.

Entstehung und Aufgaben

Der Europäische Rat der Staats- und Regierungschefs wurde 1974 ins Leben gerufen. Seitdem dient er den Spitzen der Mitgliedstaaten als Forum für Verhandlungen, Absprachen und Entscheidungen. Ursprünglich war das Treffen als kleines Kamingespräch gedacht, doch mit der Erweiterung der Union wuchs auch der Teilnehmerkreis beständig. Mittlerweile sind die Ratssitzungen ein großes Ereignis, das von den Medien ausführlich begleitet wird. Der Europäische Rat tagt mindestens viermal im Jahr. Zwei dieser sogenannten Gipfeltreffen werden am Ende des Halbjahres, vor der Sommer- und der Weihnachtspause, durchgeführt. Dazwischen gibt es Gipfeltreffen im März und September. Sollte es die Welt- und Europapolitik erfordern, kann der Europäische Rat auch häufiger zusammentreffen, um das aktuelle Geschehen zu diskutieren. Dies war in der Finanzkrise und beim Interner Link: Brexit, dem Austritt Großbritanniens aus der Union, der Fall, ebenso bei Ausbruch der Interner Link: Covid-19-Pandemie sowie mehrfach nach dem Angriff Russlands auf die gesamte Ukraine.

Die Treffen finden vor allem in Brüssel statt. Nur zu speziellen Anlässen tagen die Staats- und Regierungschefs in einem Mitgliedstaat. Die Aufgaben des Europäischen Rates sind vielfältig. Seine wichtigste Aufgabe ist es, die politischen Leitlinien und Grundsätze der Union festzulegen. Der Beitritt von Mitgliedern, die Wahrnehmung von neuen Politikfeldern durch die Gemeinschaft, die Ausweitung des Interner Link: Schengener Abkommens oder der Interner Link: Eurozone, die Weiterentwicklung der Union – in allen Fällen entscheidet der Europäische Rat und damit die Staats- und Regierungschefs der Mitgliedstaaten. Auch das außenpolitische Handeln bestimmt weitgehend der Rat und entscheidet in sicherheitspolitischen Fragen. Er koordiniert außerdem die gemeinsame Wirtschaftspolitik und setzt sich Entwicklungsziele, beispielsweise bei der Bekämpfung von Arbeitslosigkeit und Inflation oder der Förderung von Investitionen in zukunftsträchtige Bereiche. Und schließlich legt er gemeinsam mit den anderen Institutionen und als wichtigster Akteur den Interner Link: Haushalt der Europäischen Union fest. Die Mitgliedstaaten bezahlen die EU, daher bestimmen sie das Haushaltsvolumen.

Entscheidungsmechanismen: Einstimmigkeit als Prinzip

Der Europäische Rat entscheidet in allen Fragen, die innerhalb der EU und auf der internationalen Bühne von höchster Bedeutung sind. Da die von ihm behandelten Bereiche politisch sensibel sind, entscheidet er einstimmig. Kein Mitgliedstaat soll übergangen oder in wichtigen Interessen verletzt werden, daher verhandelt man so lange, bis ein Kompromiss erzielt worden ist. Manchmal gleichen die Verhandlungen daher einem Markt, auf dem Forderungen und Interessen der Mitgliedstaaten gegeneinander abgewogen werden, bis ein von allen getragener Konsens gefunden ist. Kompromissfindung ist daher das Verhandlungsziel auf den regelmäßigen Gipfeltreffen.

Der Ratspräsident und seine Rolle

Seit dem Interner Link: Vertrag von Lissabon (2009) hat der Europäische Rat einen ständigen Präsidenten. Früher welchselte die Präsidentschaft, was wenig Stabilität brachte und die Union nach außen hin nicht genügend sichtbar machte. Der Ratspräsident besitzt eine doppelte Funktion. Nach innen koordiniert er die Politiken, versucht unterschiedliche Standpunkte und Interessen der Mitgliedstaaten zu vermitteln und Kompromisse zu schmieden. Nach außen vertritt der Präsident die Europäische Union auf internationalem Parket, trifft Staats- und Regierungschefs auf der ganzen Welt und verdeutlicht europäische Anliegen. Er ist eines der Gesichter der Union weltweit. Allerdings sind ihm insofern die Hände gebunden, als dass die Mitgliedstaaten, und hier insbesondere die großen Länder, die Außenpolitik festlegen. Eine eigenständige Politik kann der Präsident nicht betreiben. Und auch in einem weiteren Punkt besitzt er nur eine eingeschränkte Funktion: Er ist den europäischen Bürgerinnen und Bürgern kaum bekannt. Den amerikanischen Präsidenten kennt jeder, der europäische Präsident ist nur Interessierten bekannt. Daher ist der Ratspräsident bislang kein Bürgerpräsident.

Ratspräsidenten waren bislang der Belgier Herman van Rompuy (2009-2014), der Pole Donald Tusk (2014-2019) und der Belgier Charles Michel (2019-2024). Seit 2024 ist Kaja Kallas aus Estland Präsidentin. Die Amtszeit der Ratspräsidentschaft ist an die Amtszeit der Kommission angeglichen und beträgt zunächst 2,5 Jahre, danach muss sie sich erneut einem Votum der Staats- und Regierungschefs für weitere 2,5 Jahre stellen. Alle Ratspräsidenten bisher waren zuvor selbst Regierungschefs eines Mitgliedstaates. Das sorgte bei Amtsantritt für eine gewisse Vertrauensbasis.

LinklisteLinks zu offiziellen Seiten der Europäischen Union

Externer Link: Europäische Union – Offizielle Website – Überblick über die EU, ihre Institutionen und aktuelle Themen
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Externer Link: Europäisches Parlament – Informationen zu Abgeordneten, Debatten und Gesetzgebungsprozessen
Externer Link: Rat der Europäischen Union – Beschlüsse und Arbeit des Ministerrats
Externer Link: Europäischer Gerichtshof (EuGH) – Urteile und Rechtsprechung in der EU
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Apl. Prof. Dr. Olaf Leiße ist Leiter des Arbeitsbereichs Europäische Studien am Institut für Politikwissenschaft der Friedrich-Schiller-Universität Jena. Er ist außerplanmäßiger Professor für Europäische Studien und Autor zahlreicher Bücher über die Europäische Union.