Der Europarat ist nicht nur wegen seines Namens leicht mit der Europäischen Union und Interner Link: ihren Institutionen zu verwechseln. Hervorgegangen ist er aus den Debatten auf dem Interner Link: Haager Kongress 1948, auf dem über die zukünftige Organisation Europas gerungen wurde. Als erste rein europäische Organisation wurde der Europarat am 5. Mai 1949 gegründet. Nur einen Monat zuvor, am 4. April 1949, wurde die Interner Link: Nato gegründet, doch war diese amerikanisch dominiert und der Sicherung der Verteidigung verpflichtet. Der Europarat hingegen setzt sich für die Förderung von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit und den Schutz der Menschenrechte ein.
Rechtliche Instrumente und Abkommen
In mittlerweile rund 200 Übereinkommen und Protokollen setzt der Europarat diese Aufgabe um. Dabei handelt es sich um völkerrechtlich verbindliche Abkommen zwischen den Mitgliedstaaten. Die Interner Link: Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK) aus dem Jahr 1950 ist das zentrale Abkommen. Diese Konvention muss von allen Mitgliedstaaten unterschrieben werden und enthält die erste Liste und Ausformulierung von Grundrechten und Menschenrechten auf europäischer Ebene. Alle übrigen Abkommen können von den Mitgliedstaaten angenommen und umgesetzt werden, aber sie sind nicht dazu gezwungen. Dies unterscheidet den Europarat wesentlich von der Europäischen Union, bei der Rechtsakte von einzelnen Mitgliedstaaten zwar abgelehnt, aber trotzdem von allen umgesetzt werden müssen.
Die bisherigen Abkommen zeigen das breite Spektrum, dem sich der Europarat widmet. Dazu zählten beispielsweise: Europäisches Niederlassungsabkommen (1955), Europäisches Übereinkommen über die friedliche Beilegung von Streitigkeiten (1957), Europäische Sozialcharta (1961), Datenschutzkonvention (1981), Europäisches Übereinkommen zur Verhütung von Folter und unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe (1987) (Europäische Antifolterkonvention), Europäische Anti-Doping-Konvention (1989), Europäische Charta der Regional- oder Minderheitensprachen (1992), Rahmenübereinkommen zum Schutz nationaler Minderheiten (1995), Leitlinien über die Menschenrechte und die Bekämpfung des Terrorismus (2002), Übereinkommen zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt (2011, Istanbul-Konvention).
Struktur, Mitgliedschaft und politische Entwicklung
Zehn Staaten Westeuropas gehören zu den Gründungsmitgliedern des Europarates, der seinen Sitz in Straßburg in Frankreich hat. Die Bundesrepublik ist 1951 beigetreten. Nach dem Zusammenbruch des sowjetischen Herrschaftsbereichs 1989/90 konnten auch die Staaten Osteuropas beitreten und sogar Russland ist aufgenommen worden. Mit der Besetzung der Krim 2014 wurde Russland allerdings das Stimmrecht entzogen und im März 2022, kurz nach Beginn des Angriffskriegs auf die gesamte Ukraine, wurde Russland ausgeschlossen. Mittlerweile umfasst der Europarat 46 Mitgliedstaaten mit einer Bevölkerung von 680 Millionen Europäerinnen und Europäern und reicht von Grönland und Island im Norden bis Portugal im Südwesten und Aserbaidschan im Südosten. Nur der Kosovo, Belarus, Russland und der Vatikan sind keine Mitglieder.
Der Europarat verfügt über zwei beschlussfassende Organe: Im Ministerkomitee treffen sich die Außenminister der Mitgliedstaaten. Da dies nur einmal im Jahr geschieht, wird die regelmäßige Arbeit von Ständigen Vertretern im Botschafterrang wahrgenommen, die sich wöchentlich treffen. Im zweiten Organ, der Parlamentarischen Versammlung, sitzen Vertreter der nationalen Parlamente, für Deutschland 18 Abgeordnete des Bundestages. Die Abkommen werden vom Ministerkomitee beschlossen, die Parlamentarische Versammlung hat eher einen Forumcharakter. Die Abgeordneten schaffen einen Ort, in dem Themen verhandelt werden, die eine europäische Dimension haben. Daraus erwachsen dann konkrete Initiativen und Verschläge für neue Konventionen, die den Außenministern zur Abstimmung vorgelegt werden.
Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte
Die wichtigste angeschlossene Institution ist der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte. Er hat seinen Sitz ebenfalls in Straßburg, in räumlicher Nähe zum Europarat. Seine Aufgabe besteht in der Überwachung der Einhaltung der Europäischen Menschrechtskonvention in den Mitgliedstaaten. Jeder der 46 Mitgliedstaaten entsendet einen Richter. Je nach Bedeutung der Beschwerde wird im Falle einer Klage ein Ausschuss mit drei Richtern, eine Kammer mit sieben Richtern oder die Große Kammer mit siebzehn Richtern eingesetzt. Derjenige Richter gegen dessen Staat die Beschwerde gerichtet ist, wird immer am Verfahren beteiligt. Der Gerichtshof arbeitet auf der Grundlage der Individualbeschwerde. Das heißt jede Bürgerin und jeder Bürger der Mitgliedstaaten kann sich an den Europäischen Gerichtshof wenden, wenn er zuvor alle nationalen Rechtsinstanzen ausgeschöpft hat. In seltenen Fällen klagen auch die Staaten gegeneinander, beispielweise bei territorialen Konflikten.
Die Klagen beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte beziehen sich auf recht unterschiedliche Themen. Eigentumsfragen, Achtung des Privatlebens, Familien- und Sorgerecht, Meinungsfreiheit, Akteneinsichtsrecht bis hin zu Flüchtlingsfragen, Sicherungsverwahrung und mutmaßliche Folter werden verhandelt. Die Umsetzung der Urteile des Gerichtshofs in den Mitgliedstaaten erfolgt auf freiwilliger Basis. Deutschland hat sich verpflichtet, die Urteile anzuerkennen, aber eine allgemeine Pflicht gibt es nicht. Im Gegensatz zu den Urteilen des Gerichtshofs der Europäischen Union ist die Akzeptanz des Straßburger Gerichts vom guten Willen der Mitgliedstaaten abhängig.
Europarat vs. Europäische Union
Ein Vergleich
Europarat
Europäische Union
Sitz in Straßburg
Sitz in Brüssel, aber Hauptsitz des Europäischen Parlaments in Straßburg
Europarat: Bezeichnung der gesamten Organisation
Europäischer Rat: Zusammenkunft der Staats- und Regierungschefs
Ministerkomitee
Rat der Europäischen Union (Ministerrat)
Parlamentarische Versammlung
Europäisches Parlament
Kongress der Gemeinden und Regionen
Ausschuss der Regionen
Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte
Gerichtshof der Europäischen Union
Europäische Menschenrechtskonvention
Europäische Grundrechtecharta
Gemeinsame Symbole:Flagge: blauer Grund mit zwölf goldenen fünfzackigen SternenHymne: Ode an die Freude (Beethoven)
Tabellenbeschreibung
Die Tabelle gibt einen Überblick über den Europarat und die Europäische Union und vergleicht beide Institutionen unter verschiedenen Gesichtspunkten.
Vor 25 Jahren wurde der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte ein ständiges Organ. Er schützt die Menschenrechte in den Staaten des Europarats. Derzeit bearbeitet das Gericht eine Klimaklage.
Das Jahr 1950 brachte einen entscheidenden Fortschritt für die Menschenrechte in Europa: Die "Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten" wurde verabschiedet.
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Apl. Prof. Dr. Olaf Leiße ist Leiter des Arbeitsbereichs Europäische Studien am Institut für Politikwissenschaft der Friedrich-Schiller-Universität Jena. Er ist außerplanmäßiger Professor für Europäische Studien und Autor zahlreicher Bücher über die Europäische Union.