Bei der Bundestagswahl 2017 traten 34 Parteien mit einer Landesliste an. Zudem gab es zahlreiche Personen, die um ein Wahlkreismandat konkurrierten. Beim Blick in den Bundestag fällt auf, dass dort wesentlich weniger Parteien vertreten sind als sich zur Wahl gestellt haben und gewählt wurden. Nicht alle Parteien, die Stimmen erhalten, dürfen also auch in den Bundestag einziehen. Die Ursache dafür liegt in einer Sperrklausel begründet, die im deutschen Wahlrecht verankert ist. Diese wird umgangssprachlich als Fünf-Prozent-Hürde bezeichnet.
Zur Bundestagswahl haben die Wählerinnen und Wähler zwei Stimmen. Interner Link: Mit der Erststimme wird eine Person gewählt und mit der Zweitstimme die Landesliste einer Partei. Die Zusammensetzung des Bundestages muss sich nach der Verteilung der Zweitstimmen richten, so hat es das Bundesverfassungsgericht entschieden. Im Parlament bilden die gewählten Abgeordneten einer Partei eine gemeinsame Fraktion. In seltenen Fällen gibt es auch fraktionslose Abgeordnete. Wie verhält es sich nun mit einer Partei, die bei der Bundestagswahl lediglich vier Prozent der Zweitstimmen erhalten hat? Die Antwort lautet: Sie wird nicht im Bundestag vertreten sein, da sie die Fünf-Prozent-Hürde nicht erreicht hat. Dies mag auf den ersten Blick ungerecht gegenüber dieser Partei und ihren Wählerinnen und Wählern erscheinen und es ist in der Tat so, dass eine Sperrklausel eine Einschränkung des Wahlrechtsgrundsatzes der Stimmengleichheit ist. Doch es gab und gibt nach wie vor gute Gründe dafür, dass die Mütter und Väter des Grundgesetzes die Sperrklausel eingeführt haben und diese bis heute − in leicht veränderter Form − Bestand hat.
In der Weimarer Republik gab es diese Hürde nicht. So waren nach der Reichstagswahl 1920 zehn Parteien im Parlament vertreten und vier Jahre später waren es sogar 13 Parteien. Dies erschwerte die Arbeit im damaligen Reichstag und trug dazu bei, dass in der Weimarer Republik viele Menschen mit der Politik unzufrieden waren. Grundsätzlich gilt: Je mehr Parteien im Parlament vertreten sind, desto schwieriger fällt die Kompromissfindung und die Regierungsbildung. In parlamentarischen Regierungssystemen, wie dem der Bundesrepublik Deutschland, ist die Regierung auf das Vertrauen der sie tragenden Fraktionen im Parlament angewiesen. Jede Fraktion möchte natürlich ihre politischen Interessen durchsetzen. Wenn zu viele Fraktionen an der Entscheidungsfindung beteiligt werden, leidet allerdings die Leistungsfähigkeit eines Parlaments, zum Beispiel durch das Scheitern wichtiger Gesetze. Ist dies der Fall, kann es passieren, dass die Bürgerinnen und Bürger unzufrieden mit der Politik werden, sich von ihr abwenden oder populistische Parteien wählen, die versuchen diese Unzufriedenheit auszunutzen.
Sollte eine Partei weniger als fünf Prozent der Zweitstimmen erhalten, also in unserem Beispiel Partei C mit vier Prozent, ist für sie noch nicht alles verloren. Es gibt noch eine zweite Möglichkeit, in den Bundestag einzuziehen: Die Grundmandatsklausel. Gelingt es einer Partei in mindestens drei Wahlkreisen das Direktmandat zu gewinnen, also die meisten Stimmen der Wählerinnen und Wähler zu bekommen, darf sie am Verhältnisausgleich teilnehmen. Dann gesellen sich zu den drei direkt gewählten Abgeordneten in der Höhe des Zweitstimmenergebnisses weitere Vertreterinnen und Vertreter der Partei C. Zudem gibt es für Parteien, die die Interessen nationaler Minderheiten vertreten, eine Sonderregelung. In Deutschland zählen zu diesen Minderheiten Dänen, Friesen, Sinti und Roma sowie Sorben. Wird eine Partei als Vertreterin einer nationalen Minderheit anerkannt, ist sie von der Fünf-Prozent-Hürde bei Bundestagswahlen befreit und erhält entsprechend ihres Zweitstimmenergebnisses Mandate zugesprochen. Dies ist bislang jedoch nicht der Fall gewesen.