Mit der Blockade der Westsektoren Berlins erreichte der Ost-West-Konflikt 1948/49 einen ersten Höhepunkt. Als Reaktion darauf entstand 1949 der Nordatlantikpakt: ein Verteidigungsbündnis, das sich seit 1999 auch auf Osteuropa ausgedehnt hat.
Die NATO (North Atlantic Treaty Organization – Nordatlantikpakt) entstand 1949 im Zuge des sich verschärfenden Ost-West-Konflikts, der mit der Blockade der Westsektoren Berlins 1948/49 einen ersten Höhepunkt erreicht hatte. Gründungsmitglieder waren zehn westeuropäische Staaten, die USA und Kanada. Die Bundesrepublik Deutschland trat 1955 bei. Seit 2004 gehören 26 Staaten der NATO an. Die NATO ist ein Verteidigungsbündnis. Die Vertragspartner haben sich verpflichtet, in Übereinstimmung mit der Charta der Vereinten Nationen "ihre Bemühungen für die gemeinsame Verteidigung und die Erhaltung des Friedens und der Sicherheit zu vereinigen", so in der Präambel des NATO-Vertrages, und in Art. 1 "sich in ihren internationalen Beziehungen jeder Gewaltanwendung zu enthalten, die mit den Zielen der Vereinten Nationen nicht vereinbar ist".
Im Falle eines bewaffneten Angriffs gegen einen oder mehrere Mitgliedsstaaten sind die anderen verpflichtet, die Maßnahmen, einschließlich der Anwendung von Waffengewalt, zu treffen, "die sie für erforderlich halten, um die Sicherheit des nordatlantischen Gebietes wieder herzustellen und zu erhalten" (Art. 5 NATO-Vertrag). Die NATO versteht sich nicht nur als militärisches Bündnis, sondern auch als eine Wertegemeinschaft. Ihr Ziel ist es, "die Freiheit, das gemeinsame Erbe und die Zivilisation ihrer Völker, die auf den Grundsätzen der Demokratie, der Freiheit der Person und der Herrschaft des Rechts beruhen, zu gewährleisten" (Präambel).
Organe
Die NATO gliedert sich in eine politische und in eine militärische Organisation. Der politischen gehören alle 26 Mitgliedsstaaten an. Sie bilden das politische Führungsorgan, den Nordatlantikrat aus den Regierungschefs oder den Verteidigungsministern, der zweimal jährlich unter dem Vorsitz des NATO-Generalsekretärs tagt. Ein ständiger NATO-Rat besteht aus den NATO-Botschaftern der Mitgliedsstaaten. Höchstes militärisches Organ ist der Militärausschuss, das gemeinsame Oberkommando in Friedenszeiten. Ihm gehören die Chefs der Generalstäbe – für die Bundeswehr der Generalinspekteur – an. Im Juni 1996 hat Frankreich seine Rückkehr in die militärische Organisation der NATO erklärt.
Deutschland in der NATO
Die Stellung Deutschlands in der NATO unterscheidet sich von der anderer Mitglieder:
Alle Streitkräfte, außer der Territorialverteidigung, unterstehen der integrierten Kommandostruktur der NATO.
Die Bundeswehr verfügt über keinen Generalstab.
Die Bundesrepublik hat auf die Produktion und den Erwerb von Atomwaffen verzichtet.
Die Zukunft der NATO
Die NATO hat 50 Jahre lang den Frieden in Europa gesichert. Seit dem Ende des Ost-West-Konflikts und der Auflösung des Warschauer Pakts existiert die bisherige Bedrohung nicht mehr.
Neue Konflikte entstanden durch den Zerfall Jugoslawiens. Im Krieg um Bosnien-Herzegowina unterstützte die NATO erstmals außerhalb des Bündnisgebietes die Friedenstruppen der Vereinten Nationen mit Lufteinsätzen. Der Kosovo-Krieg wurde sogar unter Führung der NATO ausgetragen.
Inzwischen sieht sich die NATO vor neue Herausforderungen gestellt: die Bedrohung durch den organisierten internationalen Terrorismus und die Verbreitung von Massenvernichtungswaffen. Der Terrorangriff fanatischer Selbstmordattentäter am 11. September 2001 gegen die USA löste die Beistandspflicht der NATO aus. Die Militäraktion gegen das Netzwerk der Al Qaida und das Taliban-Regime in Afghanistan wurde jedoch weitgehend von amerikanischen Streitkräften bestritten. Für künftige weltweite Einsätze ist eine multinationale Eingreiftruppe (NATO Response Force-NRF) gebildet worden. Sie umfasst 2008 25.000 Soldaten. Die NRF ist keine eigenständige Truppe. Die teilnehmenden NATO-Mitglieder halten vielmehr Truppenteile in erhöhter Bereitschaft, sodass sie jederzeit für Einsätze und Übungen zur Verfügung stehen. Von weltgeschichtlicher Bedeutung ist die Ausdehnung der NATO auf Osteuropa. Waren bereits 1999 mit Polen, Tschechien und Ungarn frühere Mitglieder des Warschauer Paktes aufgenommen worden, so folgten zum 1. Januar 2004 Bulgarien, Rumänien, Slowenien und die Slowakei. Mit Estland, Lettland und Litauen traten dann auch frühere Sowjetrepubliken dem Bündnis bei. Der Beitritt neuer Mitglieder wird erwartet. Weitere Staaten streben einen Beitritt an.
Aus: Pötzsch, Horst: Die Deutsche Demokratie. 5. überarbeitete und aktualisierte Auflage, Bonn: Bundeszentrale für politische Bildung 2009, S. 164-165
Der Historiker und Politologe Horst Pötzsch war bis 1992 Leiter der Abteilung "Politische Bildung in der Schule" der Bundeszentrale für politische Bildung.