Porträt: Fritz Borinski
Fritz Borinski (1903 – 1988) wirkte nach 1945 am Aufbau eines neuen Bildungswesens in Westdeutschland mit. In seinem 1954 erschienen Buch "Der Weg zum Mitbürger" distanzierte er sich von der in der Weimarer Republik dominierenden "Staatsbürgerkunde" und plädierte für eine "mitbürgerliche Bildung", die auf den "ganzen Menschen" und das "ganze Leben" zielen und immer auch politische Bildung sein sollte.
Borinsksi bedeutendste Schrift ist das 1954 erschienene Buch "Der Weg zum Mitbürger. Die politische Aufgabe der freien Erwachsenenbildung in Deutschland". Darin setzt er sich von der in der Weimarer Zeit vorherrschenden "Staatsbürgerkunde" ab, die er wegen ihres statischen Staatsbildes und ihres konservativen und autoritären Erziehungsziels kritisiert. Im Gegensatz dazu gehe "die mitbürgerliche Bildung auf das Ganze, auf den ganzen Menschen, auf das ganze Leben" (Borinski 1954, S. 57). Es sei "ein politisches Gebot, daß die Erziehung zur Demokratie den Menschen nicht nur zu den Formen, sondern auch zu den Inhalten der Demokratie bildet" (ebd.).
Peter Faulstich und Christine Zeuner schreiben über ihn: "Borinski geht es also darum, die Menschen durch politische Erwachsenenbildung anzuregen und zu befähigen, sich aktiv und verantwortungsbewusst am Aufbau der Demokratie zu beteiligen" (Faulstich/ Zeuner 2001, S. 252f). Martha Friedenthal-Haase und Tetyana Kloubert urteilen: "Borinski behandelt die Erwachsenenbildung nicht als eine bloße Veranstaltung zur Fortsetzung oder Wiederaufnahme organisierten Lernens im Erwachsenenalter. Ihm geht es vielmehr um Bildung in einem prägnanten Sinn, um Bildung als wertgebundene humane Menschenbildung. Unverzichtbar für die Selbständigkeit des Erwachsenen ist ihm die bürgerschaftliche Dimension, die in der modernen Gesellschaft nur in einer freiheitlichen und sozialen Demokratie voll verwirklicht werden kann, und so sind Bildung und Demokratie aufeinander verwiesen" (Friedenthal-Haase/ Kloubert 2009, S. 43). Für Borinski waren Erwachsenenbildung und politische Bildung also eng miteinander verbunden: "Die Erwachsenenbildung muß, wenn sie real in die Gesellschaft wirken will, immer auch politisch bilden" (Borinski, zit. nach Olbrich 2001, S. 17).
Der Text wurde übernommen aus dem Band: Wolfgang Sander / Peter Steinbach, Politische Bildung in Deutschland. Profile, Personen, Institutionen, Bonn 2014. Erschienen in der Schriftenreihe der Bundeszentrale für politische Bildung, Bd. 1449.
http://www.bpb.de/shop/buecher/schriftenreihe/187102/politische-bildung-in-deutschland
Literatur
Fritz Borinski, Der Weg zum Mitbürger, Düsseldorf-Köln 1954.Fritz Borinski, Freie Universität Berlin 1956 – 1972, in: Josef Gerhard Farkas (Hrsg.), Festschrift für Michael de Ferdinandy zum 60. Geburtstag, Wiesbaden 1972, S. 228-245.
Josef Olbrich, Fritz Borinski – Vita und Werk. Von der Praxis zur Wissenschaft der Erwachsenenbildung, in: Franz-Josef Jelich / Robert Haußmann (Hrsg.), Fritz Borinski. Zwischen Pädagogik und Politik – ein historischer Rückblick, Recklinghausen 2000, S. 11-33.
Peter Faulstich / Christine Zeuner, Erwachsenenbildung und soziales Engagement, Bielefeld 2001.
Martha Friedenthal-Haase/ Tetyana Kloubert, Erwachsenenbildung und Demokratie. Zu einem unveröffentlichten Manuskript von Fritz Borinski aus dem britischen Exil 1944/45, in: Bildung und Erziehung, 62 (2009) 1, S. 37-52.