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Europäischer Haushalt

Eckart D. Stratenschulte

/ 6 Minuten zu lesen

Der Europäische Haushalt ist die Quelle, aus der die Arbeit der Europäischen Union finanziert wird. Die Mitgliedstaaten legen die Einnahmen fest. Die EU erzielt sie aus verschiedenen Quellen.

EU-Haushaltskommissar Janusz Lewandowski präsentiert den Finanzreport 2009 der Presse. (© Credit © European Union, 2010)

Der Haushalt beläuft sich für das Jahr 2014 auf 135,5 Milliarden Euro. Dabei handelt es sich um die Ausgaben, die tatsächlich im Laufe des Haushaltsjahres getätigt werden. Darüber hinaus ist die EU-Kommission ermächtigt, weitere finanzielle Zusagen (zum Beispiel für mehrjährige Programme) zu machen. Deshalb ist die Zahlenangabe für die Verpflichtungsermächtigungen des EU-Haushalts immer höher als die der Zahlungen. Die Verpflichtungsermächtigungen belaufen sich 2014 auf 142,6 Milliarden Euro. Zum Vergleich: Der Bundeshaushalt 2014 umfasst circa 295 Milliarden Euro.

Einnahmen

Die Einnahmen der Europäischen Union legt der Rat der Europäischen Union, also die Mitgliedstaaten, fest. Dies geschieht in dem jeweils auf sieben Jahre zielenden Mehrjährigen Finanzrahmen, der im Europäischen Rat ausgehandelt wird. Dieser ersetzt nicht die jährlichen Haushaltsplanungen, sondern ist vielmehr eine perspektivische Festlegung, wie viel Geld die EU für welche Bereiche ausgeben will. Die derzeitige Finanzplanung läuft von 2014 bis 2020. Die Einnahmen erzielt die EU aus verschiedenen Quellen, nämlich aus:

  • Zöllen und Abschöpfungen, die Drittstaaten beim Import ihrer Waren in das Wirtschaftsgebiet der EU entrichten,

  • einem festgelegten Anteil an der Mehrwertsteuer der Mitgliedstaaten und

  • einem prozentualen Anteil am Bruttonationaleinkommen (BNE) der Mitgliedsländer.

Zölle und Abschöpfungen, das sind gewissermaßen Zölle auf landwirtschaftliche Produkte, fließen der EU direkt zu. Diese „traditionellen Eigenmittel" erheben die nationalen Zollbehörden, beispielsweise beim Import einer Ware aus China im Hamburger Hafen, und leiten sie nach Abzug einer Bearbeitungspauschale von 20 Prozent direkt nach Brüssel weiter. Diese Einnahmen tragen wegen der Verringerung der Zölle im Rahmen des Welthandels nur noch zu elf Prozent zur Finanzierung der EU bei.

EU Haushaltseinnahmen (bpb) Lizenz: cc by-nc-nd/3.0/de/

Der EU-Anteil an der Mehrwertsteuer liegt bei 0,3 Prozent auf der Basis einer einheitlich berechneten und festgelegten Mehrwertsteuergrundlage, die nötig ist, da die Mehrwertsteuer in den EU-Ländern unterschiedlich hoch ist. Für Deutschland wurde wegen seiner starken finanziellen Belastung der Betrag auf 0,15 Prozent reduziert. Auch Österreich, Schweden und die Niederlande haben einen verringerten Mehrwertsteueranteil zu zahlen. Der Mehrwertsteueranteil bringt rund 14 Prozent der Einnahmen in die EU-Kasse. Ein weiteres Prozent kommt aus sonstigen Einnahmen, z. B. den Steuern der EU-Beschäftigten. Der Betrag, der dann zur Zielmarke des Haushaltes noch fehlt, immerhin gut 73 Prozent, wird als Anteil am Bruttonationaleinkommen (BNE) erhoben. Nach den geltenden Regelungen darf der BNE-Anteil 1,23 Prozent vom gesamten BNE nicht übersteigen. Tatsächlich liegt er jedoch darunter, nämlich bei ca. 1,06 Prozent bei den Verpflichtungs- und bei 1,01 Prozent bei den Zahlungsermächtigungen. Der Unterschied zwischen diesen beiden Größen ist wichtig. Die Zahlungsermächtigungen bezeichnen die Summe, die in einem Jahr tatsächlich ausgegeben wird. Die Verpflichtungsermächtigungen binden darüber hinaus Mittel für längerfristige Projekte, die nicht innerhalb eines Jahres abgeschlossen werden, für die das Geld aber eingeplant werden muss.

Ausgaben

Die Ausgaben werden in einem jährlichen Haushalt zur Verfügung gestellt, den die Europäische Kommission gemeinsam mit Rat und Parlament, dem sogenannten Trilog, erarbeitet und der in Kraft tritt, wenn der Rat und das Europäische Parlament ihm zugestimmt haben. Normalerweise ist diese Zustimmung das Ergebnis eines Vermittlungsprozesses, an dessen Anfang unterschiedliche Positionen stehen. Generell möchte der Rat weniger Mittel für die EU bereitstellen, während das Parlament an verschiedenen Stellen höhere Ausgaben fordert.

Die Ausgaben der EU gliedern sich in einige große Blöcke. Für 2014 ergibt sich bei den Verpflichtungsermächtigungen folgendes Bild:

  • Knapp 64 Milliarden Euro fließen in den Titel „Intelligentes und integratives Wachstum“, aus dem die Wettbewerbsfähigkeit gefördert, Wachstum und Beschäftigung geschaffen sowie der wirtschaftliche, soziale und territoriale Zusammenhalt gestärkt werden sollen (44,85 Prozent des Gesamthaushalts).

  • 59,3 Milliarden Euro fließen in die Agrarpolitik und die Förderung des ländlichen Raums (unter dem Titel „Nachhaltiges Wachstum: natürliche Ressourcen“)); damit ist die Landwirtschaftspolitik, wie schon seit einigen Jahren, zwar noch ein sehr großer, aber nicht mehr der größte Ausgabenposten (41,5 Prozent des Gesamthaushalts).

  • 2,2 Milliarden werden für Justiz- und Innenpolitik eingesetzt (1,5 Prozent des Gesamthaushalts).

  • 8,3 Milliarden wendet die EU für ihre Außenpolitik einschließlich humanitärer Hilfe auf (5,8 Prozent des Gesamthaushalts).

  • 8,4 Milliarden dienen der Deckung der Kosten der Verwaltung (5,9 Prozent des Gesamthaushalts).

Wenn am Ende des Haushaltsjahres Geld in der Brüsseler Kasse übrig bleibt, fließt es an die Mitgliedstaaten zurück.

Nettozahler und -empfänger

Es gibt Staaten, die mehr aus der EU-Schatulle bekommen, als sie einzahlen (Nettoempfänger), und andere, bei denen es umgekehrt ist (Nettozahler). Das Ungleichgewicht ergibt sich nicht bei den Einzahlungen, sondern beim Rückfluss der Mittel in die Mitgliedstaaten.

Die Einzahlungen in den EU-Haushalt erfolgen im Grundsatz für alle Mitgliedstaaten nach den gleichen Kriterien. Dass die stärkeren Staaten, die über ein hohes Bruttonationaleinkommen verfügen, in absoluten Zahlen höhere Beträge zahlen, ändert nichts daran, dass prozentual auf alle Mitgliedstaaten der gleiche Anteil entfällt.

Bei den Ausgaben ist das anders. Die beiden größten Ausgabepositionen sind jene für die Landwirtschaftspolitik und für die Regionalpolitik. Hiervon profitieren die Mitgliedsländer in unterschiedlichem Maße. Ein Land, das über eine große Landwirtschaft verfügt und gleichzeitig strukturschwach ist, erhält viel Geld aus Brüssel, ein Land, in dem diese Bedingungen nicht gegeben sind, entsprechend weniger. Aus dieser Differenz zwischen Einzahlungen und Rückflüssen speist sich die Debatte um die Nettozahler-Position.

Top 5 Nettozahler und Nettoempfänger der EU (bpb) Lizenz: cc by-nc-nd/3.0/de/

Allerdings sind die entsprechenden Zahlen mit Vorsicht zu genießen, da sie lediglich dokumentieren, in welches Land das Geld fließt, und nicht, wer davon in welchem Maße profitiert. Wenn ein Land Geld aus Brüssel erhält, um damit beispielsweise seinen Flughafen auszubauen, die großen Aufträge dafür aber an Firmen aus dem Nachbarland gehen, ist das Nachbarland ein erheblicher Nutznießer dieser Mittel, taucht allerdings in der Statistik nicht auf. Außerdem wird in die Zahlen oft die Summe hineingerechnet, die ein Land an seinen Außengrenzen als Zoll einnimmt und an die EU abführt. Das sind aber keine nationalen Mittel, sondern sogenannte traditionelle Eigenmittel der EU. Ein japanisches Motorrad, das im Hamburger Hafen auf EU-Territorium kommt, bleibt möglicherweise gar nicht in Deutschland, sondern wird beispielsweise nach Österreich geliefert. Die deutschen Behörden erheben zwar den Zoll, leiten ihn aber weiter nach Brüssel. Das Geld stünde Deutschland aber ohnehin gar nicht zu, sondern in unserem Beispiel Österreich. Umsonst machen die nationalen Zollverwaltungen das übrigens nicht: Ein Fünftel der Einnahmen dürfen sie als Verwaltungsgebühr behalten.

Deutschland ist der größte Nettozahler, allerdings nur in absoluten Zahlen, weil es das größte Land ist. 2012 zahlte die Bundesregierung rund 11,9 Milliarden Euro mehr in die EU-Kasse ein, als von dort zurückkam. Pro Kopf betrug die Nettoleistung 2012 rund 146,10 Euro, für die Schweden lag sie jedoch bei 203 Euro und für die Dänen bei 201,80 Euro.

Britenrabatt

Für Großbritannien gibt es eine viel diskutierte und kritisierte Sonderregelung, den sogenannten Britenrabatt. Den hatte die damalige britische Premierministerin Margaret Thatcher 1984 ihren Kollegen abgetrotzt. Ihr Satz „I want my money back!“ („Ich will mein Geld zurück!“) ist zu einem geflügelten Wort geworden. Großbritannien gehörte damals zu den schwächeren Mitgliedern und profitierte kaum von der Landwirtschaftspolitik, für die zu dieser Zeit deutlich mehr als die Hälfte der Haushaltsmittel ausgegeben wurde. Man vereinbarte, dass Großbritannien zwei Drittel seiner Nettozahlungen, also der Differenz zwischen Einzahlungen und Rückflüssen, zurückerhält. Dieser Britenrabatt ist seitdem mehrfach modifiziert worden, ihn abzuschaffen ist allerdings noch nicht gelungen, da Großbritannien sich dagegen sehr stark wehrt. Im Gegenteil: Im Zusammenhang mit den Verhandlungen über den Mehrjährigen Finanzrahmen 2014 bis 2020 gelang es dem britischen Premierminister David Cameron mit der Drohung, den Haushalt sonst scheitern zu lassen, zu den bisherigen 3,6 Mrd. Euro Rabatt zusätzliche 200 Mio. zu erhalten.

In kleinerem Maße gibt es auch für andere Staaten solche Sonderregelungen, mit denen Ausgaben „gedeckelt“ werden. Hiervon profitiert auch Deutschland, das lediglich einen Mehrwertsteueranteil von 0,15 Prozent (statt 0,3 Prozent) entrichten muss. Solche Ausnahmen erleichtern die Kompromissbildung im Einzelfall, machen das System insgesamt jedoch intransparenter und schwieriger zu steuern. Immer wieder wird daher diskutiert, die EU über eine eigene Steuer zu finanzieren. Der Präsident der Europäischen Kommission, José Manuel Barroso, hatte dieses Thema in seiner „Rede zur Lage der Union“ im September 2010 vor dem Europäischen Parlament wieder aufgegriffen, wenn auch indirekt, indem er sagte, die EU solle sich in Zukunft aus „Eigenmitteln“ finanzieren. Dass ein solcher Vorschlag die einstimmige Unterstützung der Mitgliedstaaten findet, ist jedoch in absehbarer Zeit nicht zu erwarten. Die deutsche Bundesregierung lehnte ihn sofort ab.

Fussnoten