Die Formen und Motive, verfolgten Juden Hilfe zu leisten, waren höchst unterschiedlich. Sind diejenigen, die diese Hilfe leisteten, als "Helden" zu bezeichnen? Johannes Tuchel und Harald Welzer äußern sich über Ausmaß, Situationen und Bewertung der Hilfe.
Inhalt
Harald Welzer ist Direktor des Center for Interdisciplinary Memory Research in Essen. Seine Arbeitsschwerpunkte liegen in der Erinnerungs- und Gedächtnisforschung sowie der Gewaltforschung.
Johannes Tuchel ist Leiter der Stiftung Gedenkstätte Deutscher Widerstand. Seit 2009 lehrt er am Touro College in Berlin und seit 2008 ist er apl. Professor am Fachbereich Politik- und Sozialwissenschaften der FU Berlin.
Im Interview sprechen sie über Situationen, die Hilfsaktionen für Juden begünstigt haben. Zwar bewerten sie diese Hilfe als "heldenhafte" Tat, da sich die Helfer gegen das vorherrschende gesellschaftliche System stellten und oft hohe persönliche Risiken eingingen. Allerdings sei der Begriff des Helden nicht hilfreich, wenn es darum geht, im Rahmen politischer Bildung die Bereitschaft zu gesellschaftlichem Engagement zu stärken, da er geradezu "übermenschliche" Eigenschaften der Helfer suggeriert. Vielmehr sollte den Adressaten politischer Bildung aufgezeigt werden wie sie innerhalb ihrer persönlichen Handlungsspielräume Verantwortung übernehmen können.
Das Interview fand am Rande der 3. internationalen Konferenz zur Holocaustforschung am 27./28. Januar 2011 in Berlin statt. Thema der Konferenz: Helfer, Retter und Netzwerker des Widerstands.
Warum und wie wurde jemand Helfer, Retter oder Netzwerker im Nationalsozialismus und welche Schlüsse ziehen wir daraus für Gegenwart und Zukunft? Dies waren Themen der 3. Internationalen Konferenz zur Holocaustforschung vom 27. bis 28. Januar 2011...
In der Wehrmacht gab es zwischen Befehl und Gehorsam einen kleinen Spielraum, der von wenigen mutigen Soldaten genutzt wurde, um denen zu helfen, die in Zeiten der NS-Diktatur verfolgt wurden. Darüber spricht Wolfram Wette im Interview.
Barbara Schieb im Interview über die "stillen Helfer"
Während des Zweiten Weltkrieges gab es immer wieder Einzelpersonen, die Juden auf unterschiedliche Weise halfen und das Leben retteten. Wer waren diese "stillen Helfer"? Darüber spricht Barbara Schieb im Interview.
Zwischen Implementation und Unterlaufung: Das Ausmaß der Deportationen in von Deutschland besetzten Ländern hing davon ab, wie unmittelbar die Regierung des jeweiligen Landes dem Nazi-Regime unterstand, sagt Ethan Hollander.
“Das Gute ist keine absolute Kategorie, sie hat etwas Brüchiges, Ambivalentes, und auch Zufälliges." Diese Schlussfolgerung zieht Alejandro Baer aus seiner Betrachtung der Judenrettung spanischer Diplomaten während des Holocausts.
Ladislaus Löb spricht im Interview über seinen Retter Rezső Kasztner
Ladislaus Löb spricht im Interview über Rezső Kasztner, der 1700 Juden von der SS aus einem Konzentrationslager freikaufte, um ihnen das Leben zu retten. War er ein Held oder ein Kollaborateur?
Warum wurden in einigen Städten und Dörfern in Westeuropa viele Juden von Einwohnern versteckt und vor dem Tod gerettet - und in anderen nicht? Dieser Frage geht Bob Moore im Interview nach.
Natan Sznaider über die sakrale Dimension der Rettung
Für den Soziologen Natan Sznaider kommt die Holocaust-Forschung an die wahre Problematik der Rettung nicht heran. Denn es gibt da einen Moment des Sakralen und Transzendentalen, der kaum zu erklären ist...
Philip Zimbardo, Begründer des Stanford-Prison-Experiments, über die Bedingungen des "Bösen" und die Möglichkeit, gesellschaftlichen Widerstand zu stärken.
Der bpb-Präsident über die Motive der Helfer, ihre unterschiedliche soziale Herkunft und die Bedeutung der Helfergeschichten für die Gegenwart. Was können wir aus ihren Geschichten lernen?
Marcus Appelbaum will Richter und Polizisten dazu bringen, sich über ihre eigene Rolle in der Gesellschaft bewusst zu werden - und aus dem Missbrauch ihrer Machtposition, der während des Holocaust stattgefunden hat, zu lernen.