Vor 75 Jahren: Vier-Mächte-Erklärung von Berlin
Am 5. Juni 1945 übernahmen die vier Siegermächte des Zweiten Weltkriegs die Regierungsgewalt in Deutschland. "In Anbetracht der Niederlage Deutschlands" legten sie die Leitlinien der Besatzungspolitik vor.
Wie sollte es mit Deutschland nach dem Zweiten Weltkrieg weitergehen? Über diese Frage hatten die Vereinigten Staaten von Amerika, die Sowjetunion und Großbritannien bereits seit 1943 beraten. Nach der bedingungslosen Kapitulation der deutschen Wehrmacht am 8. Mai 1945 setzten sie ihre Pläne schließlich um: Deutschland wurde besetzt.
Zwei Wochen nach der Festnahme der letzten NS-Regierung unter Karl Dönitz erklärten die Siegermächte am 5. Juni 1945, "in Anbetracht der Niederlage Deutschlands", unterwerfe sich das besiegte Land "allen Forderungen, die ihm jetzt oder später auferlegt werden". Mit dieser Erklärung übernahmen die USA, Großbritannien, die Sowjetunion und Frankreich, das seit seiner Befreiung 1944 ebenfalls zu den Hauptalliierten zählte, offiziell die Regierungsgewalt in Deutschland.
Was regelte die Erklärung vom 5. Juni?
In der Vier-Mächte-Erklärung (auch: Berliner Erklärung) wiederholten die Alliierten die militärischen Kapitulationsbedingungen und legten die Leitlinien ihrer Besatzungspolitik dar. Dazu gehörten die Entmilitarisierung Deutschlands sowie die Verhaftung von führenden Nationalsozialisten und Kriegsverbrechern.Zudem wurde festgehalten, dass mit der Kapitulation Deutschlands sämtliche "Befugnisse der deutschen Regierung, des Oberkommandos der Wehrmacht und der Regierungen, Verwaltungen oder Behörden der Länder, Städte und Gemeinden" an die Siegermächte übergegangen waren. Deutschland hatte seine staatliche Souveränität verloren.
Besatzungszonen und Alliierter Kontrollrat
Die konkrete Gestaltung der Besatzungspolitik wurden am 5. Juni in zwei weiteren Dokumenten festgelegt. Die vier alliierten Staaten richteten einzelne Besatzungszonen ein, in welchen die Regierungsgewalt jeweils beim Oberbefehlshaber lag. Grundlage der Zonen war das Territorium des Deutschen Reichs vom 31. Dezember 1937. Über die endgültigen Grenzen Deutschlands wollten die Siegermächte später entscheiden.Berlin wurde ebenfalls in vier Sektoren eingeteilt. Die ehemalige Reichshauptstadt sollte von einer Viermächteverwaltung, der Alliierten Kommandantur, regiert werden.
Über Angelegenheiten, die Deutschland als Ganzes betrafen, sollte ein von den vier Oberbefehlshabern gebildeter Alliierter Kontrollrat nach dem Einstimmigkeitsprinzip entscheiden.
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Der Alliierte Kontrollrat
Beratungen über die Leitlinien der Besatzungspolitik
Die am 5. Juni öffentlich verkündeten Regelungen und Pläne waren das Ergebnis langer Beratungen der Alliierten. Bereits während des Krieges hatten Großbritannien, die USA und die Sowjetunion auf mehreren Konferenzen um eine Nachkriegsordnung gerungen. Ende 1943 in Teheran war zunächst über eine Zerteilung Deutschlands in unabhängige Teilstaaten gesprochen worden. Anfang 1945 hatten sich die "Großen Drei" bei der Konferenz von Jalta jedoch auf eine Einteilung in Besatzungszonen geeinigt.
Diese Entscheidung beruhte auf den Londoner Protokollen der European Advisory Commission (EAC). So hieß es im 1. Protokoll vom 12. September 1944, Deutschland solle in eine östliche (sowjetische), nordwestliche (britische) und südwestliche (amerikanische) Zone aufgeteilt werden. Ergänzend wurde nachträglich im November 1944 eine französische Besatzungszone beschlossen.
Auf die Grundlinien ihrer Deutschlandpolitik einigten sich Großbritannien, die USA und die Sowjetunion schließlich auf der Potsdamer Konferenz vom 17. Juli bis zum 2. August 1945. Im dort beschlossenen Potsdamer Abkommen hielten sie unter anderem vier wesentliche Punkte fest: Deutschland sollte entnazifiziert, entmilitarisiert, demokratisiert und dezentralisiert werden.
Die Spannungen zwischen den USA und der Sowjetunion verschärften sich ab 1946. Während sich die drei westlichen Besatzungszonen bis 1948 schrittweise vereinigten, verhinderte der Ost-West-Konflikt eine baldige Wiedervereinigung mit der sowjetischen Zone.
Langer Weg zur Souveränität
Als am 23. Mai 1949 das Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland verkündet wurde, erlangte Westdeutschland eine zunächst eingeschränkte Souveränität. In der ehemaligen sowjetischen Besatzungszone entstand 1949 mit der DDR ein Staat, der in den folgenden vier Jahrzehnten weitgehend den Direktiven aus Moskau unterstand. Für die Bundesrepublik beendeten die Pariser Verträge vom 23. Oktober 1954 den Besatzungsstatus durch die drei westlichen Alliierten. Mit dem Inkrafttreten der Verträge im Mai 1955 war die Bunderepublik weitgehend souverän. Dies allerdings mit einer Einschränkung: Die Alliierten behielten sich die Rechte und die Verantwortung für "Deutschland als Ganzes" vor, solange das Land geteilt blieb und keine Friedensregelung mit allen vier Siegermächten existierte. Bis Deutschland seine volle Souveränität zurückerlangte, sollte es bis zum Inkrafttreten des Zwei-plus-Vier-Vertrags 1990 dauern. Am 3. Oktober des gleichen Jahres wurde Deutschland schließlich wiedervereint.- Vor 75 Jahren: Befreiung vom Nationalsozialismus und Ende des Zweiten Weltkriegs in Europa
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