Meine Merkliste Geteilte Merkliste PDF oder EPUB erstellen

Editorial | Wissenschaft, Öffentlichkeit, Demokratie | bpb.de

Wissenschaft, Öffentlichkeit, Demokratie Editorial "Politik sollte sich nicht hinter einer wissenschaftlichen Bewertung verstecken". Fünf Fragen zu Wissenschaft, Kommunikation und Politik Demokratie und Expertise. Ambivalenzen und rechtliche Lösungsansätze (Pseudo-)Wissenschaft und Demokratie im Krisenzeitalter Warum demokratische Beteiligung mehr Wissenschaftskompetenz braucht Zwischen Expertokratie und Wissenschaftspopulismus. Wie die politische Aufladung wissenschaftlicher Expertise polarisiert Objektivität in Anführungszeichen. Über Wissenschaft und Aktivismus Von der Wissenschaftskommunikation zur evidenzbasierten Information Wissenschaft und Gesellschaft: Neues zur Vertragsgestaltung

Editorial

Anne Seibring

/ 2 Minuten zu lesen

Das Verhältnis von Wissenschaft und Politik birgt besondere Herausforderungen für die Demokratie. Wie lässt sich mit wissenschaftlichen Erkenntnissen in der Politik und in der Öffentlichkeit umgehen?

Demokratietheoretisch wie -praktisch birgt das Verhältnis von Wissenschaft und Politik besondere Herausforderungen. Kritikerinnen und Kritiker einer "Politisierung wissenschaftlicher Erkenntnisse" oder einer "Epistemisierung des Politischen" betonen die unterschiedlichen Logiken von wissenschaftlichem Erkenntnisgewinn und politischen Entscheidungsprozessen, in denen Werte und Interessen verhandelt werden sollten und nicht primär Wissensfragen. Andere hingegen meinen, dass wissensbasierte Politik und ein Mehr an Wissenschaftskompetenz in der Bevölkerung der Demokratie nur gut tun können.

Wie politisiert Wissenschaft ist, lässt sich gut an den Debatten um die (Neben-)Wirkungen der Maßnahmen in der Corona-Pandemie ablesen, aktuell etwa in Bezug auf die Arbeit des Sachverständigenausschusses, der gemäß Infektionsschutzgesetz bis Ende Juni 2022 eine Evaluation vorlegen soll. An prominenter Stelle im Politikteil der "Süddeutschen Zeitung" wurde Anfang Juni von einem Berichtsentwurf des Ausschusses berichtet und anonyme Experten zitiert, die diesen als einseitig und selektiv in der Auswahl an Studien beurteilten und den Verdacht äußerten, es solle hier eine bereits vorgefasste Meinung untermauert werden.

Bezeichnenderweise wurde der gleiche Vorwurf mit Blick auf die Auswahl von Expertinnen und Experten erhoben, die der Bundesregierung 2020 und 2021 mehr oder weniger harte Lockdown-Maßnahmen im Kampf gegen Corona empfohlen hatten. Zeitweise gar verunglimpft als "Lockdown-Macher", sahen sich die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler einem Shitstorm ausgesetzt – weil sie für politische Entscheidungen verantwortlich gemacht wurden, die sie gar nicht selbst getroffen hatten. Der legitimierende Verweis von politischen Entscheidungsträgerinnen und -trägern auf "die Wissenschaft" zeitigt somit unerwünschte Folgen. Angesichts bestehender und kommender Krisen etwa im Bereich Klima, Umwelt und Energie wird uns die Frage, wieviel Wissenschaft in der Politik stecken soll und darf, weiter begleiten.

Weitere Inhalte