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Kommentar: Russlands Haltung zu Verhandlungen | Ukraine-Analysen | bpb.de

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Kommentar: Russlands Haltung zu Verhandlungen Ukraine-Analysen Nr. 306

Sabine Fischer

/ 6 Minuten zu lesen

Dieser Beitrag konzentriert sich auf die Kriegsziele Russlands, die den Rahmen für tatsächliche oder mögliche Verhandlungen abstecken, und auf Russlands Handlungen auf der diplomatischen Ebene.

Moskau, 29. Mai 2024: Der russische Außenminister Sergej Lawrow (Mitte) hält ein Treffen mit den Leitern der in Moskau akkreditierten diplomatischen Vertretungen ab, um die Beilegung des Krieges gegen die Ukraine zu besprechen. (© picture-alliance/dpa, Russian Foreign Ministry Press S | Russian Foreign Ministry)

Herausgeber der Länderanalysen

Die Ukraine-Analysen werden von der Forschungsstelle Osteuropa an der Universität Bremen, der Deutschen Gesellschaft für Osteuropakunde e.V., dem Deutschen Polen-Institut, dem Leibniz-Institut für Agrarentwicklung in Transformationsökonomien, dem Leibniz-Institut für Ost- und Südosteuropaforschung und dem Zentrum für Osteuropa- und internationale Studien (ZOiS) gGmbH gemeinsam herausgegeben. Die Bundeszentrale für politische Bildung/bpb veröffentlicht die Analysen als Lizenzausgabe.

Russland führt seit 2014 Krieg gegen die Ukraine. Im Laufe dieser Dekade hat sich die Haltung des Putin-Regimes zu Waffenstillstands- bzw. Friedensverhandlungen verändert. Der Beginn des vollumfänglichen russischen Krieges gegen die Ukraine im Februar 2022 markiert den Kulminationspunkt dieser Entwicklung. Dieser Beitrag konzentriert sich auf die Kriegsziele Russlands, die den Rahmen für tatsächliche oder mögliche Verhandlungen abstecken, und auf Russlands Handlungen auf der diplomatischen Ebene.

Russlands Kriegsziele vor und nach Februar 2022

Mit der Annexion der Krym und der verdeckten militärischen Intervention im Donbas im Frühjahr 2014 reagierte Russland auf die Euromaidan-Revolution. Trotz seiner offensichtlichen Beteiligung bestritt Moskau bis zum Beginn der Vollinvasion 2022, Konfliktpartei zu sein – und formulierte keine Kriegsziele. Die russische Propaganda behauptete, die Krym sei "heimgeholt" worden und die "Aufständischen" im Donbas würden unterstützt, um die "russische Bevölkerung" der Ostukraine vor einem "Genozid" durch die "faschistische Junta" in Kyjiw zu schützen.

Das russische Vorgehen lässt jedoch auf andere Beweggründe schließen: Die militärische Besetzung der Krym sollte den Standort der russischen Schwarzmeerflotte und Russlands geostrategische Position im Schwarzmeerraum sichern. Der verdeckte Krieg im Donbas verlief vollkommen anders als die schnelle und "reibungslose" Annexion der Krim. Russland stieß auf stärkeren Widerstand und erfuhr wenig Unterstützung bei der lokalen Bevölkerung. Das erschwerte den Vormarsch seiner Proxys (und phasenweise regulärer russischer Truppen) im Donbas. Politisch hatte Moskau aber sowieso kein Interesse daran, die besetzten Gebiete zu annektieren. Sie sollten Teil der Ukraine bleiben. Denn im Donbas verfolgte Moskau andere Ziele. Die verdeckte Intervention sollte die Ukraine politisch destabilisieren und den russischen Einfluss auf die ukrainische Innen- und Außenpolitik wahren. Moskau verfolgte das Ziel, so die ukrainische Annäherung an die EU und vor allem einen ukrainischen NATO-Beitritt zu verhindern.

Mit der Vollinvasion seit 2022 verfolgt Russland ganz unverhohlen eine radikal andere Zielsetzung: Zu Beginn der bilateralen Waffenstillstandsverhandlungen von Februar bis Mai 2022 forderte Moskau , die Ukraine müsse die Waffen niederlegen, ihre NATO-Beitrittsambitionen aufgeben und einen dauerhaft neutralen Status akzeptieren, Russisch den Status einer offiziellen Staatssprache verleihen, die Krym als russisch und die selbsterklärten Volksrepubliken Donezk und Luhansk als unabhängig anerkennen, sich "entnazifizieren" und "entmilitarisieren". Dies kam der Forderung nach einer ukrainischen Kapitulation und einem Regimewechsel in Kyjiw gleich. Die russischen Territorialforderungen beziehen sich außerdem auf die ukrainischen Regionen Donezk, Luhansk, Saporischschja und Cherson. Russland betrachtet alle vier Verwaltungsgebiete seit 30. September 2022 als "eigenes Territorium", obwohl es sie bis heute nicht vollständig militärisch besetzt hat.

Die russischen Kriegsziele sind jedoch nicht auf die Ukraine beschränkt. Moskau möchte auch den europäischen Kontinent neu ordnen. Das Putin-Regime legte den USA und der NATO bereits im Dezember 2021 zwei Vertragsentwürfe über "Sicherheitsgarantien für Russland" vor. Sie liefen auf die Teilung Europas in eine stark ausgeweitete russische und eine beträchtlich geschrumpfte amerikanische Einflusssphäre hinaus. Die Ukraine sollte Russland zufallen und die "Ukraine-Frage" somit auf der Ebene der Großmächte geklärt werden.

Russlands Kriegsdiplomatie vor und nach Februar 2022

Aus den unterschiedlichen Zielsetzungen auf der Krym und im Donbas erwuchsen unterschiedliche Herangehensweisen an Friedensverhandlungen. Moskau betrachtet die "Krym-Frage" seit der Annexion im März 2014 als ein für alle Mal erledigt und verweigert seitdem konsequent Gespräche über den Status der Halbinsel. Im Donbas-Krieg zeigte es sich hingegen offen für Verhandlungen, wenn auch unter sehr spezifischen Bedingungen.

Im Laufe des Jahres 2014 bildeten sich zwei Verhandlungsformate heraus, die sich in den folgenden acht Jahren mit den Minsker Vereinbarungen von September 2014 und Februar 2015 beschäftigten: Das Normandie-Format, bestehend aus der Ukraine, Russland, Deutschland und Frankreich, bildete den politischen Rahmen. Die Trilaterale Kontaktgruppe (TKG), die von der OSZE koordiniert wurde und in der die Ukraine, Russland und die De-Facto-Machthaber:innen der sogenannten Volksrepubliken Donezk und Luhansk vertreten waren, beriet im Zweiwochenrhythmus über die konkrete Umsetzung der in den Minsker Vereinbarungen festgelegten militärischen, politischen und humanitären Maßnahmen.

Russland beteiligte sich an beiden Formaten, verleugnete jedoch konsequent seine Rolle als Konfliktpartei und behauptete stattdessen, gemeinsam mit Deutschland und Frankreich in einem "innerstaatlichen Konflikt" zu "vermitteln". Von diesem falschen Narrativ ausgehend versuchte Moskau acht Jahre lang, die Ukraine zu direkten Verhandlungen mit seinen Stellvertreter:innen im Donbas zu zwingen. Derweil schuf Russland in den besetzten Gebieten quasistaatliche Strukturen und rüstete sie militärisch auf, während es der Sonderbeobachtermission der OSZE in der Ukraine den Zugang verweigerte. Kyjiw lehnte das Ansinnen Moskaus ab, weil es zu Recht Russland als seinen eigentlichen Kriegsgegner betrachtete. Diese Blockade Russlands war der wichtigste Grund für das Scheitern der Minsker Vereinbarungen und aller anderen Bemühungen um die Lösung des Konflikts. Beide Formate bestanden offiziell bis zum 24. Februar 2022. Die Dynamik der Gespräche hatte jedoch bereits nach 2016 spürbar nachgelassen.

Ziel des seit 2022 wütenden vollumfänglichen Krieges ist es, den unabhängigen ukrainischen Staat zu vernichten. Mit der Vollinvasion zerschlug Wladimir Putin 2022 endgültig die bislang bestehenden Verhandlungsformate. Die massive Ausweitung der russischen Kriegsziele veränderte auch die Haltung Moskaus zu Verhandlungen. Der Kreml übertrug seine kategorische Forderung, Kyjiw habe die russische Landnahme zu akzeptieren, von der Krym auf alle von Russland beanspruchten Gebiete in der Ost- und Südukraine: Seit der Annexion von Donezk, Luhansk, Saporischschja und Cherson machen Vertreter:innen des Putin-Regimes Waffenstillstands-, bzw. Friedensverhandlungen davon abhängig, dass die Ukraine die "Realität vor Ort" anerkennen müsse. Das russische Ziel, in Kyjiw einen Regimewechsel zu erzwingen, schiebt Verhandlungen einen weiteren Riegel vor. Auch die anderen russischen Maximalforderungen, die Wladimir Putin in einer Rede vor der Führung des Außenministeriums im Juni 2024 noch einmal zusammenfasste, machen Verhandlungen, die nicht auf eine ukrainische Kapitulation hinauslaufen, unmöglich.

Die russische Maximalforderungen brachten bislang alle Verhandlungsversuche seit Februar 2022 zum Scheitern. Das gilt auch für die direkten Waffenstillstandsverhandlungen von Februar bis Mai 2022. Das Istanbuler Kommuniqué, das die Seiten in diesen Wochen vorverhandelten, hätte die Grundlage für einen Kompromiss werden können. Eine Einigung (und damit ein frühes Ende des Kriegs) kam jedoch wegen russischer Forderungen nicht zustande. So versuchte Moskau unter anderem, sich ein Veto über Sicherheitsgarantien für die Ukraine im Falle eines erneuten russischen Angriffs auf die Ukraine vorzubehalten. Es bestand darauf, die ukrainischen Streitkräfte auf ein Minimum zu schrumpfen, während Kyjiw "Neutralität" akzeptieren sollte. Gespräche über den Status der Krym lehnte Wladimir Putin ausdrücklich ab.

Wolodymyr Selenskyj reagierte auf die russischen Annexionen im September 2022 mit einem Präsidialerlass, der direkte Verhandlungen mit Wladimir Putin verbietet. Die Ukraine wirbt seitdem mit ihrer Friedensformel auf internationaler Ebene für Unterstützung. Die Friedensformel beschreibt das ukrainische Kriegsziel eines "gerechten Friedens", der voraussetzt, dass die russischen Streitkräfte das ukrainische Territorium vollständig freigeben. Die Kriegsparteien verhandeln im Geheimen regelmäßig und erfolgreich über Gefangenenaustausche. Der humanitäre Korridor bleibt jedoch beschränkt – ukrainische Versuche, nach Russland entführte Kinder freizubekommen, werden von Moskau boykottiert.

Zu Beginn des dritten Kriegswinters befinden sich beide Parteien am Rande der militärischen Erschöpfung. Besonders schwierig ist jedoch die Situation der Ukraine, die als militärisch schwächere Seite und demokratischer Staat größerem Druck ausgesetzt ist. Die politische Führung hat deshalb im Sommer 2024 vorsichtig begonnen, nach Wegen aus dem Krieg zu suchen. Dafür steht der "Siegesplan", den Präsident Selenskyj westlichen Hauptstädten anpreist. Diese sollen der Ukraine durch vermehrte militärische und wirtschaftliche Unterstützung sowie Sicherheitsgarantien und eine konkrete Einladung zur NATO-Mitgliedschaft helfen, Moskau mit militärischen Mitteln an den Verhandlungstisch zu bringen und zu Kompromissen zu zwingen. Diese Herangehensweise spiegelt die Stimmung in der ukrainischen Gesellschaft wider. Die Menschen werden zwar offener für Verhandlungen mit Russland, noch bevor das gesamte ukrainische Staatsterritorium befreit ist. Die überwältigende Mehrheit lehnt aber die russischen Bedingungen, also eine ukrainische Kapitulation, weiter ab.

Selbst wenn die Ukraine irgendwann militärisch gestärkt in Waffenstillstandsverhandlungen mit Russland gehen kann, bleiben viele Fragen offen: nach dem weiteren Schicksal der Menschen in möglicherweise weiter von Russland besetzten ukrainischen Gebieten, nach Reparationen, nach der Verantwortung für die russischen Kriegsverbrechen an der ukrainischen Bevölkerung. Die wichtigste Herausforderung wird es sein, die Rückkehr des Krieges zu verhindern. Angesichts der Gewaltbereitschaft des Putin-Regimes kann dies nur durch Sicherheitsgarantien für die Ukraine erreicht werden. Ohne solche Maßnahmen besteht die Gefahr, dass die Kriegsparteien aus Erschöpfung in eine vorübergehende Waffenruhe gleiten, die nur eine Brücke zum nächsten russischen Überfall auf die Ukraine sein könnte.

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Dr. Sabine Fischer ist Senior Fellow in der Forschungsgruppe Osteuropa und Eurasien der Stiftung Wissenschaft und Politik in Berlin. Von 2019 bis 2021 war sie als Teamleiterin im Projekt "Public Diplomacy. EU and Russia" in Moskau tätig. Von 2007 bis 2012 arbeitete sie als Senior Research Fellow am European Union Institute for Security Studies in Paris.