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Kritik an der europäischen Einigung | Europäische Union | bpb.de

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Kritik an der europäischen Einigung Demokratiedefizite, Machtungleichgewichte und Gegenentwürfe

Olaf Leiße

/ 3 Minuten zu lesen

Eine Demokratie ohne Volk, ein Superstaat ohne Grenzen? Die EU sieht sich grundlegender Kritik ausgesetzt – und muss sich vielfältigen Herausforderungen stellen.

Fenster am Berlaymont, dem Sitz der Europäischen Kommission. Für die EU arbeiten 25.000 Beamte. (© picture alliance / imageBROKER | Heinz-Dieter Falkenstein)

Der Europäischen Union werden auch Schattenseiten vorgeworfen. Schließlich ist auch die Europäische Union keine perfekte Organisation. Sie steht immer wieder vor Interner Link: politischen, wirtschaftlichen, sozialen, ökologischen und militärischen Herausforderungen, auf die sie angemessen reagieren muss. Manchmal gerät die EU dabei selbst in eine Krise.

Zu viel Wirtschaftspolitik, zu wenig Sozialpolitik

Ein Kritikpunkt, der eher von politisch linker Seite geäußert wird, ist die Dominanz der Wirtschaftspolitik. Der Interner Link: Binnenmarkt eröffne den Unternehmen größere Märkte und Gewinnchancen. Dagegen komme die Interner Link: Sozialpolitik zu kurz und biete der arbeitenden Bevölkerung zu wenig Schutz vor Unternehmen und Wirtschaftsinteressen, die von den entfesselten Märkten profitieren. Tatsächlich hat die Europäische Union eine umfangreiche Sozialgesetzgebung auf den Weg gebracht, von Mutterschutz über Arbeitszeitregelungen bis zur Gesundheitsversorgung. Allerdings werden die großen Transferleistungen, wie Renten-, Arbeitslosen und Gesundheitsversicherung noch immer von den Mitgliedstaaten geleistet. Die EU hat hier nur ein geringes Mitspracherecht. Durch die Aufnahme von Ländern in Mittel- und Osteuropa hat sich mittlerweile ein dauerhaftes Wohlstandsgefälle etabliert. Die wohlhabenden Staaten liegen eher im Norden, in Skandinavien und Westeuropa, während die wirtschaftsschwachen Staaten in Ost-, Südost- und Südeuropa zu finden sind. Allerdings holen insbesondere die Länder Osteuropas den Rückstand deutlich auf.

Bruttoinlandsprodukt (BIP) pro Kopf

zum ausführlichen Text Interner Link: Bruttoinlandsprodukt (BIP) pro Kopf

In Kaufkraftstandards (KKS), Index (EU-27 = 100), ausgewählte europäische Staaten, 2023

In Kaufkraftstandards (KKS), Index (EU-27 = 100), ausgewählte europäische Staaten, 2023

In Kaufkraftstandards (KKS), Index (EU-27 = 100), ausgewählte europäische Staaten, 2023

Quelle: Eurostat: Online-Datenbank: Kaufkraftparitäten (KKP) und vergleichende Preisniveauindizes für die Aggregate des ESVG 2010 (Stand: 08/2024)
Lizenz: cc by-nc-nd/4.0/deed.de

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Ein bürokratisches Monster

Der Europäischen Union wird oft vorgeworfen, über eine ausufernde Interner Link: Bürokratie zu verfügen. Die EU sei von Zentralismus und Regulierungswut geprägt, die immer mehr Aufgaben an sich zieht und die Selbstständigkeit der Mitgliedstaaten - etwa Deutschlands - gefährdet. Zudem sind die Entscheidungsprozesse oft undurchsichtig, schwerfällig und träge. Und tatsächlich arbeiten rund 25.000 Beamte für die EU, dazu kommen Angestellte mit Zeitverträgen und aus den Mitgliedstaaten abgeordnete Personen. Alles in allem ein riesiger und in der Tat oft unübersichtlicher Apparat von „Eurokraten“. Aber im Vergleich zu den Verwaltungen in den Mitgliedsländern ist die EU-Bürokratie geradezu schlank. Sie beschränkt sich häufig auf Kontrollen und überwacht die Umsetzung von Gesetzen in den Mitgliedstaaten. Mehr kann und will sie nicht leisten. In Interner Link: Deutschland gibt es übrigens mehr als 1,7 Millionen Beamte und Richter sowie 3,3 Millionen Tarifbeschäftigte im öffentlichen Dienst. Insgesamt arbeiten damit in Deutschland rund 10% aller Beschäftigen im öffentlichen Dienst.

Der Superstaat

Eine vielfach geäußerte Kritik lautet, dass die Europäische Union auf dem Weg zu einem Superstaat ist, der die Zuständigkeiten der Mitgliedstaaten aushöhlt und langfristig überflüssig macht. Tatsächlich lässt sich beobachten, dass die Interner Link: Kommission in immer mehr Politikbereichen tätig wird. Allerdings gibt es auch kaum mehr Bereiche, die rein nationalstaatlich organsiert werden können. Immer häufiger gibt es eine europäische oder sogar globale Dimension, sodass länderübergreifende Regelungen sinnvoll sind. Bislang hat sich die Europäische Union auch nicht zu einem Staat entwickelt, sie bleibt eine internationale Organisation in den Diensten der Staaten und Bürger.

Eine Demokratie ohne Volk

Ein wichtiger Kritikpunkt betrifft die mangelnde Organisation der Bürgerinnen und Bürger. Im Staat wird ihre Gesamtheit als Interner Link: Volk gefasst, die den Ausgangs- und Bezugspunkt für die Staatsgewalt bildet. Kritik entzündet sich daran, dass die Bürgerinnen und Bürger der Europäischen Union keine Sprachgemeinschaft bilden, folglich nicht miteinander kommunizieren und daher auch keinen politischen Willen bilden können. Die EU ist auch keine Erinnerungsgemeinschaft, weil die die Völker ihre je eigene Geschichte haben und die Vergangenheit aus dem nationalen Blickwinkel deuten. Dies gilt insbesondere für die Bewertung der Begebenheiten des 20. Jahrhunderts. Daraus resultieren tiefe Meinungsverschiedenheiten über den Stellenwert konkreter historischer Ereignisse und führen dazu, dass auch die Gegenwart nicht gemeinsam gedeutet wird, sondern ebenfalls aus der Perspektive der Nation. Die Europäische Union ist daher auch keine Erfahrungsgemeinschaft. Daraus resultiert, dass es kein europäisches Volk, im Lateinischen „Demos“, gibt und eine europäische Demokratie aus den genannten Gründen auch nicht funktionieren kann.

LinklisteLinks zu Europäischen Nachrichtenportalen

Externer Link: Euractiv – Politische Analysen und Nachrichten zur EU-Politik
Externer Link: Politico Europe – Berichterstattung über EU-Politik und globale Angelegenheiten
Externer Link: EUobserver – Unabhängige Berichterstattung über europäische Angelegenheiten
Externer Link: Deutsche Welle (DW) – Europa – Deutsche Perspektive auf europäische Themen
Externer Link: Euronews – Multilinguale Nachrichten aus europäischer Sicht
Externer Link: Reuters – Europe – Wirtschaft und Politik in Europa
Externer Link: Associated Press (AP) – Europe – US-amerikanische Perspektive auf europäische Themen
Externer Link: BBC News – Europe – Britische Berichterstattung über europäische Entwicklungen
Externer Link: The Guardian – Europe – Detaillierte politische Analysen
Externer Link: Financial Times – Europe – Wirtschaft, Finanzen und Politik in Europa
Externer Link: Handelsblatt – Europa – Deutsche Wirtschafts- und Europaberichterstattung
Externer Link: Bloomberg – European News – Finanz- und Wirtschaftsnachrichten
Externer Link: Le Monde – Europe – Französische Perspektive auf europäische Themen
Externer Link: El País – Europa – Spanische Berichterstattung über Europa
Externer Link: Radio Free Europe – Nachrichten zu Osteuropa und der EU
Externer Link: Balkan Insight – Analysen zur politischen Lage in Südosteuropa

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Apl. Prof. Dr. Olaf Leiße ist Leiter des Arbeitsbereichs Europäische Studien am Institut für Politikwissenschaft der Friedrich-Schiller-Universität Jena. Er ist außerplanmäßiger Professor für Europäische Studien und Autor zahlreicher Bücher über die Europäische Union.