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Beziehungen zu den USA | Europäische Union | bpb.de

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Beziehungen zu den USA

Olaf Leiße

/ 6 Minuten zu lesen

Handel, Sicherheit, Technologie: Die EU sucht mit den USA den Ausgleich und arbeitet an mehr Souveränität bei Energie, Chips und Daten.

Am 2. April 2025, als "Liberation Day" ausgerufen, verkündete Donald Trump zahlreiche Zölle - wie z.B. 20 Prozent für Waren aus der EU. (© picture-alliance, ZUMAPRESS.com | Andrew Leyden)

Mit dem AInterner Link: mtsantritt von US-Präsident Donald Trump im Januar 2025 sind die Interner Link: europäisch-amerikanischen Beziehungen in eine turbulente Phase eingetreten. Es gibt starke Gemeinsamkeiten und Interessen, aber auch erhebliche Spannungen und politische sowie wirtschaftliche Konflikte.

Ökonomische Partnerschaft unter Druck

Die EU und die USA bleiben weltweit führend in den bilateralen Wirtschafts- und Handelsbeziehungen. 2023 lag der Handel in Waren und Dienstleistungen bei über 1,6 Billionen Euro. Auf der Ebene der Finanz- und Kapitalmärkte besteht weiterhin ein enger Austausch. Auch bei Energie- und Rohstofffragen bestehen große Gemeinsamkeiten. Die EU sieht die USA als strategischen Partner etwa bei Interner Link: Flüssiggas (LNG), Nuklearenergie und Technologien zur Diversifizierung der Energieversorgung. Trotz der engen Beziehungen entstanden bedeutende Reibungspunkte in der Handelspolitik, insbesondere mit Blick auf Stahl, Aluminium und Fahrzeugimporte. Im Mittelpunkit steht die von Präsident Trump vorangetriebene harte Zollpolitik. Die USA erklärten im März 2025, hohe Interner Link: Zölle auf EU-Importe zu verhängen, vor allem auf Stahl- und Aluminiumimporte. Zudem wurden pauschale Importzölle angekündigt, beispielsweise ein 10-Prozent-Basistarif auf Importe aus der EU und ein später geplanter länderspezifischer Satz von bis zu 20 Prozent. Speziell für Pkw und leichte Nutzfahrzeuge waren Zölle von 25 Prozent vorgesehen.

Die EU gab sich angesichts dieser Ankündigungen kämpferisch und betonte, dass sie ungerechte Handelsbarrieren gegenüber EU-Unternehmen ablehne und die EU sich schützen müsse. Die Pläne von US-Präsident Trump gefährdeten Arbeitsplätze, daher sei die EU bereit, ihre Interessen zu verteidigen. Die EU kündigte Gegenmaßnahmen (sogenannte rebalancing tariffs) im Wert von zunächst rund 26 Mrd. Euro an. Mögliche Gegenmaßnahmen von bis zu 95 Mrd. Euro auf US-Importe wurden diskutiert. Im Juli 2025 trafen sich die EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und Präsident Trump in Turnberry (Schottland) und vereinbarten eine erste politische Einigung zur Handelspolitik. Die EU verschob daraufhin ihre geplanten Gegenmaßnahmen mehrfach.

Im August 2025 veröffentlichten die EU und die USA schließlich eine Externer Link: Gemeinsame Erklärung für einen gegenseitigen, fairen und ausgewogenen Handel. Diese Vereinbarung führte zu einer deutlichen Deeskalation der Situation, dennoch ist keine vollständige Lösung erreicht. Viele Details, insbesondere hinsichtlich der zentralen Produkte Autos, Aluminium/Stahl und Dienstleistungen sind weiterhin offen. Die EU hält sich bereit, Gegenmaßnahmen zu aktivieren, falls weitere Verhandlungen scheitern. Dazu zählt beispielsweise das „Instrument zur Bekämpfung von Zwangsmaßnahmen“ (Anti-Coercion Instrument, ACI), mit dem sie nicht nur Zölle, sondern auch andere Maßnahmen wie Exportkontrollen oder Dienstleistungen durchführen könnte.

Sicherheitspolitik zwischen Misstrauen und Pragmatismus

Im Bereich der Sicherheitspolitik ist die transatlantische Partnerschaft im Rahmen der Interner Link: Nato und anderen Sicherheits- und Verteidigungsstrukturen grundsätzlich gefestigt. EU-Ratspräsident António Costa war der Ansicht, dass die EU ihre Beziehungen zu den USA auch nach dem Regierungswechsel stabilisieren konnte. Dennoch bleibt US-Präsdient Trump ein schwieriger Partner. Er gilt als unberechenbar, Internationale Organisationen stehen bei ihm nicht hoch im Kurs und er hegt ein grundsätzliches Misstrauen gegen Interner Link: multilaterale Organisationen wie Nato und die Vereinten Nationen. Bereits in den ersten Monaten nach Amtsantritt im Januar 2025 gab Trump sich jedoch gemäßigter als befürchtet. Von einer Marginalisierung oder gar Zerschlagung der Nato kann keine Rede sein. Und die EU – insbesondere die Interner Link: Kommission unter ihrer Präsidentin Ursula von der Leyen – erwarb sich durch eine besonnene Verhandlungsführung größeres Ansehen. So war es auch kein Zufall, dass von der Leyen war im August 2025 dabei war, als Präsident Trump die Ergebnisse seines Treffens mit dem russischen Präsidenten Interner Link: Putin vorstellte. Dagegen waren sowohl Ratspräsident António Costa, als auch die Außenbeauftragte Kaja Kallas nicht eingeladen.

US‑Kurswechsel in der Ukraine-Politik und Europas Abhängigkeit

Gemeinsame Interessen zwischen den Vereinigten Staaten und der Europäischen Union zeigen sich auch beim Krieg in der Ukraine und dem Umgang mit Russland. Dennoch folgt Trump hier deutlich einem eigenen oder eher einem eigenwilligen Kurs. So griff er öffentlich den ukrainischen Präsidenten Selenskyj wegen dessen fehlender Kompromissbereitschaft an. Zwischenzeitlich übernahm Trump die weitgehenden Forderungen Russlands nach territorialen Zugeständnissen durch die Ukraine. Doch nachdem er beim russischen Präsidenten keinen Willen zum Einlenken und zur Beendigung des Krieges ausmachen konnte, wechselte Trump seine Position und unterstützte nun wieder die Ukraine. Für die Europäer sind diese Umschwünge nur schwer nachzuvollziehen, zumal sie immer unangekündigt sind. Die Europäer befinden sich jedoch militärisch in großer Abhängigkeit von den USA. Ohne die Vereinigten Staaten hätte die Europäische Union nicht die Mittel und Fähigkeiten, um die Ukraine militärisch angemessen zu unterstützen. Daher bleibt der EU häufig nur die Rolle warnender oder mahnender Stimme.

Energieabhängigkeiten und Rohstoffströme

In großer Abhängigkeit befindet sich die EU auch im Bereich der Technologie- und Rohstoffsicherheit. Der Wunsch Europas, nach dem Überfall auf die Ukraine die Rohstoffabhängigkeit von Russland zu verkleinern, wertete die USA als Lieferanten auf. Wichtigster Energieträger nach Europa ist Flüssigerdgas (LNG), das vor allem in Spanien, Frankreich, den Niederlanden und Deutschland angelandet wird. Seit 2023 sind die USA der größte LNG-Lieferant Europas, mehr als die Hälfte der EU-Importe stammen aus den USA. Rohöl und Erdölprodukte ist die zweitwichtigste Energieform. Die USA liefern Rohöl, aber vor allem raffinierte Produkte wie Diesel, Benzin und Kerosin. Darüber hinaus exportieren die USA auch Kohle nach Europa, die seit 2022 wieder stärker nachgefragt ist, da viele Länder kurzfristig von russischer Kohle umstellen mussten. Und schließlich wächst der Handel mit grünem Wasserstoff und CO₂-armen Energie- und Speichertechnologien.

Digitale Souveränität als Streitfeld

Auch die technologische Abhängigkeit Europas ist beträchtlich. Alle führenden Tech-Unternehmen sitzen in den USA. Ein Großteil der in Europa gespeicherten Daten werden auf der Infrastruktur von US-Anbietern abgelegt. Das berührt Datenschutzfragen, weil US-Behörden eventuell Zugriff auf diese Daten haben könnten. Europa bewegt sich zunehmend in Richtung einer stärkeren Eigenständigkeit in der Technologie- und Chippolitik. Das führt zu Spannungen mit den USA, die ihre führende Stellung nicht abgeben wollen. Im Technologie- und Datenbereich sind jedoch mehr Kompromisse nötig. Die EU und USA arbeiten gemeinsam, aber Europa möchte zugleich Abhängigkeiten von den USA reduzieren. Die EU muss zukünftig stärker strategisch überdenken, wie es technologische Sektoren und Energie absichert.

Kooperation mit Sicherheitsabstand

Insgesamt lassen sich die Beziehungen zwischen der EU und den USA als vielschichtig und ambivalent charakterisieren. Die Beziehungen sind auf einem stabilen, aber nicht harmonischen Niveau. Die Grundlage – gemeinsamer Markt, gemeinsame Werte, Kooperationsbedarf – ist vorhanden, zugleich wachsen Struktur- und Richtungsunterschiede seit dem Amtsantritt von Donald Trump. Die im Sommer 2025 geschlossene Vereinbarung zur transatlantischen Handels- und Investitionspartnerschaft stellt einen Versuch dar, Unsicherheiten zu reduzieren und eine neue stabile Basis zu schaffen. Gleichzeitig signalisiert Europa stärker, dass es nicht automatisch US-Vorstellungen folgen und eigene strategische Wege gehen will, insbesondere in Zukunftsbereichen wie Technologie, Verteidigung und Energie.

Auch im politischen Bereich gibt es Differenzen. Die EU legt großen Wert auf die Einhaltung internationalen Rechts, Menschenrechte und multilaterale Kooperationen. Bei den USA treten unter Präsident Trump häufiger auch unilateralere Ansätze auf, was bei den europäischen Partnern Misstrauen erzeugt. In Fragen von Umwelt, Klimapolitik, Arbeits- und Sozialstandards gibt es Diskrepanzen zwischen EU-Normen und US-Positionen, die zu Konflikten führen. Die EU muss jedenfalls flexibel und anpassungsfähig bleiben, um auf neue, oft unvorhersehbare Forderungen aus den USA angemessen reagieren zu können. Vielleicht wird die Präsidentschaft Trumps auf diese Weise zum Motor für eine dynamischere Union.

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Apl. Prof. Dr. Olaf Leiße ist Leiter des Arbeitsbereichs Europäische Studien am Institut für Politikwissenschaft der Friedrich-Schiller-Universität Jena. Er ist außerplanmäßiger Professor für Europäische Studien und Autor zahlreicher Bücher über die Europäische Union.