Meine Merkliste Geteilte Merkliste PDF oder EPUB erstellen

Robert Blum | Die Revolution von 1848/49 | bpb.de

Revolution 1848 Der Wiener Kongress und die Restaurationszeit Der deutsche Vormärz Die Revolutionen von 1848/49 Demokratiegeschichte Volk und Nation Verfassungs- und Staatsgeschichte Wirtschaftsgeschichte Sozialgeschichte Internationale Mächteordnung Kunst, Literatur und Kultur des frühen 19. Jahrhunderts Carl Schurz Louise Otto-Peters Robert Blum Redaktion

Robert Blum

Susanne Schötz

/ 5 Minuten zu lesen

Robert Blum (1807–1848) war ein populärer Vorkämpfer für Freiheit, Einheit und Völkerverständigung. Er gilt als Märtyrer der Revolution von 1848/49.

Ein Porträt von Robert Blum. Das Gemälde stammt von dem Künstler August Hunger. (© Wikimedia)

Robert Blum zählt zu den populärsten deutschen Demokraten des 19. Jahrhunderts. Er war ein herausragender Vorkämpfer für Freiheit, Rechtsstaatlichkeit, Einheit und Völkerverständigung und starb für diese Ideale den Märtyrertod in der Revolution von 1848.

Geboren am 10. November 1807 in Köln, wuchs er in ärmlichen Verhältnissen auf. Sein früh verstorbener Vater war Fassbinder, sein Stiefvater ein Schifferknecht. Obwohl er beste Zeugnisse erhielt, endete der Besuch des Jesuitengymnasiums, als die Familie die Kosten nicht mehr aufzubringen vermochte. Es folgten Handwerkslehren und eine Anstellung bei einem Laternenfabrikanten mit Aufträgen an verschiedenen Orten. Erfüllt von großem Wissensdurst verfolgte er aufmerksam die politischen Zeitereignisse der Revolutionen und Aufstände von 1830 und bildete sich autodidaktisch weiter.

Es war ein Glücksumstand, dass ihn der Kölner Theaterdirektor Ringelhardt 1832 mit an seine neue Wirkungsstätte nach Leipzig nahm. Die Stadt entwickelte sich im Vormärz zu einem herausragenden Zentrum des deutschen Buchgewerbes und Pressewesens und der liberal-demokratischen deutschen Oppositionsbewegung. Hier kam er als Theatersekretär, -bibliothekar und -kassierer mit Schauspielern, Musikern und oppositionellen Schriftstellern in Kontakt, lernte Angehörige der verbotenen Burschenschaften und frühe Arbeitervertreter kennen und entdeckte Schiller als seinen Lieblingsschriftsteller. Er verfolgte die Debatten im Sächsischen Landtag und erlebte die großbürgerlichen Liberalen Leipzigs, die die Göttinger Sieben unterstützten und öffentlichkeitswirksam ihrer Forderung nach Presse- und Meinungsfreiheit Ausdruck verliehen. Es drängte ihn daran mitzuwirken, schriftstellerisch mit Gedichten und Dramen, die u.a. Freiheitsbewegungen gewidmet waren, und publizistisch mit Beiträgen zum Zeitgeschehen in verschiedenen Blättern. Ein erster großer öffentlicher Auftritt erfolgte mit einer Rede im Dezember 1837, als einer der Göttinger Sieben, der Historiker Dahlmann, Leipzig besuchte.

In der Folgezeit explodierten seine oppositionellen Aktivitäten, die ihn zum Wortführer der Demokratiebewegung Leipzigs und Sachsens werden ließen. Dabei agierte er gleichzeitig in unterschiedlichen, miteinander verwobenen und sich tendenziell verstärkenden Feldern. So als Publizist und Mitherausgeber der „Sächsischen Vaterlandsblätter“ und des Volkstaschenbuchs „Vorwärts“, als Mitorganisator von Leipziger Vereinen, wie dem Schillerverein, Literatenverein, Redeübungsverein und Deutschen Vaterlandsverein, als Mitglied des überregionalen Hallgartenkreises, als Wortführer der religiösen Dissidentenbewegung der Deutschkatholiken und Gründer der Leipziger Gemeinde sowie als Unterstützer erster frauenemanzipatorischer und von Arbeiteraktivitäten.

Wie groß sein öffentliches Ansehen war, zeigte sich im August 1845, als das sächsische Militär unangekündigt anlässlich von Protesten bei einem Besuch von Prinz Johann in Leipzig in eine Menschenmenge schoss und acht Personen tödlich verletzte. Hier gelang es ihm, eine Eskalation zu verhindern und Forderungen zur Entschädigung der Hinterbliebenen, Aufklärung der Geschehnisse und Bestrafung der Verantwortlichen zu erheben. Eine von ihm mitunterzeichnete Landtagspetition zielte auf weitreichende Reformen in Sachsen und im Deutschen Bund. Ende des Jahres wurde er erstmals als Leipziger Stadtverordneter gewählt. 1847 kündigte er beim Theater, um sich besser der Politik widmen zu können und etablierte mit einem Freund eine Verlagsbuchhandlung.

In der Revolution von 1848/49 trat Robert Blum am 3. März mit einem Aufruf an die Freisinnigen Sachsens hervor, der seine freiheitlichen Forderungen bündelte. Dazu gehörten Geschworenengerichte, Pressefreiheit, das friedliche Vereinigungsrecht, die Ministerverantwortlichkeit, ein allgemeines und direktes Wahlrecht für jeden Staatsbürger, die allgemeine Volksbewaffnung, die Glaubensfreiheit, Hilfsmaßnahmen zur Unterstützung der Armen und die „Bildung eines neuen, vom Volke gewählten Mittelpunktes zur Wahrung der deutschen Freiheit nach außen“. Die Stadt Zwickau, die ihn für sein friedliches Engagement zum Ehrenbürger gemacht hatte, wählte ihn ins Vorparlament. Als einer der Vizepräsidenten und Mitglied des Fünfzigerausschusses setzte er sich für eine deutsche Republik auf dem Verfassungswege ein und suchte zwischen den gewaltbereiten Hecker-Anhängern und den liberalen Vereinbarungspolitikern zu vermitteln. Er verurteilte den bewaffneten Kampf der einen ebenso wie die Inkonsequenz und ängstliche Zaghaftigkeit der anderen.

In die deutsche Nationalversammlung der Frankfurter Paulskirche zog er dann als Vertreter Leipzigs ein. Er avancierte rasch zum Sprecher der gemäßigten demokratischen Linken, die er als erste Fraktion auf eine organisatorische Grundlage stellte (Deutscher Hof). Als Mitglied des Verfassungsausschusses hielt er mitreißende Reden und gab gemeinsam mit Freunden die „Deutsche Reichstagszeitung“ heraus. Auch auf seinen Abgeordnetenreisen begeisterte er viele Menschen mit seinen Reden, in denen er sich für freiheitliche Rechte, Rechtstaatlichkeit, Einheit und Völkerverständigung einsetzte. Freie Völker bräuchten keine Eroberungen und keine Vermehrung der Militärmacht, so Blum im Leipziger Schützenhaus. Seine Hoffnung galt einer dereinstigen Völkerfamilie freier und gleichberechtigter Nationalitäten, in der gegenseitige Feindseligkeiten und Kriege undenkbar seien.

Als die Demokraten in nahezu allen Abstimmungen in der Paulskirche Niederlagen erlitten, ob nun in der Frage der provisorischen deutschen Regierung oder des Waffenstillstands von Malmö, wurde Blums Situation immer schwieriger. Er suchte weiter zwischen den Protestierenden auf der Straße und den Fraktionen des Parlaments zu vermitteln und für den Weg des friedlichen, rechtsstaatlichen Wandels und der europäischen Völkerverständigung zu werben. Aber er konnte weder die Zersplitterung der Linken, noch das Taktieren der Liberalen oder die Niederschlagung von Nationalbewegungen und das Erstarken der Konterrevolution verhindern.

In dieser Situation ging er im Oktober nach Wien, um den Aufständischen eine Solidaritätsbekundung seiner Fraktion zu überbringen. Hingerissen von der Dynamik der Ereignisse, kämpfte er schließlich mit der Waffe in der Hand für seine Ideale. Nach der Niederlage folgten die Verhaftung und widerrechtliche Hinrichtung am Morgen des 9. Novembers 1848 in Wien-Brigittenau. Seine Immunität als Reichstagsmitglied missachtend, statuierten Fürst Felix zu Schwarzenberg und Alfred zu Windisch-Graetz an ihm als führenden Repräsentanten der Paulskirche ein Exempel, ohne dass das Nationalparlament Mittel besaß, das Unrecht zu ahnden. Sein Tod nahm symbolhaft das Ende der Revolution vorweg.

Und doch: Der erschütternde Abschiedsbrief an seine Frau Jenny wurde vielfach publiziert und führte zu einer Sammlung zur Unterstützung seiner Familie von fast 40.000 Talern – nach heutigen Begriffen einer Millionensumme. Sie ermöglichte es seiner Frau mit den vier Kindern in die Schweiz zu gehen und ihnen dort vorzügliche Ausbildungen zukommen zu lassen. Robert Blum lebte als Märtyrer für die Freiheit im Gedächtnis der demokratischen Bewegung weiter. Davon zeugt nicht zuletzt die Benennung eines Saals im Berliner Schloss Bellevue, dem Amtssitz des deutschen Bundespräsidenten, am 9. November 2020 nach ihm.

Weitere Inhalte

Susanne Schötz ist Professorin für Wirtschafts- und Sozialgeschichte an der Technischen Universität Dresden. Zu ihren Forschungsschwerpunkten zählen u.a. die Geschlechtergeschichte, die erste deutsche Frauenbewegung sowie das Bürgertum des 19. und 20. Jahrhunderts.