Während der Salafismus als Ideologie keine Ländergrenzen kennt, verharren die Präventionsansätze meist in den Nationalstaaten. Die Fachtagung nimmt eine Bestandsaufnahme der aktuellen Entwicklungen vor, fördert die internationale Vernetzung und regt den fachlichen Austausch an.
2015 wird die Ausreise in den sogenannten "Islamischen Staat" (IS) unter Strafe gestellt. Knapp ein Jahr später ereignet sich der erste Terroranschlag des IS auf deutschem Boden. Es werden Vereinsverbote verhängt, die nachrichtendienstliche und polizeiliche Überwachung wird ausgeweitet, die Zusammenarbeit der Sicherheitsbehörden ausgebaut. Gleichzeitig sinken die Ausreisezahlen sowohl nach Syrien als auch in den Irak und der IS verliert Stellungen. Man könnte 2017 schlussfolgern, dass der Mythos des "Kalifats" erloschen ist und die Radikalisierungsprävention zu den Akten legen. Ein beliebiges Gespräch mit Schulen, Jugendarbeit oder Verwaltung zu den Stichworten Salafismus und Radikalisierung zeigt jedoch: Der Bedarf nach Präventionsprojekten und neuen Formaten der politischen Bildung ist weiterhin hoch.
Viele Ansätze der Radikalisierungsprävention sind allerdings umstritten: Wie viel theologisches Wissen braucht die politische Bildung? Wo hört Demokratieförderung auf und wo fängt die Einschränkung der Religionsfreiheit an? Wie umgehen mit durch den Krieg traumatisierten Rückkehrerinnen und Rückkehrern? Was fördert die psychische Resilienz? An welcher Stelle müssen die Beteiligten von Prävention zu Repression übergehen? Und wie kann ein Ausstieg aus der salafistischen Szene gelingen? Kaum eine Präventionsmaßnahme im Bereich des Salafismus ist bisher evaluiert. Es gibt keine allseits anerkannten Standards in der Präventionsarbeit und trotz einer verschärften Sicherheitslage bleibt Radikalisierung eine gesamtgesellschaftliche Herausforderung, die nicht an Polizei und Nachrichtendienste abgeschoben werden kann.
Manche sehen in einer einheitlichen nationalen Präventionsstrategie den Schlüssel zu erfolgreicher Prävention. Andere halten in Zeiten, in denen es noch keine unangefochtenen Ansätze gibt, zunächst föderale Experimentierfelder für vielversprechender, auch um regionalen und lokalen Herausforderungen differenziert begegnen zu können. Was bei diesen Diskussionen manchmal untergeht: Andere europäische Länder stehen nun schon seit einigen Jahren vor denselben Herausforderungen und machen eigene Präventionserfahrungen. Dabei zeigen sich durchaus verheißungsvolle Resultate und – für die Konzeption von Maßnahmen mindestens ebenso wichtige – Beispiele des Scheiterns gut gemeinter Projekte im Praxistest.
Klar ist: Während der Salafismus als Ideologie keine Ländergrenzen kennt, verharren die Präventionsansätze meist in den Nationalstaaten.
Die Fachtagung am 04. und 05. Dezember 2017 in Mannheim nahm eine Bestandsaufnahme der aktuellen Entwicklungen vor. Mit dem Ziel, die Präventionslandschaft in Deutschland und Europa zu stärken, förderte sie die internationale Vernetzung und die Anregung eines fachlichen Austausches. Eingerahmt war sie mit 3 Plenarvorträgen, ihren Kern bildeten aber 21 Workshops zu verschiedenen Themen.