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Erfahrungsbericht: Fördermittelgeber | Fördermittel und Fundraising für die politische Bildung | bpb.de

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Erfahrungsbericht: Fördermittelgeber

/ 4 Minuten zu lesen

"Wir lassen keinen hängen."

(© Amadeu Antonio Stiftung)

Die Amadeu Antonio Stiftung unterstützt Projekte und Initiativen, die sich für eine demokratische Zivilgesellschaft engagieren, sich für Minderheitenschutz und Menschenrechte und aktiv gegen Rechtsextremismus, Rassismus und Antisemitismus einsetzen. 2019 hat die Stiftung 201 Projekte mit insgesamt rund 370.000 Euro gefördert. Wir sprachen mit Timo Reinfrank, Geschäftsführer der Stiftung und zuständig für die Projektförderung, über die Corona-Krise aus Sicht eines Geldgebers.
Mehr unter: Externer Link: www.amadeu-antonio-stiftung.de

Akquisos: Herr Reinfrank, wie wirkt sich die Krise auf Ihre Stiftung, speziell den Bereich der Projektförderung aus?

T. Reinfrank: Das hat sich ganz erheblich auf uns ausgewirkt. Ein Großteil der geförderten Projekte funktionieren nicht mehr. Das waren fast alles Offline-Formate. Ich würde sagen, ein Drittel der Projekte fällt ersatzlos aus, ein Drittel wurde verschoben, ein Drittel abgeändert. Das ist der derzeitige Stand. Im Herbst wird es einen Overkill an Veranstaltungen geben. Da müssen wir sehen, ob das alles so funktionieren wird.

Wie stimmen Sie sich dazu mit den Initiatorinnen und Initiatoren der Projekte ab?

Seit Beginn der Krise gibt es natürlich viele Unsicherheiten. Wir sind da von Anfang an in einen sehr starken Beratungsprozess gegangen. Wir sind ohnehin sehr eng an unseren Partnerinnen und Partnern dran, machen eine ausführliche Antragsberatung. Es ist jetzt ganz wichtig zu schauen, was geht und was nicht und was überhaupt sinnvoll ist.

Was ist mit bereits ausgezahlten Fördergeldern bei Projekten, die nicht wie geplant umgesetzt werden können: Fordern Sie die zurück?

Nein, das machen wir nicht. Wir haben die Selbstverpflichtung des Bundesverbands Deutscher Stiftungen unterzeichnet. Darin erklären wir uns solidarisch mit den Projektpartnerinnen und -partnern. Wir ermutigen sie, Alternativen zu finden – gerne auch gemeinsam mit uns – und zeigen uns flexibel diese zu fördern. Uns geht es dabei auch um grundsätzliche Strukturen, die erhalten werden sollen. Wir wollen nicht, dass die Leute negative Erfahrungen mit bürgerschaftlichem Engagement machen und dadurch zukünftig die Lust verlieren.

Was müssen Sie als Fördermittelgeber nun organisieren, um so flexibel zu reagieren?

Zugesagte Fördermittel sind natürlich an bestimmte Richtlinien gebunden. Wir müssen unseren Satzungszweck im Auge behalten, unser Haushaltsbudget und auch steuerrechtliche Vorgaben. Normalerweise können wir Projekte nicht einfach ins nächste Jahr schieben, denn wir müssen Mittel zeitnah verwenden. Wir sind dazu aber schon mit den Finanzämtern in Gespräch. Die Signale sind positiv, ich bin optimistisch, dass wir das hinbekommen. Auch unser Vorstand wird geänderten Haushaltsplänen zustimmen. Letztlich haben alle das Ziel, die Krise nicht noch zu verschlimmern.

Wie erleben Sie die Projektlandschaft derzeit?

Auf der einen Seite wird viel ausprobiert, da ist viel Innovationsfreude. Es gibt viele Vorteile der digitalen Formate und die Situation hat im Projektumfeld zu einer Beschleunigung geführt. Gleichzeitig gibt es Frustrationen vorwiegend bei älteren Engagierten oder nicht so digital affinen Zielgruppen. Die sind vielfach ausgeschlossen und fühlen sich nicht mitgenommen.

Im Moment sind alle Prognosen nur ein Blick in die Glaskugel. Aber dennoch: Was denken Sie, wie es weitergeht?

Aktuell gibt es einen starken Rückhalt für gesellschaftliches Engagement. Das sehen wir auch an unseren Spendeneinahmen. Die Menschen zeigen sich solidarisch, auch bei Themen abseits von Corona. Ob das so bleibt, hängt davon ab, ob und wie stark der wirtschaftliche Einbruch und eine damit einhergehende Arbeitslosigkeit kommt. Das kann keiner voraussagen.

Bei den Geldgebern wird es meines Erachtens eine Verschiebung zu Gunsten staatlicher Fördermittelgeber geben. Die öffentliche Hand ist zwar ebenfalls von der wirtschaftlichen Lage abhängig, aber unterm Strich krisenfester. Bei den Stiftungen wird es einen Schrumpfungsprozess geben. Die niedrigen Zinsen machen uns zu schaffen. Es ist schwer, Rücklagen für solche Zeiten zu bilden.

Was raten Sie Akteuren der politischen Bildung: Sollten Sie jetzt neue Projekte entwickeln oder lieber abwarten?

Im ersten Schritt sollten alle mit ihren Fördermittelgebern in Kontakt treten. Alle wissen, dass jetzt eine schwierige Zeit ist und sind entsprechend bemüht. Wer sich engagieren will, soll es jetzt machen. Die meisten Geldgeber haben kurz- und mittelfristig noch Rücklagen. Aber ob es auch langfristig noch geht, wissen wir es erst in 1-2 Jahren. Die Projekte sollten den aktuellen Gegebenheiten angepasst werden. Uns erreichten tatsächlich Projektanträge für Präsenzveranstaltungen mitten im "Lockdown". Da wundern wir uns schon. Wichtig ist, neue Formate zu entwickeln und damit auch neue Zielgruppen zu erreichen. Die Leute steigen momentan voll auf Neues ein. Das ist ein echter Vorteil.

Lieber Herr Reinfrank, vielen Dank für das Gespräch!