Experteninterview mit der Journalistin Bettina Gaus
Journalistin Bettina Gaus beantwortet Fragen zum Thema Nachrichten.In Ihrem Buch "Frontberichte" steht das Eingangszitat: "Krieg ist auch Abenteuer für das Auge. Es geht bei der Kriegsberichterstattung darum zu vermitteln, live dabei zu sein." Wie wird dieser Eindruck von den Medien erzeugt?

Wenn ich, und das ist ein ganz konkretes Beispiel, in einem ganz kleinen Dorf im Süden des Sudan bin, an der Grenze zu Zaire, dann kann ich recherchieren, dass die Lage der Bevölkerung sehr ernst ist, wenn nicht sogar verzweifelt. Die Grenze zu Zaire ist dicht, d. h. die Handelswege sind unterbrochen, die Leute sind abgeschnitten selbst von absoluter Grundversorgung wie Streichhölzern und Waschpulver. Die Front ist nur noch 20 Kilometer weit weg, und die Offensiven haben gerade erst begonnen. Niemand weiß, ob die Front in diesem damals existierenden Krieg zwischen Nord- und Südsudan dieses Dorf jemals erreichen wird. Die Infrastruktur existiert praktisch nicht. Das nächste Krankenhaus ist über 250 Kilometer weit weg, d. h. wenn jemand krank ist und von selber nicht gesund wird, dann wird er sterben. Das sehe ich aber alles nicht. Was ich sehe, ist eine fruchtbare Landschaft, dunkelgrüne Mangobäume, ganz gut genährte Leute, weil Nahrungsmittel zu der Zeit in dieser Gegend nicht das Problem gewesen sind. Ich sehe nicht, dass die Kinder die Schule nicht besuchen können. Ich sehe keine Kampfhandlungen. Wenn der Krieg dieses Dorf erreicht hat, dann erreichen die Medien dieses Dorf auch nicht mehr. Es ist auch kein strategisch wichtiger Ort, kein Ort, wo dann die Weltpresse aufbricht, um zu gucken ... Es ist keine Hauptstadt. Das heißt: Die Diskrepanz zwischen dem, was sich real ereignet, und dem, was man zeigen kann, ist in diesem Teil des Journalismus besonders groß. Das ist ein besonderes Problem. Deswegen sehen wir immer nur diese Ausrufezeichen. Wir sehen, wenn ein Massaker stattgefunden hat. Ich finde auch, dass man über so etwas berichten muss. Die Opfer haben wenigstens ein Recht darauf, gehört zu werden, aber das Schleichende, die Angst, die sich anbahnenden Katastrophen, die sind ganz schwer darzustellen und in den elektronischen Medien noch viel schwerer als in der Zeitung.
Ein wesentlicher Vorwurf gegenüber der Kriegsberichterstattung ist, dass man es mit Propaganda zu tun hat. Wie sehen Sie das? Wird durch die heutige Kriegsberichterstattung durch die Massenmedien Propaganda betrieben?

Einen Aspekt der Manipulation stellen die sogenannten "vergessenen" Kriege dar. Können Sie uns ein paar von diesen Kriegen nennen und sagen, warum wir darüber nichts erfahren?
Bettina Gaus: Es gibt eine Reihe von Kriegen, über die die Öffentlichkeit nichts weiß. Nicht immer ist es ein Ergebnis von Manipulation oder von gezielten Interessen, dass man darüber nichts erfahren soll. So einfach ist das gar nicht. Wenn das so wäre, dann würden wahrscheinlich Kohorten von neugierigen, hungrigen Reportern aufbrechen, um das zu erfahren, was sie nicht erfahren sollen. Ein gutes Beispiel für einen lange vergessenen Krieg war der Kongokrieg. Wo infolge des Krieges, infolge des Zusammenbruchs der Infrastruktur, medizinischer Versorgung usw. Millionen Menschen gestorben sind in den letzten Jahren. Wenn ich es recht im Kopf habe, der verlustreichste Krieg seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges, möglicherweise sogar verlustreicher als Vietnam. Trotzdem hat sich die Öffentlichkeit kaum dafür interessiert. Die Gründe sind vielfältig. Angefangen hat das Interesse dann damit, dass die Bundeswehr die Wahlen dort überwachen soll. Aber das Interesse wird dann schnell wieder erlöschen, wenn es nicht eskaliert während des Einsatzes. Zum Teil ist es ein Problem, wenn es kein Zentrum gibt und kein Symbol. Ein Beispiel: der Krieg zwischen dem Nord- und Südsudan, der über Jahrzehnte nicht tobte, sondern schleichend mal hier und mal da den ganzen Süden des Sudan erschütterte. Da der Südsudan keine autonome Region mit einer eigenen Regierung war und dort Rebellengruppen gegen die Zentralregierung in Khartum kämpften, die Hauptstadt selbst aber völlig unberührt blieb, gab es immer nur die Möglichkeit, einzelne Reportagen über diese Kleinstadt, jenes Dorf, jene Straße zu machen. Damit sind aber keine zentralen, bedeutenden "Hauptnachrichten" zu vermelden. Die Stellungnahmen der Rebellen wurden in Nairobi, in Kenia abgegeben oder auch in Europa bei internationalen Konferenzen, d. h. der Fall einer Hauptstadt, wie die Eroberung von Bagdad, ist in jedem Fall eine Weltnachricht, selbst dann, wenn es in einem Land stattfindet, für das sich die Weltöffentlichkeit sich sonst nicht so interessiert.
Im Hinblick auf die "vergessenen" Kriege geht also nicht nur um diesen klassischen Vorwurf, dass strategische Interessen eine Rolle spielen müssen, damit man sich in der Öffentlichkeit dafür interessiert?
Bettina Gaus: Es ist auch nicht falsch, wenn man sagt, strategische Interessen oder eigene außenpolitische Interessen an einer Region vergrößern das Interesse der Öffentlichkeit. Das ist auch normal. Aber es lässt sich nicht nur darauf reduzieren, sondern schwere Zugänglichkeit, schwer durchschaubare Nachrichtenlage, die Tatsache, dass eine Entwicklung in einem Teil des Landes nicht zwangsläufig Auswirkungen hat auf die Entwicklung in einem anderen Teil des Landes oder gar in der Hauptstadt. All das spielt eine Rolle. Das mit den strategischen Interessen ist natürlich jetzt, gerade im Zeitalter der wachsenden Bedrohung durch Terrorismus und durch weniger klar definierte Kriege, auch nicht mehr so einfach. Es gibt fast keinen Ort der Welt mehr, wo es nicht durchaus ein strategisches Interesse der restlichen Welt gibt. Wie immer man dann "strategisch" definiert. Beispiel Somalia: Einerseits sind die strategischen Interessen der reichen Industrieländer an Somalia sowohl in ökonomischer als auch in militärischer Hinsicht gleich null. Andererseits hat die Tatsache, dass dieses Land seit 15 Jahren keine Regierung mehr hat, keine Adresse mehr hat, dass Somalia als Staat das Symbol für einen zerfallenen Staat geworden ist, dazu geführt, dass zumindest der Verdacht sehr groß ist, dass es als Geldwäscheort fungiert für terroristische Bewegungen, als Rückzugsgebiet, und dass Verbindungen zu terroristischen Netzwerken dort eng geknüpft sind. Ich sage, es ist ein Verdacht. Ganz sicher und unbestreitbar ist es so, dass in Somalia, welches auf eine lange Geschichte religiöser Toleranz zurückblickt, in den letzten 15 Jahren islamistische Bewegungen großen Zuspruch erhalten haben. Das heißt, es gibt ein vitales strategisches Interesse der restlichen Welt, die Entwicklung in Somalia zu verfolgen, obwohl man auf den ersten Blick sagen würde, Somalia ist für die Somalis interessant und für sonst niemanden auf der Welt. Aber das hat sich eben wirklich geändert mit dem Zusammenbruch der Sowjetunion und damit, dass sich jetzt nicht mehr zwei Supermächte in Schach halten und alle anderen Kriege Stellvertreterkriege sind. Das war so bis 1989, und seither ist es nicht mehr so. Es geht nicht mehr nur um Stellvertreterkriege, sondern es geht um Sicherheitsinteressen. Sicherheitsinteressen können selbst durch einen Zwergstaat bedroht werden, von dem wir kaum wissen, wie er sich schreibt.
Kommen wir noch mal zu den Arbeitsbedingungen eines Kriegsberichterstatters. Was sind Schwierigkeiten im Bemühen um eine objektive Berichterstattung?
Bettina Gaus: Objektivität ist eine Chimäre. Objektivität im klassischen Sinne gibt es nicht, und jede/r Journalist/in ist gut beraten, wenn er das weiß. Es kann nur eine Annäherung, ein Bemühen um Objektivität geben. Natürlich fließt die eigene Weltsicht in die Deutung von Ereignissen mit ein. Was normal ist in einem Gebiet, welches ich als Journalistin besuche, und was möglicherweise eine Kriegsfolge ist. – Da werde ich Dinge völlig falsch interpretieren. Das heißt: Hilfreich ist es, wenn man das Gebiet gut kennt, über das man berichtet. Das ist keinesfalls die Regel. Im Gegenteil, es ist oft die Ausnahme, denn die großen Medienkonzerne verkleinern ihre Korrespondentenbüros. Auslandsberichterstattung ist teuer. Man muss richtig Geld in die Hand nehmen, um das seriös zu machen, und gerade die Regionalkorrespondenten, die 30 bis 40 Länder in Afrika oder 15 Länder in Asien als Berichtsgebiet haben, können nicht jeden Ort so gut kennen wie ihr Heimatland. Also das heißt: Zum einen ist ein Problem, dass die eigene Weltsicht in die Deutung mit einfließt, und zum anderen ist natürlich die Recherche in einem Krisengebiet – noch stärker als in anderen Recherchebereichen – durch objektive Schwierigkeiten gekennzeichnet. Man möchte ja leben, und man ist ja seriös und verantwortungsbewusst, d. h. man begibt sich ja nicht in einen Krieg und sagt: "Wo bitte geht´s zur Front?" Sondern man muss eben sehen, welche die sicheren Bereiche sind. Wo kann man recherchieren? Was kann man recherchieren? Die Leute, die man erreicht, haben auch fast immer ein Interesse, einem bestimmte Dinge mitzuteilen. Das gilt übrigens nicht nur für Militärs. Da weiß man, dass sie einem nicht sagen werden: "Wir haben eine vernichtende Niederlage erlitten. Alle unsere Soldaten sind betrunken, auf der Flucht und haben ihre Waffen weggeworfen." Aber auch wenn ich in einem Flüchtlingslager Interviews mache ... Die Frage, von welchen Menschenrechtsverletzungen mir die Flüchtlinge berichten, wie sie die Zahl der Flüchtlinge deuten, was ja auch ein konkretes Ergebnis nach sich zieht. Sie bekommen mehr oder weniger Lebensmittel. Ob sie unterstützend wirken für Rebellen. Diese Rebellen sind ja nun oft die Väter, die Brüder und die Söhne von den Frauen, die in den Flüchtlingslagern sitzen. Im Einzelfall kann man als Berichterstatterin einen Verdacht haben, aber es lässt sich nicht belegen. Ich muss also davon ausgehen, dass ich in Krisengebieten noch viel öfter angelogen werde als woanders. Legitimerweise. Wenn Sie und ich Bevölkerung in einem Krisengebiet wären, würden wir auch lügen. Teilweise einfach aus Angst. Man hat Angst, Journalisten etwas zu erzählen, und hinterher muss man mit Vergeltungsmaßnahmen rechnen. Die Möglichkeit, Wahrheit herauszufinden, ist also besonders schwierig, und auch da muss man sagen: Erfahrung hilft. Ich habe ja aus Kriegs- und Krisengebieten in Afrika berichtet. Die Naivität, die ich am Anfang an den Tag gelegt habe und wovon ich einiges dann in Reportagen wiederfinde, ist mir heute sehr peinlich. Da bin ich schon ganz dankbar, dass in Tageszeitungen schnell Fisch eingewickelt wird und die Sachen nicht für die Ewigkeit erhalten bleiben. Nach einiger Zeit lernt man Dinge, und deshalb ist dieser "Fallschirm-Journalismus" ein Problem. Wo Leute, wenn ein bestimmtes Ereignis plötzlich eine Schlagzeile macht, ins Flugzeug steigen und in ein Land fliegen, wo sie vorher noch nie gewesen sind, und nach, wenn wir Glück haben, zwei Tagen, wenn wir Pech haben, zwei Stunden machen sie ihren Hintergrundbericht. Das ist wirklich in hohem Maße unseriös, und dabei kann nichts herauskommen, denn man muss schon ein wenig wissen, was gerade in dem Land stattfindet, bevor man darüber berichtet.
Welche Auflagen des Militärs oder der Regierung oder welche Auflagen durch den Verlag bzw. den Sender gibt es, und welche Schwierigkeiten kann es dadurch geben?
Bettina Gaus: Die Frage der Zensur und die Frage der Beschränkungen durch Regierungen oder Militärs oder überhaupt durch öffentliche Einrichtungen unterscheiden sich, glaube ich, sehr. Je nachdem, in welchem Teil der Welt es einen bewaffneten Konflikt gibt und wer daran beteiligt ist. Man weiß, wie beispielsweise die USA da operieren, wie sie versuchen, Informationspolitik zu gestalten. Die dabei auch hochprofessionell sind und die wirklich große eigene Abteilungen haben, in denen über den Umgang mit Medien und Medienpolitik wirklich nachgedacht wird. Es gibt andere Kriegs- und Krisengebiete, wo das letztlich keine erkennbare Rolle spielt. Wo auch die Möglichkeiten der jeweiligen Konfliktparteien, zu kontrollieren, was in Medien berichtet wird, einfach viel zu gering sind. Wie soll eine somalische Rebellengruppe überprüfen, was ein japanischer Korrespondent an irgendeine Wochenzeitung für einen Bericht schickt? Das ist unmöglich. Am ehesten lassen sich da noch Medien wie BBC oder CNN kontrollieren. Da kriegen die Kollegen unter Umständen dann auch Ärger. Die Frage nach Zensur und Auflagen ist ein Problem, vor allem in bestimmten Kriegsgebieten und gerade, wenn Weltmächte beteiligt sind. Andere Probleme sind logistische Schwierigkeiten. Wie komme ich von A nach B. Es gibt keine öffentlichen Verkehrsmittel mehr, und es gibt auch keine Flüge mehr. Wie kann ich die Geschichte überhaupt herausbringen? Was für Möglichkeiten gibt es überhaupt, mein Material zurückzubringen? Wer interessiert sich dafür?
Welche Gefahren gibt es für den Kriegsreporter, und wo ist für Sie die Grenze der Gefahren, welchen man sich nicht aussetzt?
Bettina Gaus: Dass Berichterstattung aus Kriegs- und Krisengebieten gefährlicher ist als eine Buchrezension, das, denke ich, erklärt sich von selbst, und es gibt auch sehr viel mehr Kriegsberichterstatter, die in Ausübung ihres Berufs sterben als Feuilletonredakteure. Anderseits soll man es auch nicht dramatisieren. Es gibt auch da professionelle Regeln, an die man sich hält. Man sollte möglichst wissen, wer ein Gebiet kontrolliert und ob es sinnvoll ist, sich von diesen Leuten schützen zu lassen, oder ob das im Gegenteil hochgefährlich ist ... Jede Redaktion sagt: "Keine Geschichte der Welt ist es wert, dass man dafür stirbt." Jeder Reporter dieser Welt würde dem auch zustimmen. Das Problem ist nur, dass man eben nicht immer weiß, wann man sterben kann. Einige Kollegen, darunter auch ein guter Freund, einige Kollegen, die ich gut kannte, sind getötet worden, in Ausübung ihres Berufs. Das war in keinem Fall, den ich kenne, so, dass sie leichtsinnig gewesen wären. Insofern kann man auch die Grenze nicht so leicht definieren, sondern sie haben sich entsprechend den professionellen Vorschriften verhalten, und es ist halt trotzdem schief gegangen. Das gibt es. Da muss man vom Nimbus des großen Abenteurers unbedingt weg, weil auch andere Berufe große Gefahren bergen. Wer zum Beispiel bei der Bergwacht arbeitet, hat auch das Risiko abzustürzen. Der Prozentsatz der Kriegsberichterstatter, die überleben, ist Gott sei Dank viel höher als der derer, die nicht überleben.
Gab es eine Situation, über die Sie berichten wollten und wo Sie dann gesagt haben: "Hey, das ist mir zu gefährlich!"?
Bettina Gaus: Ja, das gab es. Ich bin mehrfach in die Situation gekommen, wo ich mich an einen Ort begeben wollte oder eine Geschichte recherchieren wollte, und ich hab mich dann dagegen entschieden. Ich glaube, das gilt für alle Kollegen. Wenn man aus Krisengebieten berichtet, ist man sehr gut beraten, in noch stärkerem Maße als sonst seinem Gefühl zu folgen und für möglich zu halten, dass dieses Gefühl etwas signalisiert, was man in dem Augenblick gar nicht begründen kann. Ich erinnere mich, dass ich mit einer Kollegin im Südwesten Ruandas unterwegs war, als die französischen Truppen gerade gekommen waren, um dem Völkermord Einhalt zu gebieten. Wir fuhren durch ein ruhiges Gebiet und wollten in Kirchen und Missionsstationen recherchieren, wo sich besonders viele Menschen hingeflüchtet hatten, die dann fast alle umgebracht worden waren. Irgendwann fiel uns auf, dass auf unserer Seite der Straße schon lange niemand mehr gefahren war und dass uns nur Autos entgegenkamen. Eigentlich gab es überhaupt keine Veranlassung, anzunehmen, dass uns hier Gefahr drohte. Wir haben uns angeguckt und gesagt: "Lass uns mal umdrehen." Ich weiß bis heute nicht, ob uns da eine Gefahr gedroht hat oder nicht, aber es musste einen Grund geben, warum alle in die eine Richtung fuhren. Es hätte auch sein können, dass am nächsten Tag die Nachricht gewesen wäre: "Massenfluchtbewegung" und "Neues Entbrennen der Gewalt".
Welche Vorteile hat die Textberichterstattung, und welche Nachteile gibt es gegenüber der Kraft der Bilder des Fernsehens?

Wie machen Sie das denn, wenn Sie sich als normaler Rezipient über ein Kriegsgebiet informieren wollen?
Bettina Gaus: Wenn ich mich über ein Gebiet, Krisenregion oder nicht Krisenregion, informieren möchte, das ich nicht aus eigener Anschauung kenne, wo ich nicht als Journalistin bin, sondern als ganz normale Zeitungsleserin oder Fernsehzuschauerin, dann mache ich natürlich im Grunde genommen auch nichts anderes als alle anderen Fernsehzuschauer und Zeitungsleser. Ich konsumiere Medien, nicht nur Zeitungen, denen ich weitgehend vertraue. Wenn man sich für eine bestimmte Gegend interessiert, kennt man ja auch häufig Namen von Korrespondenten, die da unterwegs sind. Ich lese Bücher dazu, auch von Autoren, denen ich zutraue, das seriös zu machen. Ich google im Internet. Man hat dann noch den kleinen Vorteil, wenn man selbst Journalistin ist, dass man ein paar Dinge besser einschätzen kann als die Mehrheit. Also man weiß wirklich, wie leicht Informationen ein wenig gefärbt sein können. Man weiß auch bestimmte Dinge ... Man weiß, welcher Prozentsatz von Mangelernährung bei Kindern unter fünf Jahren darauf hindeutet, dass es hier demnächst wirklich ein schlimmes Hungerproblem gibt, und wo man sagen kann, na ja, das ist so dramatisch auch wieder nicht. Das ist eine Erfahrungssache. Auch das könnte eigentlich jeder wissen, aber nicht jeder kann sich mit jedem Thema intensiv auseinandersetzen. Da gibt es ja Statistiken und Studien von den "Ärzten ohne Grenzen" und dem "Internationalen Roten Kreuz", was so kritische Zahlen sind, nur um ein Beispiel zu nennen. Wenn in einer Region schon lange Kämpfe toben und der Staatspräsident plötzlich kurzfristig eine Auslandsreise absagt, kann man die Nachricht vom Hintergrund einer jeweiligen Information wahrscheinlich ein bisschen besser einschätzen als Leute, die sich nicht so damit beschäftigen. Aber letztlich sind wir in Gebieten, wo wir uns nicht so gut auskennen, auf dieselben Koordinaten zurückgeworfen wie alle andern Leute auch.