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Bußgeldfundraising | Fördermittel und Fundraising für die politische Bildung | bpb.de

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Bußgeldfundraising Eine Einführung

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Jährlich verteilen deutsche Gerichte rund 150 Millionen Euro an Geldauflagen. Laut Strafprozessordnung gilt deutschlandweit, dass im Rahmen von Bewährungsauflagen und bei Einstellung von Strafverfahren eine Bußgeldzahlung zugunsten von gemeinnützigen Organisationen oder Vereinen erfolgen darf. Im Jahr 2013 flossen gut 80 Millionen an eben diese. Den Rest erhielten die Staatskassen. Die genaue Höhe ist nicht bekannt, denn nicht alle Bundesländer legen die Zahlen offen.

Dass überhaupt Geldauflagen in die Staatskasse fließen, möchte Dr. Martin Dodenhoeft, Vorstandvorsitzender des Deutschen Fundraisingverbands, ändern. Er fordert eine Änderung der Strafprozessordnung dahingehend, dass künftig ausschließlich gemeinnützige Organisationen begünstigt werden. "Vielfach leisten diese die Arbeit, die eigentlich vom Staat erwartet wird, vor allem im sozialen Bereich. Gleichzeitig werden die Rahmenbedingungen für die dort Handelnden immer weiter verschlechtert. Es ist nur billig, wenn über die Geldauflagenzuweisungen eine Entlastung geschaffen wird", so Dodenhoeft.

Die Richterinnen und Richter entscheiden allein, wem sie das Geld zuweisen. Einzige Bedingung: Der Empfänger (wenn es nicht die Staatskasse ist) muss gemeinnützig sein. Ansonsten gilt die "richterliche Unabhängigkeit". Das bedeutet nicht nur, dass Richter/-innen frei (von persönlichen Interessen und politischem Einfluss) entscheiden dürfen. Es besteht zudem zu keinem Zeitpunkt eine Begründungspflicht. Auch gibt es keine Kontrollen. Nur Staats- und Rechtsanwälte müssen der Wahl zustimmen. Sie nehmen den richterlichen Vorschlag aber in aller Regel an. Viele Beobachter/-innen kritisieren daher, dass aus der richterlichen Unabhängigkeit eine Unantastbarkeit geworden sei.

Nichtsdestotrotz versuchen viele gemeinnützige Organisationen und Vereine ein Stück vom Bußgeld-Kuchen abzubekommen. Vor allem kleinen Organisationen, die regional tätig sind, bietet sich eine Chance auf zusätzliche Einnahmen. So waren 2013 in NRW 79% der begünstigten Einrichtungen lokal verankert. Allerdings erhielten sie nur knapp die Hälfte aller verteilten Gelder. Die großen, bekannten Organisationen erhielten im Schnitt mehr als viermal höhere Zuweisungen.

Ein zweiter, wichtiger Faktor für die Begünstigung ist, wenn die Arbeit der Einrichtung Bezüge zu Strafdelikten (z.B. in der Präventionsarbeit) aufweist. Ein Drittel der Geldauflagen flossen 2013 in NRW in Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe. In Kombination bietet dies eine Chance für Projekte der politischen Bildung, die sich an Jugendliche richten.

Allerdings ist der Aufwand nicht zu unterschätzen. Auf den offiziellen Listen der zu begünstigenden Organisationen stehen mittlerweile Tausende. Auch die Entscheiderinnen und Entscheider bei Gericht müssen daher mit Informationen versorgt werden. Der Start ist oft langwierig. Es gilt, die richtige Person zur richtigen Zeit mit dem richtigen Projekt anzusprechen. Nur wer sich bekannt macht und Kontakte pflegt, kann auf regelmäßige Zuwendungen hoffen. Und dennoch ist deren Höhe nicht kalkulierbar, da sie vielen Faktoren unterliegt.

Die fehlenden richterlichen Kontrollen und das zuweilen starke durch die hohe Konkurrenz bedingte "Hofieren" der Organisationen haben in Hamburg und Berlin zur Einrichtung von Sammelfonds geführt. Ein sechsköpfiges Gremium entscheidet dort zweimal im Jahr über die Verteilung der Bußgelder. Organisationen müssen jeweils einen Antrag auf Berücksichtigung bei den Zuweisungen stellen. Da die Personen aus dem Gremium nicht bekannt sind, sollen persönliche Beeinflussungen unterbunden werden. Doch nur ein Teil der Geldauflagen landet tatsächlich im Sammelfond, um dort verteilt zu werden. Denn die Richter/-innen sind nicht verpflichtet den Sammelfond zu berücksichtigen. Sie weisen auch weiterhin vielen Organisationen Geldauflagen direkt zu.

Fließen schließlich die Zuwendungen, so hat der Geldauflagenempfänger die Aufgabe, diese penibel und zuverlässig zu kontrollieren und an das Gericht zurückzumelden. Wer nachlässig ist, hat seine Karten schnell wieder verspielt. Wer verlässlich ist, verdient sich dagegen langfristiges Vertrauen. Und Vertrauen in die gemeinnützigen Organisationen spielt für die Richter/-innen laut einer Studie von probono berlin aus 2009 ohnehin eine wichtige Rolle bei der Zuweisung.

Wer Geldauflagen bekommen will, muss also bedenken, dass Bußgeldfundraising ebenso viel Professionalität, Vorbereitung, langfristige Investition und Verwaltungsaufwand erfordert, wie andere Fundraisinginstrumente.

* Dieses Themenfeld wird mit unterschiedlichen Begrifflichkeiten beschrieben, die in der Regel synonym verwendet werden: Bußgeldfundraising, Bußgeldmarketing, Geldauflagenfundraising, Geldauflagenmarketing.