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Analyse: Die georgisch-russischen Beziehungen: Von der Beeinflussung zur ideologischen Konvergenz | Russland-Analysen | bpb.de

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Analyse: Die georgisch-russischen Beziehungen: Von der Beeinflussung zur ideologischen Konvergenz Russland-Analysen Nr. 465

Kornely Kakachia Shota Kakabadze

/ 9 Minuten zu lesen

Dieser Beitrag widmet sich der Beziehung Russlands zu Georgien und geht insbesondere auf Ideologie, Wirtschaft und Sicherheitspolitik ein.

Bei der Amtseinführung des neuen georgischen Präsidenten Micheil Kawelaschwili, einem ehemaligen Fußballspieler, halten Demonstranten vor dem Parlament rote Karten in die Höhe. (© picture-alliance, NurPhoto | Jerome Gilles)

Zusammenfassung

Die Analyse untersucht die Gründe für die Annäherung zwischen Georgien und Russland. Diese Entwicklung ist vor allem auf pragmatische wirtschaftliche Interessen Georgiens und sicherheitspolitische Einflussmöglichkeiten Russlands zurückzuführen. Die innenpolitische Entwicklung Georgiens, die durch autoritäre Tendenzen und ideologische Überschneidungen mit Moskau gekennzeichnet ist, verstärkt diesen Trend. Russland nutzt die geografische Nähe, wirtschaftliche Abhängigkeiten und ideologische Überschneidungen, um seinen Einfluss in Georgien geltend zu machen. Georgien ist zu einem ideologischen Schlachtfeld zwischen Russland und dem Westen geworden. Eine strategische Reaktion des Westens ist notwendig, um die Demokratie in Georgien zu unterstützen.

Herausgeber der Länderanalysen

Die Russland-Analysen werden von der Forschungsstelle Osteuropa an der Universität Bremen, der Deutschen Gesellschaft für Osteuropakunde e.V., dem Deutschen Polen-Institut, dem Leibniz-Institut für Agrarentwicklung in Transformationsökonomien, dem Leibniz-Institut für Ost- und Südosteuropaforschung und dem Zentrum für Osteuropa- und internationale Studien (ZOiS) gGmbH gemeinsam herausgegeben. Die Bundeszentrale für politische Bildung/bpb veröffentlicht die Analysen als Lizenzausgabe.

Seit mehr als 15 Jahren bzw. seit dem Augustkrieg 2008 und der Anerkennung der beiden besetzten Gebiete als unabhängige Staaten durch Russland bestehen keine offiziellen diplomatischen Beziehungen zwischen Georgien und Russland. Da es nur ein Waffenstillstandsabkommen zwischen dem Kreml und Tbilissi gibt, befinden sich die beiden Länder formal gesehen im Kriegszustand miteinander. Nichtsdestotrotz nähern sich Georgien und Russland weiterhin an, vor allem in den Bereichen Wirtschaft, Kultur und humanitäre Hilfe. Mit dem Einmarsch Russlands in der Ukraine und den darauffolgenden geopolitischen Verwerfungen hat sich die Annäherung zwischen den beiden Regierungen, die von pragmatischen Interessen geleitet wird, noch weiter beschleunigt.

Während Georgien seinen Weg in den Autoritarismus und die internationale Isolation fortsetzt, wird erwartet, dass sich Tbilissi weiter an Moskau und Peking annähert. Die georgische Regierung weist jedoch den Vorwurf zurück, eine autoritäre Agenda zu verfolgen und betont, dass sie nicht beabsichtig, das Land von seinem Weg hin zur europäischen Integration abzubringen. In dieser Analyse wird untersucht, in welchen Bereichen sich die Interessen der politischen Eliten Russlands und Georgiens überschneiden und wie weit die Annäherung zwischen den beiden Ländern gehen könnte. Führt der derzeitige Trend zur Wiederaufnahme diplomatischer Beziehungen? Und was wäre der Preis für Tbilissi? Welche Möglichkeiten hat der Kreml, in Georgien Einfluss zu nehmen, und welche Auswirkungen könnte dieser Prozess auf die Zukunft des Landes und der Region Südkaukasus im Allgemeinen haben?

Die Einflussmöglichkeiten des Kremls auf die georgische Politik

Die geografische Nähe Georgiens, d. h. die gemeinsame Grenze mit Russland, führt zu sicherheitspolitischen und wirtschaftlichen Schwächen, die sich in den Einflussmöglichkeiten des Kremls widerspiegeln. Diese beziehen sich auf die Bereiche Sicherheit, Wirtschaft, Ideologie und Religion.

Sicherheitspolitische Herausforderungen

Die Russische Föderation verstößt weiterhin gegen das Waffenstillstandsabkommen von 2008 und unterhält eine starke militärische Präsenz in den beiden abtrünnigen Gebieten Georgiens. Die Präsenz dieser Truppen in zwei besetzten Gebieten macht Russland zu einem ständigen Faktor in der Innenpolitik des Landes. Dies zeigte sich in der Wahlkampagne der Regierungspartei "Georgischer Traum", in der vor allem Kriegsängste geschürt wurden (Reuters 2024). Die Regierungspartei verwendete in ihrer Wahlwerbung sogar Bilder von zerbombten Städten und Gebäuden in der Ukraine, um die Situation noch weiter aufzuheizen (Kincha 2024). Seit 2022 propagiert der Georgische Traum eine Verschwörungstheorie, wonach es im Westen eine "globale Kriegspartei" gebe, die versuche, Georgien in einen Krieg mit Russland zu ziehen. Anders ausgedrückt: Solange Georgien sowohl für direkte militärische als auch für hybride Taktiken aus dem Kreml anfällig ist, verfügt Russland über ein wichtiges Druckmittel, um die Innenpolitik des Landes zu beeinflussen. Der Verweis auf die existenzielle Bedrohung ist auch ein starkes Instrument in den Händen der Regierungspartei in Tbilissi, um die Vereinnahmung des Staates (state capture ), den demokratischen Rückschritt und die Einparteienherrschaft zu legitimieren.

Zunehmende wirtschaftliche Abhängigkeit

Seit der Machtübernahme im Jahr 2012 hat der "Georgische Traum" trotz fehlender diplomatischer Beziehungen eine Politik der strategischen Geduld gegenüber Moskau verfolgt, die darin bestand, Russlands strategischen Interessen entgegenzukommen und sich gleichzeitig auf die Förderung der wirtschaftlichen und humanitären Beziehungen zum Kreml zu konzentrieren. Infolgedessen sind die georgisch-russischen Wirtschaftsbeziehungen in den letzten zehn Jahren stetig gewachsen und haben die Anfälligkeit des Landes erhöht. Die Daten zeigen, dass der Anteil des russischen Marktes an den georgischen Exporten im Jahr 2012 nur 4,4 Prozent betrug und 2023 10,8 Prozent erreicht hat (Transparency International Georgia 2024). Nach dem Einmarsch Russlands in der Ukraine hat die Regierung des "Georgischen Traums", anstatt Moskau zu isolieren oder sich den vom Westen verhängten Sanktionen anzuschließen, ihre Beziehungen zu Russland verstärkt, den Handel erheblich ausgeweitet und finanzielle Vorteile daraus gezogen. Im Gegenzug belohnte Moskau Tbilissi mit der Wiederaufnahme von Direktflügen und der visafreien Einreise nach Russland für Georgier. In der Zwischenzeit florieren russische Unternehmen in Georgien, und die Zahl der russischen Unternehmensregistrierungen hat sich seit dem Ausbruch des Krieges in der Ukraine mehr als verdreifacht (IDFI 2024). Darüber hinaus verzeichnete Georgien seit 2022 ein erhebliches Wirtschaftswachstum, das auf mehrere Faktoren zurückzuführen ist. Der Zuzug Zehntausender relativ wohlhabender Russen trug zu einer verstärkten Wirtschaftstätigkeit bei. Darüber hinaus haben der zunehmende Handel und der Transit durch den sogenannten Mittleren Korridor die Wirtschaftsleistung weiter angekurbelt. Diese Faktoren ermöglichten Georgien in diesem Zeitraum ein zweistelliges Wirtschaftswachstum. Infolgedessen erhielt die georgische Wirtschaft den dringend benötigten Aufschwung in der Erholungsphase nach der Covid-Pandemie. Diese Daten deuten darauf hin, dass Georgien kurzfristig von den zunehmenden wirtschaftlichen Aktivitäten mit Russland profitiert hat, insbesondere während des Krieges in der Ukraine. Wie jedoch die jüngsten Beispiele zeigen, in denen die russische Regierung die Wirtschaftsbeziehungen als politisches Instrument einsetzt, ist ein solches Wachstumsmodell langfristig nicht tragfähig und führt sogar zu einer zunehmenden Gefährdung für Georgien. Sollte der Krieg in der Ukraine in absehbarer Zeit vorübergehend eingefroren werden, wird der Westen höchstwahrscheinlich einige der Sanktionen gegen Russland langsam aufheben, was dieses Modell des Wirtschaftswachstums in Frage stellen könnte.

Religion und ideologische Konvergenz als Einflussfaktor

Ein weiterer wichtiger Faktor, der den russischen Einfluss und die Aktivitäten der hybriden Kriegsführung in Georgien ermöglicht, ist die ideologische Ausrichtung der Partei "Georgischer" Traum" auf Russland durch den sogenannten konservativen Diskurs (Kakachia und Kakabadze, 2024). Neben dem Schüren von Ängsten konzentrierte sich der Wahlkampf der Regierungspartei weitgehend auf ein Anti-LGBTQI-Narrativ und den Kampf gegen einen angeblichen "liberalen Faschismus" (Civil Georgia 2023). Im September 2024, nur wenige Wochen vor den Parlamentswahlen, verabschiedete der "Georgische Traum" ein Gesetz "zum Schutz von Familienwerten und Minderjährigen", das dem Verbot von LGBTQI-Propaganda in Russland im Jahr 2011 ähnelt und eine große Bedrohung für die Meinungsfreiheit und das Versammlungsrecht darstellt (Civil Georgia 2024). Nicht weniger beunruhigend war die Verabschiedung des Gesetzes über die "Transparenz ausländischer Einflussnahme", das darauf abzielt, die Zivilgesellschaft zu unterdrücken und der ursprünglichen Fassung des russischen Gesetzes über ausländische Agenten sehr ähnlich ist (Civil Georgia 2024b). Spekulationen darüber, ob die Vorgaben für die Verabschiedung dieser Gesetzesentwürfe direkt aus dem Kreml kamen oder ob es sich um eine Eigeninitiative des "Georgischen Traums" handelte, würden den Rahmen dieses Beitrags sprengen. Diese Entwicklungen deuten jedoch darauf hin, dass die georgische Regierungspartei in ihrem Streben nach Machterhalt durch schamlos manipulierte Parlamentswahlen in hohem Maße Gebrauch von Putins Machterhaltungsstrategien macht, was zu einer ideologischen Annäherung zwischen Tbilissi und Moskau führt.

Wie weit könnte es weitergehen?

Die ideologische Annäherung an Russland und die Nachahmung des dortigen Modells einer Einparteienherrschaft ohne gesellschaftliche Kontrolle verschafft der georgischen Regierung gute Möglichkeiten, ihre Macht auf unbestimmte Zeit und unbegrenzt aufrechtzuerhalten. Die Entfremdung der georgischen Regierung von den euro-atlantischen Partnern, gepaart mit irrsinnigen antiwestlichen Verschwörungstheorien, führt jedoch dazu, dass sich die politische Führung des Landes in völliger internationaler Isolation befindet. Zum Zeitpunkt, als diese Analyse abgeschlossen wurde, hat keines der großen westlichen Länder die jüngsten Ergebnisse der Parlamentswahlen vom Oktober 2024 als rechtmäßig anerkannt. Seit dem Frühjahr 2024 ist die EU-Integration aufgrund der autoritären Tendenzen Tbilissis ins Stocken geraten, während die Vereinigten Staaten im Dezember 2024 die strategische Partnerschaft offiziell ausgesetzt haben.

Die Isolierung von den westlichen Partnern macht Georgien anfälliger für den Einfluss illiberaler Regionalmächte, die die künftige Sicherheitsarchitektur dieses Teils des Kontinents in den kommenden Jahrzehnten prägen werden. Das Abkommen über eine strategische Partnerschaft zwischen Iran und Russland (Aljazeera 2025) sowie das wachsende Interesse Chinas und die Unvorhersehbarkeit, die Trumps Präsidentschaft für die freie Welt mit sich bringt, setzen den seit langem etablierten Status quo der georgischen Außenpolitik unter extremen Druck. Die Übereinstimmung der innenpolitischen Agenda des "Georgischen Traums" mit den geopolitischen Zielen Russlands ermöglicht es Moskau, Einfluss auszuüben und geopolitische Vorteile für sich zu verbuchen (Sabanadse 2025). In Anbetracht dieser Zukunft wird sich Russlands strategisches Ziel wahrscheinlich darauf erstrecken, die Kontrolle über den östlichen Teil des Schwarzen Meeres zu behalten, den westlichen Einfluss einzudämmen und den Westen aus der Region zu verdrängen. Zu dieser Strategie gehört es, Tbilissi unter Druck zu setzen, damit es offiziell dem regionalen 3+3-Format beitritt, das den Westen ausschließt, und langfristig andere postsowjetische Integrationsprojekte voranzutreiben, die von Russland dominiert werden.

Da die Beziehungen zwischen der Regierung der Vereinigten Staaten und dem Westen zunehmend belastet sind, hat Moskau zudem seine Absicht signalisiert, die Beziehungen zu Tbilissi zu normalisieren, sofern Tbilissi die sogenannten "bestehenden Realitäten vor Ort" akzeptiert, was die Anerkennung Südossetiens und Abchasiens als unabhängige Staaten bedeutet. Während Moskau eine mögliche Änderung der georgischen Haltung in Erwägung zieht, scheint Tbilissi zu prüfen, ob sich Russlands Position zur territorialen Integrität Georgiens als Reaktion auf globale und regionale Dynamiken geändert hat. Trotz des jüngsten Tauwetters in den Beziehungen, das vorsichtige Hoffnungen auf eine bilaterale Verbesserung weckt, bleibt es ungewiss, ob die ideologische Ausrichtung des "Georgischen Traums" auf den Kreml eine neue Qualität erreicht. Solange keine Lösung für die völkerrechtswidrige Besetzung von etwa zwanzig Prozent des georgischen Territoriums durch Russland gefunden wird, ist eine Wiederaufnahme der diplomatischen Beziehungen zwischen den beiden Ländern sehr unwahrscheinlich. Dies schließt jedoch nicht aus, dass sich Tbilissi im Rahmen von 3+3, BRICS oder anderen ähnlichen Plattformen stärker an Russland annähert. In diesem instabilen Umfeld muss der Westen sorgfältige und strategische Überlegungen anstellen.

Schlussfolgerungen

Während sich die globale Trennlinie zwischen autokratischen und demokratischen Lagern immer deutlicher abzeichnet, wird Georgien zum ideologischen Schlachtfeld zwischen Russland und dem Westen. Der Kampf um Einfluss in Georgien bietet wertvolle Einblicke in Russlands Strategien zur Wiederherstellung seiner imperialen Macht. Zu Beginn des Jahres 2025 steckt das Land in einer tiefen politischen Krise, die durch umstrittene Ergebnisse der Parlamentswahlen und eine Situation gekennzeichnet ist, in der sich zwei Präsidenten weigern, die Legitimität des jeweils anderen anzuerkennen. Dieser politische Blockadezustand, der durch divergierende Interessen der politischen Elite noch verstärkt wird, hat die gesellschaftlichen Spannungen verschärft und eine tief verwurzelte Ambivalenz gegenüber Russland offenbart.

Diese Bedingungen schaffen unklare Verhältnisse, in die sich Russland einmischen und die es zu seinem eigenen Vorteil ausnutzen kann. Insbesondere in den Bereichen Sicherheit, Wirtschaft, Ideologie und Religion gibt es für Russland Einfallstore, um hybriden Einfluss auszuüben. Hier überschneiden sich auch die Interessen der zunehmend autoritären Partei "Georgischer Traum" und der russischen politischen Führung. Trotz der von der Partei "Georgischer Traum" propagierten Argumente, dass westliche Werte im Widerspruch zu georgischen Traditionen stünden und die EU-Integration die georgische Souveränität und Kultur bedrohe, unterstützt die große Mehrheit der georgischen Gesellschaft die pro-europäische Außenpolitik des Landes und übt damit Druck von unten auf die Regierungspartei aus. Sollte es gelingen, den "Georgischen Traum" durch internen und externen Druck zur Umkehr zu bewegen und eine politische Lösung für die sich zuspitzende Krise zu finden, hat die georgische Demokratie noch eine Chance. Die Wiederbelebung der liberalen Demokratie hätte erhebliche Auswirkungen auf die Region, da sie dem Westen ein Fenster zur Schwarzmeerregion öffnen und die zunehmende ideologische Expansion illiberaler Mächte wie Russland und China eindämmen könnte. In dieser heiklen Situation wird viel von der Strategie des Westens abhängen, der Schritte vermeiden sollte, die Tbilissi näher an Moskau heranführen könnten. Ein Verlust Georgiens an den russischen Machtbereich würde den strategischen Einfluss und die Glaubwürdigkeit des Westens in der gesamten Schwarzmeerregion schmälern. Georgien ist noch lange kein hoffnungsloser Fall, denn es ist immer noch ein potenzielles Modell für demokratische Widerstandsfähigkeit. Die USA und die EU müssen eine maßvolle, aber dennoch entschlossene Haltung einnehmen, um Russlands ideologische Expansion zu stoppen und die regelbasierte Ordnung in der Region zu schützen.

Weitere Inhalte

Prof. Dr. Kornely Kakachia ist Professor für Politikwissenschaft und Inhaber des Jean-Monnet-Lehrstuhls an der staatlichen Iwane-Dschawachischwili-Universität Tbilissi in Georgien. Er ist außerdem Direktor des in Tbilissi ansässigen Thinktanks »Georgian Institute of Politics«. Seine aktuellen Forschungsschwerpunkte sind die georgische Innen- und Außenpolitik, Sicherheitsfragen des gesamten Schwarzmeerraums und vergleichende Parteipolitik.

Dr. Shota Kakabadze ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am »Georgian Institute of Politics« in Tbilissi, Georgien. Er hat einen Doktortitel in Politikwissenschaft von der Universität Tartu (Estland). Sein Forschungsschwerpunkt liegt auf Diskursen über nationale Identität, Außenpolitik und die Östliche Partnerschaft.