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Analyse: Die russische Propaganda wirkt | Russland-Analysen | bpb.de

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Analyse: Die russische Propaganda wirkt Russland-Analysen Nr. 467

Susanne Spahn

/ 7 Minuten zu lesen

Russlands Schatten über der Bundestagswahl: Eine neue Studie zeigt, wie Moskau mit Fake-Kampagnen und Mediennetzwerken gezielt Einfluss auf deutsche Wähler nimmt.

Auf einer Deutschlandfahne befindet sich eine Matrjoschka mit dem Schriftzug Fake News (© picture-alliance, ZB | Sascha Steinach)

Zusammenfassung

Russland hat in diesem Jahr in großem Umfang Fälschungen eingesetzt, um die Bundestagswahl in seinem Sinn zu beeinflussen. Auch der russische Auslandssender RT DE bleibt mit monatlich vier Millionen Zugriffen ein wichtiges Instrument der hybriden Kriegsführung Russlands. Die Autorin hat ca. 1000 Berichte des russischen Senders zum Wahlkampf analysiert.

Herausgeber der Länderanalysen

Die Russland-Analysen werden von der Forschungsstelle Osteuropa an der Universität Bremen, der Deutschen Gesellschaft für Osteuropakunde e.V., dem Deutschen Polen-Institut, dem Leibniz-Institut für Agrarentwicklung in Transformationsökonomien, dem Leibniz-Institut für Ost- und Südosteuropaforschung und dem Zentrum für Osteuropa- und internationale Studien (ZOiS) gGmbH gemeinsam herausgegeben. Die Bundeszentrale für politische Bildung/bpb veröffentlicht die Analysen als Lizenzausgabe.

In bisher in Deutschland unbekanntem Ausmaß hat Russland in diesem Jahr bei der Beeinflussung der Bundestagswahlen auf Fälschungen gesetzt. Die Doppelgänger-Kampagne, bei der Medienseiten kopiert und mit prorussischen Inhalten gefüllt werden, läuft bereits seit einigen Jahren. Vor der Europawahl 2024 war „Voice of Europe“ ein besonders skandalträchtiger Fall eines Doppelgängers von „Voices of Europe“, bei welchem statt der Staats- und Regierungschefs dort aber Rechtspopulisten und Extremisten ihre EU-feindlichen Botschaften verbreiteten und Geld aus Russland erhielten, mutmaßlich auch die AfD-Topkandidaten Maximilian Krah und Petr Bystron. In diesem Jahr wurden in der Kampagne „Storm-1516“ gleich mehr als 100 Fake-Seiten geschaffen, die russlandfreundliche Narrative und Desinformation verbreiten, wie das Netzwerk Correctiv recherchierte. Das Institut Cemas identifizierte zahlreiche Fake-Accounts auf der Plattform X, die insbesondere gegen den CDU-Kandidaten Friedrich Merz agitieren.

Aber auch der russische Auslandssender RT DE ist immer noch aktiv in Deutschland: als Nachrichtenportal und mit dem TV-Programm im Livestream. Dabei sind seine Inhalte seit März 2022 wegen der propagandistischen Begleitung des Angriffskrieges Russlands gegen die Ukraine laut Sanktionen der EU verboten. Nach Daten des Analyseportals Similarweb.com verzeichnete RT DE im Januar 2025 insgesamt vier Millionen Zugriffe auf die Originalwebseite und zwölf Spiegelseiten, die die Inhalte des Originals kopieren. Das entspricht in etwa der Reichweite der Ostsee-Zeitung. Hinzu kommen verschiedene Medienformate und Social-Media-Kanäle, die ehemalige und aktuelle RT-Mitarbeiter gegründet haben. RT DE wird vom russischen Staat finanziert und von der russischen Präsidialverwaltung kontrolliert. Der russische Staatssender ist so einflussreich, weil er in Deutschland ein Netzwerk von Alternativmedien, Influencern und Politikern geschaffen hat, das russische Narrative verbreitet und unterstützt.

Bei RT DE war die AfD-Kandidatin Alice Weidel der diesjährige Favorit. Mit einer Selektion von positiven Fakten und Ausschnitten aus ihren Reden wird das gewünschte Bild geschaffen. So wird sie in einem Video als Kämpferin für die Freiheit, als weltgewandte Politikerin im Gespräch mit dem Tech-Milliardär Elon Musk und resolute Rednerin, die vor „alimentierten Messermännern und sonstigen Taugenichtsen“ warnt, in Szene gesetzt. Bei Weidels Rede beim Parteitag in Riesa setzt RT DE ihr Zitat „Nieder mit den Windmühlen der Schande!“ in den Titel und mit ihrem Versprechen, die umstrittene Gaspipeline Nord Stream in Betrieb zu nehmen, wie auch mit ihrem Einsatz gegen erneuerbare Energien und für den Import von russischen fossilen Brennstoffen, bedient Weidel zentrale russische Interessen.

Außerdem ist RT DE Teil der Doppelgänger-Kampagne. So existieren mindestens fünf gefälschte Telegram-Seiten, die RT DE und Sputniknews verbreiten. Sputnik ist das zweite Flaggschiff der russischen Auslandsmedien. Wegen der Sanktionen agieren die Macher von Sputnik unter dem Namen „Satellit“ weiter, die deutsche Übersetzung von Sputnik. Offiziell haben RT DE und Sputnik ihre Tätigkeit in Deutschland beendet und sich als Opfer der Zensur der EU inszeniert, RT spricht gar von einer Kampagne gegen seinen Sender. Tatsächlich agieren die Aktivisten aber weiter in Deutschland. Im Herbst 2022 trafen Reporter des TV-Senders OstWest Sputnik-Chefredakteur Sergej Feoktistow in einer Villa in Berlin Steglitz-Zehlendorf an. Eine Aufnahme zeigt Feoktistow auf dem Dach der Villa, wo er Interviews gibt, nach eigenen Worten „aus der Höhle des Feindes“, womit Deutschland gemeint ist. Im vorigen Jahr führte Sputnik/SNA noch einen Prozess gegen die beiden Journalisten von OstWest. Auch die Mitarbeiter von RT DE sind in Deutschland unterwegs, berichten von Veranstaltungen und geben Kommentare.

Aber RT DE und Satellit unterstützen nicht nur Weidel im Wahlkampf. An zweiter Stelle folgt die BSW-Vorsitzende Sahra Wagenknecht. Wagenknecht stand bis zur Auflösung der Koalition am 6. November 2024 als prominente Fürsprecherin von Friedensverhandlungen mit Russland im Fokus der Aufmerksamkeit. Im Wahlkampf wird ihre Kritik an Sanktionen, den USA und der Bundesregierung sowie an den Waffenlieferungen für die Ukraine ausführlich gewürdigt. Seit dem Bruch der Koalition liegt jedoch Weidel mit 133 Beiträgen knapp vor Wagenknecht mit 115. Damit reagiert der russische Staatssender auf die Verschiebung des Schwerpunkts der öffentlichen Debatte zur Migrationspolitik. Insgesamt hat die Autorin 1082 Beiträge aus dem Archiv von RT DE vom 6.11.2024 bis zum 18. Februar 2025 ausgewertet. Der Grund für die Unterstützung: Weidel und Wagenknecht vertreten zentrale russische Interessen und stehen dem autoritären System in Russland nahe. Der russische Außenminister Sergej Lawrow lobte Anfang des Jahres beide Politikerinnen als Verteidiger nationaler deutscher Interessen gegenüber der EU, die der Kreml ebenfalls schwächen will, um Russlands Machtposition in Europa zu stärken.

Schon im Herbst 2022, auf dem Höhepunkt der Energiekrise, versuchte der Kreml, die instabile Lage für seine politischen Ziele zu nutzen. Wie schon bei der Flüchtlings- und Coronakrise werden Unzufriedene von den Staatsmedien mit übertriebenen Katastrophenszenarien und Falschdarstellungen zu Protesten mobilisiert. Die Verantwortung für die Krise wurde der Regierung und insbesondere Wirtschaftsminister Robert Habeck zugeschrieben, die Rolle Russlands als Verursacher wurde verschwiegen. Zu Unrecht, denn schließlich hatte der staatlich gelenkte Konzern Gazprom Deutschland die Leitung zugedreht. Die russische Präsidialadministration entwickelte in dieser Zeit Strategiepapiere, wie eine Koalition aus linken und rechten Parteien geschaffen und Proteste gegen die Regierung gefördert werden können. Die von der Washington Post im April 2023 veröffentlichten Dokumente belegen die Versuche Moskaus, direkt in die deutsche Politik einzugreifen.

Rechtsextreme Kräfte um den Chefredakteur des Compact-Magazins Jürgen Elsässer und aus den als rechtsextrem eingestuften ostdeutschen AfD-Landesverbänden agitieren bei Veranstaltungen, organisieren Proteste und werben im Internet für diese Querfront, an ihrer Seite Teile der Querdenken-Bewegung um den Chefredakteur des Mobilisierungsorgans „Demokratischer Widerstand“ Anselm Lenz. Dabei wurde das Ziel eines Regimewechsels klar formuliert. Wie 1989 sollten Volksaufstände das System implodieren lassen, heißt es in der Compact-Ausgabe von September 2022. Zur selben Zeit schrieb bei RT DE dessen langjähriger Autor und ehemalige Stasi-Spion Rainer Rupp, die Deutschen und anderen EU-Völker sollten „ihre korrupten Politiker davonjagen“, „die neuen Regierungen“ würden sicher auf Russlands Forderungen eingehen.. Elsässer und seine Mitstreiter umwarben Wagenknecht und die Friedensbewegung für die Bildung einer Querfront, bislang scheiterten die Bemühungen aber an dem mangelnden Interesse Wagenknechts.

Das Ranking der negativ bewerteten Kandidaten bei RT DE wird vom Grünen-Politiker Robert Habeck angeführt. Die Grünen sind dem Kreml besonders verhasst: Keine Partei äußert sich so kritisch zur Diktatur in Russland, außerdem steht die Ökopartei mit dem Klimaschutz den Interessen der russischen Exportnation von Öl und Gas im Weg. RT DE reißt Zitate Habecks aus dem Kontext und gibt ihnen eine neue Interpretation: In einem Beitrag zum Wahlkampfauftritt in Lüneburg erscheint der Politiker als eine Art autoritärer Guru, der seine Untergebenen verzaubert, sich aber in Wahrheit nicht um die Teilhabe des Volkes schert, sondern nur um seine „aggressiven Kanzlerambitionen“. Häufig wird Elon Musk zitiert, wie etwa „Habeck ist ein Verräter am deutschen Volk“.

Und dann ist natürlich noch der Krieg. Wegen der Unterstützung der Ukraine und Waffenlieferungen an das angegriffene Land gilt Habeck als Kriegstreiber. Das hat er mit seinem Konkurrenten von der CDU Friedrich Merz gemein, der bereits als „Falken-Kanzler“ tituliert wird. Auch Merz wird unterstellt, er interessiere sich nicht für die Bürger. In einem Video wird er als arroganter Politiker gezeigt, der Demonstranten beleidigt. RT DE verzerrt so die Realität: Die Demokraten werden als elitäre und machtbesessene Autokraten dargestellt, die Kandidatinnen der autoritären Parteien AfD und BSW als die „echten“ Demokraten, die die „wahren“ Interessen des Volkes vertreten.

Die mediale Unterstützung linker und rechtspopulistischer Parteien bei Bundestags- und Europawahlen ist seit 2017 Tradition der russischen Staatsmedien, wie ich in diversen Studien dokumentiert habe. Neu ist, dass 2025 erstmals die Kandidatin der AfD als Favorit bei der positiven Berichterstattung hervortritt. 2021 war es SPD-Kandidat Olaf Scholz. Scholz ist der einzige Kandidat, zu dem die Berichterstattung von RT DE einigermaßen ausgewogen war. Als Wagenknecht mit ihrer Kampagne für „Frieden“ mit Russland bei den Landtagswahlen in Ostdeutschland großen Erfolg hatte und mit der „Friedensformel“ Politik machte, telefonierte Scholz im November 2024 mit Putin. Das war die entscheidende Phase, in der Scholz als „Friedenskanzler“ noch das Wohlwollen Moskaus hätte gewinnen können. Doch Scholz unterstützte weiter die Ukraine, auch militärisch, und damit erfüllte er das Ausschlusskriterium für eine mögliche Unterstützung.

Das war 2021 noch ganz anders gewesen. Da machte Scholz sich für die umstrittene Pipeline Nord Stream 2 stark und bot den USA sogar bis zu einer Milliarde Dollar an, damit sie auf Sanktionen gegen die Gasleitung verzichten, wie die Zeitung „Die Welt“ im Februar 2021 berichtet. Da war Scholz Moskaus Favorit, dementsprechend wurde er positiv und als Kandidat mit den besten Aussichten auf das Kanzleramt dargestellt. Damals äußerten russische Experten bei RT DE die Hoffnung, dass Scholz die Politik von Gerhard Schröder weiterführen würde. Altkanzler Schröder ist mit seinen Posten bei russischen Energieunternehmen und seinem andauernden Verständnis für die aggressive Politik der Putin-Führung die Idealbesetzung des Kanzleramts schlechthin.

2025 leitet einen Epochenwechsel ein: Der Kreml hat die Unterstützung der politischen Mitte offenbar aufgegeben und setzt nun noch offensiver auf die demokratiefeindlichen Kräfte als bisher.

Der Einfluss der Kampagne auf die politische Meinungsbildung ist bisher nicht empirisch untersucht. Eine von der Friedrich-Naumann-Stiftung in Auftrag gegebene Umfrage des Instituts Allensbach von Januar 2025 zeigt jedoch, dass russische Narrative bei einem beachtlichen Teil der Bevölkerung gut ankommen. Die Aussage „Putin kämpft in der Ukraine gegen ein faschistisches Regime“ wurde von 18 Prozent der Befragten unterstützt. Ebenso groß war die Zustimmung zu der Aussage „Russland hat ein größeres Interesse an Frieden als die Ukraine und der Westen“. Auffällig ist, dass diese Botschaften bei den jungen Befragten zwischen 16–29 Jahren und der mittleren Altersgruppe zwischen 30 und 44 Jahren noch besser ankommen. Das Stereotyp von dem faschistischen Regime in der Ukraine wurde hier von 21 respektive 22 Prozent unterstützt. Das der Kreml ein größeres Interesse an Frieden besitzt glaubten jeweils 23 Prozent in beiden Altersgruppen.

Diese Umfrage kann die Auswirkung der Kampagne nicht messen, zeigt aber, dass die russischen Narrative von einem guten Sechstel der gesamten Befragten vertreten werden. Die Mediennutzung hat einen starken Einfluss auf die Meinungsbildung. Besonders empfänglich für russische Botschaften sind die Nutzer von TikTok, das Faschisten-Narrativ unterstützten 34 Prozent und das Friedens-Narrativ sogar 36 Prozent der Befragten. Bei den Lesern der Plattform X lagen die Werte noch höher: bei 37 respektive 40 Prozent. Abhängig von den bevorzugten Medien kann die Zustimmung zu russischen Narrativen also bis auf mehr als ein Drittel der Befragten steigen. Die russische Propaganda wirkt, Desinformation ist weit verbreitet.

Anmerkung: Dieser Text wurde zuerst beim Zentrum Liberale Moderne veröffentlicht.

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Dr. Susanne Spahn ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl für Politische Kommunikation mit Schwerpunkt auf Osteuropa und die postsowjetische Region der Universität Passau. Spahn ist eine ausgewiesene Expertin für Russlands Medien und Desinformation. Seit dem Start von RT und Sputnik in Berlin 2014 verfasste sie sechs Studien und zahlreiche Publikationen über Russlands Desinformationskampagnen, insbesondere für das Europäische Parlament und die Friedrich-Naumann-Stiftung. 2024 erschien ihr Buch "Das Russland-Netzwerk".