Themen Mediathek Shop Lernen Veranstaltungen kurz&knapp Die bpb Meine Merkliste Geteilte Merkliste PDF oder EPUB erstellen Mehr Artikel im

Europäische Kommission | Europäische Union | bpb.de

Europäische Union Überblick Ein komplexes Gebilde Symbole Eine besondere Organisation Vorteile Kritik Handlungsfelder Arbeitsteilung Wirtschaftspolitik Euro und Währungsunion Umwelt- und Klimapolitik Digitalpolitik Regional- und Strukturpolitik Sozialpolitik Bildungspolitik Haushalt Außen- und Sicherheitspolitik Nachbarstaaten Herausforderungen Migration Ukraine und Russland Zukünftige Erweiterungen Brexit Demokratie Union für die Bürgerinnen und Bürger Akzeptanz und Identität Unionsbürgerschaft Charta der Grundrechte Einflussnahme Europa der Regionen Akteure Aufbau Europäische Kommission Europäischer Rat Rat der EU Europäisches Parlament Europäischer Gerichtshof Europäische Zentralbank und Europäische Investitionsbank Europäischer Rechnungshof und Amt für Betrugsbekämpfung Gesetzgebung Geschichte Gründungsjahre Verträge und Ausbau Deutschland in der EU Bisherige Erweiterungsrunden Zukunft Europarat Redaktion

Europäische Kommission

Olaf Leiße

/ 6 Minuten zu lesen

Sie entwirft Gesetze, wacht über ihre Einhaltung und sorgt dafür, dass Geld korrekt ausgegeben wird. Die Kommission ist eine Regierung ohne Staat und die „Hüterin der Verträge“.

Das Berlaymont-Gebäude, Sitz der Europäischen Kommission. (© picture alliance / Daniel Kalker | Daniel Kalker)

Die Europäische Kommission ist die „Regierung“ der Europäischen Union. Ursprünglich in den 1950er Jahren als reines Verwaltungsorgan geplant, nimmt sie mittlerweile umfangeiche Aufgaben einer Regierung wahr, auch wenn sie keinen Staat regiert. Ihre Aufgaben sind denen der Regierungen in den Mitgliedstaaten ähnlich. Die wichtigste Funktion ist der Entwurf von Interner Link: Rechtsakten (Gesetzen) für die EU. Dafür besitzt sie das Monopol: Nur auf Veranlassung der Kommission kann ein Gesetz verabschiedet werden. Für die Vorbereitung und Formulierung von Gesetzen greift sie auf den Sachverstand von Verbänden und Interessengruppen, zivilgesellschaftlichen Akteuren, Sachverständigen und Wissenschaftlern zurück, die in einer beinahe unübersehbaren Vielzahl von Arbeitsgruppen mitarbeiten.

Aufgaben

Wenn ein Gesetz von Interner Link: Rat und Interner Link: Parlament verabschiedet worden ist, dann kontrolliert die Kommission seine korrekte und pünktliche Umsetzung in den Mitgliedstaaten. Dafür stehen ihr verschiedene Instrumente zur Verfügung. Als letztes Mittel kann sie vor dem Interner Link: Europäischen Gerichtshof klagen und eine Umsetzung in nationales Recht erzwingen. Die Kommission wird auch als „Hüterin der Verträge“ bezeichnet, da sie den Gesetzesvollzug und das vertragskonforme Handeln in den Mitgliedstaaten überprüft. Sie sollte das Gemeinwohl der Europäischen Union im Auge behalten und notfalls auch gegen die Interessen einzelner Mitgliedstaaten verteidigen.

Die Kommission ist die Interner Link: Haushaltsbehörde der Europäischen Union. Sie ist verantwortlich für die Verwaltung von Einnahmen und Ausgaben, die Erstellung des Haushaltsplans und die Umsetzung der Europapolitik durch konkrete Maßnahmen. Sie muss sicherstellen, dass die vorwiegend durch die Mitgliedstaaten bereitgestellten Mittel effektiv genutzt werden und ist dafür auch dem Rat und dem Parlament rechenschaftspflichtig. Ob die finanziellen Mittel auch rechtmäßig eingesetzt werden, überprüfen verschiedene Institutionen wie der Interne Auditdienst, das Interner Link: Europäische Amt für Betrugsbekämpfung (OLAF) und der Interner Link: Europäische Rechnungshof. Darüber hinaus kontrolliert sie, ob sich die Mitgliedstaaten an die Interner Link: beschlossenen Verschuldungsgrenzen (Maastricht-Kriterien) halten und überwacht im gegebenen Rahmen den Haushalt der Mitgliedstaaten.

Die Kommission vertritt die Europäische Union gegenüber Drittstaaten. Sie leitet Verhandlungen mit anderen Staaten oder Staatenbündnissen in enger Abstimmung mit den Mitgliedstaten. So werden beispielsweise die Verhandlungen für den Abschluss von Freihandelsabkommen durch die Kommission geleitet. Auf internationalen Konferenzen, beispielsweise bei der Interner Link: Weltklimakonferenz, der Biodiversitätskonferenz und anderen internationalen Verhandlungen, tritt sie als eigenständige Akteurin auf. Zudem verhandelt die Kommission im Auftrag der Mitgliedstaaten den möglichen Beitritt neuer Staaten.

Grundsätzlich kann die Kommission alle Aufgaben übernehmen, die ihr von den Mitgliedstaten übertragen werden. Das Recht, selbstständig neue Aufgaben an sich zu ziehen, besitzt sie nicht, und sie ist in der Ausübung ihrer Tätigkeit an die von den Mitgliedstaaten gesetzten Kompetenzen gebunden. Dennoch versucht die Kommission, in vielen Politikfeldern durch „weiche Instrumente“, wie Berichte und Empfehlungen, gesamteuropäische Interessen zu formulieren und die Mitgliedstaaten von gemeinsamen Maßnahmen zu überzeugen. Auf der Grundlage ihrer umfassenden Expertise formuliert die Kommission mögliche Kompromisslinien und stärkt somit ihre Position gegenüber den Mitgliedstaaten.

Kommissionspräsidenten

(© picture-alliance/dpa) (© picture alliance / ASSOCIATED PRESS | Arrigoni) (© picture-alliance / dpa | Sofam) (© picture-alliance/AP) (© picture-alliance / dpa | UPI) (© picture alliance / empics | PA) (© picture-alliance/AP) (© picture alliance / Hans Lucas | POOL UNION EUROPEENNE / AGENCE HANS LUCAS) (© picture alliance / Sven Simon | Malte Ossowski/SVEN SIMON) (© picture-alliance / dpa | Andrew_Parsons) (© picture alliance / AA | Dursun Aydemir) (© picture alliance / Xinhua News Agency | Zhang Cheng) (© picture alliance/dpa | Ansgar Haase)

Wahlverfahren

Das Verfahren zur Wahl der Kommission beginnt mit der Europawahl. Die Spitzenkandidaten der Parteien zur Europawahl bewerben sich um den Präsidentenposten. Allerdings gibt es keinen Automatismus, denn den zukünftigen Präsidenten suchen die Staats- und Regierungschefs der Mitgliedstaaten aus. Diese lassen sich vertragsgemäß vom Ausgang der Europawahl leiten. Daher entstammt der Präsident der stärksten Fraktion. Im Jahr 2019 ist der Spitzenkandidat Interner Link: der siegreichen Europäischen Volkspartei, Manfred Weber, jedoch nicht Präsident geworden. In einem komplizierten Aushandlungsprozess zwischen den Mitgliedstaaten und dem Europäischen Parlament wurde schließlich Ursula von der Leyen nominiert. Sie setzte sich bei der Europawahl 2024 erneut durch. Nach der Europawahl und der Benennung durch die im Europäischen Rat versammelten Staats- und Regierungschefs wurde die Präsidentin durch das Europäische Parlament gewählt.

Daraufhin bestimmen die Mitgliedstaaten ihren Kommissar. Jedes Land stellt einen Kommissar. 2024 verlangte Ursula von der Leyen, dass jedes Land zwei Kommissare vorschlagen solle, einen Mann und eine Frau, was jedoch nicht von jedem Mitgliedstaat befolgt wurde. Im Anschluss musste jeder Kommissarskandidat den Abgeordneten des Europäischen Parlaments in Anhörungen Rede und Antwort stehen. Dieses Recht hat sich das Parlament in seiner Interner Link: Geschäftsordnung genommen. Es findet sich nicht in den Verträgen. Einige Anwärter galten als umstritten, jedoch wurde die Kommission schließlich von einer Mehrheit des Europäischen Parlaments am 27. November 2024 gewählt und nahm nach der Bestätigung des Europäischen Rates am 1. Dezember 2024 ihre Arbeit auf.

Zusammensetzung

Die Kommission besteht aus einer Präsidentin und 26 Kommissaren. 6 Kommissare haben als Exekutive-Vizepräsidenten eine hervorgehobene Stellung, da ihnen mehrere Ressorts zugeordnet sind. Eine Sonderstellung nimmt dieInterner Link: Hohe Vertreterin für die Außen- und Sicherheitspolitik ein, aktuell Kaja Kallas aus Estland. Ihr Amt wird als Doppelhut bezeichnet, da sie einerseits Vizepräsidentin der Kommission ist, andererseits auch den Rat für Auswärtige Angelegenheiten leitet, in dem sich die Außenminister treffen. Ihr zugeordnet ist der Interner Link: Europäische Auswärtige Dienst.

Die übrigen 20 Kommissare leiten jeweils ein Ressort bzw. einen Politikbereich. Beschlüsse werden gemäß dem Kollegialprinzip von der gesamten Kommission getroffen. Obwohl die Kommission durch die Mitgliedstaaten besetzt wird, arbeitet sie autonom und ist nicht weisungsabhängig. Bemerkenswert ist ihre politische Vielfalt. Zu Beginn der zweiten Amtszeit von Ursula von der Leyen kamen 15 Personen von der konservativen Europäischen Volksparte (EVP), 5 von den Liberalen (ALDE), 4 von Sozialdemokraten (SPE) und eine Person von der nationalkonservativen EKR. Zwei Personen waren parteilos, standen der SPE bzw. den rechtspopulistischen Patrioten für Europa nahe. 11 Frauen und 16 Männer umfasst die Kommission. Die Mehrheit der Kommissare blickt auf eine langjährige Karriere in der Politik oder Diplomatie zurück, bevor sie in die Europäische Kommission berufen werden. Während die meisten ihre fünfjährige Amtszeit vollständig absolvieren, scheiden einige vorzeitig aus, häufig, um in die nationale Politik zurückzukehren.

Aufbau und Struktur

Der Begriff „Kommission“ ist doppeldeutig, denn einerseits ist damit das Kollegium der 27 Kommissare gemeint, andererseits auch der Verwaltungsapparat in Brüssel. Dieser umfasst rund 32.000 Mitarbeiter auf unterschiedlichen Ebenen. An der Spitze steht der Generaldirektor, der ranghöchste Beamte und Leiter einer der 33 Generaldirektionen der Kommission. Die Generaldirektionen sind in Direktorate oder Abteilungen untergliedert, diese wiederum in einzelne Referate. Dem Referatsleiter unterstehen verschiedene Referenten, die die Arbeit der Kommission durchführen. Sie unterliegen dem europäischen Beamtenrecht.

Insgesamt arbeiten in den verschiedenen Institutionen der Europäischen Union rund 60.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Der Anteil der Mitgliedstaaten an den EU-Beamten richtet sich ungefähr nach dem Bevölkerungsanteil.

Neben der Kommission gibt es noch die allgemeinen und internen Dienste. Dazu zählen das Europäische Amt für Betrugsbekämpfung, die Statistikagentur Eurostat, der Datenschutzbeauftragte sowie der riesige Dolmetscher- und Übersetzungsapparat. Darüber hinaus gibt es noch rund 37 Agenturen und 6 Exekutivagenturen, die konkrete Aufgaben wahrnehmen und über die gesamte EU verteilt sind. Dazu zählen beispielsweise die Drogenagentur, Arzneimittelagentur, Umweltagentur und Verteidigungsagentur, aber auch das Europäische Polizeiamt Europol. In Deutschland gibt es die Agentur für Flugsicherheit in Köln und die Aufsichtsbehörde für das Versicherungswesen in Frankfurt/Main.

Die Arbeitssprachen der Europäischen Kommission sind Englisch, Französisch und Deutsch. Dokumente sollten in alle drei Sprachen übersetzt werden, jedoch haben Deutsch und Französisch einen großen Bedeutungsverlust hinnehmen müssen. Im Zuge der Globalisierung setzt sich Englisch als Verkehrssprache auch in der Kommission durch. Interne Besprechungen und Dokumente werden fast ausschließlich auf Englisch geführt. Dennoch hat jede Bürgerin und jeder Bürger der Europäischen Union das Recht, sich an die Kommission zu wenden und eine Antwort in seiner Muttersprache zu bekommen, sofern es sich um eine der 24 Amtssprachen der EU handelt.

LinklisteLinks zu offiziellen Seiten der Europäischen Union

Externer Link: Europäische Union – Offizielle Website – Überblick über die EU, ihre Institutionen und aktuelle Themen
Externer Link: Europäische Kommission – Informationen zu politischen Strategien, Initiativen und Gesetzgebung
Externer Link: Europäisches Parlament – Informationen zu Abgeordneten, Debatten und Gesetzgebungsprozessen
Externer Link: Rat der Europäischen Union – Beschlüsse und Arbeit des Ministerrats
Externer Link: Europäischer Gerichtshof (EuGH) – Urteile und Rechtsprechung in der EU
Externer Link: Europäischer Bürgerbeauftragter (Ombudsman) – Beschwerden über Fehlverhalten von EU-Behörden

Weitere Inhalte

Weitere Inhalte

Europäische Union

Akteure in der Europäischen Union

Wer macht was in der EU? Hier wird deutlich, wie Kommission, Rat und Parlament gemeinsam handeln. Und wie europäische Politik im Zusammnspiel der EU-Institutionen funktioniert.

einfach POLITIK

Die Europäische Kommission

Die Europäische Kommission achtet darauf, dass sich alle Länder an die Regeln der EU halten. Die Europäische Kommission macht auch Vorschläge für neue Gesetze in Europa.

Europäische Union

Geschichte der Europäischen Union

Wie Europas Integration Schritt für Schritt entstand – durch Gründungsjahre, Erweiterungen und Reformen – und warum die Union nie „fertig“ ist.

Europäische Union

Europäischer Rat

Der Europäische Rat gibt die Richtung vor: Staats‑ und Regierungschefs setzen Leitlinien, entscheiden über Außenpolitik, Erweiterung und Haushalt. Einstimmigkeit vorausgesetzt.

Europäische Union

Union für die Bürgerinnen und Bürger

Europa lebt nicht nur von den Institutionen, sondern von seinen Menschen. Wie die EU Nähe schafft, Rechte stärkt und Identität fördert, zeigt ein Blick auf das Europa der Bürgerinnen und Bürger.

Apl. Prof. Dr. Olaf Leiße ist Leiter des Arbeitsbereichs Europäische Studien am Institut für Politikwissenschaft der Friedrich-Schiller-Universität Jena. Er ist außerplanmäßiger Professor für Europäische Studien und Autor zahlreicher Bücher über die Europäische Union.