Die Beziehungen zu den sogenannten Westbalkanstaaten zu festigen und Beitrittsperspektiven für die Länder der Region zu eröffnen gehört zu den außenpolitischen Prioritäten der Europäischen Union. Interner Link: Albanien, Interner Link: Montenegro, Interner Link: Nordmazedonien und Interner Link: Serbien zählen zu den sogenannten Kandidatenländern der EU, Interner Link: Bosnien-Herzegowina und Interner Link: Kosovo zu den "potenziellen Kandidatenländern". Der Weg zu einer EU-Mitgliedschaft ist für die sechs Länder Externer Link: unterschiedlich weit fortgeschritten. Auch über den Zeithorizont gibt es immer wieder Streit – und manche EU-Mitgliedsländer stehen künftigen Erweiterungsrunden unter den aktuellen Bedingungen grundsätzlich skeptisch gegenüber.
Kurz erklärtWas ist der Westbalkan?
Der "Westbalkan" umfasst laut EU-Definition diejenigen Länder der südosteuropäischen Halbinsel, die noch keine EU-Mitglieder sind. Zu den sogenannten Westbalkanstaaten gehören heute demnach Albanien sowie die jugoslawischen Nachfolgestaaten Bosnien-Herzegowina, Kosovo, Montenegro, Nordmazedonien und Serbien. Kroatien und Slowenien werden seit ihren EU-Beitritten nicht mehr zu der Ländergruppe gezählt. "Westlicher Balkan" ist also kein rein geographischer, sondern ein politischer Begriff.
Schon heute sind die Staaten der Interner Link: Europäischen Union und des westlichen Balkans wirtschaftlich sehr eng verflochten: Rund zwei Drittel der Importe in die sechs Länder kam 2016 aus einem der damals 28 EU-Staaten – und umgekehrt gingen gut vier Fünftel der Exporte der Westbalkanstaaten in die EU. Unternehmen aus der EU waren außerdem mit Abstand die größten Investoren in der Region.
Kroatiens Ratspräsidentschaft und Gipfelkonferenz am 6. Mai
Interner Link: Kroatien, seit 2013 EU-Mitglied, hat im Januar für das erste Halbjahr 2020 die Interner Link: EU-Ratspräsidentschaft übernommen. Als ehemalige Teilrepublik Interner Link: Jugoslawiens hat sich das Land vorgenommen, die EU-Integration der Nachbarstaaten in der Region voranzutreiben und darauf einen Schwerpunkt seines Ratsvorsitzes zu legen.
Bereits am 16. Februar 2020 kamen die Staats- und Regierungschefs der sechs Westbalkan-Länder unter anderem mit Kommissionspräsidentin Interner Link: Ursula von der Leyen und EU-Ratspräsident Interner Link: Charles Michel zu einem Treffen in Brüssel zusammen, um den EU-Westbalkan-Gipfel vorzubereiten. Aufgrund der Interner Link: Corona-Pandemie konnte dieser nicht als persönliches Treffen in der kroatischen Hauptstadt Zagreb stattfinden, wurde nun aber am 6. Mai 2020 als Videokonferenz durchgeführt. Der Gipfel galt für Kroatien als einer der Höhepunkte seiner EU-Ratspräsidentschaft.
Während des Gipfels wurde eine enge Zusammenarbeit der EU und der Westbalkan-Staaten bei der Bekämpfung der Corona-Pandemie vereinbart. Die Europäische Kommission hat – wie im Vorfeld angekündigt – zugesichert, die Staaten des Westbalkans mit über 3,3 Milliarden Euro zu unterstützen, um den Bedarf im Gesundheitssektor zu decken und die sozioökonomischen Auswirkungen der Krise zu bewältigen. Weitere Schwerpunkte des Gipfels waren die regionale Zusammenarbeit der Staaten in der Region und sicherheitspolitische Fragen. Zudem haben die EU-Mitgliedsstaaten die europäische Perspektive für den Westbalkan erneut bekräftigt, jedoch keine Zeithorizonte für die Beitritte genannt.
Wie wird man EU-Beitrittskandidat?
Laut Interner Link: Vertrag von Lissabon kann grundsätzlich jedes europäische Land, das die demokratischen Werte der EU achtet und sich für sie einsetzt, Mitglied der Staatengemeinschaft werden.
Der Europäische Rat hat sich 1993 in Kopenhagen auf drei zu erfüllende Voraussetzungen für eine Aufnahme in die EU geeinigt. Deshalb werden diese auch als "Interner Link: Kopenhagener Kriterien" bezeichnet:
Politisches Kriterium: Die staatlichen Institutionen des Landes müssen stabil sein und eine demokratische und rechtsstaatliche Ordnung garantieren. Menschenrechte müssen gewahrt und Minderheiten geschützt werden.
Wirtschaftliches Kriterium: Der Bewerberstaat muss über eine funktionsfähige Marktwirtschaft verfügen. Diese muss in der Lage sein, dem Wettbewerb innerhalb der EU standzuhalten.
Acquis-Kriterium: Ein Land muss über die Fähigkeit verfügen, die zum EU-Recht gehörenden gemeinsamen Regeln wirksam umzusetzen. Das bedeutet, sämtliche EU-Rechtsvorschriften müssen übernommen werden, insofern es national nichts bereits wirkungsvollere Maßnahmen gibt.
Hinzu kommt als weiteres Kriterium, dass die EU – zum Beispiel in finanzieller Hinsicht – überhaupt fähig ist, weitere Staaten aufzunehmen und erfolgreich integrieren zu können.
Mit Staaten, die eine Mitgliedschaft anstreben, schließt die EU individuelle Stabilisierungs- und Assoziierungsabkommen ab, in denen die Bedingungen für einen Beitritt festgelegt werden. Für die Aufnahme von Beitrittsverhandlungen muss ein Land grundlegende politische, wirtschaftliche und Reformkriterien erfüllen. Die Staaten des westlichen Balkans hat die EU zusätzlich zu gutnachbarschaftlichen Beziehungen und regionaler Kooperation verpflichtet.
Wie sieht der weitere Fahrplan zum EU-Beitritt aus?
Sobald einem Staat der Status eines Beitrittskandidaten verliehen wurde, werden die förmlichen Beitrittsverhandlungen mit der EU aufgenommen. Inhalt der Verhandlungen sind die Externer Link: 35 Kapitel des gemeinschaftlichen Besitzstandes ("Interner Link: acquis communautaire"), die verschiedene Politikbereiche abdecken. Die Kommission in Brüssel legt jährlich so genannte Fortschrittsberichte vor. Darin beurteilt sie die politischen und wirtschaftlichen Reformen der Beitrittskandidaten.
Wenn die Verhandlungen und erforderlichen Reformen abgeschlossen sind, wird ein Beitrittsvertrag fertiggestellt. Das Interner Link: Europäische Parlament, die Interner Link: Europäische Kommission und der Interner Link: Europäische Rat müssen dem Beitrittsabkommen zustimmen. Daraufhin wird der Vertrag vom Kandidatenland und den EU-Mitgliedsstaaten unterzeichnet. Schließlich muss der Beitrittsvertrag noch durch die Beitrittskandidaten und alle EU-Mitgliedsstaaten ratifiziert werden, zum Beispiel durch die nationalen Parlamente oder Referenden.