Meine Merkliste Geteilte Merkliste PDF oder EPUB erstellen

Analyse: Das neue ukrainische Wahlgesetz zu den Parlamentswahlen | Ukraine-Analysen | bpb.de

Ukraine Innenpolitik / Eliten (26.05.2023) Analyse: Zwischen Kriegsrecht und Reformen. Die innenpolitische Entwicklung der Ukraine Analyse: Die politischen Eliten der Ukraine im Wandel Statistik: Wandel der politischen Elite in der Ukraine im Vergleich Chronik: 22. März bis 4. April 2023 Sozialpolitik (27.04.2023) Analyse: Das Sozialsystem in der Ukraine: Was ist nötig, damit es unter der schweren Last des Krieges besteht? Analyse: Die hohen Kosten des Krieges: Wie Russlands Krieg gegen die Ukraine die Armut verschärft Chronik: 22. Februar bis 7. März 2023 Besatzungsregime / Wiedereingliederung des Donbas (27.03.2023) Analyse: Etablierungsformen russischer Herrschaft in den besetzten Gebieten der Ukraine: Wege und Gesichter der Okkupation Karte: Besetzte Gebiete Dokumentation: Human Rights Watch: Torture, Disappearances in Occupied South. Apparent War Crimes by Russian Forces in Kherson, Zaporizhzhia Regions (Ausschnitt) Dokumentation: War and Annexation. The "People’s Republics" of eastern Ukraine in 2022. Annual Report (Ausschnitt) Dokumentation: Terror, disappearances and mass deportation Dokumentation: Haftbefehl des Internationalen Strafgerichtshofs (ICC) gegen Wladimir Putin wegen der Verschleppung von Kindern aus besetzten ukrainischen Gebieten nach Russland Analyse: Die Wiedereingliederung des Donbas nach dem Krieg: eine gesamtgesellschaftliche Herausforderung Chronik 11. bis 21. Februar 2023 Internationaler Frauentag, Feminismus und Krieg (13.03.2023) Analyse: 8. März, Feminismus und Krieg in der Ukraine: Neue Herausforderungen, neue Möglichkeiten Umfragen: Umfragen zum Internationalen Frauentag Interview: "Der Wiederaufbau braucht einen geschlechtersensiblen Ansatz" Statistik: Kennzahlen und Indizes geschlechterspezifischer Ungleichheit Korruptionsbekämpfung (08.03.2023) Analyse: Der innere Kampf: Korruption und Korruptionsbekämpfung als Hürde und Gradmesser für den EU-Beitritt der Ukraine Dokumentation: Statistiken und Umfragen zu Korruption Analyse: Reformen, Korruption und gesellschaftliches Engagement Chronik: 1. bis 10. Februar 2023 Kriegsentwicklung / Jahrestag der Invasion (23.02.2023) Analyse: Unerwartete Kriegsverläufe Analyse: Die Invasion der Ukraine nach einem Jahr – Ein militärischer Rück- und Ausblick Kommentar: Die Unterstützung der NATO-Alliierten für die Ukraine: Ursachen und Folgen Kommentar: Der Krieg hat die Profile der EU und der USA in der Ukraine gefestigt Kommentar: Wie der Krieg die ukrainische Gesellschaft stabilisiert hat Kommentar: Die existenzielle Frage "Sein oder Nichtsein?" hat die Ukraine klar beantwortet Kommentar: Wie und warum die Ukraine neu aufgebaut werden sollte Kommentar: Der Krieg und die Kirchen Karte: Kriegsgeschehen in der Ukraine (Stand: 18. Februar 2023) Statistik: Verluste an Militärmaterial der russischen und ukrainischen Armee Chronik: 17. bis 31. Januar 2023 Meinungsumfragen im Krieg (15.02.2023) Kommentar: Stimmen die Ergebnisse von Umfragen, die während des Krieges durchgeführt werden? Kommentar: Vier Fragen zu Umfragen während eines umfassenden Krieges am Beispiel von Russlands Krieg gegen die Ukraine Kommentar: Meinungsumfragen in der Ukraine zu Kriegszeiten: Zeigen sie uns das ganze Bild? Kommentar: Meinungsforschung während des Krieges: anstrengend, schwierig, gefährlich, aber interessant Kommentar: Quantitative Meinungsforschung in der Ukraine zu Kriegszeiten: Erfahrungen von Info Sapiens 2022 Kommentar: Meinungsumfragen in der Ukraine unter Kriegsbedingungen Kommentar: Politisches Vertrauen als Faktor des Zusammenhalts im Krieg Kommentar: Welche Argumente überzeugen Deutsche und Dänen, die Ukraine weiterhin zu unterstützen? Dokumentation: Umfragen zum Krieg (Auswahl) Chronik: Chronik 9. bis 16. Januar 2023 Ländliche Gemeinden / Landnutzungsänderung (19.01.2023) Analyse: Ländliche Gemeinden und europäische Integration der Ukraine: Entwicklungspolitische Aspekte Analyse: Monitoring der Landnutzungsänderung in der Ukraine am Beispiel der Region Schytomyr Chronik: 26. September bis 8. Januar 2023 Wirtschaft unter Kriegsbedingungen / Friedensverhandlungen (14.12.2022) Analyse: Acht Monate Kriegswirtschaft: Die Fiskalpolitik ist entscheidend Kommentar: Verhandlungslösung? Kommentar: Keine Verhandlungen um jeden Preis Kommentar: Warum der Krieg nicht zu einem weiteren eingefrorenen Konflikt werden darf Dokumentation: Das Telefongespräch von Bundeskanzler Olaf Scholz und dem Präsidenten der Russischen Föderation Wladimir Putin am 2. Dezember 2022 Chronik: 13. bis 25. September 2022 Frauen im Krieg / "Filtration" (29.11.2022) Analyse: Wie ukrainische Frauen die schwere Last des Krieges schultern Analyse: "Filtration": System, Ablauf und Ziele Dokumentation: Bericht von Human Rights Watch zu den "Filtrationslagern" Chronik: 29. August bis 12. September 2022 Humanitäre Krise / Serhij Zhadan (03.11.2022) Analyse: Der nahende Winter und gezielte russische Angriffe auf die kritische Infrastruktur verschärfen die humanitäre Krise in der Ukraine Dokumentation: Dankesrede von Serhij Zhadan zur Verleihung des Friedenspreises 2022 dekoder: Serhij Zhadan Chronik: 15. bis 28. August 2022 Hilfe für die Ukraine während des Krieges / Perspektiven und Probleme des Wiederaufbaus (17.10.2022) Analyse: Internationale Hilfen für die Ukraine: Der "Ukraine Support Tracker" zeigt Kluft zwischen Zusagen und Umsetzung auf Dokumentation: Militärische Unterstützungsleistungen für die Ukraine aus Deutschland Analyse: Ein "grüner" Marshall-Plan für die Ukraine? Dokumentation: German Marshall Fund: Designing Ukraine’s Recovery in the Spirit of the Marshall Plan: Principles, Architecture, Financing, Accountability: Recommendations for Donor Countries Dokumentation: Civil Society Manifesto 2022 (Lugano Declaration) Kommentar: Wie ein grüner Wiederaufbau aussehen kann Kommentar: Wiederaufbau und Neubau. Perspektiven für die Ukraine im und nach dem Krieg Kommentar: Korruption in der Ukraine: Wie wichtig ist das Problem? Dokumentation: The Cost of Reconstruction: Calculations of the National Recovery Council Chronik: 9. Juli bis 14. August 2022 Kriegsverbrechen / Kriegsgeschehen (21.07.2022) Editorial: Dokumentation und Aufarbeitung von Kriegsverbrechen Analyse: Russlands Aggression in der Ukraine Analyse: Welche Rolle ein "Sondertribunal zum Verbrechen der Aggression gegen die Ukraine" für die Opfer des Krieges spielen könnte Dokumentation: Ukraine mobilizes international law: ways to punish Russia for aggression and more Dokumentation: OSZE ODIHR: Report on Violations of International Humanitarian and Human Rights Law, War Crimes and Crimes Against Humanity Committed in Ukraine (1 April – 25 June 2022) Dokumentation: Eastern Ukrainian Center for Civic Initiatives: Most of the civilians killed in Bucha were males of conscription age. A digest of international humanitarian law violations Dokumentation: Amnesty International: Ukraine: Angriff auf Theater in Mariupol ist Kriegsverbrechen russischer Truppen Dokumentation: Human Rights Watch: Ukraine: Executions, Torture During Russian Occupation (Ausschnitt) Chronik: 16. Juni bis 8. Juli 2022 Krieg und Wohnungsmarkt / EU-Kandidatenstatus (13.07.2022) Analyse: Wohnraum und Krieg in der Ukraine Kommentar: Warum der EU-Kandidatenstatus für die Ukraine sicherheitspolitisch geboten und längst überfällig ist Kommentar: Was der EU-Kandidatenstatus für die Ukraine bedeutet Kommentar: Der Status eines EU-Kandidatenlandes für die Ukraine: symbolische Bedeutung und praktische Implikationen Kommentar: "Heute wird über die Zukunft Europas entschieden" Kommentar: Auf dem Weg zur EU-Mitgliedschaft: Alte und neue ukrainische Wege zur europäischen Integration Dokumentation: Schlussfolgerungen des Europäischen Rates zur Ukraine und zu den Beitrittsgesuchen der Ukraine, der Republik Moldau und Georgiens, 23. Juni 2022 Chronik: 1. bis 15. Juni 2022 Krieg, Geschichte und Erinnerungskultur (22.06.2022) Analyse: Geschichte als "Waffe"? Russlands Instrumentalisierung der Erinnerungskultur im Zuge des Angriffskrieges gegen die Ukraine Analyse: Das Asow-Regiment und die russische Invasion Analyse: Stepan Bandera: Geschichte, Erinnerung und Propaganda Kommentar: Erinnerungskultur in der "Zeitenwende". Die deutsche Weltkriegserinnerung und der Ukrainekrieg Kommentar: "Russland – das verstehe ich, Ukraine – das verstehe ich nicht" Chronik: 25. April bis 31. Mai 2022 Flucht vor dem Krieg / Zukunft der Ukraine-Forschung / Auswirkungen des Krieges auf die Bildung / Kriegsgeschehen in der Ukraine (30.05.2022) Analyse: Flucht in und aus der Ukraine Kommentar: Die Osteuropäische Geschichte und die Ukraine nach Russlands Angriff Kommentar: Ukraine-Studien in Deutschland. Beobachtungen eines Historikers Kommentar: Wir brauchen eine De-Kolonisierung und Aufwertung der Osteuropaforschung Kommentar: Fehler im Betriebssystem Kommentar: Wir brauchen dringend und schnell eine interdisziplinäre Ukrainistik an deutschsprachigen Universitäten Dokumentation: Bildung und Krieg Chronik: 10. bis 24. April 2022 Deutschland und der Krieg (04.05.2022) Kommentar: Abschied vom Wolkenkuckucksheim. Deutschlands langsamer Wiedereintritt in die Weltpolitik Kommentar: Es war nicht alles falsch! Oder doch? Kommentar: Deutschlands Selbstbild – ein Kollateralschaden des Krieges? Kommentar: Der russisch-ukrainische Krieg und die Zukunft Europas Kommentar: Russlands Krieg gegen die Ukraine und die deutsche Erinnerungskultur Kommentar: Frieden und Sicherheit für die Ukraine und Europa entstehen nicht am Reißbrett des Westens Kommentar: Kommunikationsstrategien im Krieg: Andrij Melnyk und Vitali Klitschko Kommentar: Deutschland in den russischen staatsnahen Medien Cyber-Operationen / Digitalisierung (02.05.2022) Analyse: Cyber-Operationen im Kontext des Russland-Ukraine-Krieges 2022 Dokumentation: Cybervorfälle im Verlauf von Russlands Krieg gegen die Ukraine (Februar bis April 2022) Analyse: Zur persönlichen Einstellung von Beschäftigten des öffentlichen Sektors gegenüber aktuellen eGovernment-Initiativen in der Ukraine Dokumentation: Top-10-Vorschläge aus der ukrainischen Zivilgesellschaft für das Ministerium für digitale Transformation für 2021–22 Chronik: 11. März bis 9. April 2022 Selenskyjs vs. Putins Rhetorik / Gesellschaftlicher Widerstand / Deutschlands Blick auf die Ukraine / Selenskyjs Erfolge / Ukrainische Verhandlungsposition / Russische Kriegsverbrechen (11.04.2022) Analyse: Zweierlei Spiegelungen. Putins und Selenskyjs rhetorische Strategien Analyse: Was mobilisiert den ukrainischen Widerstand? Analyse: Deutschland, die Ukraine, Russland und das Erbe des deutschen Kolonialismus in Osteuropa Analyse: Herausragende Leistung: Selenskyj als Präsident der geeinten Ukraine dekoder: Neutrale Ukraine – ein Ausweg aus dem Krieg? Dokumentation: Human Rights Watch: Ukraine: Apparent War Crimes in Russia-Controlled Areas Dokumentation: Internationale Hilfen im Zusammenhang mit dem Krieg in der Ukraine Chronik: 2. bis 10. März 2022 Russlands Angriffskrieg / Friedensverhandlungen / Selenskyjs Rede im Bundestag (28.03.2022) Analyse: Russlands Überfall auf die Ukraine: Warum gerade jetzt? Kommentar: "Keine Kompromisse mit dem neofaschistischen Russland" dekoder: Wie kann man diesen Krieg beenden? dekoder: Warum Putin die Ukraine grundsätzlich missversteht Dokumentation: Ansprache des Präsidenten der Ukraine, Wolodymyr Selenskyj, im Deutschen Bundestag Dokumentation: Statement der EU-Regierungschefs zu Russlands Krieg gegen die Ukraine Dokumentation: Mehr als nur Waffenruhe: Die Ukraine braucht dringend einen Schutz für Aktivist*innen und eine De-Okkupation (Erklärung der Kyjiwer Gespräche) Chronik: 24. Februar bis 1. März 2022 Russlands Angriff auf die Ukraine / Kosaken (14.03.2022) Von der Redaktion der Forschungsstelle Osteuropa Bremen: Spendenaufruf Kommentar: Putins Angriff auf die Ukraine und die erzwungene Rückkehr zur Logik des kalten Krieges Kommentar: Russland will die Ukraine kontrollieren – und wird langfristig das Gegenteil erreichen Kommentar: Die Ukraine kämpft für Europa Dokumentation: Offene Briefe gegen Russlands Krieg in der Ukraine Dokumentation : Internationale Hilfen für die Ukraine Dokumentation : Diplomatische Gespräche im Vorfeld des Krieges Analyse: Kosakenorganisationen in der heutigen Ukraine Chronik: 18. – 23. Februar 2022 Russlands aggressive Ukraine-Politik / Deutschland im Russland-Ukraine Konflikt / Konfliktlösung in der Sackgasse? (22.02.2022) Von der Redaktion: Die Russland-Ukraine-Krise im Kontext Kommentar: Drei Lehren und drei Hinweise zur Außenpolitik Putins gegenüber der Ukraine und dem Westen Kommentar: Kriegsoptimismus im Russland-Ukraine-Konflikt: Grund zum Pessimismus? Kommentar: Die Russland-Ukraine Krise: Wo steht Deutschland? Kommentar: Die Russland-Ukraine-Krise 2022 Ein Moment der Wahrheit für Deutschland Kommentar: Wir schulden der Ukraine Unterstützung – und eine klare Linie Kommentar: Russlands Passportisierung des Donbas: Von einer eingeschränkten zu einer vollwertigen Staatsbürgerschaft? Kommentar: Die OSZE-Sonderbeobachtermission in der Ukraine: Wunsch und Wirklichkeit Kommentar: Das Normandie-Format und die Minsker Abkommen: Können sie zu einer Deeskalation im Konflikt mit Russland beitragen? Umfragen: Meinungsumfragen zu den Spannungen zwischen Russland und der Ukraine Dokumentation: Rede des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj auf der 58. Münchener Sicherheitskonferenz, 19.02.2022, München Chronik: 8. bis 17. Februar 2022 Bewaffneter Konflikt in der Ostukraine / Lage in den nicht von der Ukraine kontrollierten Gebieten (14.02.2022) Analyse: Leben im Schatten: Überlebensstrategien der Menschen in der "Volksrepublik Donezk" Analyse: Die Silowiki in den "Volksrepubliken" Donezk und Luhansk: Entstehung der bewaffneten Einheiten Analyse: Der illegale Handel mit Kohle aus den Donezker und Luhansker "Volksrepubliken" Analyse: Auswirkungen der Coronavirus-Pandemie und ihre sozio-ökonomischen Folgen in den nicht von der ukrainischen Regierung kontrollierten Gebieten der Regionen Donezk und Luhansk Analyse: Die Umsetzung der Minsker Vereinbarungen: Was ist möglich? Chronik: 24. Januar bis 7. Februar 2022 Einstellungen zur Sowjetunion (03.02.2022) Analyse: Einstellungen junger Ukrainerinnen und Ukrainer zur sowjetischen Vergangenheit Chronik: 1. bis 23. Januar 2022 Agrarstrukturentwicklung in der Ukraine (10.01.2022) Einleitung: Von der Redaktion Akquisitionsverhalten ukrainischer Agrarholdings Wandel im ukrainischen Geflügelsektor Chronik: 22. November bis 31. Dezember 2021 Weitere Angebote der bpb Redaktion

Analyse: Das neue ukrainische Wahlgesetz zu den Parlamentswahlen

Wilfried Jilge Berlin Von Wilfried Jilge

/ 14 Minuten zu lesen

Am 17. November 2011 hat das ukrainische Parlament das neue Wahlgesetz verabschiedet, womit ein gemischtes Wahlsystem etabliert wurde. Sie stellt die rechtliche Grundlage der kommenden Parlamentswahlen dar.

Das ukrainische Parlament verabschiedet am 17.11.2011 ein neues Wahlgesetz. (© AP)

Einleitung

Freie, gleiche und geheime Wahlen sind die Grundlage jeder funktionierenden Demokratie. Nach den Wahlfälschungen während der Präsidentenwahlen 2004, gehörten die Durchführung von demokratischen und fairen Wahlen in der Wiederholungswahl im Dezember 2004, in den Parlamentswahlen von 2006 und 2007 sowie in der Präsidentenwahl von 2010 zusammen mit der erreichten Meinungs- und Medienfreiheit zu den bedeutendsten Errungenschaften der Orangen Revolution und standen für wichtige Fortschritte im Demokratisierungsprozess. Sie waren für die Europäische Union ein entscheidender Grund, mit der Ukraine Verhandlungen zu einem weitreichenden Assoziierungsabkommen einschließlich eines vertieften und umfassenden Freihandelsabkommens zu eröffnen. Die Institution fairer Wahlen hatte für die Demokratisierung der politisch weiterhin polarisierten Ukraine eine herausragende Bedeutung. Mit Beginn der Amtszeit von Wiktor Janukowytsch hat jedoch ein massiver Demokratieabbau eingesetzt, auch in Bezug auf die Organisation von Wahlen. Der Durchführung freier und fairer Parlamentswahlen im Oktober 2012 kommt daher entscheidende Bedeutung für die Beantwortung der Frage zu, ob die Ukraine wieder auf den Pfad der Demokratie zurückfindet und die Annäherung an die EU fortsetzen kann. Aus diesem Grund werden hier exemplarisch einige Hauptkritikpunkte des am 17. November 2011 vom ukrainischen Parlament angenommenen“Gesetzes der Ukraine über die Wahlen der Volksdeputierten der Ukraine“ untersucht, das die rechtliche Grundlage der kommenden Parlamentswahlen bildet.

Mangel an Partizipation und Transparenz

Mit der Ausarbeitung des Parlamentsgesetzes von 2005 setzten in der Ukraine Bemühungen ein, die Erfahrungen der Wahlmanipulationen Ende 2004 und vorhergehende Erfahrungen systematisch in die Wahlgesetzgebung einfließen zu lassen und diese so evolutionär zu verbessern. Noch im Jahre 2009 wurde nicht zuletzt auf wiederholte Empfehlung der OSZE/ODIHR mit der Arbeit an einem umfassenden und einheitlichen Wahlgesetzbuch begonnen, das die Wahlen zu den Räten auf lokaler und regionaler Ebene sowie die Wahlen zum nationalen Parlament und zum Präsidenten regelt. Die bisherige permanente Neufassung von Einzelwahlgesetzen im Vorfeld von Wahlen ist besonders abhängig von sich ändernden Machtkonstellationen und den Versuchen der Vorteilsnahme der jeweils regierenden politischen Kraft und befördert das Misstrauen zwischen den politischen Akteuren. Eine einheitliche Kodifikation der Einzelwahlgesetze dient der Harmonisierung der Wahlgesetzgebung, kann die kontinuierliche Entwicklung des Wahlrechts erleichtern und damit die Legitimität von Wahlen stärken. Am 23. März 2010 – also bereits nach dem Amtsantritt Janukowytschs – brachten die Abgeordneten Jurij Kljutschkowskyj, Serhij Hrynewezkyj, Serhij Podhornyj und Wiktor Syntschenko das“Proekt wybortschoho kodeksu Ukrajiny“ (Nr. 4243-1, kurz: Kljutschkowskyj-Projekt) im ukrainischen Parlament ein. Dieses von europäischer Seite unterstützte Vorhaben, an dessen Vorbereitung Abgeordnete von Opposition und Regierung, NGOs und Vertreter der exekutiven Organe beteiligt waren, wurde von der“Europäischen Kommission für Demokratie durch Recht (kurz: Venedig-Kommission) als wichtiger Schritt nach vorn im Prozess der Wahlrechtsreform gewürdigt und berücksichtigte zahlreiche Empfehlungen unterschiedlicher internationaler Organisationen. Die Arbeit an diesem Projekt wurde jedoch nicht weitergeführt; vielmehr berief Präsident Wiktor Janukowytsch am 2. November 2010, d. h. unmittelbar nach den Kommunalwahlen, eine“Arbeitsgruppe zu Fragen der Vervollkommnung der Gesetzgebung über die Wahlen“ ein. Zum Leiter der Arbeitsgruppe wurde der ukrainische Justizminister Oleksandr Lawrynowytsch ernannt.

Laut Präsidentenerlass wurde die Arbeitsgruppe gegründet, um“die Wahlgesetzgebung in Einklang mit den allgemein akzeptierten internationalen demokratischen Standards [zu bringen] und ihre Kodifikation zu [beschleunigen]“. In der Arbeitsgruppe waren Vertreter von Regierung, Opposition und OSZE/ODIHR vertreten; die auf Wahlbeobachtung spezialisierten einheimischen NGOs, wie das Komitee der Wähler der Ukraine (Komitet Wyborziw Ukrajiny/KWU), OPORA, das Laboratorium für gesetzgeberische Initiativen (Laboratorija sakonodawtschych iniziatyw/LSI) und das Ukrainische unabhängige Zentrum für politische Studien (Ukrajinskyj Nesaleshnyj Zentr Politytschnych Doslid­shen) wurden jedoch erst nach dem Austritt des National Democratic Institute (NDI) und des International Republican Institute (IRI) im März 2011 als Protest gegen die intransparente Arbeitsweise der Gruppe systematisch und vollzählig zur Arbeitsgruppe hinzugeladen. Allerdings tagte die Arbeitsgruppe dann nur noch zweimal (April und Herbst 2011). Insgesamt zeichnete sich die Arbeitsgruppe durch ihren regierungsnahen Charakter aus: Justizminister Lawrynowytsch erklärte gleich zu Beginn, dass die das Wahlsystem betreffenden Schlüsselfragen wie Rückkehr zum gemischten Wahlsystem nicht verhandelbar seien, da dies der Präsident so entschieden habe. Ebenfalls nicht verhandelbar waren laut Lawrynowytsch der Ausschluss der Kandidatur von Parteiblöcken und die Erhöhung der Sperrklausel von drei auf fünf Prozent. Darüber hinaus war laut OPORA zunächst nicht klar, was das Ziel der Arbeitsgruppe sein sollte: die umfassende Kodifizierung der Wahlgesetzgebung oder die Vorlage eines Gesetzes für die Parlamentswahlen 2012. Auch hier entschied der Justizminister schon zu Beginn, dass nur an einem Einzelgesetz zu den Parlamentswahlen gearbeitet werden könne. Das Kljutschkowskyj-Projekt spielte damit keine Rolle mehr.

Das Arbeitsgruppen-Projekt wurde in einem gemeinsamen Gutachten von Venedig-Kommission und OSZE/ODIHR kritisert: Hauptkritikpunkt war die fundamentale Veränderung des Wahlsystems ohne breite öffentliche Debatte. Das Projekt wurde im Parlament nicht als Gesetzesprojekt registriert. Stattdessen registrierte die Regierungsmehrheit unter Leitung des Fraktionsvorsitzenden der Partei der Regionen, Oleksandr Jefremow, am 10. Oktober 2011 ein weiteres Gesetzesprojekt im Parlament (kurz: Jefremow-Projekt), das sich stark an dem demokratischen Standards kaum genügenden Kommunalwahlgesetz anlehnte und von der Venedig-Kommission kritisiert wurde. Schließlich wurde am 3. November die Interimsspezialkommission zu Fragen der Vorbereitung des Projekts des“Gesetzes der Ukraine über die Wahlen der Volksdeputierten der Ukraine“ unter dem Vorsitz des Oppositionspolitikers Ruslan Knjasewytsch (Fraktion Unsere Ukraine – Nationale Selbstverteidigung/NUNS) eingerichtet, in der 13 Abgeordnete aus Regierung und Opposition bis zum 17. November eine Kompromissvariante ausarbeiten sollten. Am 17. November legte die Knjasewytsch-Kommission ein Gesetzesprojekt zur Abstimmung im Parlament vor, das mit einer unerwartet breiten Mehrheit von 366 Stimmen und damit auch der Mehrheit der Abgeordneten der Opposition angenommen wurde. Die Abstimmung war eine Angelegenheit von wenigen Minuten und verstieß nach Meinung von Abgeordneten der Opposition in einigen Punkten gegen das Reglement: Außer den Mitgliedern der Arbeitsgruppe konnte sich kaum einer der Abgeordneten mit dem Text eines für die Zukunft des Landes bedeutenden Gesetzes vertraut machen.

Die das Gesetz stützenden Vertreter der Opposition erklärten, dass man das Jefremow-Projekt verhindert habe, sich für ein transparentes Wahlsystem und ein Gesetz entschieden habe, das Wahlfälschungen fast unmöglich mache. Die Vertreter der Minderheit, die gegen das Gesetz gestimmt hatten, und regierungskritische Medien warfen der Mehrheit der Opposition vor, die Regeln der Regierung leichtfertig angenommen zu haben, die besonders nachteiligen Grundlagen des Gesetzes (Wahlsystem) legitimiert und Kritik europäischer Institutionen an möglichen Wahlverstößen und der Benachteiligung der Opposition erschwert zu haben. Darüber hinaus hätten die beiden Oppositionsfraktionen durch die Zustimmung zur höheren Sperrklausel und zum Wegfall der Blockbildung die Vertreter kleiner Oppositionsparteien massiv benachteiligt und einer Spaltung der Opposition in größere und kleinere Parteien Vorschub geleistet und damit letztlich den Zusammenschluss eines schlagkräftigen, breiten Oppositionsblocks fast unmöglich gemacht. In jedem Fall muss sich ein Großteil der Opposition den Vorwurf gefallen lassen, abermals Teil eines intransparenten Entscheidungsprozesses geworden zu sein und damit das Vertrauen in das Parlament nicht gestärkt zu haben. Ihrer Kontrollfunktion gegenüber der Regierung ist sie nur ungenügend gerecht geworden. Präsident und Regierung haben ihr Versprechen eines fairen und breiten Dialogs nicht eingelöst.

Ein Schritt zurück in die“vororange“ Vergangenheit? Das gemischte Wahlsystem

Hauptkritikpunkt des neuen Wahlgesetzes ist die Rückkehr zum gemischten Wahlsystem, wie es bei den Parlamentswahlen 1998 und 2002 angewendet wurde. Demnach wird die eine Hälfte der Abgeordneten nach dem Mehrheitswahlrecht in 225 Einerwahlkreisen (225 Direktkandidaten), die anderen 225 Sitze werden auf der Basis des Verhältniswahlrechts nach landeseinheitlichen, geschlossenen Parteilisten vergeben. Die Kandidatur unabhängiger Kandidaten auf deren eigene Initiative ist im Unterschied zu den Kommunalwahlen möglich und nicht abhängig vom Vorschlag einer Partei. Allerdings können Unabhängige nur in Einerwahlkreisen kandidieren, was nicht in vollem Einklang mit den Kopenhagener Kriterien der OSZE steht. Die Möglichkeit“gegen alle“ (»proty wsich“) zu stimmen, ist nun ausgeschlossen.

Vor dem Hintergrund der Kommunalwahlen 2010 und der Parlamentswahlen 2002 begünstigt das gemischte Wahlsystem in der ukrainischen Realität erfahrungsgemäß die Partei der Macht und erleichtert aufgrund der fehlenden Rechtsstaatlichkeit die Manipulation der Wähler durch Stimmenkauf (»Kauf des Wahlkreises“ durch finanzstarke, zur Sicherung ökonomischer Interessen oft der“Partei der Macht“ zuneigende Geschäftsleute) oder die Beeinflussung der vermeintlich unabhängigen Kandidaten durch politischen Druck, Korruption und administrative Ressourcen. Vermeintlich unabhängige Direktkandidaten können Wähler mit“Geschenken“ leichter beeinflussen als Parteien. Da im Direktwahlkreis nur ein Direktkandidat einen Sitz gewinnt, alle anderen aber leer ausgehen, kann“Wählerkauf“ in Mehrheitswahlkreisen weitaus effektiver angewendet werden als bei der Wahl von Parteilisten. Im Jahre 2002 erlitt der propräsidiale Wahlblock“Für eine einige Ukraine“ eine vernichtende Niederlage (11,79 %), konnte sich aber mittels des massiven Einsatzes von administrativen Ressourcen durch vermeintliche oder übergelaufene unabhängige Kandidaten der Mehrheitswahlkreise im Parlament letztlich wieder eine Mehrheit sichern. Der Einsatz von administrativen Ressourcen zugunsten der Partei der Macht war auch ein zentrales Charakteristikum der Kommunalwahlen 2010, die der Partei der Regionen mit Blick auf die Parlamentswahlen 2012 auch als Erprobung des gemischten Wahlsystems dienten.

Korruption und Stimmenkauf im gemischten Wahlsystem werden noch durch die völlig unzureichende gesetzliche Regelung und die Intransparenz der Wahlkampf- und Parteienfinanzierung verstärkt. In der Ukraine gibt es keine staatliche Parteienfinanzierung und aufgrund der schwachen Verwurzelung der Parteien in der Gesellschaft sowie der Einkommensschwäche weiter Bevölkerungsteile finanzieren sich Parteien nicht durch Beiträge und Spenden ihrer“normalen“ Mitglieder, sondern durch finanzstarke Geschäftsleute (die sich vor allem um die“Partei der Macht“ gruppieren). Dabei verstärkt sich die Abhängigkeit der Parteien von finanzstarken Oligarchen und Industriellen dadurch, dass in der Wahlgesetzgebung keinerlei Mechanismen oder finanzielle Obergrenzen vorgesehen sind, die die ständig wachsenden Wahlausgaben begrenzen könnten. Außerdem sind die Wahlgesetzgebung einerseits und das“Gesetz über politische Parteien“ andererseits in dieser Frage nicht aufeinander abgestimmt.

Anlässlich der Kommunalwahlen rechtfertigten Politiker der Regierungskoalition die Rückkehr zum Mehrheitswahlrecht mit den Präferenzen der ukrainischen Bevölkerung für dieses System. Wie in Umfragen früherer Jahre befürworten laut einer vom LSI im August 2011 in Auftrag gegebenen Umfrage die relativ meisten Befragten das Mehrheitswahlrecht (37,4 %), allerdings nicht in der gemischten, sondern in der reinen Form (450 Direktmandate). Für das vom Präsidenten bevorzugte gemischte System stimmten nur 24 %. Am schlechtesten von allen Systemen schnitt das reine Verhältniswahlrecht mit geschlossenen Listen ab. Offensichtlich ziehen es die Ukrainer mehrheitlich vor, für“konkrete“, aus der Region kommende Persönlichkeiten zu stimmen und nicht für solche Kandidaten, die im Falle des Verhältniswahlrechts mit geschlossenen Listen von einer zentralen Parteiführung ohne Rücksicht auf den lokalen Bezug bestimmt werden. Dagegen erhielt das Verhältniswahlrecht mit offenen Listen mit 31 % einen bemerkenswert hohen Zustimmungswert (vgl. Grafik 1). In diesem Wahlsystem können die Wähler konkrete Abgeordnete auf der Liste ankreuzen und damit ihre Präferenzen ausdrücken. Experten der NGOs halten dieses Wahlsystem für die im ukrainischen Fall am besten geeignete Variante, da es wegen der Einflussnahme des Wählers auf die Liste weniger anfällig für Korruption und Wahlmanipulationen ist.

Die von den internationalen Organisationen kritisierte Erhöhung der Sperrklausel für Parteien von drei auf fünf Prozent sowie der Ausschluss von Wahlblöcken von der Wahl geht vor allem zu Lasten der Opposition, aber auch der kleinen Regierungsparteien und vor allem zugunsten der Partei der Regionen. In Verbindung mit dem Fehlen einer gesetzlichen Regelung zur Vereinigung politischer Parteien ist dies zweifelsohne eine diskriminierende Regelung. Insgesamt ist mit dem vom Präsidenten und der Partei der Regionen initiierten erneuten Wechsel des Wahlsystems eine evolutionäre Vervollkommnung der Wahlgesetzgebung, die auf den seit 2005 gemachten Fortschritten aufbaut, unmöglich gemacht worden und der im Kljutschkowskyj-Projekt bereits vorgesehene, im Jahr 2010 technisch und zeitlich machbare Übergang zu dem für Wahlmanipulationen weniger anfälligen Verhältniswahlrecht mit offenen Listen verpasst worden.

Wichtige Einzelbestimmungen zur Organisation der Wahlen

Entscheidend für den ordnungsgemäßen Ablauf von Wahlen sind die Bestimmungen zu der Zusammensetzung und den Kompetenzen der Wahlkommissionen. Das neue Wahlgesetz kehrt im Falle der Kommissionen weitgehend zu den Regeln des Parlamentswahlgesetzes von 2005 zurück. Insgesamt erhalten die Kommissionen auf allen Ebenen (Zentrale Wahlkommission: Zentralna Wybortscha Komisija/ZWK; Wahlkreiskommission: Okrushna Wybortscha Komisija/OWK; Lokale Wahlkommission: Dilnytschna Wybortscha Komisija/DWK) ausreichende Kompetenzen, um einen regulären Ablauf der Wahl durchzuführen und das Wahlrecht der Bürgerinnen und Bürger zu gewährleisten. Das Gesetz bedeutet eine spürbare Verbesserung gegenüber dem Jefremow-Projekt, das sich am Kommunalwahlgesetz orientierte. Die Dominanz der Regierungsparteien (und vor allem der Partei der Regionen) in der Kommunalwahl von 2010 in fast allen Kommissionen (bei den Kommunalwahlen: Territoriale Wahlkommission/TWK und Lokale Wahlkommission/DWK) wurde damals bereits durch das Kommunalwahlgesetz impliziert und durch einen umstrittenen Beschluss der ZWK zementiert. Laut Parlamentswahlgesetz ist in der OWK beispielsweise jeweils ein Kandidat der im ukrainischen Parlament repräsentierten Parteien vertreten. Die weiteren Plätze werden darüber hinaus durch Kandidaten derjenigen Parteien, die nicht im Parlament vertreten, aber Subjekte des Wahlprozesses sind, mittels des Losverfahrens besetzt. Die im Vergleich zum Kommunalwahlgesetz (und zum Jefremow-Projekt) deutlich niedrigere Anzahl der Vertreter der Parlamentsfraktionen gewährleistet in Verbindung mit dem Losverfahren eine erheblich verbesserte Voraussetzung für die Gewährleistung der politischen Balance in den Wahlkommissionen. Außerdem haben die Parteien im Unterschied zum Projekt der Arbeitsgruppe wieder die Möglichkeit, ihren Kandidaten ohne Grund zurückzuziehen und durch einen alternativen Kandidaten zu ersetzen. Die Beseitigung dieser Möglichkeit wurde von der Venedig-Kommission zwar mit Blick auf die völlige Unabhängigkeit der Kommissionsmitglieder begrüßt; ihre Wiedereinführung wurde von NGOs jedoch mit dem nachvollziehbaren Grund unterstützt, dass bei vorhergehenden Wahlen Mitglieder der Wahlkommission wegen politischen Drucks oder Korruption ihre politische Orientierung gewechselt hätten und somit das politische Gleichgewicht in den Kommissionen gefährdet worden sei. Der positive Gesamteindruck der gesetzlichen Regelung der Wahlkommissionen wird jedoch laut LSI durch eine weitere, unklar formulierte Klausel getrübt: Werden einem Mitglied einer niedrigeren Wahlkommission (DWK) durch die höhere Wahlkommission (z. B. OWK) die Vollmachten vorzeitig entzogen, kann die Bestimmung in Konfliktfällen so gelesen werden, dass dies zur Reduzierung der Mitgliedszahl der betroffenen Kommission (hier: DWK) auf die gesetzlich vorgeschriebene Mindestzahl führt. In diesem Fall besteht die Gefahr einer willkürlichen Veränderung der Zusammensetzung und Störung des politischen Gleichgewichts in der betroffenen Wahlkommission, was höchst problematisch ist. Ebenfalls unbefriedigend ist die Tatsache, dass die Bestimmungen zu den bei den Wahlkommissionen einzureichenden Klagen von Subjekten des Wahlprozesses gegen Entscheidungen, Handlungen und Untätigkeit in Bezug auf die Wahlen nur ansatzweise, aber nicht durchgreifend verbessert wurden, was hier jedoch nicht im einzelnen darstellbar ist.

Die Zentrale Wahlkommission spielt als Schiedsrichter im Wahlprozess eine Schlüsselrolle. Das Wahlgesetz weist der Kommission ausreichende Kompetenzen zu, um das Wahlrecht der Bürgerinnen und Bürger ausreichend zu schützen. Weiterhin ungelöst bleibt jedoch die Gewährleistung der paritätischen Besetzung der Wahlkommission, in der die regierungsnahen Vertreter de facto eine Mehrheit innehaben. Da die Neutralität der ZWK nicht ausreichend gesichert ist, kann es abermals zur Passivität der Kommission bei der Behandlung von Klagen kommen. Angesichts der zu erwartenden herausragenden Bedeutung der Wahlbeobachtung bei den kommenden Parlamentswahlen ist der Einbezug der meisten Verbesserungen in diesem Bereich zu begrüßen. So wird den offiziellen Wahlbeobachtern der NGOs der Status eines Subjekts des Wahlprozesses eingeräumt, allerdings die Möglichkeit der Einreichung von Klagen bei der Wahlkommission verweigert. In Zukunft sollte die Tätigkeit der Beobachter noch weiter erleichtert werden, indem dem jeweiligen Wahlbeobachter nicht nur die Beobachtung in einem bestimmten Wahlkreis (für den er registriert ist), sondern auf dem ganzen Territorium ermöglicht wird. Im Bereich der Organisation der Infrastruktur der Wahlen sowie der Durchführung der Abstimmung konnten sich die Mitglieder der Interimskommission ebenfalls auf eine Reihe von Verbesserungen einigen, die hier nicht im Einzelnen darstellbar sind. So wurden bezüglich der Organisation von demokratischen Wahlen in den Auslandswahlkreisen Fortschritte erzielt. Im Vergleich zu den Kommunalwahlen wurde die öffentliche Versorgung der Wählerinnen und Wähler mit Informationen über Kandidaten, Parteien und ihre Wahlprogramme wiedereingeführt bzw. verbessert. Kandidaten in den Einerwahlkreisen haben nicht nur das Recht, sondern sind verpflichtet, ihre Wahlprogramme bei der ZWK einzureichen, die sie dann auf ihrer Homepage veröffentlicht.

Bezüglich der Organisation der Stimmabgabe im Wahllokal sowie der Vorbereitung der Ermittlung der Wahlergebnisse finden sich jedoch neben der positiven Präzisierung einzelner Normen (z. B. beim Home Voting) einige Einfallstore für Wahlmanipulationen. Besonders problematisch ist die Bestimmung, dass die Abstimmung nur in einem Wahllokal, nicht aber in einem Wahlkreis für ungültig erklärt werden kann. Die Abstimmung in einem Wahllokal kann für ungültig erklärt werden, wenn eine Anzahl von Stimmen ungültig ist, die 10 % der Wähler übersteigt, die einen Wahlzettel erhalten haben. Diese Grenze ist deutlich zu hoch und ermöglicht Manipulationen in Einerwahlkreisen, insbesondere im Fall sehr knapper Wahlergebnisse. Zugleich kann die bewusst herbeigeführte Ungültigkeit von Abstimmungen in Wahllokalen, wo der politische Gegner stark ist, in Verbindung mit dem Einsatz von administrativen Ressourcen in Wahllokalen öffentlicher Einrichtungen zur gezielten Manipulation von Wahlergebnissen eingesetzt werden. Diese Bestimmung benachteiligt vor allem Kandidaten der Opposition. Einen wesentlichen Schwachpunkt des Wahlgesetzes bildet das Fehlen von Bestimmungen zur Schaffung, Änderung, Beseitigung und zum Funktionieren der Wahllokale. Dies soll laut Wahlgesetz in einem besonderen Gesetz geregelt werden, dessen Verabschiedung aber noch völlig unklar ist. Darüber hinaus wurde zwar mit 2.500 eine Grenze der Anzahl der Wähler pro Wahllokal eingeführt; diese ist im Vergleich zu den von den internationalen Organisationen empfohlenen 1.000–1.500 Wählern aber immer noch zu hoch, so dass es in Wahllokalen schnell zur Überforderung der Wahlkommissionen sowie unübersichtlichen und für Manipulationen anfälligen Situationen kommen kann.

Fazit: Unvollkommenes Wahlgesetz

Das am 17. November 2011 angenommene Wahlgesetz enthält einige spürbare Verbesserungen, die Wahlfälschungen erschweren. In Schlüsselbereichen des Wahlgesetzes sind die Mängel jedoch keineswegs konsequent beseitigt worden und in einigen Bereichen bleiben im Gesetz – auch wegen unklarer neuer Formulierungen – Einfallstore für Manipulationen bestehen. Darüber hinaus sind die Erfahrungen mit Wahlmanipulationen während der letzten Kommunalwahlen sowie die Empfehlungen der Venedig-Kommission und der OSZE/ODIHR in Bezug auf das Wahlsystem nicht ausreichend oder gar nicht berücksichtigt worden, so dass in diesem für das Gesetz grundlegenden Bereich eklatante Schwächen im Hinblick auf die Gewährleistung demokratischer Wahlen nicht ausgeräumt werden konnten und dieses Defizit auch durch (nicht immer vollständig!) verbesserte Einzelbestimmungen nicht aufgewogen werden. Insofern ist mit der Gesetzesvorlage der Übergangskommission die in demokratischer Optik beste Variante zwar beschlossen worden; das Gesetz bietet aber –nicht zuletzt wegen der vom Präsidenten und der führenden Regierungspartei bereits zu Anfang der Debatte vorgenommenen Tabuisierung von Schlüsselfragen – kaum Voraussetzungen für eine nachhaltige, allen demokratischen Standards entsprechende Vervollkommnung des ukrainischen Wahlgesetzgebungsprozesses. Für Hinweise dankt der Autor Denys Kowryshenko (LSI/Kiew), Oleksandr Neberekut (OPORA/Kiew) und Juri Durkot (Lwiw).

Lesetipps:

  • IFES/LSI: Comments on the law on Election of People’s Deputies of Ukraine adopted by the Ver­khovna Rada on November 17, 2011. In: Laboratorija Sakonodawtschych Iniziatyw, 30.11.2011, http://parlament.org.ua/index.php?action=news&id=12&ar_id=2458&ch_id=2&as=0

  • Jilge, Wilfried: Challenges and Perspectives Concerning Election Reform of the Local Level in Ukraine. (Straßburg) 2011 (Ed. by Directorate-General For External Policies of the Union), http://www.europarl.europa.eu/committees/en/studiesdownload.html?languageDocument=EN&file=36435

  • Kowryshenko, Denys: Zahalnyj analis nowoho sakonu“Pro Wybory narodnych deputatiw Ukrajiny“. In: Laboratorija Sakonodawtschych Iniziatyw, 24.11.2011, http://parlament.org.ua/index.php?action=publication&id=8&ar_id=2454&ch_id=43&as=0

  • Wahlgesetz der Ukraine Nr. 4061-VI vom 17.11.2011“Proekt Sakonu pro wybory narodnych deputatiw Ukrajiny“, http://w1.c1.rada.gov.ua/pls/zweb_n/webproc4_1?pf3511=41814

Webseiten wichtiger NGOs:

  • »The International Foundation for Electoral Systems“ (IFES), www.ifes.org

  • Civil Network“OPORA“, http://www.opora.org.ua/

  • Komitee der Wähler der Ukraine“Komitet Wyborziw Ukrajiny“, http://www.cvu.org.ua

  • Laboratorium für gesetzgeberische Initiativen“Laboratorija Sakonodawtschych Iniziatyv“ (LSI), http://parlament.org.ua

Fussnoten

Osteuropahistoriker/Berlin forscht zu Nationsbildung, Geschichtspolitik, regionalen Erinnerungskulturen und Identitäten in der Ukraine sowie den deutsch/europäisch-ukrainischen politischen und kulturellen Beziehungen.