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Analyse: Kommunikation als Mittel der Reintegration der Bevölkerung im Donbass | Ukraine-Analysen | bpb.de

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Analyse: Kommunikation als Mittel der Reintegration der Bevölkerung im Donbass

Yelizaveta Rekhtman Kiew Von Yelizaveta Rekhtman

/ 10 Minuten zu lesen

Die Intensität der Beziehungen zwischen der Ukraine und den Einwohnern der Gebiete der Oblaste "Donezk" und "Luhansk" lässt nach. Eine gezielte Kommunikationsstrategie des Meinungs- und Informationsaustauschs könnte, so die Autorin Yelizaveta Rekhtman, zur Reintegration der nicht unter Kontrolle der Ukraine stehenden Gebiete beitragen.

(© picture-alliance/dpa)

Dies ist eine gekürzte Fassung des Policy Papers, das erstmals am 16.03.2017 in der Reihe »IEP Policy Papers on Eastern Europe and Central Asia« auf der Webseite des Instituts für Europäische Politik (IEP) erschienen ist. Die Redaktion der Ukraine-Analysen dankt dem IEP für die Erlaubnis zum Nachdruck. Das vorliegende Policy Paper entstand im Rahmen des Projektes »Denkfabriken in der Ukraine: Fachkompetenz stärken und europäische Zusammenarbeit fördern«, welches vom Institut für Europäische Politik (IEP) in Zusammenarbeit mit der Ilko Kucheriv Democratic Initiatives Foundation (DIF) 2016 durchgeführt und vom Auswärtigen Amt gefördert wurde. Die Leitung des Projektes hatte Ljudmyla Melnyk, wissenschaftliche Mitarbeiterin am IEP. Mehr Informationen zu diesem Projekt finden Sie unter folgendem Link: Externer Link: http://iep-berlin.de/forschung/erweiterung-nachbarschaft-und-zentralasien/denkfabriken-in-der-ukraine-fachkompetenz-staerken-und-europaeische-zusammenarbeit-foerdern/

Die Redaktion der Ukraine-Analysen

Zusammenfassung:

Während in der Ukraine die Zweckmäßigkeit der Minsker Vereinbarungen weiterhin in Frage gestellt wird und die politische Zukunft der nicht unter Kontrolle der Ukraine stehenden Gebiete der Oblaste Donezk und Luhansk offen bleibt, zeigen einschlägige Untersuchungen in diesen Regionen, dass die Intensität der Beziehungen zwischen der Ukraine und den Einwohnern dieser Gebiete weiter nachlässt. Zur Reintegration der nicht unter Kontrolle der Ukraine stehenden Gebiete könnte eine Kommunikationsstrategie des Meinungs- und Informationsaustauschs beitragen. Sie müsste dabei Bestandteil der ukrainischen Staatspolitik sein oder als eine eigenständige staatliche Kommunikationspolitik in Bezug auf die genannten Regionen ausgearbeitet werden.

Wahrnehmung der aktuellen Situation und Rolle der unterschiedlichen Informationskanäle im Konflikt in der Ostukraine

Im Juni 2016 wurde im Auftrag des analytischen Zentrums Denkfabrik "Donbass" eine persönliche Befragung der Bewohner der unter Kontrolle der Ukraine stehenden Gebiete sowie der nicht von der Ukraine kontrollierten Gebiete der Oblast Donezk durchgeführt. Ziel der Umfrage war es, bei den Bewohnern der Region die Besonderheiten ihrer Wahrnehmung der aktuellen Situation, ihrer Identität und ihrer Ansichten festzustellen. Die Durchführung von Meinungsumfragen in der Konfliktzone ist zwar mit Risiken in Bezug auf die Validität der erfassten Angaben verbunden, da heikle gesellschaftspolitische Themen meist aus Angst nicht offen angesprochen werden. Zugleich geben solche Umfragen jedoch die Möglichkeit, bestimmte allgemeine Wandlungstendenzen der öffentlichen Stimmung in den nicht von der Ukraine kontrollierten Gebieten zu erkennen. Die im Sommer 2016 durchgeführte Umfrage zeigt einige Unterschiede zwischen den Bewohnern in den Gebieten, die unter Kontrolle der Ukraine stehen, und in den nicht von ihr kontrollierten Gebieten der Oblast Donezk bezüglich ihrer Wahrnehmung der aktuellen Situation in der Ukraine:

  • 44 Prozent der Bewohner der nicht unter Kontrolle der Ukraine stehenden Gebiete neigen dazu, die aktuelle Situation in der Ukraine als Bürgerkrieg zu bezeichnen, während nur 31 Prozent der Befragten in den unter Kontrolle der Ukraine stehenden Gebieten der Oblast Donezk die gleiche Ansicht vertreten. Dagegen zeigte eine im November 2015 vom Razumkov Centre durchgeführte gesamtukrainische Umfrage, dass nur 16,3 Prozent der Einwohner der Ukraine die Situation im Osten als Bürgerkrieg bezeichnen.

  • Ein großer Teil der Einwohner der unter ukrainischer Kontrolle stehenden Gebiete sehen einen negativen Einfluss von Seiten Russlands auf die Situation in der Ukraine. Diese Ansicht teilen 36 Prozent der Bevölkerung in den unter Kontrolle der Ukraine stehenden Gebieten und 16 Prozent in den nicht von ihr kontrollierten Gebieten. Dabei bezeichnet fast ein Viertel der Befragten (24 Prozent) in den von der Ukraine kontrollierten Gebieten gegenüber 14 Prozent in den nicht von ihr kontrollierten Gebieten die aktuelle Situation in der Ukraine als Krieg mit Russland. Entsprechend der vom Razumkov Centre durchgeführten gesamtukrainischen Umfrage bezeichneten 50,4 Prozent der Einwohner der Ukraine den Konflikt im Osten des Landes als Angriffskrieg von Seiten Russlands gegen die Ukraine.

Dass die Wahrnehmung des Konfliktes durch die Bevölkerung der Ukraine Unterschiede aufweist, könnte durch mehrere Faktoren erklärt werden, darunter die historisch entstandenen wirtschaftlichen und kulturellen Verflechtungen der östlichen Regionen der Ukraine mit Russland. Seit der Unabhängigkeit haben die Wähler in den Ost- und Südregionen der Ukraine immer Kandidaten und politische Parteien gewählt, welche die wirtschaftliche und politische Integration mit Russland befürworteten. Jedoch erklärt dieses Argument keinesfalls den Unterschied in der Wahrnehmung der aktuellen Situation in der Ukraine zwischen den Bewohnern der unter Kontrolle der Ukraine stehenden Gebiete und jenen der nicht von ihr kontrollierten Gebiete der Oblast Donezk. Vielmehr könnten die Diskrepanzen dadurch bedingt sein, dass die Bewohner sich in unterschiedlichen Informationsräumen befinden.

Gemäß einer Umfrage der Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) in Kiew, die von Dezember 2015 bis Januar 2016 in der gesamten Oblast Donezk durchgeführt wurde, informieren sich 88 Prozent der Einwohner der unter der Kontrolle der Ukraine stehenden Territorien allein über das Fernsehen. In den nicht von ihr kontrollierten Gebieten der Oblast Donezk ist der Anteil der ausschließlichen Fernsehnutzer etwas größer und beträgt 91 Prozent. Dabei konsumieren 86 Prozent aller Fernsehnutzer auf den von der Ukraine kontrollierten Gebieten die ukrainischen staatlichen TV-Sender, 60 Prozent die ukrainischen lokalen TV-Sender und 16 Prozent russische Fernsehkanäle. Im Gegensatz dazu werden die ersten neun Positionen der TOP-10-Liste der populären TV-Sender in den nicht von der Ukraine kontrollierten Gebieten der Oblast Donezk von russischen und "republikanischen" Sendern eingenommen. So sehen zum Beispiel 55 Prozent der Befragten den russischen Kanal "Russland 24" und 47 Prozent den russischen "Ersten Kanal". Der einzige ukrainische TV-Sender in dieser Liste ist "1+1", dessen Zuschaueranteil 24 Prozent beträgt.

Entwicklung der Informationssituation in den nicht von der Ukraine kontrollierten Gebieten der Oblast Donezk seit 2014

Die Ergreifung des Informationsraumes in den nicht von der Ukraine kontrollierten Gebieten der Oblast Donezk verlief parallel mit der Errichtung der Kontrolle über das Territorium durch bewaffnete Verbände der "Volksrepublik Donezk". Im April 2014 wurde die ukrainische staatliche Radio- und Fernsehgesellschaft der Oblast Donezk eingenommen, woraufhin dort der "Erste Republikanische Fernsehkanal" seinen Betrieb aufnahm. Auf der technischen Basis des vormals ukrainischen Senders "Erster Öffentlicher Fernsehkanal" begannen die Übertragungen von "Oplot TV" und anstelle des ukrainischen TV-Senders "UNION" nahm der Fernsehkanal "Noworossija" den Betrieb auf. Neben den oben genannten Sendern sind auf der offiziellen DNR-Webseite noch drei weitere "republikanische" Sender aufgelistet. Demnach konnte der "republikanische" Fernsehfunk dank der technischen Kapazitäten der einst wichtigsten ukrainischen TV-Sender in der Stadt Donezk schnell errichtet werden. Zudem sind die "republikanischen" Fernsehkanäle auch im Internet und auf YouTube verfügbar.

Eine der wichtigsten Errungenschaften der "Volksrepublik Donezk" bei der Übernahme der Informationskanäle war die Ergreifung des leistungsstärksten, 360 Meter hohen Fernsehturms in der Oblast Donezk. Seitdem deckt die analoge Übertragung der Programme einzelner "republikanischer" und russischer Fernsehsender vom Fernsehturm Donezk den größten Teil der Oblast Donezk ab. Diese reicht bis hin zu den etwa siebzig Kilometer von der Stadt Donezk entfernten Ortschaften Pokrowsk und Kostjantyniwka, die sich in den unter Kontrolle der Ukraine stehenden Gebieten befinden.

Im Februar 2015 wurde das "Informationsministerium der Volksrepublik Donezk" gegründet mit dem Auftrag, das "staatliche Informationssystem im Bereich der Massenmedien" aufzubauen. In der "Volksrepublik Donezk" wurde die Übertragung aller ukrainischen Fernsehkanäle, die in ihrem Programm politische Nachrichten beinhalten, untersagt; die Kabelbetreiber wurden angewiesen, ukrainische Fernsehsender mit politischen Inhalten aus dem Angebot zu streichen. Das Verbot gilt auch für ukrainische Informationswebseiten: Der Zugang zu diesen ist nur über anonymisierte Internetverbindungen (Tors) möglich.

Das System der Informationsverwaltung in der "Volksrepublik Donezk" ist hierarchisch und monopolistisch aufgebaut. Laut dem Gesetz der "Volksrepublik Donezk" "Über Massenmedien" sind "ausschließlich der Volksrat der Volksrepublik Donezk sowie republikanische Vollzugsorgane […] Gründer von Fernsehsendern [und] Rundfunksendern […], die Sendungen übertragen". Der Inhalt der "republikanischen" Massenmedien wird durch eine einheitliche Zentrale überwacht und darf über bestimmte Narrative und Mitteilungen nicht hinausgehen. Über das Informationssystem in der "Volksrepublik Donezk" erstattete 2015 Elena Nikitina, deren Informationsministerin, ausführlich Bericht. Sie führte darin aus, dass im Jahre 2015 achtzehn "staatliche" Zeitungen gegründet, über hundert Videos und Dokumentarfilme zu sozialen Angelegenheiten gedreht sowie mehr als sechzig Fernsehsendungen zum Thema "Aufbau der Republik" erstellt wurden. So wurde innerhalb eines kurzen Zeitraumes ein relativ geschlossener Informationsraum in der "Volksrepublik Donezk" errichtet, der nur begrenzt Zugang zu alternativen Informationsquellen ermöglicht. Es ist zu vermuten, dass diese Maßnahmen die Unterschiede in der Wahrnehmung zwischen den Bewohnern der von der Ukraine kontrollierten und der nicht von ihr kontrollierten Gebiete in der Oblast Donezk teilweise erklären können.

Jedoch wären für die Einwohner der nicht von der Ukraine kontrollierten Gebiete ein offener Informationsraum und der freie Zugang zu alternativen Massenmedien eine wichtige Voraussetzung für deren auch mentale Reintegration in die Ukraine, da gerade die Massenmedien als ein Mittel der Bildung politischer Gesinnungen und Anschauungen fungieren.

Strategische Kommunikation in der Ukraine seit 2014

Aufgrund der Einsicht in die Tatsache, dass Informationen einen Bestandteil der hybriden Kriegsführung Russlands gegen die Ukraine bilden, wurden Elemente strategischer Kommunikation auch in die Staatspolitik der Ukraine eingeführt: Im Jahr 2015 wurde die strategische Kommunikation erstmals Bestandteil der Militärdoktrin der Ukraine. Sie wird darin als "koordinierte und bestimmungsgemäße Verwendung der staatlichen Kommunikationsmöglichkeiten – öffentliche Diplomatie, Öffentlichkeitsarbeit, Information der Öffentlichkeit zu Militärfragen, informationelle und psychologische Aktivitäten und Maßnahmen zwecks Förderung der Staatsziele" bezeichnet.

Um die Ukraine bei der Entwicklung eines Systems der strategischen Kommunikation zu unterstützen, wurde im September 2015 zwischen der NATO und der Ukraine eine Roadmap zur Partnerschaft im Bereich der strategischen Kommunikation unterzeichnet. Die Hauptaufgabe einer solchen Zusammenarbeit liegt in der Entwicklung von Kapazitäten der staatlichen Organe der Ukraine sowie zivilgesellschaftlicher Organisationen und Initiativen in diesem Bereich, um die institutionelle strategische Kommunikation zu verbessern. Wichtigste Elemente der Zusammenarbeit sind die Entwicklung eines komplexen staatlichen Systems der strategischen Kommunikation, die Erarbeitung und Umsetzung einer nationalen Strategie sowie der Aufbau eines entsprechenden Ausbildungsprogramms. Für die Stärkung der institutionellen Mittel wurden innerhalb einzelner Organe des Staates spezielle Abteilungen beziehungsweise Einheiten geschaffen. Unter anderem wurde im Sekretariat des Außenministers der Ukraine eine Abteilung für strategische Kommunikation gegründet und im Ministerium für Informationspolitik die Stelle eines "Beraters im Bereich der strategischen Kommunikation" eingeführt. Die vom ukrainischen Präsidenten Petro Poroschenko im Juli 2016 gegründete Kommission für die Euro-Atlantische Integration der Ukraine sieht zudem die Stelle eines nationalen Koordinators für die Zusammenarbeit zwischen der Ukraine und der NATO im Bereich der strategischen Kommunikation vor. Zudem sind in der Ukraine spezielle Einheiten des Sicherheitsdienstes und der Hauptverwaltung des Geheimdienstes sowie Spezialeinheiten der Streitkräfte der Ukraine tätig, die zum Ziel haben, Widerstand gegen Desinformation und Feindpropaganda zu leisten.

Erwähnenswert ist auch die Rolle der Zivilgesellschaft bei der Entwicklung und Durchführung der strategischen Kommunikation. Im März 2014 wurde das Ukrainische Krisen-Medienzentrum (UCMC) in Kiew gegründet, das von westlichen NGOs sowie staatlichen Geldgebern finanziert wird und dessen Aufgabe in der Zusammenführung von Informationsflüssen und in der verstärkten Information über die Situation und die Ereignisse in der Ukraine liegt. Das UCMC funktioniert wie ein Pressezentrum, in dem auf nichtkommerzieller Basis Briefings, Konferenzen und öffentliche Diskussionen zu Ereignissen in der Ukraine und zu mit der Ukraine verbundenen Geschehnissen durchgeführt werden. Diese Plattform steht sowohl für Vertreter der Öffentlichkeit und Experten als auch für Politiker zur freien Nutzung bereit. Das UCMC unterstützt Medienvertreter, die über Ereignisse in der Ukraine berichten, sowie staatliche Institutionen bei der Kommunikationsentwicklung. Unter anderem leistete das Zentrum dem kürzlich gegründeten Ministerium für zeitweilig besetzte Gebiete und Binnenflüchtlinge Hilfe bei der Erarbeitung einer Kommunikationsstrategie.

Ein weiteres Beispiel der Zusammenarbeit im Bereich der strategischen Kommunikation zwischen zivilgesellschaftlichen Organisationen und den Organen der Staatsmacht ist die Kommunikationsunterstützung des Verteidigungsministeriums der Ukraine durch Stratcom Ukraine, das ebenfalls von westlichen Geldgebern finanziert wird und welches über die Tätigkeit des Ministeriums berichtet und sie der Bevölkerung verständlich macht, sowie die Imagepflege der Ukraine im Ausland fördert.

Weiterhin zu nennen sind Anstrengungen zivilgesellschaftlicher Organisationen beim Widerstand gegen Desinformation und antiukrainische Propaganda. So haben es sich die Organisationen StopFake, Informationeller Widerstand und Informnapalm zum Ziel gesetzt, russische Falschmeldungen und Falschaussagen zu dementieren und über die Rolle Russlands im Konflikt in der Ostukraine zu informieren.

Bei der Analyse der inhaltlichen Dimension der strategischen Kommunikation seit dem Beginn des Konflikts in der Ostukraine lässt sich feststellen, dass eines der Hauptnarrative in der innerstaatlichen und Außenkommunikation in der Betonung der Tatsache liegt, dass Russland die Ukraine angreift und der Konflikt in der Ostukraine eigentlich ein Krieg seitens Russlands gegen die Ukraine ist. In diesem Zusammenhang war die Annahme der Resolution 2132 durch die Parlamentarische Versammlung des Europarates am 12. Oktober 2016 für die Ukraine von großer Bedeutung. Darin wird der Konflikt in der Ukraine erstmals als "russische Aggression" bezeichnet; außerdem wird angemerkt, dass Russland "die Krim illegitim annektiert hat" und "weiterhin die Separatisten in der Ostukraine unterstützt".

Trotz der Gründung einzelner, für die Kommunikation zuständiger Organe weist die Analyse der strategischen Kommunikation in der Ukraine innerhalb des Konfliktzeitraums seit 2014 folgende Problemaspekte auf:

  • Unzureichende Planung sowie das Nichtvorhandensein eines strategischen Dokumentes, welches die Prinzipien und Ansätze einer strategischen Kommunikation der Ukraine insbesondere in Bezug auf den Konflikt im Osten des Landes und auch auf der Krim festlegt;

  • Mängel in der Synchronisierung/Übereinstimmung der Kommunikation mit der tatsächlichen Staatspolitik;

  • Unzureichende Abstimmung der Kommunikationsmechanismen und Kanäle auf der staatlichen Ebene: Fehlen eines klaren Koordinationsmechanismus;

  • Eine wenig ausgeprägte Kultur staatlicher Kommunikation, die sich zum Beispiel durch das Fehlen eines echten Dialogs mit der Gesellschaft äußert.

Zusammenfassung und Schlussfolgerungen

Während des fast drei Jahre andauernden Konfliktes in der Ostukraine haben sich zwischen den Einwohnern der nicht von der Ukraine kontrollierten Gebiete und denjenigen in unter ukrainischer Kontrolle stehenden Gebieten der Oblast Donezk wesentliche Diskrepanzen bei der Wahrnehmung dieses Konflikts entwickelt, welche Ergebnis des Einflusses des geschlossenen, monopolistischen und antiukrainischen Informationssystems der "Volksrepublik Donezk", das sich zum größten Teil auf "republikanische" und russische Sender als Informationsquellen beschränkt, auf die Einwohner der nicht von der Ukraine kontrollierten Gebiete der Oblast Donezk zum Teil sein könnten. Das wirksame Informationssystem der selbsternannten Republik wurde innerhalb des ersten Konfliktjahres gegründet und bildet eine der Grundlagen für deren politisches Regime. Dementsprechend muss die Frage der Wiederaufnahme des ukrainischen Rundfunks und Fernsehens in den nicht von der Ukraine kontrollierten Gebieten im Fokus auch der internationalen Verhandlungen, darunter denen des Normandie-Formates sowie der Minsker Verhandlungen über die Konfliktbeilegung in der Ostukraine stehen, weil allein der Druck seitens der internationalen Gemeinschaft die Erfüllung dieser Bedingung ermöglichen kann.

Staatliche Kommunikationspolitik kann ein wirksames Mittel zur Erreichung der Ziele der Ukraine sein, für das eine integrative Kommunikationsstrategie sinnvoll wäre. Dabei muss bei politischen Beschlüssen zur Reintegration der Faktor "Mensch" im Vordergrund stehen, denn die Rückkehr der Gebiete bedeutet vor allem die Wiedergewinnung der Menschen und erst danach die der Territorien. Die Aktivitäten der Ukraine zur Bildung eines strategischen Kommunikationssystems in den Jahren 2014 bis 2016 führten jedoch nicht zum Aufbau eines einheitlichen und klaren Systems der staatlichen Kommunikation über den Konflikt und mit den Gebieten, die nicht unter Kontrolle der Ukraine stehen.

Fussnoten

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Yelizaveta Rekhtman arbeitet als Expertin beim Donezker Verband des Wählerkomitees der Ukraine sowie bei der Organisation »Denkfabrik ›Donbass‹«. Zu ihren Forschungsinteressen gehören der Konflikt im Osten der Ukraine, Informationspolitik in Konfliktsituationen und Kommunikation als Mittel der Reintegration der nicht von der Ukraine kontrollierten Gebiete der Oblaste Donezk und Luhansk. Yelizaveta Rekhtman studierte an der Nationalen Schewtschenko-Universität Kiew (Bachelor in Politologie), der University of Glasgow in Großbritannien und der Jagiellonian University in Polen (Master in Russisch, Mittelosteuropastudien).