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Kommentar: Wie sich das Reformfenster in der Ukraine langsam schließt | Ukraine-Analysen | bpb.de

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Kommentar: Wie sich das Reformfenster in der Ukraine langsam schließt

Eduard Klein Von Eduard Klein (Forschungsstelle Osteuropa an der Universität Bremen)

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Wird die neue Regierung unter Denys Schmyhal den Reformkurs der Vorgängerregierung unter Oleksij Hontscharuk beibehalten? Einiges spricht dagegen.

Premierminister Denys Schmyhal spricht zur Presse, 11.03.2020 (© picture-alliance, Photoshot)

Mit dem Regierungswechsel scheint sich das Fenster der Möglichkeiten für den weiteren Reformprozess allmählich zu schließen. Ausgelöst durch den unfreiwilligen Rücktritt von Premierminister Hontscharuk am 3. März – konkreter Anlass soll ein Zerwürfnis zwischen ihm und Präsident Selenskyj wegen der politischen Einflussnahme durch Oligarch Ihor Kolomojskyj sein –, mussten zahlreiche ReformerInnen ihre Posten räumen. Darunter Finanzministerin Oxana Markarowa, deren umsichtiger Kurs in den letzten Jahren die Staatsfinanzen stabilisierte; Gesundheitsministerin Sorjana Skalezka, die aus Solidarität ihre letzten Tage mit aus dem chinesischen Wuhan zurückgeholten UkrainerInnen in Quarantäne verbrachte; oder Generalstaatsanwalt Ruslan Rjaboschapka, der dabei war, die korrupte Generalstaatsanwaltschaft ernsthaft zu reformieren. Sie alle mussten gehen. Besonders pikant: Für die Entlassung von Rjaboschapka und die Ernennung seiner nicht unumstrittenen Nachfolgerin Iryna Wenedyktowa waren die Stimmen der informellen "Kolomojskyj-Fraktion" in der Rada nötig, da sich der reformorientierte Flügel der "Diener des Volkes" dagegen sträubte.

Mit Artem Sytnyk, der das Nationale Antikorruptionsbüro NABU zu einer schlagfertigen Institution im Kampf gegen die politische Korruption formiert hat, und Maxim Nefjodow, der aktuell den notorisch korrupten Zoll modernisiert und zuvor erfolgreich das intransparente staatliche Beschaffungswesen reformiert hatte, werden vermutlich zwei weitere Reformer in Kürze aus dem Amt gedrängt.

Sicher: Hontscharuks Kabinett konnte die hohen Erwartungen, die nach den Präsidentschafts- und Parlamentswahlen 2019 geweckt wurden, nicht erfüllen. Die sinkenden Umfragewerte, die neben der gesunkenen Industrieproduktion als Ursache für den Regierungswechsel angeführt werden, kamen daher nicht ganz unerwartet. Gleichzeitig sind sechs Monate nicht genug Zeit, um ein postsowjetisch-verkrustetes Land, das sich auch noch de facto im Kriegszustand befindet, grundlegend zu reformieren. Und viele, wenngleich nicht alle, von Hontscharuks Kabinett angestoßene Maßnahmen gingen zumindest in die richtige Richtung.

Angesichts der sich Anfang März bereits anbahnenden Coronavirus-Pandemie stellt sich die Frage, weshalb Selenskyj ausgerechnet zu diesem kritischen Zeitpunkt die Regierung austauschen wollte. Zumal er dazu bereits Anfang Januar Gelegenheit gehabt hätte, als Hontscharuk infolge eines Abhörskandals seinen Rücktritt anbot.

Indirekt Aufschluss bietet ein Blick auf die neuen Minister (bis auf eine Ausnahme wurden tatsächlich alle Ministerposten von Männern besetzt), die bisher kaum als Reformer aufgefallen waren: Ausgerechnet der besonders umstrittene Innenminister Arsen Awakow behielt als einer der Wenigen seinen Posten – entgegen Selenskyjs früherer Aussage, Awakow nur übergansweise ins Kabinett zu holen. Mehrere neue Minister waren bereits unter Janukowytsch im Amt. Mit der Ernennung von Denys Schmyhal zum Premierminister streckt Selenskyj seine Hand in Richtung des Oligarchen Achmetow aus. Und die Ernennung eines IWF-Kritikers zum Finanzminister (Ihor Umanskyj) kann als Signal an Kolomojskyj gedeutet werden, der mit harten Bandagen um "seine" PrivatBank kämpft, die 2016 verstaatlicht wurde – und deren Rückgabe an Kolomojskyj der IWF verhindern will.

Angesichts des sinkenden gesellschaftlichen Rückhalts setzt Selenskyj vermehrt auf die Unterstützung der Oligarchen, wie auch das Treffen mit Kolomojskyj, Achmetow und weiteren Oligarchen und Wirtschaftsbossen Mitte März belegt. Das zeigt, dass es Selenskyj ab jetzt weniger um Reformen gehen wird als darum, den Status Quo zu managen – und die eigene Macht zu sichern. Ob die WählerInnen, denen er vor einem Jahr ein Ende der Korruption und der Oligarchie versprochen hatte, sich darauf einlassen werden, bleibt zu bezweifeln – sodass wohl auch das neue Kabinett nicht verhindern können wird, dass die Beliebtheit des Präsidenten weiter abnimmt. Insofern könnte der Regierungswechsel den Anfang vom Ende der Ära Selenskyj einläuten.

Fussnoten

Dr. Eduard Klein ist wissenschaftlicher Mitarbeiter der Forschungsstelle Osteuropa an der Universität Bremen und Redakteur der Ukraine-Analysen.