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Gesundheitsgefahr Zika? | Brasilien | bpb.de

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Gesundheitsgefahr Zika? Wie gefährlich ist ein Besuch der Olympischen Spiele?

Tânia Caliari

/ 6 Minuten zu lesen

Das Risiko, sich mit dem Zika-Virus anzustecken ist in den Monaten August und September besonders gering, sagen brasilianische Wissenschaftler. Dennoch haben die Gesundheitsbehörden Maßnahmen zur Eindämmung der Krankheit eingeleitet.

Zikabekämpfung in Rio de Janeiro, ein Fahrzeug versprüht im Olympischen Dorf Desinfektionsmittel zur Bekämpfung der Tigermücke. (© picture alliance/APA/picturedesk.com)

Wer sich mit dem Zika-Virus in Brasilien beschäftigt, kommt nicht am Dengue-Fieber vorbei. Beide Krankheiten, wie auch das Chikungunya-Fieber, werden von der gleichen Mücke übertragen: Aedes aegypti (zu deutsch: Gelbfiebermücke oder Ägyptische Tigermücke). Zika ist relativ neu in Brasilien. Von daher gibt es noch keine historischen Vergleichsdaten zu diesem Virus. Deswegen hilft der kurze Blick auf die Entwicklung des Dengue-Fiebers in den letzten Jahren.

Als 2009 die Entscheidung für Rio de Janeiro als Austragungsort der Olympischen Sommerspiele 2016 fiel, war die Zahl der Erkrankungen mit dem Dengue-Fieber in Rio auf einem vergleichsweise niedrigen Stand: Es gab 2.727 infizierte Personen bei einer Einwohnerzahl von mehr als 6,2 Millionen. Sieben Jahre später ist die Zahl der Dengue-Fälle in Rio wieder gestiegen, nachdem 2012 mit 132.000 Fällen die Spitze der Infektionswelle erreicht worden war. Von Januar bis Juni 2016 wurden in der Stadt 24.000 Dengue-Fälle registriert. Mittlerweile schauen die Behörden besorgt auf die Gefahr einer Ausbreitung des Zika-Virus.

Zika ist eine Viruserkrankung und gilt eigentlich als harmlos. Die Krankheitsanzeichen und -symptome dauern zwischen drei und sieben Tagen an. Die Hauptsymptome sind Kopfschmerzen, leichtes Fieber, leichte Gliederschmerzen, rote Flecken auf der Haut, Jucken und Rötung der Augen. Das Dengue-Fieber hingegen zeichnet sich durch hohes Fieber aus. Weniger häufig auftretende Symptome bei Zika sind Schwellungen am Körper, Halsschmerzen, Husten und Übergeben. Man weiß noch nicht genau, wie der Virus im Organismus agiert. Eine chronische Form der Krankheit gibt es allerdings nicht. Nur bei zwanzig Prozent der Infizierten entwickeln sich überhaupt Symptome.

Im Mai 2016 schickte eine Gruppe von mehr als zweihundert Wissenschaftlern aus dem Bereich der Medizin, der Bioethik und der Umwelt, angeführt von Professor Amir Attaran von der Universität im kanadischen Ottawa, einen offenen Brief an die Weltgesundheitsorganisation (WHO). Darin warnten sie vor der Ausbreitung des Zika-Virus und schlugen vor, die Veranstaltung zu verschieben. "Wir halten es für unethisch das Risiko einzugehen, dass sich ein bestimmter Stamm des Zika-Virus durch die Touristen und Athleten ausbreitet, die an Orte zurückkehren werden, wo das Virus danach gehäuft auftreten könnte", heißt es. Die Unterzeichner sorgen sich unter anderem über die Ungewissheiten in Bezug auf den brasilianischen Virenstamm, der bei infizierten Schwangeren als Grund für die Geburt von Kinder mit Mikrozephalie gilt. Das ist eine Krankheit, die bei Babys zur Ausbildung kleiner Köpfe führt und ihre Entwicklung gefährden kann. In Anbetracht der Äußerung der Wissenschaftler ließ die WHO verlautbaren, dass auf der Grundlage aktueller Bewertungen eine Absage der Olympischen Spiele 2016 oder ihre Austragung an einem anderen Ort die internationale Ausbreitung des Virus nicht signifikant verändern würde. Brasilien sei nur eines von fast sechzig Ländern, in dem es zur Übertragung des Zika-Virus durch Mücken gekommen ist.

Keine Sorge, also?

Brasilianische Forscher etablierter Universitäten und Forschungsinstitute wiesen in wissenschaftlichen Artikeln auf die saisonalen Schwankungen der Mückenaktivität hin. In Rio ist sie während der Monate August und September, also der Zeitspanne, in der die Olympischen Spiele und die Paralympics ausgetragen werden, relativ gering. Das Risiko der Ausbreitung von Zika scheint also kleiner als sonst: "Obwohl die Aedes aegypti das ganze Jahr über in der Stadt vorkommt, ist ihre Fähigkeit, die Krankheit als Vektor zu übertragen, stark eingeschränkt, wenn die Temperatur unter 22 °C fällt", steht in einem von acht Forschern der Fundação Oswaldo Cruz (Fiocruz) und der Fundação Getúlio Vargas (FGV) in Rio de Janeiro unterzeichneten Artikel.

Claudia Codeço von Fiocruz erklärte gegenüber der Nachrichtenagentur Agência Brasil, dass das Virus in kälterem Klima ungefähr 15 Tage benötigt, um den Magen der Fliege zu verlassen, in die Speicheldrüse zu gelangen und eine Person zu infizieren. "Bei den Temperaturen im August und September vollendet sich der Zyklus des Virus nur in wenigen Mücken, die dann Dengue übertragen. Das Gleiche gilt wahrscheinlich auch für Zika. In 15 Tagen ist die Wahrscheinlichkeit, dass die Mücken vorher sterben, sehr groß, weil ihre Lebenszeit so kurz ist", erklärte sie weiter.

Wenn die erwartete halbe Millionen Touristen und ausländische Athleten zu den Spielen von Rio kommt, so schätzte Eduardo Massad, dass sich nur rund 15 Personen mit dem Zika-Virus anstecken werden: Der Professor der Medizinischen Fakultät der Universität São Paulo (USP) gibt das Risiko, sich in dieser Zeit des Jahres mit Dengue anzustecken, mit fünf zu 10.000, und im Fall von Zika mit drei zu 100.000 an.

Im Gespräch mit der bpb bekräftigte der Epidemiologe André Ribas Freitas, dass im Zeitraum der Spiele die Übertragung des Virus erschwert sein wird. Auch "eine Menschenansammlung erleichtert die Übertragung nicht, solange die Aedes aegypti kontrolliert wird", erklärte der Forscher und wissenschaftliche Berater der Brasilianischen Gesellschaft für Dengue und Arboviren (Sociedade Brasileira de Dengue e Arboviroses). Er betonte, dass Menschenansammlungen das Übertragungsmuster der Krankheit nicht verändern, da das Virus durch Mücken und nicht durch einfache Tröpfcheninfektion oder Hautkontakt übertragen werde. Es gilt jedoch weithin als möglich, dass man sich durch ungeschützten Geschlechtsverkehrt mit dem Virus infizieren kann.

Gegenmaßnahmen und Prävention

Eine andere Untersuchung der FGV zeigt allerdings, dass in den ersten vier Monaten des Jahres 2016 die Gelder für die Kontrolle und Bekämpfung der Mücken in Rio de Janeiro verringert wurden. Zudem stieg gegenüber 2015 die Zahl der Dengue-Infektionen in Stadtvierteln wie Barra da Tijuca, in denen sich Austragungsstätten der Olympischen Spiele befinden. Angesichts dieser Lage kündigte die Bundesregierung im Mai 2016 an, das Gesundheitsministerium werde 3.500 neue Einsatzkräfte anstellen, um die Brutstätten der Aedes zu vernichten – vor allem in Gebieten wie dem Parque Olímpico, wo Wettkämpfe ausgetragen werden.

Sie brüten meistens dort, wo sich stehendes Wasser ansammelt (also in Kanistern, Wassertonnen, verstopften Regenrinnen oder Blumentöpfen). Öffentliche Kampagnen sollen die Bevölkerung dafür sensibilisieren, diese Brutstätten in ihren Häusern und Gärten zu vernichten. Einsatzkräfte des Gesundheitsamtes setzen ein Insektizid gegen die Larven im Wasser und ausgewachsene Mücken in der Luft ein.

Hinsichtlich des Risikos einer Zika-Ansteckung ist der Saison-Faktor für Athleten und Touristen zweifellos die größte Sicherheitsgarantie. Trotz der relativen Einigkeit unter den Experten über die Gefahren, muss eines betont werden: Schwangere Frauen sollten nicht zu den Spielen nach Rio fahren und jedes andere Gebiet meiden, in dem Zika auftritt. Alle Reisenden sollten sich beim Geschlechtsverkehr schützen, da das Virus auch so übertragen werden kann. Man sollte auch darauf aufmerksam machen, dass achtzig Prozent der mit dem Zika-Virus Infizierten keine Krankheitssymptome entwickeln. Dennoch können auch sie den Erreger bei sexuellen Kontakten übertragen. Wichtig ist auch, dass alle Insektenschutzmittel benutzen.

Im Ernstfall

Am 12. Juni 2016, knapp zwei Monate vor Eröffnung der Spiele, traf sich der brasilianische Gesundheitsminister Ricardo Barros mit Botschaftern und Vertretern von mehr als sechzig Ländern, um die Maßnahmen der Regierung für die Gesundheitsfürsorge während der Olympischen Spiele vorzustellen. Prognostiziert werden 22.000 medizinische Behandlungen in den olympischen Anlagen und siebenhundert Überweisungen in Krankenhäuser. Für die Betreuung der Athleten, Trainer, Delegationen und Zuschauer in den Arenen ist die Organisation der Spiele verantwortlich. Sie werden gegebenenfalls in besondere Krankenhäuser überwiesen, die mit dem Organisationskomitee Comitê Rio 2016 eine Vereinbarung getroffen haben. Außerhalb der Arenen organisieren die Regierungen der Stadt und des Bundesstaates Rio sowie die brasilianische Bundesregierung das öffentliche Gesundheitsversorgungssystem. Alle Vorfälle werden vom Centro Integrado de Operações Conjuntas da Saúde (CIOCS) überwacht – ein Plan, der schon erfolgreich bei anderen in Brasilien ausgetragenen Großereignissen wie dem Weltjugendtag 2013 und der Fußballweltmeisterschaft 2014 zum Einsatz kam. Im Fall von Unfällen oder Anschlägen mit vielen Opfern stehen 235 Feldbetten und 2.493 zusätzliche Fachkräfte zu Verfügung.

Die Zuschauer können sich mithilfe der Gesundheits-App "Guardiões da Saúde" über die Krankheitssymptome Zika und anderen Erkrankungen informieren und Behandlungsposten ausfindig machen. Die App ist für den Gratisdownload auf Smartphones in den Online-Shops Google Play Store und Apple Store bereits verfügbar. Darüber hinaus gibt die Website Saúde do Viajante (Reisegesundheit, Externer Link: saude.gov.br/viajante) auf Portugiesisch, Englisch, Spanisch und Französisch Informationen zur Prävention.

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arbeitet für brasilianische Fernsehsender, Zeitungen und Magazine. Sie lebt in São Paulo.