Meine Merkliste Geteilte Merkliste PDF oder EPUB erstellen

Chancen für die Benachteiligten | Globaler Handel | bpb.de

Globaler Handel Hintergrundtexte Geschichte und theoretische Grundlagen des internationalen Freihandels Handelspolitik aus historischer Perspektive Freihandel als weltpolitisches Instrument Prinzipien des Welthandels Wie die Welt handelt Geopolitik und Welthandel Wie die Welt handelt Die Hoffnung auf Zivilisierung der globalen Wirtschaft Made in America Ist Deutschland zu abhängig von China? Braucht Deutschland ein neues Geschäftsmodell? Gefährdet die Abhängigkeit von Rohstoffen Europas Zukunft? Mehr Chips für Europa Die WTO in der Krise Weniger Globalisierung wagen? EU-Osterweiterung, die Zweite? Ökonomische Perspektiven des EU-Beitritts der Ukraine Globalisierung unter neuen Vorzeichen (2018-2020) Globalisierung – Megatrend von gestern? Bedeutet Corona das Ende der Globalisierung? Globalisierungsverlierer entschädigen China - der verunsicherte Riese Die WTO ist nicht tot Globalisierung – verantwortungslos und verwundbar Debatte: Ist die Globalisierung am Ende? Die Globalisierung stockt – und ändert sich Globalisierung 4.0 Trump und die Neujustierung der US-Handelspolitik Was ist am US-Außenhandelsdefizit eigentlich so schlimm? Die EU und der Freihandel: Schaf unter Wölfen? America-first-Handelspolitik und der globale Süden Die Debatte um TTIP und CETA (2016) Was steht in TTIP und CETA eigentlich drin? Gefährden CETA und TTIP die kulturelle Vielfalt in Europa? Besonderheiten der Kultur- und Kreativwirtschaft anerkennen Ist es richtig, dass die Öffentlichkeit so wenig erfährt? Die Geheimhaltung ist ein Geburtsfehler Totale Transparenz käme einem Denkverbot gleich Sollte die EU den USA frühzeitig Einblick in Gesetze gewähren? Zwangsjacke für EU-Gesetzgeber Besser mit den USA Schaden CETA und TTIP der öffentlichen Daseinsvorsorge? Durchgriff auf die Wasserversorgung Panikmache fehl am Platz Kurbeln TTIP und CETA das Wachstum an? Es geht nicht um neue Jobs – sondern um bessere Die Risiken sind hoch, die Vorteile gering Bedrohen TTIP und CETA den Verbraucherschutz? Die Abkommen stellen die Verbraucher nicht schlechter Freihandel ja – aber bitte im Sinne der Verbraucher Benötigen Freihandelsabkommen Schiedsgerichte? Ein Nutzen ist nicht zu erkennen Ohne Rechtschutz keine Investitionen Sind die Arbeitnehmerrechte in Europa durch TTIP gefährdet? Die Befürchtungen sind unbegründet Zu Lasten der Beschäftigten Ist TTIP ein Abkommen nur für "Multis"? TTIP ist ein Risiko für Europas Mittelstand Ein transatlantisches Abkommen für den Mittelstand Schadet TTIP den nicht beteiligten Schwellen- und Entwicklungsländern? Assoziierungsverträge müssen her Chancen für die Benachteiligten Welche Rolle spielt TTIP in der amerikanischen Politik? Eine Tankfüllung reicht nicht für TTIP Nur ein zweitrangiges Thema Sollten TTIP und CETA Vorbilder für weitere Handelsabkommen sein? Ohne TTIP verliert Europa an Einfluss in der Welt CETA und TTIP nutzen Dritten nicht Welche Freihandelsabkommen gibt es – und wie erfolgreich sind sie? Zahlen und Infografiken Freihandelszonen und Weltexporte im Überblick Erklärfilme Glossar Redaktion

Chancen für die Benachteiligten

Clara Brandi Axel Berger

/ 4 Minuten zu lesen

Mehr Handel im Norden könnte auch zu mehr Wohlstand in den Regionen führen, die noch Nachholbedarf in ihrer wirtschaftlichen Entwicklung haben, meinen Clara Brandi und Axel Berger vom Deutschen Institut für Entwicklungspolitik (DIE).

Clara Brandi und Axel Berger (© DIE)

Megaregionale Handelsabkommen wie TTIP werden angesichts ihrer immensen Größe Auswirkungen auf Entwicklungs- und Schwellenländer haben. Ein oftmals genanntes Beispiel sind Umlenkungseffekte, die entstehen, wenn die EU und die USA mehr miteinander handeln und weniger mit Ländern außerhalb der Wirtschaftszone. Aus einer entwicklungspolitischen Perspektive sollten diese Herausforderungen möglichst abgewendet oder wenigstens abgefedert werden. Doch in der aktuellen Debatte wird oft vergessen, dass TTIP für nicht beteiligte Länder auch Chancen bieten kann.

Erstens können von Freihandelsabkommen positive Einkommenseffekte für Drittländer ausgehen. Es wird erwartet, dass TTIP die Einkommen in der EU und in den USA erhöht. Diese Einkommenszuwächse können zu einer stärkeren Nachfrage nach Exporten aus Schwellen- und Entwicklungsländern führen. Das wiederum kann in diesen Ländern mehr Exporte zu höheren Preisen ermöglichen.

Außerdem können durch TTIP die Preise für Güter aus den USA oder der EU sinken, die Drittstaaten einführen. Unternehmen in Drittstaaten, die Vorleistungen aus den USA oder der EU nutzen, können dadurch von Kostensenkungen profitieren. Das führt weltweit zu einer verbesserten Wettbewerbsfähigkeit. Darüber hinaus kann die Integration von Drittstaaten in die Wertschöpfungsketten der TTIP-Partner zur Folge haben, dass sie selbst mehr Vorleistungen ausführen können. Inwieweit das möglich ist, hängt jedoch essenziell davon ab, wie die Ursprungsregeln im Kontext von TTIP ausgestaltet werden. Diese Ursprungsregeln entscheiden, wie hoch der Anteil von Vorleistungen aus Drittländern sein darf, damit ein Produkt zum niedrigeren, präferenziellen TTIP-Zollsatz gehandelt werden kann.

Regulatorische Kooperation kann Chancen für Drittländer bieten

Zudem kann auch die regulatorische Kooperation Chancen für Drittländer bieten. Wenn die TTIP-Partner ihre unterschiedlichen Produktstandards harmonisieren, müssen sich Unternehmen in Drittländern nur noch auf einen Standard sowohl in der EU als auch in den USA einrichten. Das wäre auch der Fall, wenn die EU und die USA ihre Produktstandards und Zertifizierungsverfahren gegenseitig anerkennen und diese gegenseitige Anerkennung nicht-diskriminierend gestalten würden, das heißt auch auf Drittländer ausdehnen. Exporteure aus Drittstaaten müssten dann nicht mehr zwei unterschiedliche Standards erfüllen, wenn sie gleichzeitig in die EU und in die USA exportieren möchten. Die Kosten für Marktanpassungen für ihre Exporte würden dadurch wegfallen. Die durch vereinheitlichte Standards vergrößerten Absatzmärkte ermöglichen darüber hinaus Einsparungen und würden auch dadurch Vorteile für Drittstaaten bieten.

Zu welchen Ergebnissen kommen aktuelle Modellierungen der Effekte von TTIP? Während bestehende Studien nahelegen, dass TTIP im globalen Durchschnitt aller Länder nur geringe Effekte haben wird, zeigen die Studien auch, dass eine Reihe von Ländern durch TTIP voraussichtlich negativ, andere aber auch positiv betroffen sein könnten. Es würde durch TTIP also weltweit sowohl Verlierer als auch Gewinner geben. Laut neuerer mikroökonomischer Analysen kommt es für mehrere Drittländer zu negativen Realeinkommenseffekten, doch die Wohlfahrtsverluste machen kumulativ über zehn bis zwölf Jahre jeweils weniger als ein Prozent der Pro-Kopf-Einkommen aus und können angesichts jährlicher Trendwachstumsraten in Drittländern von drei bis vier Prozent als relativ gering eingeordnet werden. Das heißt: Die Verlierer sind nicht so stark negativ betroffen, wie das häufig suggeriert wird. Zu den Gewinnerländern zählen tendenziell Exporteure von Rohstoffen oder Länder, die stark in die Wertschöpfungsketten der EU oder der US-Industrie integriert sind.

Viele Stellschrauben können negative Effekte abwenden

Welche Auswirkungen TTIP letztlich auf nicht beteiligte Schwellen- und Entwicklungsländer hätte, hängt stark von der Ausgestaltung des Abkommens ab. Wie genau welche Schwellen- und Entwicklungsländer von TTIP betroffen sein würden, ist eine nach wie vor offene Frage, deren Beantwortung die Einbeziehung zahlreicher Faktoren notwendig macht und die Kenntnis des finalen TTIP-Vertragstextes erfordert.

Es gibt eine Reihe von Stellschrauben, mit denen negative Effekte abgewendet oder zumindest abgemildert und positive Effekte verstärkt werden können: Damit TTIP für möglichst viele Drittländer Vorteile bietet, sollte der Vertragstext die gegenseitige Anerkennung von transatlantischen Produktstandards auf Drittstaaten ausdehnen und auf komplexe Ursprungsregeln verzichtet werden. Darüber hinaus sollte TTIP Drittländern eine Perspektive für eine zukünftige Teilnahme bieten – mit unterschiedlichen Beitrittsbedingungen je nach Entwicklungsstand, auch um bereits marginalisierten Entwicklungsländern die Integration in globale Produktionsnetzwerke zu erleichtern. Die internationale Entwicklungszusammenarbeit sollte zudem Entwicklungsländer dabei unterstützen, ihre Industrien wettbewerbsfähiger zu machen, um stärker von TTIP und anderen Freihandelsabkommen profitieren zu können.

(© Universität Tübingen)

Standpunkt Wilhelm Kohler:



Interner Link: "Mit Blick auf Artikel 208 des EU-Vertrages läge es nahe, die ärmsten Länder der Welt im Rahmen eines Assoziierungsvertrags in die Handelsliberalisierung mit einzubeziehen. Leider ist das bis dato nicht geplant."

Fussnoten

Fußnoten

  1. Aichele, Rahel, Gabriel Felbermayr, und Inga Heiland (2014), "Going deep: The trade and welfare effects of TTIP", CESifo Working Paper5150; Egger, Peter, Joseph Francois, Miriam Manchin, und Douglas Nelson (2014), “Non-Tariff Barriers, Integration, and the Trans-Atlantic Economy”, paper prepared for the 60th Panel Meeting of Economic Policy, Oktober 2014, Rom.

  2. Felbermayr, Gabriel, Wilhelm Kohler, Rahel Aichele, Günther Klee und Erdal Yalcin, Mögliche Auswirkungen der Transatlantischen Handels- und Investitionspartnerschaft (TTIP) auf Entwicklungs- und Schwellenländer, ifo Institut, München, 2015

Lizenz

Dieser Text ist unter der Creative Commons Lizenz "CC BY-NC-ND 3.0 DE - Namensnennung - Nicht-kommerziell - Keine Bearbeitung 3.0 Deutschland" veröffentlicht. Autoren/-innen: Clara Brandi, Axel Berger für bpb.de

Sie dürfen den Text unter Nennung der Lizenz CC BY-NC-ND 3.0 DE und der Autoren/-innen teilen.
Urheberrechtliche Angaben zu Bildern / Grafiken / Videos finden sich direkt bei den Abbildungen.
Sie wollen einen Inhalt von bpb.de nutzen?

Dr. Clara Brandi ist Senior Researcher und Projektleiterin am Deutschen Institut für Entwicklungspolitik (DIE) in der Abteilung für Weltwirtschaft und Entwicklungsfinanzierung. Sie hat in Freiburg und Oxford studiert und am European University Institute promoviert. Aktuelle Forschungsschwerpunkte umfassen die globale Governance der Weltwirtschaft und die Überschneidungen von internationaler Handelspolitik und nachhaltiger Entwicklung.

Dr. Axel Berger ist Senior Researcher am Deutschen Institut für Entwicklungspolitik (DIE) in der Abteilung für Weltwirtschaft und Entwicklungsfinanzierung und beschäftigt sich mit der Ausbreitung und den Auswirkungen von Handels- und Investitionsabkommen.