Staatliche Unabhängigkeit seit den fünfziger Jahren
Rolle der Großmächte
Eine weitere Folge des Zweiten Weltkriegs war der Aufstieg der USA und der Sowjetunion zu Supermächten. Bereits nach dem Ersten Weltkrieg hatte der damalige amerikanische Präsident Woodrow Wilson das Selbstbestimmungsrecht der Völker zu einem der Eckpunkte amerikanischer Außenpolitik erhoben. Nach dem Sieg im Zweiten Weltkrieg waren die Möglichkeiten der USA, diesem Prinzip Geltung zu verschaffen, besser denn je. Die neu gegründeten Vereinten Nationen sollten eines der Instrumente zu dessen Durchsetzung sein. Im Widerstand gegen den Kolonialismus waren sich die USA mit der Sowjetunion einig. Die marxistisch-leninistischen Führer in Moskau versprachen sich politisch von der Auflösung der Kolonialreiche eine Schwächung des westlichen Lagers. Ein weiterer Motor der Dekolonialisierung waren jene lateinamerikanischen, asiatischen und arabischen Länder, die bereits ihre Unabhängigkeit erlangt hatten, den Vereinten Nationen beitraten und später zusammen mit Jugoslawien die Bewegung der Blockfreien formierten. Dennoch dauerte es nach dem Zweiten Weltkrieg noch 15 Jahre, bis die afrikanischen Kolonien mehrheitlich unabhängig wurden. Die Kolonialmächte versuchten zuerst mit zwei unterschiedlichen Strategien, dem wachsenden Protest gegen die bestehende Form der Kolonialherrschaft zu begegnen. Frankreich bevorzugte eine stärkere Anbindung der Kolonien an das Mutterland mit einer gleichzeitigen Ausweitung der Rechte der Kolonialbevölkerung bis hin zum erleichterten Erwerb der französischen Staatsbürgerschaft. Großbritannien gestand den Kolonien dagegen mehr und mehr Autonomie zu.In beiden Fällen führte aber die verbesserte Beteiligung der Kolonialbevölkerung an politischen Entscheidungsprozessen nicht zu einem Abflauen des politischen Widerstands gegen die Kolonialregime. Eine größere Pressefreiheit und -vielfalt, die Herausbildung von Verbänden und Interessengruppen sowie die Profilierung nationaler Führungspersönlichkeiten in den Selbstverwaltungsgremien begünstigte die Entstehung nationaler Befreiungsbewegungen und deren Möglichkeiten, Massenunterstützung zu mobilisieren. Die Kolonialmächte reagierten darauf mit einer Mischung aus weiteren Zugeständnissen und Repression, wobei die gesteigerte internationale Aufmerksamkeit dem Ausmaß der Unterdrückung Grenzen setzte.