Von der Kornkammer zum Industrieraum
Worin liegen die Gründe für den Rückgang des Bruttosozialprodukts in den Maghrebstaaten? Länder wie Tunesien, Marokko oder Ägypten mussten in den sechziger Jahren einen enormen Anstieg ihrer Bevölkerungszahlen verkraften. Fatal wirkten sich ebenso Konzepte zur Modernisierung der Landwirtschaft aus - begleitet von einer weitgehend fremdbestimmten Industrialisierung.Auszug aus:
Informationen zur politischen Bildung (Heft 272) - Von der Kornkammer zum Industrieraum
Einleitung
Vor und nach der Unabhängigkeit in den sechziger Jahren besaßen die Kernstaaten des Maghreb ein ausgeglichenes Außenhandelssaldo und produzierten, mit Ausnahme von Mauretanien und Libyen, Lebensmittelüberschüsse. Heutige makroökonomische Daten lassen erkennen, dass das Bruttosozialprodukt (verfügbares Einkommen) pro Einwohner im Durchschnitt aller Maghrebstaaten im Vergleich zur Welt von 1980 bis 1999 zumindest relativ zurückgegangen ist. 1980 verfügte der Maghreb noch über einen Wert von 1770 US-Dollar pro Einwohner bzw. 68 Indexpunkte (Weltdurchschnitt: 2588 US-Dollar = 100 Punkte). 1999 sank dieser Wert auf 38 Indexpunkte bzw. 1870 US-Dollar gegenüber dem Weltdurchschnitt von 4890 US-Dollar.Das mag teilweise am Ausgangsjahr liegen, besteht doch das Bruttosozialprodukt selbst 1999 noch zu 35 Prozent (Libyen) bzw. 43 Prozent (Algerien) aus Erdölexporten. Doch beweisen die Zahlen insgesamt, dass sich die ökonomischen Bedingungen eher verschlechtert haben. Erst seit 1998/99 (neuerliche Erdölpreissteigerungen) erhalten die Länder wieder Impulse, die das Netto-Wirtschaftswachstum (bzw. pro Kopf unter Berücksichtigung des Bevölkerungswachstums) dem Rhythmus der Weltwirtschaft angleichen, ohne dass die grundlegenden ökonomischen Probleme (soziale Disparitäten, Stagnation der Landwirtschaft) gelöst sind.
Eine Vielzahl von exogenen und endogenen Faktoren bestimmt die ökonomische Entwicklung der einzelnen Länder, sie wer-den in den Folgeabschnitten vorgestellt.