Seit Jahrzehnten expandiert der weltweite Handel mit Waren und Dienstleistungen. Doch die Vorzeichen haben sich zuletzt abrupt geändert. Die Globalisierung stockt. Auch das politische Klima hat sich vielerorts gegen den ungehinderten Austausch von Gütern gedreht: Da der weltweite Handel nicht nur Gewinner, sondern auch Verlierer kennt, haben Befürworter protektionistischer Maßnahmen Zulauf bekommen.
Noch vor wenigen Jahren war die Diskussion genau entgegengesetzt: Damals gab es heftige Proteste gegen die Liberalisierung des Handels durch die EU-Freihandelsabkommen mit den USA (TTIP) und Kanada (CETA). Die Gegner der Abkommen fürchteten die Aufweichung von Umwelt-, Verbraucher- und Sozialstandards sowie mehr Macht für Konzerne. Mittlerweile erodiert die althergebrachte Welthandelsordnung und Europa muss für seinen Freihandelskurs neue Verbündete suchen.
Das Dossier klärt über die wichtigsten Entwicklungen rund um den internationalen Handel auf – anhand von Hintergrundanalysen und Kontroversen, Infografiken und Erklärfilmen.
Hintergrundtexte

Ulrike Herrmann
Geschichte und theoretische Grundlagen des internationalen Freihandels
Teurer französischer Wein brachte zwei britische Ökonomen vor 250 Jahren dazu, über den zollfreien Austausch von Waren nachzudenken. Heute ist der Freihandel vor allem etwas für hochentwickelte Nationen, schreibt die Berliner Wirtschaftsjournalistin Ulrike Herrmann.

Andreas Eckert
Freihandel als weltpolitisches Instrument
Der Kolonialismus sicherte den Europäern lange Jahre ökonomische Vorteile wie billige Rohstoffe und neue Absatzmärkte. Beim gegenwärtigen Freihandel sieht der Berliner Afrikawissenschaftler Andreas Eckert Kontinuitäten zwischen den Praktiken von damals und heute.
Werner Abelshauser
Die amerikanische Gefahr? Handelspolitik aus historischer Perspektive
Seit langem stehen Strafzölle oder andere protektionistische Maßnahmen auf dem Verbotsindex Handel treibender Nationen. Sie zählten aber schon immer zur eisernen Reserve im Handlungsrepertoire hilfloser Politiker, schreibt der Bielefelder Wirtschaftshistoriker Werner Abelshauser.
Globalisierung unter neuen Vorzeichen

Jens Südekum
Globalisierungsverlierer entschädigen
Alle Länder, so die Annahme klassischer Ökonomen, profitieren vom Außenhandel. Dennoch ist die Globalisierung in den vergangenen Jahren von links wie von rechts unter Beschuss geraten. Der Düsseldorfer Ökonom Jens Südekum rät deshalb, die Gewinne der Globalisierung breit zu streuen.

Markus Sievers
Globalisierung – Megatrend von gestern?
Das ständige Wachstum des Welthandels scheint vorerst gestoppt, parallel zu nationalistischeren Tendenzen in der Politik. Warum die Zukunft der Globalisierung zu Beginn des 21. Jahrhunderts immer ungewisser erscheint, erläutert der Wirtschaftsjournalist Markus Sievers.

Finn Mayer-Kuckuk
Der verunsicherte Riese
China war einer der größten Gewinner der Globalisierung. Die neue Skepsis gegenüber dem Freihandel ist daher für viele Chinesen ein Schock – auch wenn sie sogar den Aufstieg zur Weltmacht beschleunigen könnte, schreibt der China-Experte Finn Mayer-Kuckuk.

Claudia Schmucker
Die WTO ist nicht tot
Die Welthandelsorganisation befindet sich in einer akuten Glaubwürdigkeitskrise. Wie und ob sie davon erlöst wird, hängt allein von den 164 Mitgliedstaaten ab, schreibt die Handelsexpertin Claudia Schmucker.
Martin T. Braml / Lisandra Flach
Bedeutet Corona das Ende der Globalisierung?
Die Pandemie hat gezeigt, wie anfällig die weltweiten Lieferketten für Störungen sind. Das heißt aber nicht, dass nun wieder komplett in Deutschland produziert werden muss, meinen die Ökonomin Lisandra Flach und der Ökonom Martin T. Braml.
Niko Paech
Globalisierung – verantwortungslos und verwundbar
Wer wie Donald Trump Handelsbeschränkungen fordert oder gar umsetzt, wird schnell mit Nationalismus-Vorwürfen konfrontiert. Doch die Globalisierung erzeugt tatsächlich erhebliche Risiken, meint der Wachstumskritiker Niko Paech.

Peter Sparding
America first. Donald Trump und die Neujustierung der US-Handelspolitik
Rabiat hat der US-Präsident den Kurs in der Handelspolitik verändert – und sich damit sogar von seinen Parteikollegen abgesetzt. Vehement kritisiert er das Handelsbilanzdefizit und versucht, die Handelsverträge der USA neu auszuhandeln. Mit wechselnden Erfolgen, analysiert der Politologe Peter Sparding.

Gabriel J. Felbermayr
Die EU und der Freihandel: Schaf unter Wölfen?
Europas Politiker geißeln gerne den "neuen" Protektionismus der USA. Dabei sollte nicht übersehen werden, dass die EU auf diesem Gebiet keineswegs eine so reine Weste hat, erklärt der Ökonom Gabriel J. Felbermayr.

Jan Priewe
Was ist am US-Außenhandelsdefizit eigentlich so schlimm?
Donald Trump begründet seinen protektionistischen Handelskurs mit dem Minus der USA in der Handelsbilanz mit China und Europa. Das gleiche Problem hatten vor ihm bereits andere US-Präsidenten, analysiert der Berliner Ökonom Jan Priewe.

Clara Brandi, Axel Berger
Was bedeutet Trumps America-first-Handelspolitik für den globalen Süden?
Die Handelspolitik der aktuellen US-Regierung verstärkt die Krise des Multilateralismus aus der Perspektive der Entwicklungsländer erheblich. Clara Brandi und Axel Berger diskutieren, wie der neue Protektionismus insbesondere diese Staaten trifft.
Die Debatte um CETA und TTIP
Justus von Daniels
Was steht in TTIP und CETA eigentlich drin?
Die EU-Vereinbarungen sollen den Handel mit den USA und Kanada ankurbeln. Gleichzeitig stoßen sie vor allem in Deutschland auf heftigen Widerstand. Worum es in den neuen Abkommen geht, erklärt der Journalist Justus von Daniels.

Debatte
Benötigen Freihandelsabkommen Schiedsgerichte zum Schutz ausländischer Investitionen?
Eines der umstrittensten Details von TTIP und CETA ist der sogenannte Investitionsschutz. Während die Kritiker glauben, er hebele nationale und europäische Gerichtsbarkeiten aus und führe zu einer Paralleljustiz, sehen die Befürworter darin ein Mittel zu mehr Rechtssicherheit für Konzerne im Ausland.

Interaktive Karte
Weltweite Investor-Staat-Schiedsgerichtsklagen
Die interaktive Weltkarte zeigt die Anzahl weltweiter Schiedsgerichtsklagen, die im Rahmen schon bestehender internationaler Handelsabkommen verhandelt worden sind – sowohl Fälle, in denen ein Land von ausländischen Unternehmen verklagt wurde, als auch Fälle, in denen Unternehmen aus einem Land andere Staaten verklagt haben.

Debatte
Ist es richtig, dass die Öffentlichkeit so wenig von den Verhandlungen der Freihandelsabkommen erfährt?
Während EU, USA und Kanada erklären, die Geheimhaltung der genauen Verhandlungsgegenstände bei TTIP und CETA sei notwendig, halten Kritiker dieses Vorgehen für zutiefst undemokratisch. Sie fordern eine zivilgesellschaftliche Debatte über die Inhalte.

Debatte
Sind die Arbeitnehmerrechte in Europa durch TTIP gefährdet?
Europas Gewerkschaften lassen kein gutes Haar an TTIP: Sie fürchten, dass durch das Freihandelsabkommen die Arbeitnehmerstandards auf das vermeintlich niedrige US-Niveau abrutschen. TTIP-Befürworter argumentieren, dass Sozialdumping im transatlantischen Handel schlicht keine Chance hätte.

Debatte
Schadet TTIP den nicht beteiligten Schwellen- und Entwicklungsländern?
Die Auswirkungen von Handelsabkommen auf nicht beteiligte Staaten sind umstritten. Die Kritiker warnen, TTIP erzeuge negative Impulse vor allem für ärmere Gebiete. Andere Ökonomen meinen, darin lägen sogar Chancen für einzelne Weltregionen.

Debatte
Sollten TTIP und CETA Vorbilder für weitere Handelsabkommen sein?
Haben TTIP und CETA Vorbildfunktion für andere Freihandelsabkommen? Befürworter sagen, vor allem gegenüber Wettbewerbern aus Asien sei der Schulterschluss mit den USA ein Vorteil für europäische Unternehmen. Kritiker meinen, diese Art Vereinbarungen seien stets von Nachteil für unbeteiligte Dritte.
Mediathek
Wohlstand für alle: Was bringen Freihandelsabkommen?
Für seine Dokumentation über das umstrittene Freihandelsabkommen TTIP besucht der SWR-Journalist Tilman Achtnich mexikanische Bauern und amerikanische Arbeiter, befragt deutsche Mittelständler und lässt Expertinnen und Experten zu Wort kommen.
Zahlen und Fakten
Globalisierung
Kaum ein Thema wird so intensiv und kontrovers diskutiert wie die Globalisierung. "Zahlen und Fakten" liefert Grafiken, Texte und Tabellen zu einem der wichtigsten und vielschichtigsten Prozesse der Gegenwart.
Dossier
Europäische Schuldenkrise
Geld ausgeben oder sparen? Dieser ungelöste Disput steht im Zentrum des Dossiers und wird anhand grundlegender Fragen und Infografiken zum Thema erläutert.
Handelsstreit
Der Streit um Handelszölle spitzt sich zu. Ökonomen warnen vor den möglichen Folgen. Die USA, aber auch die EU und China haben weitere "Schutzzölle“ angekündigt. Das euro|topics-Dossier versammelt Kommentare zum Handelsstreit aus der europäischen Presse.