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Klonen | Bioethik | bpb.de

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Klonen

Prof. Dr. rer. nat. Jens Clausen Jens Clausen

/ 9 Minuten zu lesen

Unter Klonen versteht man die künstliche Herstellung von genetisch identischen Organismen. Wie genau funktioniert das und welche ethischen Aspekte spielen in der Debatte ums Klonen eine Rolle?

22. Januar 2018: Die geklonten Affen Hua Hua und Zhong Zhong in einem Labor der Chinesischen Akademie der Wissenschaften in Peking. Die beiden Affen wurden mit der gleichen Methode erschaffen wie das Klonschaf Dolly im Jahr 1996. (© picture-alliance/AP)

Das wohl berühmteste Schaf der Wissenschaftsgeschichte wurde am 05. Juli 1996 geboren. Das Klonschaf "Dolly" hat durch seine bloße Existenz weltweit eine intensive Kontroverse über die Grenzen des ethisch Vertretbaren ausgelöst, denn es war das erste geklonte Säugetier. Eine zuvor im naturwissenschaftlichen Sinne als unüberwindbar geltende Grenze war überschritten worden. Die Möglichkeit, Menschen zu klonen, schien in greifbare Nähe gerückt. Daher ging es bei den ethischen Reaktionen in erster Linie meist nicht um das Klonen von Schafen oder anderen Tieren, sondern es wurde eine Anwendung der Klontechnik beim Menschen diskutiert. Da es gegenwärtig nur sehr vereinzelte Daten zu Klonexperimenten mit menschlichen Zellen gibt, muss sich die ethische Bewertung des Klonens von Menschen allerdings auf die Extrapolation der Ergebnisse aus den Tierexperimenten stützen.

Naturwissenschaftliche Grundlagen

Was ist Klonen?

Unter Klonen versteht man die künstliche Herstellung von genetisch identischen Organismen. Jeder einzelne dieser Organismen wird als Klon bezeichnet. In Pflanzenzüchtung und Gärtnerei nutzt man die teilweise natürlich vorhandene Fähigkeit zu ungeschlechtlicher Fortpflanzung. Es ist weit verbreitet, Pflanzen mit definierten Eigenschaften auf ungeschlechtlichem Wege zu vermehren, um diese Eigenschaften auch in der nachfolgenden Generation zu erhalten (z.B. Kartoffeln oder Erdbeeren). Bei Säugetieren ist die ungeschlechtliche Fortpflanzung auf natürlichem Wege allerdings nicht möglich. Um ein Säugetier zu erzeugen, das mit einem anderen bereits geborenen Individuum genetisch identisch ist, braucht es ein aufwendiges biotechnologisches Verfahren.

Methode

Die Methode zum Klonen von bereits geborenen Säugetieren heißt "Kerntransfer". Dabei wird der Zellkern einer einzigen Körperzelle des zu klonenden Organismus’ in eine "entkernte" Eizelle transferiert. Im Zellkern befindet sich nahezu das komplette Genom der Zelle (Ausnahme: einige wenige Gene in den Mitochondrien, das sind Zellorganellen für den Energiestoffwechsel -> "Kraftwerke der Zelle"). Da von wenigen Ausnahmen abgesehen jede Zelle einen vollständigen (diploiden: jedes Chromosom ist zweimal vorhanden) Chromosomensatz und damit das komplette Genom eine Organismus enthält, ist es überhaupt möglich, aus einer einzelnen Köperzelle einen neuen Organismus zu erzeugen. Der neue, geklonte Organismus benötigt wieder einen diploiden Chromosomensatz. Daher müssen vor dem Transfer des Zellkerns in die Eizelle die Chromosomen der Eizelle entfernt werden; sie werden einfach abgesaugt. In die so entkernte Eizelle wird dann der Zellkern der ursprünglichen Körperzelle transferiert. Nach dem Transfer folgt der für die Entwicklung des geklonten Organismus’ entscheidende Vorgang: Das transferierte Genom, das auf die Funktion der ursprünglichen Körperzelle spezialisiert war, muss in den embryonalen Zustand zurückversetzt werden. Diese Deprogrammierung ist ein hochkomplexer biochemischer Vorgang, der durch Eiweißmoleküle im Zellsaft der entkernten Eizelle gesteuert wird. Nach Abschluss dieser umfangreichen Veränderungen in der Programmierung des transferierten Chromosomensatzes kann dann die Embryonalentwicklung eines neuen, geklonten Organismus’ beginnen.

Ergebnisse

Klonschaf Dolly, geboren am 05.07.1996. Im Februar 2003 musste Dolly eingeschläfert werden. (© AP)

Die Geburt Dollys war eine Sensation, weil damit der Nachweis erbracht wurde, dass mit der Methode des Kerntransfers tatsächlich lebensfähige Klone von Säugetieren erzeugt werden können. Allerdings war die Effizienz dieses Versuch sehr gering: von 277 Versuchen gelang ein einziger. An dieser geringen Effizienz haben auch viele weitere Versuche mit unterschiedlichen Tierarten nichts Grundlegendes geändert. Nur etwa ein Prozent der Kerntransfers führt zur Geburt eines lebensfähigen Säugetiers. Etwa 70% der Kerntransferembryonen entwickeln sich gar nicht erst soweit, dass sie zum Austragen in die Gebärmutter eines anderen Tiers übertragen werden könnten. Von den in einen Uterus transferierten Klonembryonen entwickeln sich dann etwa 3% bis zur Geburt. Oftmals haben diese geklonten Tiere allerdings eine geringere Lebenserwartung als natürlich entstandene. Neben der hohen Anzahl von teilweise sehr späten Fehlgeburten ist als wichtiges Ergebnis der Tierexperimente zum Klonen durch Kerntransfer festzuhalten, dass viele der Tiere schwere organische Fehlbildungen aufweisen.

Zielsetzungen

Für den Einsatz der Klontechnik werden prinzipiell zwei unterschiedliche Ziele angegeben:

  1. Das regenerative/therapeutische Klonen zielt in erster Linie auf die Etablierung von embryonalen Stammzelllinien ab, die genetisch identisch sind mit dem Ursprungsorganismus. Ziel ist es, diese Zellen in der regenerativen Medizin einzusetzen, um transplantierbare Zellen zu erzeugen, die keine Immunabwehr hervorrufen (zur ethischen Bewertung siehe Stammzellforschung).

  2. Das Klonen zu Fortpflanzungszwecken mit dem Ziel, einen lebensfähigen geklonten Organismus auf die Welt zu bringen. Dabei müssen keine totalitaristischen Allmachtsphantasien im Hintergrund stehen, die dann zu ganzen Armeen von geklonten Soldaten, Diktatoren oder Supermodels führen könnten. Eine auf den ersten Blick viel harmlosere und vielleicht auch realistischere Zielsetzung wäre der Einsatz des Klonens als zusätzliche Option in der Reproduktionsmedizin, wenn die bisher etablierten Verfahren keinen Erfolg versprechen. Aber auch in diesem Kontext sind ethische Fragen zu stellen.

Ethische Argumentationen

Die Argumentationen zu den ethischen Aspekten des reproduktiven Klonens beziehen sich in der Regel auf eines von zwei unterschiedlichen Szenarien. Das erste Szenario ist die gegenwärtige Realität. Die generelle ethische Frage lautet dann: Ist das Klonen von Menschen auf der Grundlage der Erkenntnisse über das Verfahren und die bisher vorliegenden Ergebnisse ethisch vertretbar? Diese Frage wird nahezu einhellig – unabhängig von politischer Überzeugung, philosophischer Tradition, Religionszugehörigkeit oder Nationalität – verneint. Vor dem Hintergrund der zu erwartenden Fehlbildungen wird das Klonen von Menschen mittels Kerntransfer als ethisch nicht vertretbar eingestuft, weil es die Klone unzumutbaren gesundheitlichen Risiken aussetzen würde. Das zweite Szenario geht von der Voraussetzung aus, dass die Methode des Kerntransfers genauso sicher wäre wie bereits etablierte Formen der menschlichen Fortpflanzung. Dann lautet die Frage: Gibt es jenseits von Sicherheitsüberlegungen grundsätzliche ethische Argumente, die gegen das Klonen sprechen? Die in diesem Kontext vorgebrachten Argumente werden in der ethischen Diskussion sehr kontrovers diskutiert. Es sind die Argumentationen, das Klonen würde a) gegen die Menschenwürde verstoßen, b) Identität und Individualität des Klons gefährden und c) unzumutbare psychosoziale Folgen für den Klon haben.

a) Menschenwürde

Eines der am häufigsten vorgebrachten Argumente gegen das Klonen ist, Menschen zu klonen verstoße gegen die Menschenwürde. Meist wird dann ein Horrorszenario entworfen, in dem geklonte Menschen unter unwürdigen Bedingungen wie Tiere gehalten werden, deren einziger Zweck es ist, im Bedarfsfall als genetisch identischer Organspender für das ursprüngliche Original zu dienen. Ein solches Vorgehen wäre zweifellos eine eklatante Menschenwürdeverletzung. Kritiker an diesem Argument weisen allerdings darauf hin, dass die Würdeverletzung in der Einkerkerung und der Instrumentalisierung als Organersatzteillager besteht, unabhängig von der Entstehungsart – geklont oder natürlich gezeugt.

b) Identität

Klonkritiker sehen beim Klonen die individuelle Einzigartigkeit des geklonten Menschen als gefährdet an, weil dieser ja genetisch identisch ist mit dem Menschen, von dem die transferierte Zelle stammte. Dagegen wird eingewandt, dass die genetische Ausstattung zwar eine wesentliche biologische Grundlage für den Menschen darstellt. Obwohl das so ist, sind Menschen, die genetisch identisch sind, allerdings jeweils eigenständige Personen. Bei eineiigen Zwillingen hat jeder einzelne Zwilling eine eigene Persönlichkeit. Daher sei nicht davon auszugehen, dass dies bei geklonten Menschen anders wäre.

c) Psychosoziale Auswirkungen

Eine etwas vorsichtigere Contraargumentation gesteht zwar auch einem Klon seine Einzigartigkeit zu, sieht das ethische Problem aber darin, dass der Klon sein Leben im Schatten des Originals zu führen hätte und/oder einem besonders hohen Erwartungs- und Leistungsdruck von Seiten der Eltern ausgesetzt wäre. Dies würde den Klon in seinem Recht, sein eigenes Leben zu führen, unzumutbar einschränken. Allerdings wird dieser Argumentation entgegengehalten, das Recht, sein eigenes Leben zu führen, könne nicht dadurch eingeschränkt werden, dass schon einmal jemand mit derselben genetischen Ausstattung gelebt habe. Das Recht, eigene Entscheidungen zu treffen, besteht unabhängig von der genetischen Ausstattung und würde selbstverständlich auch für Klone gelten.

d) Ethik der Forschung zum Fortpflanzungsklonen

Aus der philosophischen Kritik an den genannten grundsätzlichen Argumenten gegen das Klonen kann allerdings nicht geschlossen werden, dass Klonen eigentlich gar kein ethisches Problem darstellt. Denn um das Klonen zu einer für Menschen sicheren Methode machen zu können, müssten Experimente mit menschlichen Zellen gemacht werden, noch bevor klar ist, wie groß die gesundheitlichen Gefahren für Menschen eigentlich wären. Jüngste Ergebnisse (Juni 2013) belegen die Etablierung der ersten Zelllinie humaner embryonaler Stammzellen nach Kerntransfer. Da die Methode zur Herstellung geklonter Stammzellen im Grundsatz dieselbe wie beim Klonen zu Fortpflanzungszwecken ist, werfen die neuen Ergebnisse erstmals nicht nur hypothetisch, sondern ganz real forschungsethische Fragen zum reproduktiven Klonen von Menschen auf. Grundsätzlich gilt auch hier die im Grundgesetz verankerte Forschungsfreiheit, die ausdrücklich nicht unter Gesetzesvorbehalt steht und daher nur durch den Verweis auf andere Grundrechte oder auf die Menschenwürde eingeschränkt werden kann. Gleichwohl sind vielfältige Regularien etabliert, die Rahmenbedingungen für die Zulässigkeit von klinischen Versuchen am Menschen näher bestimmen. Besonders einschlägig sind in diesem Kontext die aufgeklärte Einwilligung der Kloneltern sowie ein akzeptables Nutzen-Risiko-Verhältnis.

Beim Klonen liegt insofern eine besondere Situation vor, als zu den Kloneltern sowohl die Eizellspenderin und der Spender der somatischen Zelle als auch die den geklonten Embryo austragende Frau sowie die sozialen Eltern gehören, bei denen der Klon dann aufwächst. All diese Personen müssen vor Beginn in das Experiment eingewilligt haben. In einer besonderen Konstellation ist auch hier nur eine einzige Einwilligung erforderlich, wenn nämlich die Frau, von der die Eizelle stammt, auch die somatische Zelle spendet sowie den Klon austrägt und aufzieht. Grundsätzlich sind hierzu aber keine anderen als die üblichen Anforderungen an eine aufgeklärte Einwilligung zu stellen. Während der Klon selbst natürlich nicht einwilligen kann, trägt er den Großteil der Risiken.

Gegenwärtig werden die zu erwartenden gesundheitlichen Gefahren für einen potentiellen Menschenklon als zu hoch eingeschätzt, um mit der Erforschung des Klonens zu Fortpflanzungszwecken beim Menschen zu beginnen. Es ist allerdings durchaus denkbar, dass die Weiterentwicklung und Verfeinerung der Kerntransferverfahren in Tierversuchen und der Stammzellforschung die hohen Fehlerraten sinken lassen. Zu fragen ist daher, wann gegebenenfalls ein akzeptables Nutzen-Risiko-Verhältnis vorliegen würde, das mit der Erforschung des Klonens beim Menschen vereinbar wäre. Dabei könnte man sich beispielsweise an den Ergebnissen der gängigen reproduktionsmedizinischen Verfahren wie In-vitro Fertilisation (IVF) und Intrazytoplasmatische Spermieninjektion (ICSI) orientieren.

Anwendung zur Organzüchtung?

Als Ausweg aus der die Transplantationsmedizin limitierenden Organknappheit wird unter anderem auch vorgeschlagen, auf die Klontechnik zurückzugreifen und menschliche Organe in genetisch veränderten Tieren heranwachsen zulassen, um sie dann für die Transplantation zu verwenden.

Um mit diesem Verfahren eine Niere transplantieren zu können wird zunächst ein Schweineembryo genetisch so verändert, dass er keine Niere bilden kann. Von den Embryonen, die tatsächlich keine Niere bilden, werden ca. am 80. Tag ihrer Entwicklung Zellen entnommen, aus denen wiederum Embryonen geklont werden. In diese zur Nierenbildung nicht fähigen geklonten Schweineembryonen werden menschliche induzierte pluripotente Stammzellen des Patienten implantiert. Da diese menschlichen Zellen Nieren bilden können, werden die Nieren in den heranwachsenden Schweinen aus menschlichen Zellen gebildet. Diese Organe würden dann nach der Geburt für eine Organtransplantation zur Verfügung stehen. In Tierexperimenten ist dies bereits geglückt.

Die hohen Erwartungen an diese Forschungsrichtung, insbesondere ein etwaiger Transplantationserfolg, bedürfen einer Abwägung gegen andere ethische Fragen. Neben tierethischen Fragen nach der Zulässigkeit solcher Experimente stellen sich spezifische Fragen der Patientensicherheit insbesondere hinsichtlich des Infektions- und Abstoßungsrisikos sowie die ethischen Fragen in Rahmen der Herstellung von Mensch-Tier-Mischwesen.

Bei diesem Verfahren bestehen die zu transplantierenden Organe zwar aus menschlichen Zellen, allerdings sind diese in einem Tier gewachsen. Im Kontakt mit den Schweinegeweben könnten die Organe mit Tierpathogenen infiziert werden, die erst bei einer Übertragung auf den Menschen ihr pathogenes Potential entfalten und dort Krankheiten auslösen, die möglicherweise vorher gänzlich unbekannt waren. Diese sogenannten Xenozoonosen schüren insbesondere aufgrund der begrenzten Erfahrung ernstzunehmende Bedenken, die ein vorsichtiges Vorgehen nahelegen. Man sollte also mit wenigen, streng kontrollierten Einzelstudien beginnen, die sich bei geeigneten Ergebnissen weiter ausweiten ließen.

Durch die genetische Veränderung im Verfahren des Organ-Farmings soll sichergestellt werden, dass das zu transplantierende Organ aus menschlichen Zellen besteht, die dem Patienten immunologisch gleichen. Da die spezifischen Zellen des Organs nicht vom Schwein gebildet werden können, werden sie, wie oben beschrieben, durch menschliche Zellen ersetzt. Ob dies allerdings auch für die versorgenden Blutgefäße und Nervenzellen gilt, ist gegenwärtig noch fraglich. Dies könnte verheerende Abstoßungsreaktionen hervorrufen, die eine erfolgreiche Transplantation gefährden würden. Vor den ersten Versuchen mit menschlichen Patienten gilt es daher sicherzustellen, dass alle Zellen des zu transplantierenden Organs auch tatsächlich von den Stammzellen des Patienten abstammen.

Das Organ-Farming erzeugt Mischwesen: ein menschliches Organ wächst in einem gentechnisch veränderten Schwein. Solche Organismen, die aus Geweben und Organen unterschiedlicher Tierarten bestehen, nennt man Chimären. Dadurch kann in normativer Hinsicht Verwirrung entstehen, wenn nicht mehr klar ist, wie die entstandenen Mischwesen behandelt werden sollten. Müssen wir jeden Organismus, der menschliche Zellen enthält auch wie einen Menschen behandeln, oder bleibt das Schwein beim Organ-Farming einfach ein Schwein, das lediglich ein Organ aus menschlichen Zellen in sich trägt? Wenn menschliche Zellen in einem Tier wachsen und sich entwickeln, gilt es als besonders problematisch, wenn die menschlichen Zellen an der Hirnentwicklung beteiligt sind oder die Keimbahn besiedeln. Während die Keimbahn vom Chimärismus ausgeschlossen werden soll, um eine Weitervererbung des Mischstatus in die nächste Generation auszuschließen, betrifft das Hirn das moralische Selbstverständnis und es sollte verhindert werden, dass ein Schwein mit kognitiven Eigenschaften eines Menschen entsteht.

ist Leiter des Fachbereichs "Ethik und Lebenswissenschaften und ihre Didaktik" an der Pädagogischen Hochschule Freiburg.