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Analyse: Der Wähler 2.0. Junge Polen über Politik und Demokratie | Polen-Analysen | bpb.de

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Analyse: Der Wähler 2.0. Junge Polen über Politik und Demokratie

Marta Gałązka

/ 12 Minuten zu lesen

Junge Menschen haben oft eine kritische Haltung gegenüber der Politikern und dem politischen System. Viele finden keine Partei, die ihre Ansichten und Interessen repräsentieren. Die neuen Technologien sind für die jüngste Generation sehr wichtig. Was ist die Einstellung der jungen Polen zur Demokratie, Politik, Politikern und den Parteien?

Eine junge Frau schreit Parolen während einer Demonstration für mehr Frauenrechte in Warschau. (© AP)

Die hier vorgestellten Daten und Erkenntnisse sind der Publikation des Instytut Spraw Publicznych (Institut für Öffentliche Angelegenheiten) "Wyborca 2.0. Młode pokolenie wobec procedur demokratycznych" ("Der Wähler 2.0. Die junge Generation gegenüber demokratischen Prozeduren") entnommen, die von Dominik Batorski, Marcin Drabek, Marta Gałązka und Jarosław Zbieranek 2012 verfasst wurde. Während der zugrunde liegenden Untersuchung wurde eine Durchsicht der bisherigen polnischen und ausländischen Forschung zur Wahlbeteiligung junger Menschen vorgenommen. Analysiert wurden u. a. die Forschungsergebnisse von Polskie Generalne Studium Wyborcze und Diagnoza Społeczna sowie Daten, die vom Centrum Badania Opinii Społecznej (CBOS) und SMG/KRC im Auftrag des Instytut Spraw Publicznych erhoben wurden. Darüber hinaus wurden im Juni 2012 in Warschau fokussierte Gruppeninterviews mit Jugendlichen und Studierenden im Alter von 15 bis 25 Jahren durchgeführt. Die dabei geäußerten Meinungen und Ideen waren wesentlich für das Verständnis der analysierten quantitativen Untersuchungsergebnisse.

Einstellungen zur Demokratie

Seit vielen Jahren hält sich das Interesse der Jugend an der Politik auf niedrigem Niveau. Die Mehrheit der Jugend bezeichnet ihr Interesse an Politik als "mittelmäßig" und bekennt, nur den wichtigsten politischen Fragen Aufmerksamkeit zu schenken. Diese Haltung wurde von 52 Prozent im Jahr 1996 bis hin zu 40 Prozent im Jahr 2010 eingenommen. Aktuell beobachten nur 14 Prozent der jungen Polen aufmerksam die politische Bühne. Viele junge Menschen unterstreichen, dass ihnen die Politik durch grundlosen Streit zwischen den Politikern und deren Beschäftigung mit "Stellvertreterproblemen" verleidet wird. Unabhängig davon, wie groß ihr Interesse an öffentlichen Problemen ist, missfällt ihnen, dass sich die Politik ständig mit denselben, in den Augen der Jugend unwesentlichen Themen beschäftigt, wie weltanschaulichen und historischen Fragen. Ein signifikanter Teil der Jugend erwartet fachliche Debatten und konkrete Handlungen in wichtigen Bereichen, wie zum Beispiel Rente, Schulwesen oder Wohnungsmarkt. Dies ist besonders interessant, wenn man diese Ergebnisse mit dem Stereotyp vergleicht, dass sich die Jugend nur ungern mit derlei Fragen beschäftigt und sich gerade den "Stellvertreterthemen" zuwendet. Das Verhältnis der jungen Generation zur Demokratie ist nicht eindeutig und eher reserviert. Alle zwischen 1994 und 2010 durchgeführten Untersuchungen zeigten, dass unter den jungen Menschen prodemokratische und ambivalente Einstellungen vorherrschen. Assoziiert wird die Demokratie mit einer relativ autonomen Wertesphäre, gleichgesetzt mit Menschenrechten und der allgemeinen Verbreitung der Wahlfreiheit, aber nicht immer funktioniert die Demokratie entsprechend den Erwartungen der jungen Generation. Im Jahr 2010 äußerten 61 Prozent der Jugendlichen ihre Missbilligung gegenüber der polnischen Demokratie. Außerdem sind für einen bedeutenden Teil der Jugend die Regeln der Demokratie nicht vollkommen verständlich und wecken viele Zweifel. Unzufriedenheit rufen u. a. der fehlende unmittelbare Einfluss auf die Realität hervor, Probleme der politischen Repräsentation, die zu enge Verbindung zwischen Politik und Medien, die inadäquate Finanzierung der Parteien und die fehlende tatsächliche Kontrolle der Aktivitäten der Politiker. Viele negative Eigenschaften werden der kurzen Phase in der Entwicklung der Demokratie zugeschrieben, was die im Allgemeinen positive Haltung zur Demokratie in normativer Hinsicht bestätigt. Abgesehen von der Kritik an der aktuellen Ausprägung der polnischen Demokratie unterstreicht die Jugend deutlich den grundsätzlich positiven Einfluss, den sie auf die zivilgesellschaftliche Entwicklung und die Verbesserung der Qualität des politischen Lebens nehmen kann.

Das Image der Politik und der Politiker

Unabhängig vom Grad des Interesses an öffentlichen Angelegenheiten und den Ansichten zum Thema Demokratie erfreuen sich die Politiker und die Parteien keiner hohen Meinung unter den Jugendlichen. Die jungen Menschen haben kein Vertrauen zu den Politikern, sind sie doch der Meinung, dass die politisch Verantwortlichen ihre Versprechen und Erwartungen nicht erfüllen und sich in ihren Handlungen nur von ihren eigenen Interessen leiten lassen. Sie würden sich nicht mit den Angelegenheiten befassen, die für die Gesellschaft wesentlich sind, dafür seien sie ständig in grundlose Streitereien verwickelt. Die Mehrheit von 77 Prozent meint, dass Macht zu erlangen das Hauptziel politischer Gruppierungen sei bzw. für die politischen Führer, persönlichen Nutzen zu erzielen. Nur wenige sind der Meinung, dass die Parteien ihre Interessen vertreten (7 Prozent) oder herausstellen, welche Fragen wichtig sind und welche Richtung angestrebt werden soll (6 Prozent). Die Jugend ist sich allerdings bewusst, dass das Bild der Politiker in sehr hohem Maße von den Medien abhängt, sowohl davon, wie sie dargestellt werden, als auch wie sie sich selbst in den Medien inszenieren. Viele Jugendliche geben an, dass sie das "wahre Gesicht" der Politiker kennenlernen möchten, sie sind aber gleichzeitig der Ansicht, dass die Medien daran nicht interessiert sind. Die Aktivitäten der Politiker werden überwiegend negativ beurteilt. Das Stereotyp des Politikers setzt sich aus Sicht der Jugend aus folgenden Faktoren zusammen: vermögend, (immer noch) männlich, passiv in öffentlichen Angelegenheiten, aber ständig um Echo bemüht, streitsüchtig. Er führt aggressive Diskussionen und lässt sich von seinem eigenen oder vom Parteiinteresse leiten. Ein großer Teil der Jugendlichen meint ebenfalls, dass sich die Parteien für die Wähler und dafür, was diese zu sagen haben, ausschließlich im Wahlkampf interessieren, daher haben gewöhnliche Bürger keinen Einfluss darauf, was die Regierung macht. Diese Überzeugungen bestimmen das fehlende Vertrauen in die Politiker. Die Jugend hat das Gefühl, dass das politische Milieu hermetisch ist, was sowohl die Probleme betrifft, mit denen sich die Politiker beschäftigen, als auch die Personen, die im öffentlichen Leben auftreten. Sie ist außerdem überzeugt, dass die Medien die Tendenz verstärken, dass sich die Politiker nicht mit Schlüsselfragen junger Menschen auseinandersetzen, orientieren sich diese doch an der Medienberichterstattung statt an den Bedürfnissen ihrer Wähler.

Die Parteipräferenzen der Minderjährigen

Die Jugendlichen haben andere politische Ansichten als der Rest der Gesellschaft. Im Jahr 2012 unterstützten sie am häufigsten die Partei Recht und Gerechtigkeit (Prawo i Sprawiedliwość – PiS); mit ihr sympathisieren 22 Prozent der Jugend. Große Unterstützung erhielt auch die Palikot Bewegung (Ruch Palikota) mit 18 Prozent. Sehr schlecht mit nur 12 Prozent wird die Bürgerplattform (Platforma Obywatelska – PO) von den jungen Polen eingeschätzt. Fast jeder zehnte Jugendliche (9 Prozent), der angibt, zur Wahl gehen zu wollen, unterstützt die Neue Rechte von Janusz Korwin-Mikke (Nowa Prawica Janusza Korwin-Mikkego). Die Polnische Bauernpartei (Polskie Stronnictwo Ludowe – PSL) und Solidarisches Polen von Zbigniew Ziobro (Solidarna Polska Zbigniewa Ziobry) würden nur 2 Prozent der Jugend unterstützen. Vollkommen anders sieht die Unterstützung für die Parteien unter den Erwachsenen aus. Am meisten Anhänger hat hier die PO mit 27 Prozent. Etwas weniger unterstützen PiS – 20 Prozent. Deutlich weniger Sympathie rufen die Demokratische Linksallianz (Sojusz Lewicy Demokratycznej – SLD) mit 8 Prozent –, die Palikot Bewegung (6 Prozent) und die PSL (6 Prozent) hervor. Solidarisches Polen von Zbigniew Ziobro und Neue Rechte von Janusz Korwin-Mikke verzeichnen jeweils 2 Prozent Anhänger. Anders geprägte politische Präferenzen junger Menschen sind keine neue Erscheinung. Im Jahr 2011 gewann in den vom Zentrum für Bürgerbildung (Centrum Edukacji Obywatelskiej) im Rahmen der Aktion "Die Jugend wählt" durchgeführten Jugendwahlen die Palikot Bewegung mit 36 Prozent. Deutlich weniger Unterstützung erhielten PiS mit 21 Prozent, PO mit 20 Prozent, Polen ist das Wichtigste (Polska Jest Najważniejsza – PJN) und SLD mit jeweils 6 Prozent. Ein Teil der Jugendlichen unterstützte auch die Neue Rechte von Janusz Korwin-Mikke (Nowa Prawica Janusza Korwin-Mikkego) und die Polnische Bauernpartei (Polskie Stronnictwo Ludowe – PSL) mit jeweils 3 Prozent. Auch hier sahen die politischen Vorlieben der Jugend anders aus als die der Erwachsenen. Zum Vergleich: In den Parlamentswahlen 2011 wurden die meisten Stimmen für die PO abgegeben (39 Prozent). PiS wurde mit 30 Prozent der Stimmen unterstützt, die Palikot Bewegung erhielt 10 Prozent und die PSL und die SLD jeweils 8 Prozent. Untersuchungen zum Gefühl der Repräsentativität von Parteien zeigen, dass die Identifikation der Polen mit Parteien nicht groß ist. Die Mehrheit der politischen Gruppierungen wird in geringem Maße als Fürsprecher der Interessen und Ansichten der Wähler betrachtet. Die Charakteristik der gesellschaftlichen Basis der einzelnen Parteien bestätigt diese Meinung. Als "Partei der jungen Menschen" kann die Palikot Bewegung und die Neue Rechte von Janusz Korwin-Mikke angesehen werden. Zunehmende Sympathie weckt PiS bei den jungen Polen. Die politischen Vorlieben der jungen Menschen verweisen auf eine generationsspezifische Besonderheit. Deutlich ist das kritische Verhältnis der Jugend zu den Regierungsparteien. Eine Ursache für die sinkende Unterstützung kann die Missbilligung und Enttäuschung über die Regierung beispielsweise im Zusammenhang mit der Unterzeichnung von ACTA sein. Untersuchungen der öffentlichen Meinung und der Wahlergebnisse im Rahmen der Aktion "Die Jugend wählt" zeigen deutlich, dass junge Menschen die größte Sympathie stark ideologisierten Gruppierungen schenken, die ein deutliches politisches Programm haben und an deren Spitze charismatische Führer stehen.

Medienkonsum

Die am häufigsten genutzte Informationsquelle zu den Wahlen und den aufgestellten Kandidaten ist das Fernsehen. Für 63 Prozent der Gesellschaft ist es die Hauptwissensquelle. Dagegen ist für die Polen im Alter von 18 bis 24 Jahren eine andere Informationsquelle wichtig. 65 Prozent der jungen Menschen suchen Nachrichten über die Politik im Internet. Dieser Unterschied zwischen den Generationen erscheint naheliegend. Die Generationen leben in unterschiedlichen medialen Welten. Das, was mit Hilfe des Fernsehens die älteren Menschen erreicht, kommt bei den jungen nicht an. Die Parteien sollten daher mehr Gewicht auf das Internet legen, eventuell auf Kosten von Fernsehspots. Die jungen Polen nutzen das Internet bedeutend häufiger und intensiver als die älteren Polen. Der durchschnittliche Nutzer im Alter von 15 bis 24 Jahren verbringt wöchentlich 18 Stunden im Netz. Personen im Alter von 30 Jahren und älter nutzen das Internet deutlich kürzer. Außerdem setzen die jungen Menschen das Netz entschieden vielseitiger ein und nutzen es für unterschiedliche Aktivitäten. Die Zeit, die der Internetnutzer dem Internet widmet – durchschnittlich zwei Stunden täglich –, ist länger als für jedes andere Medium. Das am stärksten verbreitete Medium in der Gesellschaft, das Fernsehen, wird von der Jugend wöchentlich im Durchschnitt zirka 13 Stunden konsumiert. Insbesondere bei den unter 30-Jährigen überwiegt die Nutzung des Internets eindeutig den Fernsehkonsum. Unter den 15- bis 24-Jährigen nutzen 60 bis 70 Prozent das Internet intensiv, und nur ein Drittel sieht mehr als zehn Stunden in der Woche fern. In der Gruppe der 30- bis 40-Jährigen werden beide Medien zeitlich ungefähr gleich eingesetzt. In den höheren Altersgruppen nutzt weniger als die Hälfte der Untersuchten das Internet intensiv. Parteien und politische Organisationen, die sich der zivilgesellschaftlichen Aktivierung junger Menschen widmen, sollten alle Bemühungen darauf richten, dass ihre online gestellten Informationen nicht nur die Aufmerksamkeit der Jugendlichen wecken, sondern diese vor allem zu aktiver Teilnahme animieren.

Das Engagement der jungen Polen und das Internet

Zahlreiche Untersuchungen belegen, dass ein positiver Zusammenhang zwischen der Internetnutzung und dem Interesse an öffentlichen Angelegenheiten und der Wahlbeteiligung besteht. Internetnutzer nehmen in größerem Maße als diejenigen, die das Medium nicht nutzen, an Aktivitäten für die lokale Gemeinschaft und öffentlichen Versammlungen teil und sind in unterschiedlichen Organisationen aktiv. Obgleich die gesellschaftliche Aktivität nach Altersgruppen stark differiert, ist sie doch in jeder Altersgruppe bei denjenigen stärker, die das Internet nutzen. Auch wenn sich die jungen Polen signifikant weniger für die lokalen Gemeinschaften einsetzen als ältere, ist dieses Engagement auch unter den Internetnutzern größer. Ähnlich ist es im Fall von Praktika und sozialem Engagement. Internetnutzer interessieren sich außerdem häufiger für Politik. Dies kann daraus resultieren, dass die Nutzung des Internets einen größeren Zugang zu Kommentaren, Analysen und politischen Informationen bereithält, was ein besseres Verständnis des politischen Geschehens ermöglicht. Internetnutzer geben häufiger an, an Wahlen teilnehmen zu wollen, als diejenigen, die das Medium nicht nutzen. Im Jahr 2007 war die angegebene Wahlbeteiligung unter Internetnutzern 8,5 Prozentpunkte höher als bei denjenigen, die das Internet nicht nutzen. Dies bestätigt die Präsidentschaftswahl von 2010. Die Wahlbeteiligung im ersten Wahlgang der Präsidentschaftswahlen war in den Gemeinden höher, in denen das Internet in hohem Maß genutzt wurde.

Die Wahlbeteiligung der Jugend

In der jüngsten Wählergruppe ist die Wahlbeteiligung am niedrigsten. Die Differenz zwischen der angegebenen Wahlbeteiligung der jüngsten Wählergruppe und der Wähler über 24 Jahre beträgt von 10 bis zu sogar 20 Prozent. Die bereits dargestellten Ansichten der jungen Bürger zu Politik und Demokratie erklären teilweise das geringe Interesse der Jugend an den Wahlen. Jedoch lohnt es, einen genaueren Blick auf einige Faktoren zu richten, die die Wahlbeteiligung beeinflussen. Die geringe Wahlbeteiligung der Jugend kann mit dem Lebensabschnitt in Zusammenhang stehen. Gleich nach Erlangung der Volljährigkeit konzentrieren sich die jungen Menschen vor allem auf die Ausbildung, den Eintritt ins Berufsleben und das Privatleben. Erst nachdem eine gewisse Stabilisierung im Leben erreicht ist, haben sie zunehmend an Erfahrungen gewonnen und beginnen besser zu verstehen, dass die Entscheidungen der Politiker einen großen Einfluss auf ihr Leben haben. Außerdem wissen sie mehr und mehr, was gut für sie selbst, für die Gesellschaft, in der sie leben, und für ihr Land ist. Wie bereits erwähnt, bewirken das geringe Interesse an politischen Fragen und das fehlende gesellschaftliche und politische Engagement, dass die Jugend ungern wählen geht. Begünstigt wird die politische Aktivität jedoch vom Engagement in unterschiedlichen Organisationen, gesellschaftlichen Initiativen oder Parteien, werden dabei doch unter anderem Hinweise gegeben, wo, wie und vor allem warum man wählen gehen sollte. Schließlich wird in gesellschaftlichen Organisationen erwartet, dass die Mitglieder Entscheidungen treffen und dabei nicht nur das eigene Interesse berücksichtigen, sondern auch die Bedürfnisse der Gesellschaft. Viele – nicht nur junge – Wähler motiviert das Risiko, dass ein für sie unerwünschtes Wahlergebnis eintritt, an den Wahlen teilzunehmen. In einem solchen Fall handelt es sich um eine strategische Stimmabgabe. Auch die Möglichkeit, die eigene Haltung in konkreten Fragen zu präsentieren (einen Kandidaten zu wählen, der ähnliche Ansichten vertritt), die Unzufriedenheit mit den Vorgängerregierungen und gleichzeitig die Hoffnung auf Veränderung motivieren zur Stimmabgabe. Solche Motive kamen bei den Parlamentswahlen 2007 zum Tragen. Viele junge Menschen, die vorher kein Interesse an Politik bekundet hatten, begaben sich massenhaft zu den Wahllokalen, um ihre Unzufriedenheit mit der von PiS dominierten Regierung, vor allem mit den Änderungen im Bildungssystem, zum Ausdruck zu bringen. Viele Personen entschieden dabei nicht nur, selbst wählen zu gehen, sondern mobilisierten auch ihre Familien und Bekannten, aus Angst, dass ein für sie ungünstiges Wahlergebnis eintreten könne. Der Wahltermin ist ein weiterer Faktor, der die Wahlbeteiligung beeinflusst. Gewöhnlich nehmen an Wahlen, die an einem Sonntag stattfinden, mehr Personen teil, doch das sich verändernde Freizeitverhalten, das sich darin äußert, dass man am Wochenende häufiger auswärts ist, hat zur Folge, dass die Teilnahme an den Wahlen zu sinken beginnt. Besonders deutlich ist das bei jungen Menschen, die sich durch eine große Mobilität auszeichnen, dies gilt vor allem für Studierende, aber auch für Berufstätige, die das Wochenende nicht dort verbringen, wo sie gemeldet sind. Auch wenn sie am Wahltag in der Stadt sind, in der sie gemeldet sind, wollen die jungen Menschen ihre Freizeit zunehmend für Unterhaltung und Erholung nutzen und nicht, um das Wahllokal aufzusuchen. Daher ist es sehr wichtig, weitere Methoden der Stimmabgabe nutzen zu können. Die Erweiterung der Möglichkeit, seine Stimme per Briefwahl oder über Bevollmächtigte abzugeben, sowie die Einführung der Stimmabgabe im Internet oder die vorgezogene Stimmabgabe können für manche Bürger eine wesentliche Erleichterung darstellen. Alternative Wahlmethoden erlauben nicht nur den mobilen Bürgern zu wählen, sondern auch denen, die aufgrund einer Krankheit, ihres Alters oder einer Beeinträchtigung das Wahllokal nicht aufsuchen können. Auch wenn sich die jungen Menschen bewusst sind, dass Missbrauch und Wahlfälschungen eintreten könnten, stellt ihre Gruppe die meisten Anhänger der elektronischen Stimmabgabe. Auf die Wahlbeteiligung hat außerdem die Häufigkeit der Wahlen Einfluss. Wenn Wahlen zu häufig stattfinden, sinkt die Beteiligung, da jede Abstimmung ein bestimmtes Engagement der Bürger erfordert. Es geht dabei nicht nur um die Zeit, die die Abgabe der Stimme in Anspruch nimmt, sondern vor allem um die Zeit, die benötigt wird, um sich mit dem Programm der Kandidaten, den Regeln der Stimmabgabe usw. auseinanderzusetzen. Dies gewinnt umso mehr an Bedeutung, als junge Menschen der Meinung sind, dass man vor der Wahlentscheidung die Programme der verschiedenen Gruppierungen kennen sollte.

Zusammenfassung

Die Meinungen junger Polen zum Thema Demokratie einerseits und der aktuellen Politik andererseits laufen deutlich auseinander. So sehr sich die Jugend grundsätzlich positiv über das demokratische System äußert und generell der Meinung ist, dass es das beste der möglichen ist, so beurteilt sie die gegenwärtige Politik und die aktuellen Politiker sehr negativ. Die Mehrheit meint, dass den Politikern nicht an den Wahlen, sondern vor allem an ihren eigenen Interessen gelegen ist. Sie sind empört, dass die Politiker keine fachlichen Debatten führen und sich weitestgehend mit unwesentlichen Fragen befassen. Auch wenn die Jugend häufiger mit stark ideologisierten Gruppierungen sympathisiert, sieht sie auf der politischen Bühne keine Partei, die ihre Ansichten und Interessen repräsentieren würde. Eine große Herausforderung wird für die politischen Gruppierungen werden, attraktive und glaubwürdige politische Angebote für die Jugend aufzustellen. Wesentlich ist dabei, das Internet einzubinden, das nicht nur die Hauptinformationsquelle für die jungen Menschen darstellt, sondern vor allem auch eine normale Umgebung, in der sie sich täglich bewegen. Übersetzung aus dem Polnischen: Silke Plate

Fussnoten

(Politologin) ist wissenschaftliche Mitarbeiterin im Programm "Recht und Demokratische Institutio­nen" beim Institut für Öffentliche Angelegenheiten (Instytut Spraw Publicznych) und Doktorandin am Institut für Politikwissenschaften an der Stefan Kardinal Wyszyński-Universität (Uniwersytet Kardynała Stefana Wyszyńskiego) in Warschau.