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Kommentar: Kritiklos heraus aus dem Netz des Feindes? | Ukraine-Analysen | bpb.de

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Kommentar: Kritiklos heraus aus dem Netz des Feindes?

Steffen Halling Berlin Von Steffen Halling

/ 4 Minuten zu lesen

Mehrere russische Medienunternehmen sind kürzlich in der Ukraine verboten worden – ein Schritt der im Ausland vielfach kritisiert und getadelt wurde. Beobachter sehen die Presse- und Meinungsfreiheit in der Ukraine bedroht. Dort wurde das Verbot jedoch deutlich unkritscher beurteilt, kommentiert Steffen Halling.

Verboten: Die Website Odnoklassniki gehört zu den von der ukrainischen Regierung sanktionierten Medienunternehmen. (© picture alliance/Sputnik/dpa)

Der im Mai von Präsident Poroschenko unterzeichnete Erlass, die Sanktionen gegen russische Unternehmen auszuweiten und somit unter anderem nicht nur weiteren russischen Fernsehsendern die Sendelizenzen in der Ukraine zu entziehen, sondern auch die bei ukrainischen Internetnutzern populären russischen sozialen Netzwerke V-Kontakte ("im Kontakt") und Odnoklassniki ("Klassenkameraden"), die Suchmaschine Yandex sowie den E-Mail-Dienstleister Mail.ru zu sperren, hat international teils heftige Kritik hervorgerufen. Human Rights Watch bezeichnete den Schritt des Präsidenten vor allem mit Blick auf die sozialen Netzwerke als eine "zynische, politisch kalkulierte Attacke auf das Informationsrecht von Millionen von Ukrainern". Für Reporter ohne Grenzen stellen die Sanktionen einen "nicht hinnehmbare[n] Angriff auf die Meinungs- und Pressefreiheit" dar. Die Vertretung der Europäischen Union in Kiew äußerte zwar generelles Verständnis für Maßnahmen, die der nationalen Sicherheit der Ukraine dienten. Die von der ukrainischen Regierung in diesem Zusammenhang vorgebrachten Argumente seien zur Rechtfertigung der neuerlichen Restriktionen aus ihrer Sicht jedoch nicht ausreichend.

Ukrainische Medien sind vom Verbot der entsprechenden russischen Internetdienste potentiell in zweifacher Hinsicht betroffen. Erstens, weil insbesondere das Netzwerk V-Kontakte bisher auch von ukrainischen Medien als Plattform genutzt wurde, um eigene Medieninhalte zu verbreiten. Segodnja, die größte ukrainische Tageszeitung, hat auf V-Kontakte knapp 120.000 Abonnenten; TSN, die Nachrichtensparte des Fernsehsenders 1+1, gar über 1,5 Millionen. Folgt man der Bewertung des ehemaligen Journalisten und heutigen Parlamentsabgeordneten Serhij Leschtschenko und wertet die Sanktionen als Angriff auf die Meinungs- und Pressefreiheit durch ein zunehmend autoritäres Regime, das unter dem Vorwand nationaler Sicherheitsbedürfnisse den Informationsraum kontrollieren wolle, so müssten ukrainische Medien zweitens folgerichtig auch ihre eigene Existenz bedroht sehen.

Im Spannungsfeld zwischen nationaler Sicherheit auf der einen und Meinungs- und Pressefreiheit auf der anderen Seite lassen sich Argumente für wie gegen die Position der Regierung finden. Auffallend ist jedoch, dass eine tatsächlich kritische Auseinandersetzung mit Poroschenkos Erlass in der von den Oligarchen kontrollierten ukrainischen Medienlandschaft weitestgehend ausgeblieben ist. Zwar wurde in den führenden, von den Oligarchen bestimmten Fernsehsendern und Zeitungen ausgiebig über die Ausweitung der Sanktionen und die damit einhergehenden Verbote berichtet. Die zumeist deskriptiv-neutral gehaltene Berichterstattung beschränkte sich aber vor allem auf Aspekte der technischen Umsetzbarkeit sowie der juristischen und wirtschaftlichen Folgen des Verbots für ukrainische Privatpersonen und Unternehmen.

Exemplarisch hierfür ist die zu Achmetows Medienholding gehörende Tageszeitung Segodnja, die die international geäußerte Kritik am Präsidentenerlass lediglich als Indiz dafür nahm, dass der Effekt des Verbots auf ukrainischer Seite offensichtlich nicht ausreichend kalkuliert worden sei – getreu dem Motto: Es geht weniger darum, was man macht, als wie man es tut. Gleichzeitig berichtete die Zeitung über ukrainische Internethändler, die bisher intensiv Waren über V-Kontakte vertrieben hätten und sich nun alternative Absatzwege suchen müssten. Ausgespart wurde hier wie auch andernorts jedoch die grundsätzliche Diskussion über die Frage nach der Einschränkung der Presse- und Meinungsfreiheit. Eine Reihe von Unternehmen, die den Oligarchen zuzurechnen sind, haben zudem prompt damit begonnen, den Erlass des Präsidenten umzusetzen, indem etwa die von ihnen kontrollierten Medien in ihren entsprechenden V-Kontakte-Gruppen auf die Alternativen Facebook, You Tube und Twitter verweisen oder indem sie, wie das von Achmetow kontrollierte Telekommunikationsunternehmen Ukrtelekom, den Zugang zu den betroffenen russischen Internetseiten bereits blockiert haben.

Es mag sein, dass aus ukrainischer Sicht eine Diskussion über Meinungs- und Medienfreiheit am Beispiel der sozialen Netzwerke V-kontakte und Odnoklassniki in Zeiten, in denen sich das Land im Krieg mit Russland befindet, weltfremd daherkommt. Denn zu einer fairen Beurteilung des Sachverhaltes gehört etwa auch, dass sich der Gründer von V-Kontakte, Pawel Durow, bereits 2014 zum Verkauf seiner Anteile an dem Unternehmen gezwungen sah, nachdem er sich geweigert hatte, gegenüber dem russischen Inlandsgeheimdienst FSB persönliche Daten der Organisatoren von "Euromajdan"-Gruppen in dem Netzwerk preiszugeben. Seitdem wird das Unternehmen bekanntermaßen von Alischer Usmanow kontrolliert, einem russischen Oligarchen mit engen Beziehungen zum Kreml. Zudem sind die betroffenen sozialen Netzwerke für ukrainische Nutzer alles andere als alternativlos.

Gleichzeitig muss jedoch auch konstatiert werden, dass das Fehlen einer breiten kritischen Auseinandersetzung mit dem Thema aus zwei Gründen symptomatisch für die gegenwärtige Situation in der Ukraine ist. Zum einen haben sich in den Jahren seit der Annexion der Krim und des anhaltenden Krieges im Donbass Diskussionen über Themen, die Russland, den Krieg und die nationale Sicherheit betreffen, deutlich verengt. Zum anderen hängt die mangelnde kritische Auseinandersetzung mit der Regierungspolitik aber auch mit der politischen Rolle der Oligarchen zusammen. Die Oligarchen haben sich trotz aller Widrigkeiten mit Poroschenko arrangiert und nehmen, zumindest für den Moment und offensichtlich aus Mangel an Alternativen, Abstand von allzu großer öffentlicher Kritik an der politischen Führung.

Die fehlende kritische Begleitung des Präsidialerlasses zum Verbot von V-Kontakte etc. mag aufgrund durchaus bestehender sicherheitsrelevanter Faktoren in diesem Zusammenhang nicht das beste Beispiel sein. Allerdings, und das hat sich besonders deutlich während des Majdans gezeigt, stellt die Einschränkung fundamentaler politischer Grundrechte im Zweifel kein Hindernis für die Oligarchen dar. Damals unterstützten die Oligarchen Janukowitsch bis kurz vor dessen Sturz und trugen sowohl medial als auch durch die von ihnen kontrollierten Abgeordneten die Antiprotestgesetze vom 16. Januar 2014 mit. Deren Umsetzung hätte tatsächlich eine massive Einschränkung für die Meinungs- und Pressefreiheit in der Ukraine bedeutet.

Das Verhalten der Oligarchen, die ihre Medienbeteiligungen traditionell zur politischen Einflussnahme nutzen, überrascht letztlich kaum und folgt einem bekannten Muster. Wie bereits in früheren Jahren findet das Arrangement zwischen Oligarchen und politischer Führung seinen Ausdruck in der Formel "politische Unterstützung (sei es durch Stillschweigen) für wirtschaftliche Vorteile". Im Kampf um finanzielle Ressourcen und politischen Einfluss werden die Oligarchen dabei auch in Zukunft sowohl einer demokratischen als auch – trotz allem – einer autoritären Konsolidierung im Wege stehen.

Fussnoten

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Steffen Halling ist Doktorand der Forschungsstelle Osteuropa an der Universität Bremen und Promotionsstipendiat in der Forschungsgruppe Osteuropa und Eurasien bei der Stiftung Wissenschaft und Politik. Er forscht zu Oligarchen in der Ukraine und ihren Legitimationsstrategien.