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Kommentar: Wir brauchen eine De-Kolonisierung und Aufwertung der Osteuropaforschung | Ukraine-Analysen | bpb.de

Ukraine Der Globale Süden und der Krieg (24.11.2023) Analyse: Der Blick aus dem Süden: Lateinamerikanische Perspektiven auf Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine Analyse: Russlands Krieg gegen die Ukraine und Afrika: Warum die Afrikanische Union zwar ambitioniert, aber gespalten ist Analyse: Eine Kritik der zivilisatorischen Kriegsdiplomatie der Ukraine im Globalen Süden Umfragen: Umfragedaten: Der Globale Süden und Russlands Krieg gegen die Ukraine Dokumentation: Abstimmungen in der Generalversammlung der Vereinten Nationen Chronik: 16. bis 27. Oktober 2023 Zwischen Resilienz und Trauma: Mentale Gesundheit (02.11.2023) Analyse: Mentale Gesundheit in Zeiten des Krieges Karte: Angriffe auf die Gesundheitsinfrastruktur der Ukraine Analyse: Den Herausforderungen für die psychische Gesundheit ukrainischer Veteran:innen begegnen Umfragen: Umfragen zur mentalen Gesundheit Statistik: Mentale Gesundheit: Die Ukraine im internationalen Vergleich Chronik: 1. bis 15. Oktober 2023 Ukraine-Krieg in deutschen Medien (05.10.2023) Kommentar: Der Kampf um die Deutungshoheit. Deutsche Medien zu Ukraine, Krim-Annexion und Russlands Rolle im Jahr 2014 Analyse: Die Qualität der Medienberichterstattung über Russlands Krieg gegen die Ukraine Analyse: Russlands Aggression gegenüber der Ukraine in den deutschen Talkshows 2013–2023. Eine empirische Analyse der Studiogäste Chronik: 1. bis 30. September 2023 Ökologische Kriegsfolgen / Kachowka-Staudamm (19.09.2023) Analyse: Die ökologischen Folgen des russischen Angriffskrieges in der Ukraine Analyse: Ökozid: Die katastrophalen Folgen der Zerstörung des Kachowka-Staudamms Dokumentation: Auswahl kriegsbedingter Umweltschäden seit Beginn der großangelegten russischen Invasion bis zur Zerstörung des Kachowka-Staudamms Statistik: Statistiken zu Umweltschäden Zivilgesellschaft / Lokale Selbstverwaltung und Resilienz (14.07.2023) Von der Redaktion: Sommerpause – und eine Ankündigung Analyse: Die neuen Facetten der ukrainischen Zivilgesellschaft Statistik: Entwicklung der ukrainischen Zivilgesellschaft Analyse: Der Beitrag lokaler Selbstverwaltungsbehörden zur demokratischen Resilienz der Ukraine Wissenschaft im Krieg (27.06.2023) Kommentar: Zum Zustand der ukrainischen Wissenschaft in Zeiten des Krieges Kommentar: Ein Brief aus Charkiw: Ein ukrainisches Wissenschaftszentrum in Kriegszeiten Kommentar: Warum die "Russian Studies" im Westen versagt haben, Aufschluss über Russland und die Ukraine zu liefern Kommentar: Mehr Öffentlichkeit wagen. Ein Erfahrungsbericht Statistik: Auswirkungen des Krieges auf Forschung und Wissenschaft der Ukraine Innenpolitik / Eliten (26.05.2023) Analyse: Zwischen Kriegsrecht und Reformen. Die innenpolitische Entwicklung der Ukraine Analyse: Die politischen Eliten der Ukraine im Wandel Statistik: Wandel der politischen Elite in der Ukraine im Vergleich Chronik: 5. April bis 3. Mai 2023 Sprache in Zeiten des Krieges (10.05.2023) Analyse: Die Ukrainer sprechen jetzt hauptsächlich Ukrainisch – sagen sie Analyse: Was motiviert Ukrainer:innen, vermehrt Ukrainisch zu sprechen? Analyse: Surschyk in der Ukraine: zwischen Sprachideologie und Usus Chronik: 08. März bis 4. April 2023 Sozialpolitik (27.04.2023) Analyse: Das Sozialsystem in der Ukraine: Was ist nötig, damit es unter der schweren Last des Krieges besteht? Analyse: Die hohen Kosten des Krieges: Wie Russlands Krieg gegen die Ukraine die Armut verschärft Chronik: 22. Februar bis 7. März 2023 Besatzungsregime / Wiedereingliederung des Donbas (27.03.2023) Analyse: Etablierungsformen russischer Herrschaft in den besetzten Gebieten der Ukraine: Wege und Gesichter der Okkupation Karte: Besetzte Gebiete Dokumentation: Human Rights Watch: Torture, Disappearances in Occupied South. Apparent War Crimes by Russian Forces in Kherson, Zaporizhzhia Regions (Ausschnitt) Dokumentation: War and Annexation. The "People’s Republics" of eastern Ukraine in 2022. Annual Report (Ausschnitt) Dokumentation: Terror, disappearances and mass deportation Dokumentation: Haftbefehl des Internationalen Strafgerichtshofs (ICC) gegen Wladimir Putin wegen der Verschleppung von Kindern aus besetzten ukrainischen Gebieten nach Russland Analyse: Die Wiedereingliederung des Donbas nach dem Krieg: eine gesamtgesellschaftliche Herausforderung Chronik 11. bis 21. Februar 2023 Internationaler Frauentag, Feminismus und Krieg (13.03.2023) Analyse: 8. März, Feminismus und Krieg in der Ukraine: Neue Herausforderungen, neue Möglichkeiten Umfragen: Umfragen zum Internationalen Frauentag Interview: "Der Wiederaufbau braucht einen geschlechtersensiblen Ansatz" Statistik: Kennzahlen und Indizes geschlechterspezifischer Ungleichheit Korruptionsbekämpfung (08.03.2023) Analyse: Der innere Kampf: Korruption und Korruptionsbekämpfung als Hürde und Gradmesser für den EU-Beitritt der Ukraine Dokumentation: Statistiken und Umfragen zu Korruption Analyse: Reformen, Korruption und gesellschaftliches Engagement Chronik: 1. bis 10. Februar 2023 Kriegsentwicklung / Jahrestag der Invasion (23.02.2023) Analyse: Unerwartete Kriegsverläufe Analyse: Die Invasion der Ukraine nach einem Jahr – Ein militärischer Rück- und Ausblick Kommentar: Die Unterstützung der NATO-Alliierten für die Ukraine: Ursachen und Folgen Kommentar: Der Krieg hat die Profile der EU und der USA in der Ukraine gefestigt Kommentar: Wie der Krieg die ukrainische Gesellschaft stabilisiert hat Kommentar: Die existenzielle Frage "Sein oder Nichtsein?" hat die Ukraine klar beantwortet Kommentar: Wie und warum die Ukraine neu aufgebaut werden sollte Kommentar: Der Krieg und die Kirchen Karte: Kriegsgeschehen in der Ukraine (Stand: 18. Februar 2023) Statistik: Verluste an Militärmaterial der russischen und ukrainischen Armee Chronik: 17. bis 31. Januar 2023 Meinungsumfragen im Krieg (15.02.2023) Kommentar: Stimmen die Ergebnisse von Umfragen, die während des Krieges durchgeführt werden? Kommentar: Vier Fragen zu Umfragen während eines umfassenden Krieges am Beispiel von Russlands Krieg gegen die Ukraine Kommentar: Meinungsumfragen in der Ukraine zu Kriegszeiten: Zeigen sie uns das ganze Bild? Kommentar: Meinungsforschung während des Krieges: anstrengend, schwierig, gefährlich, aber interessant Kommentar: Quantitative Meinungsforschung in der Ukraine zu Kriegszeiten: Erfahrungen von Info Sapiens 2022 Kommentar: Meinungsumfragen in der Ukraine unter Kriegsbedingungen Kommentar: Politisches Vertrauen als Faktor des Zusammenhalts im Krieg Kommentar: Welche Argumente überzeugen Deutsche und Dänen, die Ukraine weiterhin zu unterstützen? Dokumentation: Umfragen zum Krieg (Auswahl) Chronik: Chronik 9. bis 16. Januar 2023 Ländliche Gemeinden / Landnutzungsänderung (19.01.2023) Analyse: Ländliche Gemeinden und europäische Integration der Ukraine: Entwicklungspolitische Aspekte Analyse: Monitoring der Landnutzungsänderung in der Ukraine am Beispiel der Region Schytomyr Chronik: 26. September bis 8. Januar 2023 Weitere Angebote der bpb Redaktion

Kommentar: Wir brauchen eine De-Kolonisierung und Aufwertung der Osteuropaforschung Ukraine-Analyse Nr. 269

Gwendolyn Sasse Berlin) Von Gwendolyn Sasse (ZOiS

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Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine ist eine Zäsur für die Osteuropaforschung. Im besten Fall führt der notwendige Wiederaufbau auch zum zukunftsgewandten Umbau wissenschaftlicher Strukturen in der Ukraine.

Ein Gebäude der Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät der V.N. Karazin-Universität in Charkiw ist nach einem russischen Raketeneinschlag schwer beschädigt. (© picture-alliance, AA)

Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine ist eine Zäsur für die Ukraine-Forschung und für die Osteuropaforschung insgesamt. Was diese Zäsur in der Praxis bedeutet bzw. bedeuten kann, zeichnet sich erst in Ansätzen ab. Die Bedeutung der Ukraine in der Forschung sowie in europäischen und globalen Zusammenhängen wird kaum mehr infrage gestellt werden. Inmitten eines Krieges können die Sozialwissenschaften darüber hinaus auch einen Beitrag zur empirischen Dokumentation der Kriegsdynamik (s. z. B. #DataforUkraine, Externer Link: https://mlp.trinity.duke.edu/dataforukraine.php#en) und ihrer Auswirkungen auf Einstellungen, Identitäten und Verhalten leisten. Es fällt noch schwer, vorausschauend eine Forschungsprogrammatik zu formulieren. Auf dem Weg dahin wäre eine engere Verknüpfung der Osteuropaforschung mit der Konfliktforschung und der Fluchtforschung wünschenswert.

Der Krieg zwingt die Osteuropaforschung und ihre Geldgeber zu einer kritischen Selbstreflexion. Eine breitere Diskussion über die Strukturen und Versäumnisse der Osteuropaforschung geht über den Zirkel derer, die sich in Forschung und Lehre mit Osteuropa beschäftigen, hinaus und betrifft im Kern die Praktiken verschiedener akademischer Disziplinen. Es stimmt nicht, dass es keine sozialwissenschaftliche Forschung zur Ukraine gegeben hätte, selbst wenn es in den Sozialwissenschaften an westlichen Universitäten nur wenige Professuren mit Osteuropa- oder gar Ukraine-Denomination gab. Diese Forschung (wie auch die zu anderen osteuropäischen Ländern) wurde insbesondere von den Politikwissenschaften als Nischenthema betrachtet und fand kaum Zugang zu den renommiertesten internationalen Zeitschriften. Außerdem konzentriert sich viel wissenschaftliche Expertise zur Ukraine in der Ukraine. Der Krieg führt uns die Notwendigkeit einer engeren Einbindung ukrainischer und anderer osteuropäischer Wissenschaftler*innen vor Augen.

Die Ukraine-Forschung verdient es nicht erst seit dem 24.02.2022, in all ihren Facetten ausgeweitet zu werden. Der Reflex, diese Korrektur nun vorzunehmen, sollte jedoch nicht als Kurzschlusshandlung erfolgen. Was genau heißt es, die Ukraine-Forschung zu stärken? Woher kommt jetzt und in Zukunft die Expertise zur Ukraine, einschließlich Sprach- und Landeskenntnis? Hierbei geht es um einen längerfristigen Prozess, der strukturell in der Wissenschaftslandschaft verortet sein muss.

Seit der Gründung des ZOiS 2016 merkten politiknahe und akademische Stimmen in regelmäßigen Abständen an, dass am Institut erstaunlich wenig Russland-Forschung betrieben werde. Ein genauerer Blick auf das Forschungsprofil des ZOiS zeigt durchaus empirische Forschung zu Russland, aber sie nimmt keine dominierende Rolle ein und reiht sich neben der Forschung über die Ukraine, Moldau, Belarus, Georgien, Zentralasien usw. ein Wenn man diese Logik weiterdenkt, geht es in der Osteuropaforschung thematisch und institutionell um eine bewusste De-Kolonisierung.

Es wäre wünschenswert, wenn die Ukraine-Forschung nicht nur als ein Feld mit Nachhol- und Kompensationsbedarf verstanden würde, sondern in interdisziplinäre und transregionale Kontexte eingebettet wird und dabei unterschiedliche Formen annehmen kann und an verschiedenen Orten gleichzeitig an Präsenz gewinnt. Neben einschlägigen Professuren, die in ihrer Gesamtzahl immer begrenzt sein werden, muss die Ukraine inhaltlich in verschiedenen Forschungsfeldern, in den Köpfen von Wissenschaftler*innen, Herausgeber*innen von wissenschaftlichen Zeitschriften und im öffentlichen Diskurs stärker und nachhaltiger verankert werden.

Kurz- und mittelfristig ist die Unterstützung ukrainischer Wissenschaftler*innen, die die Ukraine verlassen mussten, eine wichtige Aufgabe. Ebenso wichtig ist die Unterstützung ukrainischer Wissenschaftler*innen, die in der Ukraine geblieben sind, z. B. in der Form von Non-Residential Fellowships. Es geht konkret um den Erhalt wissenschaftlichen Potenzials vor Ort. Hinzu kommt die Beteiligung am Wiederaufbau universitärer und anderer wissenschaftlicher bzw. wissenschaftsnaher Institutionen in der Ukraine. Im besten Fall wird der notwendige Wiederaufbau zum zukunftsgewandten Umbau wissenschaftlicher Strukturen in der Ukraine.

Fussnoten

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Wissenschaftliche Direktorin des ZOiS und Einstein-Professorin für Vergleichende Demokratie- und Autoritarismusforschung, Humboldt-Universität zu Berlin.