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Interview: Die europäischen Staaten müssen die Ärmel hochkrempeln, mit dem Jammern aufhören und ihre Forderungen stellen | Ukraine-Analysen | bpb.de

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Interview: Die europäischen Staaten müssen die Ärmel hochkrempeln, mit dem Jammern aufhören und ihre Forderungen stellen Ukraine-Analysen Nr. 312

Ben Hodges

/ 10 Minuten zu lesen

Im Interview erklärt Ben Hodges, welche Strategie die Trump-Administration gegenüber der Ukraine verfolgt und wie Europa die USA motivieren könnte, die Ukraine weiterhin militärisch zu unterstützen.

Ben Hodges, ehemaliger Kommandeur der US-Streitkräfte in Europa, während des Warschauer Sicherheitsforums 2024 in Warschau, Polen, am 2. Oktober 2024. (© picture-alliance, NurPhoto | Foto Olimpik)

Zusammenfassung

Im Interview mit den Ukraine-Analysen erklärt der ehemalige Oberkommandierende der US-amerikanischen Landstreitkräfte in Europa Ben Hodges, dass US-Präsident Donald Trump eine Beendigung der Kampfhandlungen anstrebe und eine Lastenteilung mit Europa forciere. Er erläutert, dass die US-Militärhilfe auch der amerikanischen Rüstungsindustrie zugutekommt und Trump dies möglicherweise als wirtschaftliches Argument nutzen könnte. Hodges fordert Europa auf, mehr Verantwortung zu übernehmen und sieht die Ukraine mit ihrer militärischen Innovationskraft als wertvollen Partner für die NATO.

Herausgeber der Länderanalysen

Die Ukraine-Analysen werden von der Forschungsstelle Osteuropa an der Universität Bremen, der Deutschen Gesellschaft für Osteuropakunde e.V., dem Deutschen Polen-Institut, dem Leibniz-Institut für Agrarentwicklung in Transformationsökonomien, dem Leibniz-Institut für Ost- und Südosteuropaforschung und dem Zentrum für Osteuropa- und internationale Studien (ZOiS) gGmbH gemeinsam herausgegeben. Die Bundeszentrale für politische Bildung/bpb veröffentlicht die Analysen als Lizenzausgabe.

Ukraine-Analysen: Sie haben an der Münchener Sicherheitskonferenz teilgenommen. Was nehmen Sie hinsichtlich der US-Militärhilfen für die Ukraine mit?

Ben Hodges: Bei der Münchener Sicherheitskonferenz gab es einen Schwall von gemischten, manchmal inkohärenten Botschaften der US-Administration. Es ist gar nicht so einfach, das alles unter einen Hut zu bringen und sich einen Reim daraus zu machen. Ich denke, es gibt aber einige Dinge, die jetzt allmählich etwas klarer werden. Erstens: Ich glaube, dass Präsident Trump es wirklich ernst meint, wenn er sagt, er wolle die Kampfhandlungen beenden. Ich denke, er hat sich früher schon gegen endlose Kriege und das Töten ausgesprochen. Meiner Ansicht nach ist er hier aufrichtig. Zweitens denke ich, das Trump-Team will ein Wiederaufflammen des Konflikts nach einem Abkommen über einen Waffenstillstand verhindern, wie auch immer dieses aussehen mag. Sie wollen eine Lösung finden, die eine Wiederaufnahme der Kampfhandlungen verhindert. Das würde eine umfangreiche Truppe bedeuten, die eine Einhaltung des Abkommens sicherstellt. Als Letztes wäre da die Lastenteilung. Das ist das dritte große Thema, das sich aus der Münchener Sicherheitskonferenz ergibt, und zwar mit einer Dringlichkeit, wie wir sie bislang wohl noch nie gesehen haben.

Ukraine-Analysen: Von den US-Militärhilfen verbleibt ein Großteil letztendlich in den USA. Könnte man nicht argumentieren, dass die Militärhilfen auch der Wirtschaft in den USA zugutekommen? Wäre das nicht ein überzeugendes Argument für die Trump-Administration?

Ben Hodges: Ja, so wenig elegant und angemessen das wäre und klingt. Fakt ist, dass die Trump-Administration lange vor ihrer Rückkehr an die Macht ihre Überzeugung klar gemacht hat, dass die Vereinigten Staaten zu viele Lasten für andere Länder tragen, und dass die USA einen schlechten Deal bekommen haben. Ganz gleich, ob man dem zustimmt oder nicht, ich versuche damit lediglich ihre Geisteshaltung zu beschreiben. Es gibt Überlegungen, dass die Ukraine ihre Bodenschätze den USA übereignet. Präsident Trump könnte dann gegenüber seinen Wähler:innen sagen: "Die Ukrainer bezahlen sogar dafür." Ich will nur daran erinnern, wie er über die Mexikaner:innen sagte, sie würden für die Mauer zahlen. Nun, das haben sie offensichtlich nicht getan. Das ist die gleiche Denkweise. Ich will diese Denke nicht rechtfertigen, ich versuche sie nur zu erklären. Die Ukrainer:innen könnten es sehr geschickt anstellen, wenn sie den erwarteten Wert der Bodenschätzen richtig einsetzen. Wie im Judo könnten sie mit einem Wurf den Rohstoffreichtum für sich ins Positive wenden. Und dann sind auch noch viele europäische Staaten dafür, die eingefrorenen 300 Milliarden US-Dollar an russischen Einlagen für die Sicherheit und den Wiederaufbau der Ukraine einzusetzen. Das halte ich vollauf für angemessen.

Ukraine-Analysen: Wer sind die entscheidenden Akteure in der US-amerikanischen Rüstungsindustrie, und wie ist deren Sicht auf Militärhilfen für die Ukraine?

Ben Hodges: Viele Amerikaner:innen – einfache Leute wie Kongressmitglieder – haben nicht wirklich verstanden, dass ein Großteil der Gelder, die für die militärische Unterstützung der Ukraine ausgegeben wurde, in Wirklichkeit in die amerikanische Rüstungsindustrie investiert wurde, um das zu ersetzen, was aus unseren Depots an die Ukraine geliefert wird; oder um neue Waffensysteme und Munition für die Ukraine herzustellen. Die Biden-Administration hat es vor den Wahlen nicht geschafft, diesen Sachverhalt den Wähler:innen klar zu kommunizieren. Dass nämlich rote [von den Republikanern dominierte] Staaten wie Alabama, Texas, Georgia und andere in Wirklichkeit enorm von der Ukraine-Unterstützung profitieren. Stattdessen wurde es so dargestellt, als seien ganze Flugzeugladungen Geld in die Ukraine verfrachtet worden, was absolut nicht der Fall war. Unsere Rüstungsindustrie in den USA, insbesondere jene Unternehmen, die Munition und Präzisionswaffen, Raketen, Patriot-Systeme usw. herstellen, erfreuen sich derzeit aufgrund der militärischen Unterstützung der Ukraine größter Nachfrage.

Ukraine-Analysen: Könnte Trump da nicht versuchen, frühere Fehler der Biden-Administration mit dem Argument zu korrigieren, dass die Militärhilfen an die Ukraine den USA wirtschaftlich zugutekommen, weil die Produktionskapazitäten der Rüstungsindustrie an Dutzenden Standorten im ganzen Land ausgebaut werden?

Ben Hodges: Nun, ich denke, dass er das natürlich im Blick hat, und dass alle US-Botschafter:innen stets die Aufgabe haben, die US-amerikanischen Wirtschaftsinteressen im jeweiligen Land voranzutreiben. Es liegt auch die Entscheidung auf dem Tisch, in die ukrainische Rüstungsindustrie zu investieren. Deutschland ist hier bereits tätig geworden, das Vereinigte Königreich ebenfalls, und auch einige andere Länder investieren in die wachsende Rüstungsindustrie der Ukraine. Ich hoffe, die USA werden das ebenfalls tun und Partnerschaften mit der ukrainischen Rüstungsindustrie eingehen. Welche Instrumente hat der Präsident im Umgang mit Russland in der Hand? Es gibt zahlreiche wirtschaftliche Instrumente. Sanktionen, der Ölpreis auf den Weltmärkten könnte nach unten gedrückt werden, was für die Möglichkeiten Russlands, die Kriegsanstrengungen aufrecht zu erhalten, echte Probleme bedeuten würde. Als Drittes wäre da eine Fortsetzung der US-amerikanischen Unterstützung der Ukraine durch Waffen und Munition. Wir sind von dem, was maximal möglich wäre, weit entfernt. Wenn Russland nicht bereit ist, aufrichtig zu verhandeln und Teil der Konfliktlösung zu sein, könnte Trump einfach sagen: "Okay, wir werden die Schleusen öffnen und geben der Ukraine alles, was sie braucht, ohne Einschränkungen – und wir haben dafür eine Menge Kapazitäten." Das liegt ebenfalls auf dem Tisch.

Ukraine-Analysen: Schauen wir uns einmal einige der Argumente an, die in der Vergangenheit für eine Reduzierung der US-Militärhilfen an die Ukraine vorgebracht wurden. Es gab politische Argumente, die da lauteten, die USA sollten sich aus Europa zurückziehen, um sich militärisch auf andere Weltregionen konzentrieren zu können. Mit Blick auf die Wirtschaft wurde gesagt, das Engagement für die Ukraine sei zu teuer. Außerdem könnten die Militärhilfen für die Ukraine Russland zu einer Eskalation des Konflikts provozieren. Dann die vermeintlich fehlenden industriellen Kapazitäten, Sie hatten das schon angesprochen. Es könnte auch Zielkonflikte geben. So gab es beispielsweise Medienberichte, dass nach Beginn des israelisch-palästinensischen Krieges Munitionslieferungen nach Israel umgeleitet werden mussten, so dass die Kapazitäten für die erforderlichen Liefermengen an die Ukraine nicht ausreichten. Welche dieser Narrative sind zutreffend, und welche sind Vorwand?

Ben Hodges: Das waren nur Ausflüchte, ganz wie das, was wir in Deutschland erleben: schlicht und einfach Ausflüchte. Wir sprechen hier von zwei der größten Industrieländer des Planeten, den Vereinigten Staaten und Deutschland, und von einigen anderen europäischen Ländern. Wenn gesagt wird, wir können nicht mehr liefern, dann ist das absolut falsch. Allerdings ist es vollkommen zutreffend, dass der politische Wille fehlt. Die Gesetzeslage in Deutschland hindert die Rüstungsindustrie daran, ohne Anweisung der Regierung in Produktion zu gehen. Solange die Regierung untätig bleibt, verhindern diese Beschränkungen, dass die Unternehmen ihre Kapazitäten ausbauen, zusätzliches Personal einstellen, zusätzliche Produktionslinien errichten und die benötigten Ressourcen erhalten. Es geht also vor allem um den politischen Willen. Wenn Deutschland es ernst meint, dann sollte es die Gesetze ändern, so dass die Unternehmen tätig werden können. Das Gleiche gilt für die USA. Artilleriemunition ist im Vergleich zu den meisten anderen Waffensystemen einfach herzustellen. Man kann die Produktion steigern, aber es müssten zusätzliche Mitarbeitende eingestellt werden. Die Kapazitäten müssten ausgebaut werden. Man müsste die notwendigen Materialien beschaffen, das Angebot an Sprengpulver ist immer knapp. Die Produktion von anderen Waffensystemen wie ATACMS, Raketen für Raketenwerfer oder für das Patriot-Luftabwehrsystem lässt sich nicht so einfach schnell hochfahren, weil dafür hochspezialisierte Fachkräfte benötigt werden. Wenn man hier die Produktion steigern will, müssen die Unternehmen sicher sein, dass sich die Regierung nicht nach einem Jahr wieder umentscheidet. Langfristige Verträge würden den Unternehmen Anreize bieten, damit sie aktiver werden und mehr riskieren – es handelt sich ja nicht um wohltätige Stiftungen, sondern um Konzerne mit Tausenden Angestellten.

Ukraine-Analysen: Welche Instrumente und Mittel haben die Ukraine und Europa in der Hand, um die Trump-Administration davon zu überzeugen, dass die USA ihre Militärhilfen auf hohem Niveau beibehalten sollten?

Ben Hodges: Eine der Schlussfolgerungen dieser gemischten Botschaften, dieser recht inkohärenten Herangehensweise der Trump-Administration während der Münchener Sicherheitskonferenz, war die Vorstellung, dass Europa nicht mit am Verhandlungstisch sitzen werde oder, dass die Ukraine nicht an den Verhandlungen beteiligt sein werde. In Wahrheit gibt es gar keinen Verhandlungstisch. Die Menschen haben dieses Bild im Kopf, dass da Regierungschefs an einem Tisch sitzen und sich wie im 18. Jahrhundert über eine Landkarte beugen und verhandeln, wer was tun oder bekommen wird. In Wirklichkeit ist es ein virtueller Verhandlungstisch, und Europa besteht aus souveränen Staaten. Die Ukraine ist ein souveräner Staat. Die Vereinigten Staaten und Russland können nicht einfach einen Deal machen und dann Europa – einschließlich der Ukraine – zwingen, diesen zu akzeptieren. Das ist der Punkt, an dem die europäischen Staaten ihre Ärmel hochkrempeln müssen und aufhören sollten, darüber zu jammern, dass man bei den Gesprächen übergangen wird. Stattdessen sollte man seine eigenen Forderungen und roten Linien formulieren und vorbringen, was diese Verhandlungen umfassen sollten, weil es letzten Endes sowieso Europa sein wird, das die Sache ausbaden muss. Die Europäer können als Zuschauer am Spielfeldrand stehen und jammern oder sich einmischen und als Deutschland, als Großbritannien, als Frankreich, als Polen erklären: Das sind unsere roten Linien. Falls in einem Abkommen Bedingung X, Y oder Z stehen sollte, werden wir das nicht akzeptieren oder befolgen. Das Gleiche gilt für die Ukraine. Die Ukraine muss nicht in etwas einwilligen, was nicht die Souveränität der Ukraine anerkennt oder gewährleistet, oder was ihr nicht Sicherheit für ihre Zukunft garantiert.

Ukraine-Analysen: Rote Linien würden auf negative Anreize und Druck hinauslaufen. Welche positiven Anreize könnten die Europäer setzen? Die gesperrten russischen Gelder einsetzen, um die US-Militärhilfen an die Ukraine zu bezahlen? Einen höheren Anteil des Bruttoinlandsprodukts für Verteidigungsausgaben?

Ben Hodges: Es wäre ein positiver Anreiz, wenn alle Staaten sich sofort darauf einigten, die 300 Milliarden US-Dollar freizugeben, um den Wiederaufbau zu finanzieren und den Aufbau der ukrainischen Verteidigung zu unterstützen. Ich würde zudem erwarten, dass Deutschland genau wie Frankreich, Großbritannien und andere sagt: wir stellen den Großteil der Truppen, die eine Einhaltung eines wie auch immer gearteten Waffenstillstandes durchsetzen. Und ich denke, man wird die USA bitten, bestimmte Hilfsmittel wie etwa Geheimdienstinformationen, Logistik oder Luftwaffenkapazitäten bereitzustellen. Europa würde hier aber die Führungsrolle übernehmen. Das ist etwas, was die US-Administration sehen will. Das erwarten sie. Dann werden die Europäer sagen: Ok, wenn wir die Truppen stellen, dann haben wir auch ein Wörtchen dabei mitzureden, wie das Abkommen aussehen sollte. Diese Länder haben enorme wirtschaftliche, diplomatische und militärische Macht zu bieten. Wir reden hier von einem Zusammenschluss zweier Atommächten, Großbritannien und Frankreich, und von Deutschland, dem größten und reichsten Land in Europa. Polen steht jetzt bei fast fünf Prozent Verteidigungsausgaben. In Italien steigen die Militärausgaben. Wenn sich diese Länder zusammenraufen, können sie wirklich den Lauf des Krieges beeinflussen. Dann kann Trump für sich einen Sieg verbuchen und sagen: Schaut her, ich habe die Europäer dazu gebracht, den Löwenanteil zu übernehmen. Auf ganzer Liniewin, win, win . Und Russland wäre Einhalt geboten. Europäische Souveränität, die Souveränität eines europäischen Landes wäre geschützt. Das ist es, was hier auf dem Spiel steht.

Ukraine-Analysen: Die Ukraine wird meist als Empfängerin von Militärhilfen diskutiert. Gibt es aber irgendetwas, was die NATO von den Fähigkeiten der Ukraine und deren Aufstieg in den letzten Jahren zu einer führenden Militärmacht und zu einem führenden Rüstungsproduzenten lernen könnte?

Ben Hodges: Ich hoffe sehr, dass unsere Leute mit gezücktem Notizblock in der Ukraine unterwegs sind und alles sorgfältig mitschreiben, was die Ukrainer:innen leisten, damit wir das nachahmen können. Wir können ihnen gar nicht allzu viel beibringen. Wir können aber eine Menge von ihnen lernen. Die Ukraine (und Russland) sind weltweit die besten, wenn es um elektronische Kriegsführung und Drohnen geht. Niemand schafft das, was sie fertigbringen, diese Reichweite, diese Komplexität und diese Qualität. Wir können also viel von der Ukraine lernen. Die Beschaffungsverfahren in der Ukraine sind sehr viel zügiger als das, was wir selbst hinbekommen. Ich will die Ukraine nicht überbewerten. Sie hat Probleme bei der Rekrutierung, Ausbildung und Rotation von Soldaten, das muss sie in den Griff kriegen. Hier liegt die Verantwortung bei der ukrainischen Regierung. Sie muss die Familien davon überzeugen, dass das Leben ihrer Söhne und Töchter nicht vergeudet wird, dass sie erst dann an die Front geschickt werden, wenn sie voll ausgebildet und ausgerüstet sind. Die Ukraine unterzieht ihre Kommandostrukturen einer Revision, die meiner Ansicht nach angemessen ist. Es gibt also noch viel zu tun. Aber: Unter dem Strich werden nach elf Jahren Krieg immer noch nur rund 20 Prozent des ukrainischen Territoriums von Russland kontrolliert. Von der "großartigen" Schwarzmeerflotte Russlands ist nichts mehr zu sehen. Die russische Luftwaffe hat ihre beiden Hauptziele nicht erreicht, nämlich eine Luftüberlegenheit herzustellen und die Nachschubverbindungen aus Polen zu unterbinden. Russland hat das nicht geschafft, das ist ein kolossaler Misserfolg. Über 800.000 Tote und Verwundete, die russische Wirtschaft gerät zusehends aus den Fugen. Um es positiv zu wenden: Eines Tages wird die Ukraine der NATO beitreten. Dieser Beitritt wird die NATO unmittelbar stärken, genauso wie der Beitritt von Finnland und Schweden die NATO gestärkt hat.

Anmerkung: Das Interview wurde am 17. Februar 2025 geführt. Die Fragen stellte Fabian Burkhardt.

Übersetzung aus dem Englischen: Hartmut Schröder

Fussnoten

Weitere Inhalte

Generalleutnant a. D. Ben Hodges war 2014 bis 2017 der Oberkommandierende der US-amerikanischen Landstreitkräfte in Europa und ist jetzt als leitender Berater für „Human Rights First“ tätig, eine gemeinnützige überparteiliche Menschenrechtsorganisation mit Sitz in New York, Washington D.C. und Los Angeles. Zuvor war er Inhaber des Pershing-Chairs für strategische Studien am Center for European Policy Analysis (CEPA). General Hodges ist als leitender Mentor für Logistikfragen der NATO tätig, berät mehrere Unternehmen in Bezug auf Europa, die NATO und die Europäische Union. Er ist Ko-Autor des Buches „Future War and the Defence of Europe“ (dt.: „Future war: Bedrohung und Verteidigung Europas“), erschienen bei Oxford University Press. Er schied im Januar 2018 aus den US-amerikanischen Streitkräften aus und lebt heute mit seiner Frau in Frankfurt am Main.