Ziele und Zuständigkeiten
Die
/ 3 Minuten zu lesen
Zwischen Anspruch und Realität: Die EU stärkt soziale Rechte, stößt aber an Grenzen – denn über Sozialleistungen entscheiden vor allem die Mitgliedstaaten.
Die
Die Europäische Union wird dagegen insbesondere auf dem Feld der Formulierung und Durchsetzung gemeinsamer Sozialstandards aktiv. Dabei geht es beispielsweise um Maßnahmen auf dem Gebiet des Arbeitsschutzes, um die Regelung von Arbeitszeiten und Bestimmungen zum Mutter- und Vaterschaftsurlaub. Die Kommission macht den Mitgliedstaaten Vorschläge zur besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf und engagiert sich für den Ausbau der Kinderbetreuung. Sie setzt sich auch für die Bekämpfung von Diskriminierung und die Förderung der Gleichstellung ein. Besonders beim grenzüberschreitenden Austausch wird die
Im November 2017 verabschiedeten die Mitgliedstaaten die Europäische Säule Sozialer Rechte (ESSR). In diesem Dokument werden maßgebliche Sozialstandards zusammengefasst, die in der Europäischen Union gelten. Sie dienen als Bezugsrahmen für die Sozialgesetzgebung, die weiterhin bei den Mitgliedstaaten verbleibt. Die Europäische Säule Sozialer Rechte baut auf zwanzig Grundsätzen auf in den Kategorien Chancengleichheit und Arbeitsmarktzugang, faire Arbeitsbedingungen und Sozialschutz und soziale Inklusion. Die Europäische Union ist sehr aktiv ist in der Festlegung neuer sozialer Rechte und treibt damit die Modernisierung der Gesellschaften voran, auch wenn ihre Möglichkeiten im Bereich der Daseinsvorsorge begrenzt sind.
Die Europäische Säule Sozialer Rechte stellt trotz ihres ambitionierten Namens keinen Schritt hin zu einem EU-weiten Sozialstaat dar. Die Bedenken der Mitgliedstaaten bezüglich eines möglichen Verlusts von Kompetenzen waren zu groß, um dies zu ermöglichen. Da Sozialpolitik ein breites Spektrum umfasst, dient die Europäische Säule Sozialer Rechte hauptsächlich als Grundlage für konkrete Initiativen von Kommission und Mitgliedstaaten und zeigt, dass sich die Mitgliedstaaten zu gemeinsamen sozialpolitischen Zielen bekennen. Die Säule stellt einen weiteren Schritt auf dem Weg zu einem umfassenden europäischen Sozialraum dar und formuliert Anforderungen in verschiedenen Bereichen. Diese müssen aber weiterhin schrittweise durch gesetzgeberische Maßnahmen der Mitgliedstaaten umgesetzt werden. Sie ist unverbindlich, sodass die Mitgliedstaaten nicht verpflichtet sind, in sozialpolitischen Fragen zu handeln. Dennoch kann die Säule als eine freiwillige Selbstverpflichtung der Mitgliedstaaten interpretiert werden, das europäische Sozialmodell, das auf einer Abmilderung wirtschaftlicher und sozialer Risiken durch wohlfahrtsstaatliche Einrichtungen beruht, weiter auszubauen.
Apl. Prof. Dr. Olaf Leiße ist Leiter des Arbeitsbereichs Europäische Studien am Institut für Politikwissenschaft der Friedrich-Schiller-Universität Jena. Er ist außerplanmäßiger Professor für Europäische Studien und Autor zahlreicher Bücher über die Europäische Union.