Im März 2018 wurde zum vierten Mal in der Geschichte der Bundesrepublik eine Große Koalition (GroKo) aus CSU/CSU und SPD vereidigt. Um ihren Externer Link: Koalitionsvertrag hatten beide Seiten lange gerungen. Eine Zusammenfassung der darin festgelegten migrations- und integrationspolitischen Ziele findet sich
Erwerbsmigration
Union und SPD konnten ihr Vorhaben umsetzen, die Zuwanderung von Fachkräften durch ein Gesetz zu erleichtern: Am 1. März 2020 trat das
QuellentextAnerkennung von ausländischen Berufs- und Bildungsqualifikationen in Deutschland
2012 trat das Berufsqualifikationsfeststellungsgesetz (kurz: Anerkennungsgesetz) in Kraft.
Fußnoten
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Bundesinstitut für Berufsbildung (2020): Factsheet Anerkennungsmonitoring 2020. Externer Link: https://www.anerkennung-in-deutschland.de/assets/content/Medien_Dokumente-Fachpublikum/2020-factsheet-anerkennungsmonitoring.pdf (Zugriff: 17.09.2021).
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Deutscher Bundestag (2019): Unterrichtung durch die Bundesregierung. Bericht zum Anerkennungsgesetz 2019. Drucksache 19/16115, S. 9. Externer Link: https://dip21.bundestag.de/dip21/btd/19/161/1916115.pdf (Zugriff: 17.09.2021).
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Britta Matthes/Eckart Severing (Hg.) (2020): Zugang zu beruflicher Bildung für Zugewanderte – Chancen und Barrieren. Bonn. Externer Link: https://bibb-dspace.bibb.de/rest/bitstreams/a1d30581-39ca-4aba-87bf-86c2e77b0b0b/retrieve (Zugriff: 17.09.2021).
Begrenzung der Fluchtmigration
In ihrem Koalitionsvertrag betonten Union und SPD, dass es nicht mehr zu einer derart umfangreichen Einreise von Asylsuchenden nach Deutschland kommen dürfe wie 2015. Sie vereinbarten, dass die Aufnahme von Schutzsuchenden auf jährlich 180.000 bis 220.000 begrenzt werden solle. Seit 2018 ist dieser Wert nicht überschritten worden.
Eingeschränkt hat die Regierungekoalition, wie von ihr beschlossen, den Familiennachzug zu
Die Koalitionspartner hatten sich zudem vorgenommen, eine Fachkommission Integrationsfähigkeit und eine Fachkommission Fluchtursachen einzuberufen. Beide Kommissionen haben im ersten Halbjahr 2021 ihre Abschlussberichte vorgelegt. Aufgrund der
Ein im Koalitionsvertrag festgehaltenes Anliegen von SPD und Union war auch die Minderung von Fluchtursachen. Um dieses Ziel zu erreichen, sprachen sich die Koalitionspartner unter anderem dafür aus, das
Die finanzielle Ausstattung der drei UN-Organisationen durch alle Geberländer reicht dennoch nicht aus, um den tatsächlichen Bedarf zu decken. Sowohl die Zahl der zu versorgenden Menschen auf der Flucht als auch die Zahl derjenigen, die weltweit an Hunger leiden, ist gestiegen. Die Spenden, die UNHCR von Geberländern und dem Privatsektor zur Verfügung gestellt werden, decken regelmäßig nur 60 Prozent der vom Flüchtlingshilfswerk veranschlagten Summe zur Versorgung von Schutzsuchenden.
Maßnahmen, Fluchtursachen zu bekämpfen, dürften durchaus punktuell greifen. So mögen etwa Cash-for-Work-Programme
Die weltweite Zahl der Menschen, die aus ihren Herkunftsländern geflohen sind, ist in den letzten Jahren weiter gestiegen. Ende 2020 belief sie sich laut UNHCR auf 34,4 Millionen.
Harmonisierung der Asylsysteme der EU-Mitgliedstaaten
In der Europäischen Union wollten sich die Koalitionspartner gemäß Koalitionsvertrag für eine Reform des
QuellentextAusbau von Frontex und EASO
Die Grenzschutzagentur Frontex soll bis 2027 über eine ständige Reserve von 10.000 Grenzbeamtinnen und -beamten verfügen.
Das Europäische Parlament und die Mitgliedstaaten haben zudem im Juni 2021 eine vorläufige Einigung erzielt, die vorsieht, EASO in eine EU-Asylagentur (EUAA) zu überführen. Sie soll zu einer stärkeren Angleichung der Asylsysteme der Mitgliedstaaten beitragen. Ab 2024 soll sie mehr Befugnisse bekommen, die Umsetzung der Asylgesetzgebung in den Mitgliedstaaten zu überwachen. Außerdem soll ein 500 Personen starker Sachverständigenpool eingerichtet werden, der im Falle eines unverhältnismäßigen "Migrationsdrucks" zur Verfügung stehen soll, um die Mitgliedstaaten in Asylfragen zu unterstützen.
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Europäisches Parlament (2019): Frontex-Aufstockung: Ständige Reserve von 10.000 Grenzbeamten. Pressemitteilung vom 17. April. Externer Link: https://www.europarl.europa.eu/news/de/press-room/20190410IPR37530/frontex-aufstockung-standige-reserve-von-10-000-grenzbeamten (Zugriff: 17.09.2021).
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Rat der Europäischen Union (2019): Europäische Grenz- und Küstenwache: Aktualisierte Verordnung vom Rat verabschiedet. Pressemitteilung vom 8. November. Externer Link: https://www.consilium.europa.eu/de/press/press-releases/2019/11/08/european-border-and-coast-guard-council-adopts-revised-regulation/ (Zugriff: 17.09.2021).
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Rat der Europäischen Union (2021): EU-Asylagentur: vorläufige Einigung zwischen Ratsvorsitz und EU-Parlament. Pressemitteilung vom 29. Juni. Externer Link: https://www.consilium.europa.eu/de/press/press-releases/2021/06/29/eu-asylum-agency-council-presidency-and-european-parliament-reach-provisional-agreement/ (Zugriff: 17.09.2021); Euractiv (2021): Wichtige Einigung auf Ausbau von EU-Asylagentur. 20. Juni. Externer Link: https://www.euractiv.de/section/eu-aussenpolitik/news/wichtige-einigung-auf-ausbau-von-eu-asylagentur/ (Zugriff: 17.09.2021); EASO (2021): EASO welcomes agreement establishing EU Agency for Asylum. Pressemitteilung vom 19. Juni. Externer Link: https://www.easo.europa.eu/easo-welcomes-agreement-establishing-eu-agency-asylum (Zugriff: 17.09.2021).
Neue Regeln für Asylverfahren
In ihrem Koalitionsvertrag einigten sich Union und SPD darauf, dass Asylverfahren zukünftig in sogenannten AnKer-Zentren (kurz für: Zentrum für Ankunft, Entscheidung, Rückführung) durchgeführt werden sollten, um Asylanträge "schneller" und "effizienter" bearbeiten zu können. Schutzsuchende sollen für die Dauer des gesamten Asylverfahrens in diesen Aufnahmeeinrichtungen verbleiben und im Falle eines abgelehnten Asylantrags aus diesen Zentren in ihre Herkunftsländer zurückgeführt werden. Im August 2018 ging das erste AnKer-Zentrum in Betrieb. Bundesweit durchsetzen konnten sich diese Zentren nicht. Nach Angaben des BAMF gibt es in Deutschland acht AnKer-Zentren, die sich auf drei Bundesländer verteilen: sechs in Bayern, eins im Saarland und eins in Sachsen (Stand: 17.09.2021).
QuellentextEvaluation der AnKer-Zentren
Eine 2021 veröffentlichte Evaluation der AnKer-Zentren und funktionsgleicher Einrichtungen, die vom Forschungszentrum des BAMF durchgeführt wurde, zieht eine recht positive Bilanz.
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Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) (2021): Evaluation der AnkER-Einrichtungen und funktionsgleicher Einrichtungen. Forschungsbericht 37. Nürnberg. Externer Link: https://www.bamf.de/SharedDocs/Anlagen/DE/Forschung/Forschungsberichte/fb37-evaluation-anker-fg-einrichtungen.pdf?__blob=publicationFile&v=15 (Zugriff: 14.08.2021).
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Gewerkschaft der Polizei (2018): GdP-Delegiertentag verabschiedet Resolution gegen "AnKER-Zentren", 25. April. Externer Link: https://www.gdp.de/gdp/gdp.nsf/id/DE_GdP-Delegiertentag-verabschiedet-Resolution-gegen-AnKER-Zentren (Zugriff: 16.08.2021).
Seit Inkrafttreten des "Zweiten Gesetzes zur besseren Durchsetzung der Ausreisepflicht" im August 2019 (sogenanntes Geordnete-Rückkehr-Gesetz) müssen Asylbewerber:innen in den Erstaufnahmeeinrichtungen in der Regel für maximal 18 Monate leben; Familien mit Kindern sind verpflichtet, bis zu sechs Monate in diesen Einrichtungen zu wohnen. Damit haben die Koalitionspartner ein weiteres Vorhaben aus ihrem Koalitionsvertrag umgesetzt. Mit dem Gesetz wurde auch die Grundlage für eine "freiwillige, unabhängige staatliche Asylverfahrensberatung" durch das BAMF geschaffen. An mittlerweile 44 Standorten bieten Mitarbeiter:innen der Behörde allgemeine Informationen zum Ablauf des Asylverfahrens sowie individuelle Beratung während des Verfahrens an. Dadurch sollen "Rechtsstaatlichkeit und Fairness, Qualität und Effizienz im Asylverfahren" verbessert werden.
QuellentextAsylverfahrensberatung – was steht in der Kritik?
Opposition, Wohlfahrtsverbände und Flüchtlingshilfsorganisationen kritisieren, dass eine Asylverfahrensberatung nur dann unabhängig sein könne, wenn sie von nicht-staatlichen Akteuren übernommen werde.
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Stellungnahme der Bundesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege e.V. (BAGFW) zur gesetzlichen Verankerung der Asylverfahrensberatung (§ 12a AsylG-E). Externer Link: https://www.asyl.net/fileadmin/user_upload/publikationen/Stellungnahmen/StellungnBAGFW/2019-06-04_BAGFW_Asylverfahrensberatung.pdf (Zugriff: 16.08.2021).
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Bundesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege e.V. (BAGFW) (2019): Bundesgeförderte, qualifizierte und behördenunabhängige Asylverfahrensberatung (§ 12a Asylgesetz). 12. September. Externer Link: https://www.bagfw.de/suche/detailansicht-news/bundesgefoerderte-qualifizierte-und-behoerdenunabhaengige-asylverfahrensberatung-12a-asylgesetz (Zugriff: 16.08.2021).
Umgesetzt haben die Koalitionspartner auch ihr Vorhaben, Möglichkeiten zur Identitätsfeststellung von Asylsuchenden zu erweitern und das Ausländerzentralregister in Richtung einer zentralen Ausländerdatei weiterzuentwickeln. So wurde mit dem 2019 verabschiedeten Zweiten Gesetz zur Verbesserung der Registrierung und des Datenaustausches zu aufenthalts- und asylrechtlichen Zwecken (2. Datenaustauschverbesserungsgesetz) das Mindestalter für die Abnahme der Fingerabdrücke von unbegleiteten minderjährigen Ausländer:innen von 14 auf sechs Jahre abgesenkt. Darüber hinaus hat das Gesetz die Möglichkeiten zur Nutzung des Ausländerzentralregisters (AZR) erweitert, auf das nun mehr Behörden Zugriff haben und das beispielsweise aktiv zur Prüfung von Sicherheitsbedenken in Asylverfahren genutzt werden kann – auch unter Berücksichtigung von Erkenntnissen der Bundespolizei.
Insgesamt ist der Druck auf Schutzsuchende gestiegen, denen die Behörden zuschreiben, Falschangaben bzgl. ihrer Identität zu machen oder sich nicht aktiv daran zu beteiligen, im Anschluss an einen abgelehnten Asylantrag an der Beseitigung von Abschiebehindernissen – wie etwa einem fehlenden Pass – mitzuwirken. So wurde mit dem Geordnete-Rückkehr-Gesetz auch eine Duldung für Personen mit ungeklärter Identität eingeführt (sogenannte Duldung light). Diese wird Ausreisepflichtigen erteilt, denen vorgeworfen wird, über ihre Identität oder Staatsangehörigkeit getäuscht zu haben oder ihren Pflichten zur Beschaffung eines Passes (etwa durch persönliche Vorsprache bei der Botschaft) nicht nachgekommen zu sein. Die Inhaber:innen einer solchen Duldung dürfen nicht arbeiten, sie sind von Bleiberechtsmöglichkeiten wie der Ausbildungs- oder Beschäftigungsduldung ausgeschlossen und dürfen nicht in einen anderen Landkreis umziehen; Asylbewerberleistungen werden ihnen gekürzt.
Seit Inkrafttreten des Dritten Gesetzes zur Änderung des Asylgesetzes im Dezember 2018 haben Asylbewerber:innen Mitwirkungspflichten nicht mehr nur in Asylverfahren oder bei der Beseitigung von Abschiebehindernissen, sondern auch in sogenannten Widerrufs- bzw. Rücknahmeverfahren. In diesen Verfahren prüft das BAMF spätestens drei Jahre nach einem unanfechtbar ausgestellten Asylbescheid, ob die Voraussetzungen, die zur Gewährung eines Schutzstatus geführt haben, nach wie vor gegeben sind. Die Betroffenen müssen dem BAMF nach Aufforderung nun mündlich oder schriftlich Fragen beantworten, Unterlagen wie ärztliche Gutachten besorgen und an einer (erneuten) Identitätsfeststellung mitwirken. Kommen sie diesen Pflichten nicht nach, kann ein Zwangsgeld verhängt werden.
Nicht umsetzen konnten sie hingegen ihren Plan, mehr Staaten zu
Rückführungen in die Herkunftsländer
Mit dem Geordnete-Rückkehr-Gesetz wurden ferner auch Leistungskürzungen für weitere Personengruppen durchgesetzt, etwa Personen, denen in einem anderen EU-Staat bereits ein Schutzstatus gewährt wurde, die aber nach Deutschland weitergereist sind. Sie sind nicht länger nach dem
Trotz dieser Maßnahmen ist es der Union und der SPD nicht gelungen, ihr Vorhaben umzusetzen, die Zahl der Rückführungen zu erhöhen. Im Gegenteil: Die Zahl der Abschiebungen ist in den letzten Jahren kontinuierlich gesunken. Wurden 2017 23.966 ausländische Staatsangehörige
Integrationskurse und Teilhabe am Arbeitsmarkt
Wie im Koalitionsvertrag vereinbart, wurde mit dem Externer Link: Nationalen Aktionsplan Integration (NAP-I) eine integrationspolitische Strategie für die 2020er Jahre vorgelegt. Er umfasst mehr als 100 Maßnahmen zur Förderung von Integrationsprozessen. Dem integrationspolitischen Leitsatz "Fördern und Fordern" bleibt er treu. Dabei gliedert der Plan den Integrationsprozess in fünf Phasen (1. Vor der Zuwanderung, 2. Erstintegration, 3. Eingliederung, 4. Zusammenwachsen, 5. Zusammenhalt), denen jeweils bis zu 24 Kernvorhaben zugeordnet sind. Diese wurden von Themenforen erarbeitet, in denen neben Vertreter:innnen der zuständigen Bundesministerien auch weitere Ressorts, Länder, Kommunen und zivilgesellschaftliche Akteure vertreten waren. Die Ergebnisse wurden auf den Integrationsgipfeln im Bundeskanzleramt 2020 und 2021 vorgestellt. Vorgesehen ist dabei auch die Entwicklung eines effizienteren kommunalen
Das Angebot der
Durchgesetzt haben die Koalitionspartner unterdessen ihr Vorhaben, zentrale Regelungen des 2016 beschlossene
Eingelöst haben Union und SPD ihr Versprechen, Länder und Kommunen weiterhin finanziell bei der Flüchtlingsaufnahme und -integration zu unterstützen. 2018 belief sich der Beitrag des Bundes auf 7,5 Milliarden Euro, 2019 auf 6,3 Milliarden Euro.
Gesundheitsversorgung pflegebedürftiger Migranten
Migrant:innen sind im Alter viel häufiger armutsgefährdet als Personen ohne Migrationshintergrund. Das gilt vor allem für Drittstaatsangehörige, also beispielsweise ehemalige "Gastarbeiter:innen" aus der Türkei. Ihr körperlicher und psychischer Gesundheitszustand ist ebenfalls schlechter als der von Deutschen ohne Migrationshintergrund. Gleichzeitig wächst die Zahl pflegebedürftiger Migrant:innen – Schätzungen zufolge auf fast 400.000 im Jahr 2030. Die Koalitionspartner hatten sich deshalb vorgenommen, die Gesundheitsversorgung von ehemaligen Gastarbeiter:innen zu verbessern und den Pflegebereich zu stärken. Ein 2019 veröffentlichter Bericht der Bundesintegrationsbeauftragten zeigt jedoch, dass es insbesondere in stationären Pflegeeinrichtungen weiterhin an kultursensiblen Angeboten mangelt.
Zivilgesellschaftliches Engagement und Bildungsbeteiligung
Mit dem Ziel einer "teilhabeorientierten Gesellschaftspolitik für alle Menschen" wollten Union und SPD gemäß ihres Koalitionsvertrags Jugendmigrationsdienste und
Auch das Programm "Stark im Beruf", das Mütter mit Migrationshintergrund bei der Aufnahme einer existenzsichernden Beschäftigung unterstützt, hat die Große Koalition – wie im Koalitionsvertrag vereinbart – fortgesetzt.
Wie von den Koalitionspartnern vereinbart, wurde auch die Aufnahme gefährdeter Wissenschaftler:innen durch die Förderung der Mittlerorganisationen Alexander von Humboldt-Stiftung und Deutscher Akademischer Austauschdienst weiter unterstützt. Seit 2015 konnten beispielsweise 280 gefährdete Forschende ihre Arbeit durch ein Stipendienprogramm der Philipp Schwartz-Initiative der Humboldt-Stiftung an deutschen Forschungseinrichtungen fortsetzen.
Fazit
Die Große Koalition hat seit ihrer Vereidigung im März 2018 die meisten ihrer im Koalitionsvertrag vereinbarten Vorhaben zur Gestaltung der Migrations-, Integrations- und Asylpolitik umgesetzt. Viele Herausforderungen aber bleiben bestehen: Die Zahl der Menschen, die weltweit auf der Flucht sind, steigt weiter. Nach der Machtübernahme durch die Taliban in Afghanistan stellen sich die Vereinten Nationen bereits jetzt auf die
Wie können strukturelle Fluchtursachen wie Hunger, die Auswirkungen des Klimawandels oder bewaffnete Konflikte gemindert oder gar beseitigt werden? Auch das ist eine Frage, die die neue Bundesregierung und ihre internationalen Partner weiterhin beschäftigen wird.
Auf nationaler Ebene bedarf es einer Auseinandersetzung mit den rund 291.000 Menschen, die in Deutschland ausreisepflichtig sind und sich zumeist mit einer Duldung im Land aufhalten, welche sie wiederum in der Schwebe unsicherer Lebensperspektiven hält. Die Große Koalition hat in den letzten Jahren verstärkt daran gearbeitet, Rückführungen in die Herkunftsländer zu erleichtern, etwa durch die Ausweitung der Abschiebehaft und höheren Druck auf Ausreisepflichtige, die nicht aktiv an der Beseitigung von Abschiebehindernissen mitwirken. In vielen Fällen scheint eine baldige Rückkehr ins Herkunftsland dennoch nicht in Sicht. Das wird nach der Machtübernahme durch die Taliban in Afghanistan insbesondere am Beispiel der in Deutschland lebenden ausreisepflichtigen 30.610 afghanischen Staatsangehörigen deutlich. Sollen sie weiterhin – vielleicht auf viele Jahre – mit Kettenduldungen in einem Schwebezustand gehalten werden oder sollen ihnen verstärkt Wege aufgezeigt werden, wie sie ein Aufenthaltsrecht in Deutschland erlangen können? Auch das ist eine Frage, die sich die neue Bundesregierung vermutlich wird stellen müssen.
Ein weiteres derzeit stark debattiertes Feld ist die Frage chancengleicher gesellschaftlicher Teilhabe. Das betrifft z.B. die Möglichkeiten politischer Partizipation vieler Eingewanderter und ihrer Nachkommen. In Demokratien sind Wahlen die wichtigste Form politischer Partizipation. 12,6 Prozent (8,7 Millionen) der erwachsenen Menschen in Deutschland durften nicht an der Bundestagswahl 2021 teilnehmen, weil sie keine deutschen Staatsangehörigen sind. Zudem haben fünf Millionen Menschen auf kommunaler Ebene nicht das Recht, sich an Wahlen zu beteiligen, weil sie aus Nicht-EU-Staaten stammen; Staatsangehörige aus anderen EU-Staaten wiederum ist das Wahlrecht bei Kommunalwahlen gegeben.
Ebenso wird in letzter Zeit stark über die Auseinandersetzung mit Formen