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Demokratie in ländlichen Kommunen Wie Bürgerhaushalte die lokale Bürgergesellschaft stärken können

Redaktion Netzwerk Bürgerhaushalt

/ 4 Minuten zu lesen

"Was sind die Herausforderungen und Chancen für lokale Bürgergesellschaften in ländlichen Räumen?" - Ein Bericht zum 11. Zukunftsforum Ländliche Entwicklung.

(© Mathieu Stern on Unsplash)

Bericht zum Begleitforum im Rahmen des 11. Zukunftsforums Ländliche Entwicklung des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL)

Im Rahmen des 11. Zukunftsforums Ländliche Entwicklung veranstalteten die Teams des Arbeitsbereichs "Demokratiestärkung im ländlichen Raum" und des "Kooperationsprojekts Bürgerhaushalt" des Bundesnetzwerks Bürgerschaftliches Engagement (BBE) am 25. Januar 2017 ein Begleitforum zum Thema: "Demokratie in ländlichen Kommunen: Wie Bürgerhaushalte die lokale Bürgergesellschaft stärken können". Rund 40 Teilnehmer/-innen beteiligten sich nach Impulsvorträgen von Prof. Dr. Roland Roth (Hochschule Magdeburg-Stendal) und Dennis Ferch (Kurstadt-Dialog Bad Freienwalde) an der Diskussion um Herausforderungen und Chancen für die Belebung und Stärkung der lokalen Bürgergesellschaft in ländlichen Räumen.

Zum demokratischen Potential von Bürgerhaushalten

"Bürgerhaushalte gehören zu den global erfolgreichsten Beteiligungsformaten der letzten Jahrzehnte", erklärte Prof. Dr. Roland Roth zu Beginn seines Vortrags. Die Umsetzung dieses Instruments der Bürgerbeteiligung finde weltweit unter vielfältigen Ausprägungen und mit unterschiedlichen Zielsetzungen statt. In Deutschland sei die Zahl der Bürgerhaushalte seit einigen Jahren rückläufig, was u.a. auf strukturelle Vorentscheidungen zurückzuführen sei, die die Entscheidungsspielräume der Bürger/-innen begrenzen. In der deutschen Debatte um Bürgerhaushalte würden bisher konsultative Verfahren dominieren, bei denen die Bevölkerung vorrangig im Sinne eines "internetbasierten Vorschlagswesens" in die Planung öffentlicher Ausgaben und Einnahmen und in die Ermittlung von Prioritäten einbezogen würde. Ein Blick auf internationale Entwicklungen zeige interessante Alternativen auf. So erlebten derzeit – entgegen der Entwicklung in Deutschland – Bürgerhaushalte (z.B. in Nordamerika) einen Aufschwung, die Verfahren stärker mit direktdemokratischen Entscheidungsmöglichkeiten verknüpfen. Auch für einen Neustart oder ein Wiederbeleben des Instruments Bürgerhaushalt in Deutschland – und besonders in ländlichen Räumen – bedürfe es einer stärkeren Verknüpfung mit direktdemokratischen Entscheidungsmöglichkeiten, so die zentrale These von Roland Roth.

Denn in Bürgerhaushaltsverfahren, die im Sinne einer wirksamen Beteiligung direkte Entscheidungsmöglichkeiten über Prioritäten, Teilhaushalte und Projekte anbieten, liege durchaus Potential, dem Misstrauen zwischen repräsentativen Institutionen und Bürgerschaft entgegenzuwirken. Eine zentrale Voraussetzung sei dabei die Überzeugung aller beteiligten Akteure vom Nutzen des Verfahrens. Seitens Politik und Verwaltung müsse die Bereitschaft bestehen, Macht an die Bürger/-innen abzugeben. Eine Verschränkung mit bereits bestehenden "bottom up"-Prozessen, z.B. im Rahmen von Bürgerinitiativen o.Ä. sei wichtig für die Aktivierung der Bürger/-innen.

Chancen für ländliche Räume

In diesem Zusammenhang könnten Budgets und Fonds aus Sicht Roland Roths insbesondere in strukturschwachen ländlichen Räumen zu einem wirksamen demokratischen Mittel für die Entwicklung von Zukunftsperspektiven mit und durch die Einwohner/-innen werden. Ihre demokratische Qualität bestehe zum einen in der Eröffnung von Gestaltungsräumen für die Bestimmung eigener Prioritäten und die Umsetzung selbstbestimmter Projekte. Zum anderen biete sich in der gemeinschaftlich-demokratischen Auswahl der Vorhaben nach öffentlichen Debatten in möglichst repräsentativen Gremien oder direkten Abstimmungen ein wichtiges demokratisches Lernfeld. Die Umsetzung und Gestaltung müsse dabei stets den lokalen Bedingungen angepasst werden – ein "one fits all"-Modell gebe es nicht.

Eine besondere Chance sehe er für ehemals selbständige Ortsteile von Großgemeinden, Gemeindeverbänden und Samtgemeinden. Mit lokalen Budgets oder Fonds könne "ein Element ortsnaher Demokratie erhalten und partiell wiedergewonnen werden".

Von der Theorie zur Praxis: Das Bürgerbudget in Bad Freienwalde

Dennis Ferch, Sprecher des Bürgerforums Kurstadt-Dialog in Bad Freienwalde, gab im Anschluss einen Einblick in die aktuellen Entwicklungen in der rund 13.000 Einwohner zählenden Stadt im Brandenburger Landkreis Märkisch-Oderland. Dort hat die Stadt in diesem Jahr erstmals ein Bürgerbudget eingesetzt. 25.000 Euro stehen den Bürger/-innen insgesamt zur Verfügung. Alle Einwohner/-innen ab 14 Jahren können Projektideen einreichen. Jedes am Ende ausgewählte Projekt kann mit bis zu 5000 Euro umgesetzt werden. Die Idee für das Bürgerbudget ist aus dem Beteiligungsformat Kurstadt-Dialog hervorgegangen. Der Dialog ist ursprünglich entstanden, um einen Raum für den gemeinsamen Dialog zwischen Bürger/-innen, Parteien und Verwaltung über die Zukunft der Kurstadt zu eröffnen. Bei einem der Treffen habe er seine Idee von einem Bürgerbudget in Bad Freienwalde vorgestellt, seine Mitstreiter/-innen überzeugt und den Vorschlag in der Stadtverwaltung eingereicht, erklärte Dennis Ferch. Ein positiver Beschluss folgte. Die Moderation und Organisation des Bürgerbudgets legte die Stadt in die Hände der Initiator/-innen. Dennis Ferch widmet sich dieser Aufgabe federführend – ehrenamtlich. Die Stadtverwaltung Bad Freienwaldes ist an der Durchführung des Bürgerbudgets lediglich im Rahmen der Verantwortlichkeitsprüfung der eingereichten Projektideen beteiligt, die von den Fachämtern der Stadtkämmerei durchgeführt wird.

Transparenz im gesamten Prozess herzustellen sei ihm besonders wichtig, erklärte Ferch. Jeder eingereichte Vorschlag werde daher öffentlich gemacht. Zunächst gelte es aber erstmal, alle – und insbesondere auch die jungen Einwohner/-innen – über das Bürgerbudget und das damit verbundene Verfahren zu informieren. Um möglichst viele Einwohner/-innen zu erreichen, sind Informationsveranstaltungen und Flyer geplant. Ideen, wie er die Bad Freienwalder/-innen für die Beteiligung an der finalen Abstimmung mobilisieren und aktivieren kann, hat Dennis Ferch ebenfalls schon entwickelt. So habe er z. B. den Rahmen – das alljährliche Altstadtfest – strategisch gewählt, da bei diesem Fest nahezu alle Bewohner/-innen Bad Freienwaldes zusammenkommen. Die Abstimmung über die eingereichten Vorschläge solle sich über beide Tage erstrecken. Um den Eventcharakter zu verstärken, sollten Zwischenergebnisse auf einer großen Leinwand präsentiert werden.

Fussnoten

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