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Die Schuldenbremse sorgt für Stabilität | Globaler Handel | bpb.de

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Die Schuldenbremse sorgt für Stabilität

Clemens Fuest

/ 4 Minuten zu lesen

Die Schuldenregeln schränken die Politik keineswegs über Gebühr ein. Investitionen können auch durch Ausgabenumschichtungen oder Steuererhöhungen finanziert werden, findet IFO-Chef Clemens Fuest.

18. März 2025: Rede des damaligen Unions-Kanzlerkandidaten Friedrich Merz bei der Sondersitzung des Bundestags zur Schuldenbremsen-Änderung. (© picture-alliance, IPON | Stefan Boness)

Die Entwicklung der Staatsfinanzen hat gezeigt, dass es in politischen Entscheidungsprozessen eine Neigung gibt, Belastungen durch übermäßige Verschuldung in die Zukunft zu verlagern. Eine Erklärung dafür ist, dass man so Verteilungskonflikte vertagen kann. Das entlastet kurzfristig, geht aber auf Kosten künftiger Generationen und kann langfristig die Staatsfinanzen destabilisieren.

Deshalb gibt es in vielen Ländern Verfassungsregeln, die die öffentliche Verschuldung begrenzen. In Deutschland ist die bekannteste Regel die sogenannte Schuldenbremse, die 2009 in Artikel 115 des Grundgesetzes verankert wurde. Sie sieht vor, dass das jährliche Defizit des Bundeshaushalts grundsätzlich maximal 0,35 Prozent der Wirtschaftsleistung betragen darf. Die Haushalte der Bundesländer mussten ausgeglichen sein.

Die Schuldenbremse wird immer wieder mit dem Argument kritisiert, sie würde die Handlungsspielräume der Finanzpolitik übermäßig einschränken. Dabei geht es um zwei Punkte. Erstens hindere die Schuldenbremse den Staat daran, Konjunkturschwankungen auszugleichen. Die Kritiker übersehen: Bei der Obergrenze für das Haushaltsdefizit werden die Effekte von Konjunkturschwankungen durch die sogenannte Konjunkturkomponente bereits miteingerechnet. Das heißt: Bei schlechter Konjunktur ist ein höheres Defizit erlaubt als in Boomzeiten. In außergewöhnlichen Notsituationen sieht die Schuldenbremse sogar vor, dass die Defizitgrenzen ganz aufgehoben werden. Ob eine Notlage besteht, entscheidet der Bundestag mit einfacher Mehrheit. Diese Klausel für Notlagen wurde beispielsweise während der Corona-Pandemie aktiviert. Man kann durchaus diskutieren, ob die Berechnung des Strukturellen Defizits die Konjunkturentwicklung angemessen erfasst. Aber der Vorwurf, die Schuldenbremse nehme keine Rücksicht auf die Konjunkturentwicklung, überzeugt nicht.

Weniger Schulden bedeuten nicht automatisch weniger Investitionen

Der zweite Kritikpunkt bezieht sich auf öffentliche Investitionen. Es wird behauptet, die Schuldenbremse führe dazu, dass öffentliche Investitionen vernachlässigt werden und die Infrastruktur verfällt. Außerdem würde eine faire Lastenverteilung zwischen den Generationen erfordern, öffentliche Investitionen mit Schulden zu finanzieren. Da die Investitionen künftigen Generationen Nutzen stiften, müsse man sie durch Verschuldung an den Kosten beteiligen.

Grundsätzlich ist es richtig, dass Finanzpolitik auf Kosten künftiger Generationen nicht nur die Form übermäßiger Verschuldung annehmen, sondern auch darin bestehen kann, Straßen, Brücken und Schulgebäude verfallen zu lassen. Falsch ist allerdings der oft erweckte Eindruck, dass weniger Schulden und strengere Schuldenregeln automatisch auch weniger öffentliche Investitionen bedeuten.

In Deutschland waren die öffentlichen Investitionen vor der Einführung der Schuldenbremse vielfach niedriger als in den Jahren danach. Ob jüngere Generationen bei einer Finanzierung öffentlicher Investitionen durch Steuern statt Schulden zu wenig belastet werden, erscheint allerdings fraglich. Die junge Generation wird bereits dadurch sehr hoch belastet, dass eine wachsende Zahl älterer Menschen zu höheren Ausgaben der Renten-, Kranken- und Pflegeversicherung sowie für Pensionen führt.

Ob künftige Steuerzahler zusätzlich durch Verschuldung an den Kosten der heutigen Sanierung der Infrastruktur beteiligt werden sollten, ist nicht wissenschaftlich zu klären. Es handelt sich um eine politische Frage, aber sicherlich eine, die höchst umstritten ist.

Verschuldungsregelungen bereits modifiziert

In den vergangenen Jahren sind Regelungen zur Verschuldung im Grundgesetz verschiedentlich ergänzt und modifiziert worden. Im Jahr 2022 wurde in Reaktion auf den russischen Angriff auf die Ukraine eine Sonderverschuldung in Höhe von 100 Milliarden Euro beschlossen, um die Bundeswehr besser auszustatten. Im Jahr 2025 wurde eine weitere Sonderverschuldung für zusätzliche Investitionen in die Infrastruktur in Höhe von 500 Milliarden Euro im Grundgesetz verankert. Außerdem wurde die Schuldenbremse modifiziert. Ausgaben für Verteidigung, die 1 Prozent des Bruttoinlandsprodukts überschreiten, dürfen mit Neuverschuldung finanziert werden. Den Bundesländern ist künftig eine Neuverschuldung in Höhe von 0,35 Prozent ihrer Wirtschaftsleistung gestattet.

Die Ausweitung der Verschuldungsspielräume für Verteidigung kann mit der gestiegenen geopolitischen Bedrohung Deutschlands gerechtfertigt werden, auf die man mit einer schnellen Steigerung der Rüstungsausgaben reagieren will. Es wäre nicht effizient, den Ausgabenanstieg allein mit drastischen Steuererhöhungen oder Ausgabenkürzungen zu finanzieren.

Allerdings sind zeitlich gestreckte Anpassungen der öffentlichen Einnahmen oder Ausgaben erforderlich, denn Rüstungsausgaben sollte man nicht dauerhaft durch Schulden finanzieren. Die dauerhafte Eröffnung quasi unbegrenzter Verschuldungsspielräume ist ein Signal der Entschlossenheit an potenzielle Aggressoren. Sie birgt finanzpolitisch jedoch die Gefahr, dass ein zu großer Anteil der Rüstungsausgaben auf Dauer mit Schulden finanziert wird. Dem hätte man entgegenwirken können, wenn man für Rüstung wie im Fall der Infrastruktur eine begrenzte Sonderverschuldung vereinbart hätte.

Sanierung der Infrastruktur durch Schulden schwer zu rechtfertigen

Über diese Reformen hinaus wird nun gefordert, die verbleibende Schuldenbremse neu zu ordnen. Das würde darauf hinauslaufen, die Verschuldungsspielräume noch weiter auszudehnen. Verfassungsregeln zur Begrenzung der Staatsverschuldung sollten nicht allein daran gemessen werden, ob sie potenziell nützliche staatliche Ausgaben oder Steuerentlastungen verhindern.

Wenn im demokratischen Prozess nur sachgerechte Verschuldungsentscheidungen gefällt würden, wären Verschuldungsregeln überflüssig. Die Regeln sind daran zu messen, ob der Nutzen daraus, übermäßige Verschuldung zu verhindern, schwerer wiegt als der Nachteil, dass in bestimmten Situationen möglicherweise zu geringe Schulden aufgenommen werden und daher sinnvolle Staatsausgaben entfallen.

Schon bei der Sanierung der Infrastruktur ist die beschlossene Verschuldung deutlich schwerer zu rechtfertigen als im Fall der Verteidigung. Wenn man der Auffassung ist, dass künftige Generationen durch die Staatsfinanzen bereits hinreichend belastet sind, folgt daraus, dass die Sanierung der teils maroden Infrastruktur durch Ausgabenumschichtungen oder Steuererhöhungen finanziert werden sollte und nicht durch Kreditaufnahme. Umso weniger überzeugend ist die Forderung, nun weitere Verschuldungsspielräume zu eröffnen.

Clemens Fuest ist Präsident des Wirtschaftsforschungsinstituts ifo in München und Professor für Volkswirtschaftslehre an der Ludwig-Maximilians-Universität München. Er ist dort außerdem Direktor des Center for Economic Studies (CES).