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2011, als der arabische Frühling Syrien erreicht, führt Amer Saba ein komfortables Leben in der Hauptstadt Damaskus. Er arbeitet als Börsenhändler, später als Banker, hat ein gutes Einkommen und trifft sich am Wochenende mit Freunden, um Partys zu feiern und Ausflüge zum Wandern und Campen zu machen.
Flucht nach Deutschland
Doch die Proteste gegen die Regierung, die schließlich in einen Bürgerkrieg münden, verändern auch Amer. Er hinterfragt sein Leben, in dem es vor allem ums Geld verdienen geht und engagiert sich politisch gegen das Regime. Im März 2015 sieht er sich gezwungen aus seinem Heimatland zu fliehen.
Seine Flucht führt ihn über die Türkei, Griechenland und Italien nach Deutschland. In Hamburg lebt er zehn Monate in Flüchtlingsunterkünften. Ein Container für vier Männer, keine Privatsphäre. Dann findet er endlich eine eigene Wohnung.
Amer Saba hat zu Beginn seiner Zeit in Deutschland einen Asylantrag gestellt und auch bald eine Aufenthaltserlaubnis bekommen. Mit der kann er beim Jobcenter bestimmte Leistungen beantragen. Er bekommt monatlich einen Geldbetrag, außerdem werden die Kosten für Krankenkasse und Miete übernommen. Und er darf arbeiten und sich zum Beispiel auch selbständig machen.
Podcast "Wir im Wandel"Über die Hosts
Sonja Ernst ist freie Journalistin. Sie berichtet über Themen aus Politik und Gesellschaft, vor allem für den Hörfunk, u.a. Deutschlandradio oder SWR. 2022 gewann sie den Peter Scholl-Latour Preis für ihre Reportage "Kinder aus Kriegsvergewaltigungen – Trauma und Schweigen überwinden".
Monika Ahrens ist freie Radiojournalistin und arbeitet im Redaktionsteam des Update-Podcasts von Deutschlandfunk Nova. Sie kommt aus Niedersachsen, hat in Leipzig und Berlin studiert und lebt in Köln.
Gründung eines Catering-Unternehmens
Ein Unternehmen zu gründen, das ist ein Weg, den Amer sich vorstellen kann. Er besucht einen ersten Existenzgründerworkshop. Die Idee, ein Catering-Unternehmen für syrisches veganes Essen zu gründen, entsteht letztlich daraus, dass er mit Freunden und Bekannten kocht und ein paar Leute zum Essen einlädt.
Das Feedback auf seine Kochkünste ist positiv. Amer bleibt dran, nimmt Catering-Aufträge an, baut sich Stück für Stück ein Geschäft auf. Er kocht zunächst zu Hause, in seiner kleinen Wohnung. Mit Hilfe von YouTube-Videos und den Tipps seiner Mutter lernt er es immer besser. Er schreibt einen Businessplan, worin er seine Geschäftsidee formuliert und aufzeigt, wer seine Kunden sein sollen und wie er sie erreichen will.
Und nach einer Übergangszeit gründet er 2018 offiziell sein Catering-Unternehmen „Olivegan“, das syrisches veganes Essen anbietet. In diesem Bereich sieht Amer Saba eine Marktlücke. Wie schnell Amer sein Unternehmen gründet, ist ungewöhnlich. Dass er unter die Gastronomen geht, nicht. Geflüchtete und auch Migranten und Migrantinnen generell machen sich oft im Gastgewerbe und Handel selbständig, weil es in diesen Branchen nicht so hohe Zulassungsbarrieren gibt wie in anderen Bereichen.
Ein Kulturtreffpunkt entsteht
Das Catering-Unternehmen ist für Amer eine Möglichkeit, Geld zu verdienen. Aber nur darum soll es nicht gehen in seinem Leben in Deutschland. Er möchte etwas anders machen als in seinem früheren Berufsleben. Und deshalb startet er 2019 sein Herzensprojekt: den Veranstaltungsraum und Kulturtreffpunkt „Amargi“, den er in einem alten Industriegebäude eröffnet. Das Wort „Amargi“ bedeutet Freiheit.
Amer Saba verdient zwar auch mit dem Raum Geld, denn er vermietet ihn und bietet hier einen Mittagstisch mit syrischen veganen Spezialitäten an. Aber abgesehen davon, hat er hier auch die Möglichkeit, etwas mit Mehrwert zu machen, etwas, bei dem es nicht um Kommerz geht.
Er organisiert Lesungen und Konzerte, schafft einen Platz, wo sich Leute treffen und ins Gespräch miteinander kommen. Außerdem unterstützt er bestimmte Gruppen, indem er ihnen den Raum kostenlos überlässt, zum Beispiel einem syrischen Frauenchor, der hier dreimal im Monat proben kann.