Das nationalsozialistische Deutschland schuf eines der größten Zwangsarbeits-Systeme der Geschichte. Über 13 Millionen zivile Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter, Kriegsgefangene und Häftlinge arbeiteten im Zweiten Weltkrieg im Deutschen Reich. Auch in den besetzten Gebieten wurden Millionen Männer, Frauen und Kinder zur Arbeit für den Feind gezwungen.
Erst 55 Jahre nach Kriegsende rief die Entschädigungs-Debatte die lange Zeit vergessenen Opfer der Zwangsarbeit wieder ins Gedächtnis. Um diese Erinnerung auch in Zukunft lebendig zu halten, stellt das Interview-Archiv Zwangsarbeit 1939-1945. Erinnerungen und Geschichte 590 Erinnerungsberichte ehemaliger Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter im Internet bereit.
Auf diesen lebensgeschichtlichen Video-Interviews beruht das von der Stiftung "Erinnerung, Verantwortung und Zukunft" geförderte neue Online-Bildungsangebot Lernen mit Interviews der Freien Universität Berlin: Sieben biografische Kurzfilme vermitteln unterschiedliche Erfahrungen in Lagern und Fabriken; zwei Hintergrundfilme informieren über Thema und Quellengattung. Zusatzmaterialien und interaktive Aufgaben unterstützen das forschende Lernen zu Zwangsarbeit und Oral History.
Überblick: Die nationalsozialistische Zwangsarbeit
Im Verlauf des Zweiten Weltkriegs arbeiteten über 13 Millionen zivile Zwangsarbeiter, Kriegsgefangene und Häftlinge im Deutschen Reich. Die Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter hielten landwirtschaftliche Versorgung und Rüstungsproduktion aufrecht. Die Industrie profitierte von der Ausweitung der Produktion, deutsche Beschäftigte stiegen in Vorarbeiter-Stellen auf.

Begriffe
In Quellen und Literatur werden unterschiedliche Begriffe verwendet, um die nationalsozialistische Zwangsarbeit zu bezeichnen. Der Oberbegriff "Zwangsarbeit" umfasst verschiedene Formen des Arbeitseinsatzes und konnte unterschiedliche Lebensumstände bedeuten.

Zeitzeugen erzählen
Der Begriff "Zwangsarbeit" umfasst verschiedene Formen des Arbeitseinsatzes. Das zeigt sich in unterschiedlichen individuellen Erfahrungen und Erinnerungen der Überlebenden. Sechs Lebenswege.

Profiteure, Helfer, Handlungsspielräume
Neben der Rüstungsindustrie profitierten auch öffentliche Dienststellen, Handwerker und Bauern sowie private Haushalte von der Zwangsarbeit. Mehr noch als andere nationalsozialistische Massenverbrechen fand die Zwangsarbeit direkt vor der Haustür statt.

Nach 1945: Vergessene Opfer, vergessene Lager
In Deutschland wurde Zwangsarbeit lange als Begleiterscheinung von Besatzung und Krieg bagatellisiert. Erst in den 1980er und 1990er Jahren gelang es Opferverbändern und lokalen Erinnerungsverbänden, sich Gehör zu verschaffen. Die Entschädigungsdebatte Anfang der 2000er Jahre ließ die Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter schließlich aus ihrer Rolle als "vergessene Opfer" heraustreten.
Der lange Weg zur Entschädigung
Viele Jahre mussten ehemalige Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter auf eine Entschädigung warten. In Form von sogenannten Globalabkommen leistete die Bundesrepublik lediglich an einzelne Staaten Entschädigungszahlungen. Nach langwierigen Verhandlungen wurde im Jahr 2000 die Stiftung „Erinnerung, Verantwortung und Zukunft“ zur Entschädigung von Zwangsarbeit gegründet.
Trailer zur Online-Anwendung "Lernen mit Interviews: Zwangsarbeit 1939-1945"
Die neu entwickelte Online-Anwendung „Lernen mit Interviews“ ist ein kompetenzorientiertes Unterrichtsangebot für Schülerinnen und Schüler ab 14 Jahren. Im Mittelpunkt stehen Lebensgeschichten ehemaliger Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter.

Oral History als Methode
Das Archiv „Zwangsarbeit 1939-1945. Erinnerung und Geschichte“ bietet eine Sammlung von Zeitzeugen-Erinnerungen, die im Rahmen des Projektes "Dokumentation lebensgeschichtlicher Interviews mit ehemaligen Sklaven- und Zwangsarbeitern" entstand. Mit Hilfe der Oral History vermitteln die Audio- und Video-Interviews die Geschichte der Zwangsarbeit und die Erinnerung an sie.

Lernen mit Interviews
Die Online-Anwendung "Lernen mit Interviews: Zwangsarbeit 1939-1945" verbindet die Anschaulichkeit lebensgeschichtlicher Video-Interviews mit der Interaktivität digitaler Medien. Die Lernumgebung fördert historische und mediale Kompetenzen und eine aktive Erinnerung an die NS-Zwangsarbeit und ihre Opfer.
Expertengespräche
Fachleute aus Wissenschaft und Praxis kommentieren wichtige Fragen zur NS-Zwangsarbeit, zur Entschädigung, zu Erinnerungsmustern und zu lebensgeschichtlichen Interviews. Mitglieder des Projektteams haben die teilweise mehrstündigen Expertengespräche seit 2009 geführt und zu knapp halbstündigen Filmen zusammengefasst.
Lernumgebung „Zwangsarbeit 1939 – 1945“
In der neuen Online-Lernumgebung "Lernen mit Interviews: Zwangsarbeit 1939 – 1945" berichten sieben Überlebende in Videointerviews von ihrer Zeit als Zwangsarbeiter in der NS-Zeit. Das Bildungsangebot für Lernende ab 14 Jahren wird durch Hintergrundfilme, Zusatzmaterialien und interaktive Aufgaben ergänzt. Wie bewährt die Plattform sich im Unterricht?
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