Ein Problem, viele Verursacher
Der Klimawandel ist Realität, seine Auswirkungen sind bereits heute spürbar. Doch wer sind die Verursacher der Klimaveränderungen? Historisch haben die Industrieländer den größten Anteil zum Klimawandel beigetragen. Heute stoßen Schwellenländer wie China mehr Treibhausgase aus als die USA. Wer sind die anderen Verursacher und was bedeutet diese Veränderungen für die Klimapolitik?
Die Verursacher des Klimawandels nach Staaten
Der Kohlendioxidausstoß des Menschen ist eine der Hauptursachen des Treibhauseffektes. Die Verweildauer von CO2 in der Atmosphäre beträgt etwa 100 Jahre, es wirkt also etwa 100 Jahre lang. Deshalb sind zur Beantwortung der Frage „Wer trägt die Verantwortung für den Klimawandel“ nicht nur die aktuellen Statistiken von Bedeutung. Erst der Blick in die Geschichte ermöglicht eine umfassende Auskunft.Betrachtet man zunächst die aktuellen Daten, ist China der größte Emittent von energiebedingten Treibhausgasen, gefolgt von den USA, der EU und Indien. Der Blick in die historischen Werte verändert jedoch das Bild. Addiert man alle Werte seit Beginn der systematischen Aufzeichnungen der CO2-Emissionen um 1850, landen die USA auf dem ersten und die EU auf dem zweiten Platz. Die EU, die heute für etwa 16 Prozent des Kohlendioxidausstoßes verantwortlich ist, ist für fast 27 Prozent der historischen Emissionen verantwortlich. Im Falle von Großbritannien, das früh mit der Industrialisierung begonnen hat, ist der historische Anteil sogar drei mal so hoch wie der derzeitige Anteil.
Im Fall der Entwicklungsländer verhält es sich umgekehrt: Alle Entwicklungsländer zusammen genommen sind heute für 41 Prozent der energiebedingten Emissionen verantwortlich. Historisch haben sie jedoch nur einen Anteil von 24 Prozent beigetragen. Die aufaddierten Werte von Schwellenländern wie China und Indien (7,6 Prozent bzw. 2,2 Prozent) belaufen sich auf nur die Hälfte ihrer gegenwärtigen Emissionen.

Ins Verhältnis gesetzt: Die Betrachtung der Pro-Kopf-Emissionen
Rückblickend auf die absoluten energiebedingten CO2-Emissionen haben also die Industrieländer den größten Anteil an der Klimaveränderung. Die Schwellenländer China und Indien, aber auch Brasilien, Südafrika, Mexiko und Südkorea sind dabei, auf- bzw. zu überholen.Das Bild der Gesamtemissionen relativiert sich, wenn man den Blick von der Summe der ausgestoßenen Gase auf die Pro-Kopf-Emissionen der jeweiligen Staaten lenkt. Die Pro-Kopf-Emissionen drücken aus, wie viel jede einzelne Bürgerin und jeder Bürger eines Staates zur Erderwärmung beiträgt. Vergleicht man den Pro-Kopf-Ausstoß von Kohlendioxid, zeigen sich große Unterschiede im Vergleich zum Gesamtemissionsniveau der Staaten: Im Jahr 2005 stießen die Bewohner der Industrienationen pro Kopf durchschnittlich etwa elf Tonnen CO2 aus, in den Entwicklungs- und Schwellenländern dagegen durchschnittlich nur zwei.
Stellt man eine Rangfolge der Pro-Kopf-Emissionen auf, relativieren sich vor allem die Gesamtemissionen der bevölkerungsreichen Länder China und Indien deutlich. So findet sich bei dieser Betrachtung China erst auf Platz 74 wieder, Indien auf Platz 149. Und auch innerhalb dieser Länder ist es oft nur eine wohlhabende Minderheit, die durch ihren energieintensiven Lebensstil den Hauptteil der Emissionen verursacht.
Großemittenten sind nach den erdölexportierenden Golfstaaten unter anderem die USA und Australien, deren pro-Kopf-Verbrauch jeweils mit rund 20 t CO2 fast doppelt so hoch ist wie der der EU-Staaten. In Deutschland verursacht jede Bürgerin und jeder Bürger immerhin noch etwa 10 t CO2 pro Jahr (Platz 41). Hier spiegelt sich der enge Zusammenhang von Pro-Kopf-Emissionen und Einkommen deutlich wider: Höhere Einkommen führen häufig zu intensiveren Konsum und einer energieintensiveren Lebensweise. Manche sprechen in diesem Zusammenhang von "Luxusemissionen", welche die reiche Weltbevölkerung auf Kosten der ärmeren Bevölkerung der Erde verursacht.
Andere Treiber des Klimawandels
Der Klimawandel wird neben dem Energieverbrauch aber auch durch andere menschliche Aktivitäten befördert. So ist unter anderem die Entwaldung insbesondere in den Entwicklungsländern für 25 Prozent der Erderwärmung verantwortlich. Der Wald ist im globalen Kohlenstoffkreislauf ein wichtiger "Speicher" von Kohlenstoff - die Bäume nehmen bei der Photosynthese das CO2 aus der Luft auf und speichern es. Bei der Rodung von Wäldern wird das gespeicherte CO2 freigesetzt, wodurch wiederum sich der Klimawandel beschleunigt. Brasiliens CO2 Emissionen aus der Rodung von Wäldern des Amazonasgebiets beispielsweise sind etwa viermal so groß wie die energiebedingten Emissionen des Landes. Auch in Indonesien und weiteren südamerikanischen Staaten schreitet die Abholzung der Tropenwälder voran, wenn auch nicht im Ausmaß Brasiliens.
Bei der Landbewirtschaftung ist noch ein weiteres Treibhausgas von Bedeutung: Lachgas (Distickstoffoxid, N20), das vor allem durch Düngemittel freigesetzt wird. Lachgas hat ein sehr hohes Treibhausgaspotenzial von 310. Das bedeutet, eine Tonne Lachgas ist so klimaschädlich wie 310 Tonnen Kohlendioxid. Lachgas ist für etwa 40 Prozent der Treibhausgasemissionen des Agrarsektors weltweit verantwortlich. Hauptemittenten sind hier China, Indien, aber auch die EU sowie die USA, gefolgt von Brasilien und Pakistan. Der Gesamtbeitrag von Lachgas zum Klimawandel beträgt jedoch nur etwa vier Prozent.
Diese Betrachtung verändert die oben angestellten Rangfolgen sowohl bei den absoluten als auch den pro-Kopf-Emissionen. Bei der Berücksichtigung aller Treibhausgase steigt der Anteil der Entwicklungsländer, da dort häufig der Industrialisierungsgrad niedrig und der Anteil der Landwirtschaft größer ist. In absoluten Zahlen sinkt beispielsweise der Anteil der USA an den weltweiten Emissionen von 24 auf 21 Prozent, wenn man neben dem Energieverbrauch auch alle anderen Treibhausgase einbezieht. Er fällt noch einmal auf 16 Prozent, wenn alle Gase sowie Landnutzungsänderungen (Entwaldung) berücksichtigt werden. Dagegen schiebt sich Indonesien in der Reihenfolge nach oben, wenn alle Klimagase und die Entwaldung gezählt werden, und zwar vom 21. auf den vierten Platz.
Fazit
Hauptverursacher des Klimawandels sind die Länder des industrialisierten Nordens. Insbesondere durch ihren Energieverbrauch in den letzten hundert Jahren haben sie maßgeblich die bereits jetzt stattfinden Klimaveränderungen hervorgerufen. Die Schwellenländer ziehen mit den Emissionen nach, sie haben aber historisch nur sehr wenig zum Klimawandel beitragen; auch müssen für eine differenzierte Betrachtung deren niedrigen pro-Kopf Emissionen berücksichtigt werden.Daraus ergibt sich eine besondere Verpflichtung für den Klimaschutz: Die Industrieländer sollten bei der Bekämpfung des Klimawandels eine Vorreiterrolle übernehmen. Diese Länder haben es zudem durch ihren Industriealisierungsgrad und ihr technologisches Know-How viel leichter als die Entwicklungsländer, in klimafreundliche Technologien zu investieren. Die Entwicklungsländer pochen mit einigem Recht auf eine "nachholende Entwicklung“, die ihnen historisch zusteht. Aus diesen Überlegungen heraus wurde in der UN-KlimaRahmenkonvention das Prinzip der "gemeinsamen, aber differenzierten Verantwortung“ verankert, das ebendiese Unterschiede bei der Verursachung des Treibhauseffekts widerspiegelt.
Betrachtet man allerdings, wie rasant die Emissionen in den Schwellenländern ansteigen, wird schnell klar, dass ohne beispielsweise China und Indien kein ernsthafter Klimaschutz im 21. Jahrhundert betrieben werden kann. Eine der großen Herausforderungen für die internationale Klimapolitik ist es deshalb, diesen Ländern Entwicklungsperspektiven zu eröffnen, sie aber gleichzeitig von der Notwendigkeit zu überzeugen, in eine eigene Klimaschutzpolitik einzusteigen.
Literatur
Das Climate Analysis Indicators Tool (CAIT) des World Resources Institute bietet einen umfassenden Überblick über Treibhausgasemissionen weltweit.Santarius, Tilman: Klimawandel und globale Gerechtigkeit. Aus Politik und Zeitgeschichte
Klima der Gerechtigkeit: Blog der Heinrich-Böll-Stiftung zu Klima- und Gerechtigkeitsfragen.