Kurze Geschichte der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte
Dazu kam es zwar nicht, doch gelang es, an sieben Stellen der Charta die Achtung der Menschenrechte als Prinzip und Ziel der UNO zu verankern. Artikel 68 sah die Schaffung einer Menschenrechtskommission vor, der einzigen in der Charta selbst angelegten Kommission. Stéphane Hessel, französischer Diplomat und Überlebender des KZ Buchenwald schrieb später: "Ich spürte, dass es sich dabei um die wichtigste Neuerung handelte, durch die sich die Vereinten Nationen (...) von allen früheren Formen internationaler Zusammenarbeit unterscheiden würden." Die Konferenz beauftragte nun diese Menschenrechtskommission, eine umfassende "Bill of Rights" zu formulieren.Was verstand man darunter? Deutlich mehr als die herkömmliche Bedeutung des Begriffs vermuten ließ. Wenn die Menschenrechte eine Antwort auf die Barbarei des Nationalsozialismus geben sollten, brauchte es mindestens drei Dinge:
- eine Erklärung, die die wesentlichen Menschenrechte möglichst allgemein und umfassend formuliert;
- einen Vertrag (Convention), der diese Rechte für die Mitgliedstaaten verbindlich erfasst;
- Durchsetzungsmaßnahmen ("measures of implementation"). Zu letzteren zählte man u.a. juristische Maßnahmen, andere Beschwerdemöglichkeiten (Petitionen) und Bildungsanstrengungen.
Manchen Enttäuschten zum Trotz erkannten schon damals die meisten Beobachter die historische Bedeutung des Dokuments. Erstmals in der Geschichte hatte man sich auf weltweit geltende Menschenrechte geeinigt, auf der Grundlage eines gemeinsamen Verständnisses der Menschenwürde. Niemand sollte mehr wegen seiner Herkunft oder sonstiger Merkmale diskriminiert werden. Menschen aus allen Kontinenten hatten an der Erklärung mitgewirkt und unterschiedliche Rechtskulturen eingebracht. Nicht mehr nur Bürgerrechte, sondern Rechte für alle Menschen waren proklamiert. Und neben die politischen waren nunmehr gleichberechtigt die sozialen Menschenrechte getreten. Trotz des zwanzig Jahre dauernden Prozesses bis zur Verabschiedung der beiden Menschenrechtspakte, und trotz der bis heute unzureichenden "Durchsetzungsmaßnahmen": Die "subversive Kraft", die Bischof Tutu später der Allgemeinen Erklärung beim Kampf gegen Unterdrückung und Diskriminierung bescheinigte, hat sich in den sechzig Jahren seit ihrer Verabschiedung eindrucksvoll entfaltet.