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Kommentar: Die existenzielle Frage "Sein oder Nichtsein?" hat die Ukraine klar beantwortet | Ukraine-Analysen | bpb.de

Ukraine Besatzungsregime / Wiedereingliederung des Donbas (27.03.2023) Analyse: Etablierungsformen russischer Herrschaft in den besetzten Gebieten der Ukraine: Wege und Gesichter der Okkupation Karte: Besetzte Gebiete Dokumentation: Human Rights Watch: Torture, Disappearances in Occupied South. Apparent War Crimes by Russian Forces in Kherson, Zaporizhzhia Regions (Ausschnitt) Dokumentation: War and Annexation. The "People’s Republics" of eastern Ukraine in 2022. Annual Report (Ausschnitt) Dokumentation: Terror, disappearances and mass deportation Dokumentation: Haftbefehl des Internationalen Strafgerichtshofs (ICC) gegen Wladimir Putin wegen der Verschleppung von Kindern aus besetzten ukrainischen Gebieten nach Russland Analyse: Die Wiedereingliederung des Donbas nach dem Krieg: eine gesamtgesellschaftliche Herausforderung Chronik 11. bis 21. Februar 2023 Internationaler Frauentag, Feminismus und Krieg (13.03.2023) Analyse: 8. März, Feminismus und Krieg in der Ukraine: Neue Herausforderungen, neue Möglichkeiten Umfragen: Umfragen zum Internationalen Frauentag Interview: "Der Wiederaufbau braucht einen geschlechtersensiblen Ansatz" Statistik: Kennzahlen und Indizes geschlechterspezifischer Ungleichheit Korruptionsbekämpfung (08.03.2023) Analyse: Der innere Kampf: Korruption und Korruptionsbekämpfung als Hürde und Gradmesser für den EU-Beitritt der Ukraine Dokumentation: Statistiken und Umfragen zu Korruption Analyse: Reformen, Korruption und gesellschaftliches Engagement Chronik: 1. bis 10. Februar 2023 Kriegsentwicklung / Jahrestag der Invasion (23.02.2023) Analyse: Unerwartete Kriegsverläufe Analyse: Die Invasion der Ukraine nach einem Jahr – Ein militärischer Rück- und Ausblick Kommentar: Die Unterstützung der NATO-Alliierten für die Ukraine: Ursachen und Folgen Kommentar: Der Krieg hat die Profile der EU und der USA in der Ukraine gefestigt Kommentar: Wie der Krieg die ukrainische Gesellschaft stabilisiert hat Kommentar: Die existenzielle Frage "Sein oder Nichtsein?" hat die Ukraine klar beantwortet Kommentar: Wie und warum die Ukraine neu aufgebaut werden sollte Kommentar: Der Krieg und die Kirchen Karte: Kriegsgeschehen in der Ukraine (Stand: 18. Februar 2023) Statistik: Verluste an Militärmaterial der russischen und ukrainischen Armee Chronik: 17. bis 31. Januar 2023 Meinungsumfragen im Krieg (15.02.2023) Kommentar: Stimmen die Ergebnisse von Umfragen, die während des Krieges durchgeführt werden? Kommentar: Vier Fragen zu Umfragen während eines umfassenden Krieges am Beispiel von Russlands Krieg gegen die Ukraine Kommentar: Meinungsumfragen in der Ukraine zu Kriegszeiten: Zeigen sie uns das ganze Bild? Kommentar: Meinungsforschung während des Krieges: anstrengend, schwierig, gefährlich, aber interessant Kommentar: Quantitative Meinungsforschung in der Ukraine zu Kriegszeiten: Erfahrungen von Info Sapiens 2022 Kommentar: Meinungsumfragen in der Ukraine unter Kriegsbedingungen Kommentar: Politisches Vertrauen als Faktor des Zusammenhalts im Krieg Kommentar: Welche Argumente überzeugen Deutsche und Dänen, die Ukraine weiterhin zu unterstützen? Dokumentation: Umfragen zum Krieg (Auswahl) Chronik: Chronik 9. bis 16. Januar 2023 Ländliche Gemeinden / Landnutzungsänderung (19.01.2023) Analyse: Ländliche Gemeinden und europäische Integration der Ukraine: Entwicklungspolitische Aspekte Analyse: Monitoring der Landnutzungsänderung in der Ukraine am Beispiel der Region Schytomyr Chronik: 26. September bis 8. Januar 2023 Wirtschaft unter Kriegsbedingungen / Friedensverhandlungen (14.12.2022) Analyse: Acht Monate Kriegswirtschaft: Die Fiskalpolitik ist entscheidend Kommentar: Verhandlungslösung? Kommentar: Keine Verhandlungen um jeden Preis Kommentar: Warum der Krieg nicht zu einem weiteren eingefrorenen Konflikt werden darf Dokumentation: Das Telefongespräch von Bundeskanzler Olaf Scholz und dem Präsidenten der Russischen Föderation Wladimir Putin am 2. Dezember 2022 Chronik: 13. bis 25. September 2022 Frauen im Krieg / "Filtration" (29.11.2022) Analyse: Wie ukrainische Frauen die schwere Last des Krieges schultern Analyse: "Filtration": System, Ablauf und Ziele Dokumentation: Bericht von Human Rights Watch zu den "Filtrationslagern" Chronik: 29. August bis 12. September 2022 Humanitäre Krise / Serhij Zhadan (03.11.2022) Analyse: Der nahende Winter und gezielte russische Angriffe auf die kritische Infrastruktur verschärfen die humanitäre Krise in der Ukraine Dokumentation: Dankesrede von Serhij Zhadan zur Verleihung des Friedenspreises 2022 dekoder: Serhij Zhadan Chronik: 15. bis 28. August 2022 Hilfe für die Ukraine während des Krieges / Perspektiven und Probleme des Wiederaufbaus (17.10.2022) Analyse: Internationale Hilfen für die Ukraine: Der "Ukraine Support Tracker" zeigt Kluft zwischen Zusagen und Umsetzung auf Dokumentation: Militärische Unterstützungsleistungen für die Ukraine aus Deutschland Analyse: Ein "grüner" Marshall-Plan für die Ukraine? Dokumentation: German Marshall Fund: Designing Ukraine’s Recovery in the Spirit of the Marshall Plan: Principles, Architecture, Financing, Accountability: Recommendations for Donor Countries Dokumentation: Civil Society Manifesto 2022 (Lugano Declaration) Kommentar: Wie ein grüner Wiederaufbau aussehen kann Kommentar: Wiederaufbau und Neubau. Perspektiven für die Ukraine im und nach dem Krieg Kommentar: Korruption in der Ukraine: Wie wichtig ist das Problem? Dokumentation: The Cost of Reconstruction: Calculations of the National Recovery Council Chronik: 9. Juli bis 14. August 2022 Kriegsverbrechen / Kriegsgeschehen (21.07.2022) Editorial: Dokumentation und Aufarbeitung von Kriegsverbrechen Analyse: Russlands Aggression in der Ukraine Analyse: Welche Rolle ein "Sondertribunal zum Verbrechen der Aggression gegen die Ukraine" für die Opfer des Krieges spielen könnte Dokumentation: Ukraine mobilizes international law: ways to punish Russia for aggression and more Dokumentation: OSZE ODIHR: Report on Violations of International Humanitarian and Human Rights Law, War Crimes and Crimes Against Humanity Committed in Ukraine (1 April – 25 June 2022) Dokumentation: Eastern Ukrainian Center for Civic Initiatives: Most of the civilians killed in Bucha were males of conscription age. A digest of international humanitarian law violations Dokumentation: Amnesty International: Ukraine: Angriff auf Theater in Mariupol ist Kriegsverbrechen russischer Truppen Dokumentation: Human Rights Watch: Ukraine: Executions, Torture During Russian Occupation (Ausschnitt) Chronik: 16. Juni bis 8. Juli 2022 Krieg und Wohnungsmarkt / EU-Kandidatenstatus (13.07.2022) Analyse: Wohnraum und Krieg in der Ukraine Kommentar: Warum der EU-Kandidatenstatus für die Ukraine sicherheitspolitisch geboten und längst überfällig ist Kommentar: Was der EU-Kandidatenstatus für die Ukraine bedeutet Kommentar: Der Status eines EU-Kandidatenlandes für die Ukraine: symbolische Bedeutung und praktische Implikationen Kommentar: "Heute wird über die Zukunft Europas entschieden" Kommentar: Auf dem Weg zur EU-Mitgliedschaft: Alte und neue ukrainische Wege zur europäischen Integration Dokumentation: Schlussfolgerungen des Europäischen Rates zur Ukraine und zu den Beitrittsgesuchen der Ukraine, der Republik Moldau und Georgiens, 23. Juni 2022 Chronik: 1. bis 15. Juni 2022 Krieg, Geschichte und Erinnerungskultur (22.06.2022) Analyse: Geschichte als "Waffe"? Russlands Instrumentalisierung der Erinnerungskultur im Zuge des Angriffskrieges gegen die Ukraine Analyse: Das Asow-Regiment und die russische Invasion Analyse: Stepan Bandera: Geschichte, Erinnerung und Propaganda Kommentar: Erinnerungskultur in der "Zeitenwende". Die deutsche Weltkriegserinnerung und der Ukrainekrieg Kommentar: "Russland – das verstehe ich, Ukraine – das verstehe ich nicht" Chronik: 25. April bis 31. Mai 2022 Flucht vor dem Krieg / Zukunft der Ukraine-Forschung / Auswirkungen des Krieges auf die Bildung / Kriegsgeschehen in der Ukraine (30.05.2022) Analyse: Flucht in und aus der Ukraine Kommentar: Die Osteuropäische Geschichte und die Ukraine nach Russlands Angriff Kommentar: Ukraine-Studien in Deutschland. Beobachtungen eines Historikers Kommentar: Wir brauchen eine De-Kolonisierung und Aufwertung der Osteuropaforschung Kommentar: Fehler im Betriebssystem Kommentar: Wir brauchen dringend und schnell eine interdisziplinäre Ukrainistik an deutschsprachigen Universitäten Dokumentation: Bildung und Krieg Chronik: 10. bis 24. April 2022 Deutschland und der Krieg (04.05.2022) Kommentar: Abschied vom Wolkenkuckucksheim. Deutschlands langsamer Wiedereintritt in die Weltpolitik Kommentar: Es war nicht alles falsch! Oder doch? Kommentar: Deutschlands Selbstbild – ein Kollateralschaden des Krieges? Kommentar: Der russisch-ukrainische Krieg und die Zukunft Europas Kommentar: Russlands Krieg gegen die Ukraine und die deutsche Erinnerungskultur Kommentar: Frieden und Sicherheit für die Ukraine und Europa entstehen nicht am Reißbrett des Westens Kommentar: Kommunikationsstrategien im Krieg: Andrij Melnyk und Vitali Klitschko Kommentar: Deutschland in den russischen staatsnahen Medien Cyber-Operationen / Digitalisierung (02.05.2022) Analyse: Cyber-Operationen im Kontext des Russland-Ukraine-Krieges 2022 Dokumentation: Cybervorfälle im Verlauf von Russlands Krieg gegen die Ukraine (Februar bis April 2022) Analyse: Zur persönlichen Einstellung von Beschäftigten des öffentlichen Sektors gegenüber aktuellen eGovernment-Initiativen in der Ukraine Dokumentation: Top-10-Vorschläge aus der ukrainischen Zivilgesellschaft für das Ministerium für digitale Transformation für 2021–22 Chronik: 11. März bis 9. April 2022 Selenskyjs vs. Putins Rhetorik / Gesellschaftlicher Widerstand / Deutschlands Blick auf die Ukraine / Selenskyjs Erfolge / Ukrainische Verhandlungsposition / Russische Kriegsverbrechen (11.04.2022) Analyse: Zweierlei Spiegelungen. Putins und Selenskyjs rhetorische Strategien Analyse: Was mobilisiert den ukrainischen Widerstand? Analyse: Deutschland, die Ukraine, Russland und das Erbe des deutschen Kolonialismus in Osteuropa Analyse: Herausragende Leistung: Selenskyj als Präsident der geeinten Ukraine dekoder: Neutrale Ukraine – ein Ausweg aus dem Krieg? Dokumentation: Human Rights Watch: Ukraine: Apparent War Crimes in Russia-Controlled Areas Dokumentation: Internationale Hilfen im Zusammenhang mit dem Krieg in der Ukraine Chronik: 2. bis 10. März 2022 Russlands Angriffskrieg / Friedensverhandlungen / Selenskyjs Rede im Bundestag (28.03.2022) Analyse: Russlands Überfall auf die Ukraine: Warum gerade jetzt? Kommentar: "Keine Kompromisse mit dem neofaschistischen Russland" dekoder: Wie kann man diesen Krieg beenden? dekoder: Warum Putin die Ukraine grundsätzlich missversteht Dokumentation: Ansprache des Präsidenten der Ukraine, Wolodymyr Selenskyj, im Deutschen Bundestag Dokumentation: Statement der EU-Regierungschefs zu Russlands Krieg gegen die Ukraine Dokumentation: Mehr als nur Waffenruhe: Die Ukraine braucht dringend einen Schutz für Aktivist*innen und eine De-Okkupation (Erklärung der Kyjiwer Gespräche) Chronik: 24. Februar bis 1. März 2022 Russlands Angriff auf die Ukraine / Kosaken (14.03.2022) Von der Redaktion der Forschungsstelle Osteuropa Bremen: Spendenaufruf Kommentar: Putins Angriff auf die Ukraine und die erzwungene Rückkehr zur Logik des kalten Krieges Kommentar: Russland will die Ukraine kontrollieren – und wird langfristig das Gegenteil erreichen Kommentar: Die Ukraine kämpft für Europa Dokumentation: Offene Briefe gegen Russlands Krieg in der Ukraine Dokumentation : Internationale Hilfen für die Ukraine Dokumentation : Diplomatische Gespräche im Vorfeld des Krieges Analyse: Kosakenorganisationen in der heutigen Ukraine Chronik: 18. – 23. Februar 2022 Russlands aggressive Ukraine-Politik / Deutschland im Russland-Ukraine Konflikt / Konfliktlösung in der Sackgasse? (22.02.2022) Von der Redaktion: Die Russland-Ukraine-Krise im Kontext Kommentar: Drei Lehren und drei Hinweise zur Außenpolitik Putins gegenüber der Ukraine und dem Westen Kommentar: Kriegsoptimismus im Russland-Ukraine-Konflikt: Grund zum Pessimismus? Kommentar: Die Russland-Ukraine Krise: Wo steht Deutschland? Kommentar: Die Russland-Ukraine-Krise 2022 Ein Moment der Wahrheit für Deutschland Kommentar: Wir schulden der Ukraine Unterstützung – und eine klare Linie Kommentar: Russlands Passportisierung des Donbas: Von einer eingeschränkten zu einer vollwertigen Staatsbürgerschaft? Kommentar: Die OSZE-Sonderbeobachtermission in der Ukraine: Wunsch und Wirklichkeit Kommentar: Das Normandie-Format und die Minsker Abkommen: Können sie zu einer Deeskalation im Konflikt mit Russland beitragen? Umfragen: Meinungsumfragen zu den Spannungen zwischen Russland und der Ukraine Dokumentation: Rede des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj auf der 58. Münchener Sicherheitskonferenz, 19.02.2022, München Chronik: 8. bis 17. Februar 2022 Bewaffneter Konflikt in der Ostukraine / Lage in den nicht von der Ukraine kontrollierten Gebieten (14.02.2022) Analyse: Leben im Schatten: Überlebensstrategien der Menschen in der "Volksrepublik Donezk" Analyse: Die Silowiki in den "Volksrepubliken" Donezk und Luhansk: Entstehung der bewaffneten Einheiten Analyse: Der illegale Handel mit Kohle aus den Donezker und Luhansker "Volksrepubliken" Analyse: Auswirkungen der Coronavirus-Pandemie und ihre sozio-ökonomischen Folgen in den nicht von der ukrainischen Regierung kontrollierten Gebieten der Regionen Donezk und Luhansk Analyse: Die Umsetzung der Minsker Vereinbarungen: Was ist möglich? Chronik: 24. Januar bis 7. Februar 2022 Einstellungen zur Sowjetunion (03.02.2022) Analyse: Einstellungen junger Ukrainerinnen und Ukrainer zur sowjetischen Vergangenheit Chronik: 1. bis 23. Januar 2022 Agrarstrukturentwicklung in der Ukraine (10.01.2022) Einleitung: Von der Redaktion Akquisitionsverhalten ukrainischer Agrarholdings Wandel im ukrainischen Geflügelsektor Chronik: 22. November bis 31. Dezember 2021 Weitere Angebote der bpb Redaktion

Kommentar: Die existenzielle Frage "Sein oder Nichtsein?" hat die Ukraine klar beantwortet Ukraine-Analyse Nr. 279

Eduard Klein

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Angesichts der militärischen Überlegenheit Russlands und der Wahrnehmung der Ukraine als fragiler Staat glaubten nur wenige an die Ukraine. Der ukrainische Widerstand und die gesellschaftliche Mobilisierung haben viele überrascht.

Am 21. Dezember hielt der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj eine historische Rede im US-Kongress. (© picture-alliance, ZUMAPRESS.com | Carol Guzy)

Der Krieg Russlands gegen die Ukraine geht am 24. Februar 2023 nicht, wie es aktuell oft heißt, in sein zweites Jahr, sondern in sein neuntes. Er begann bereits mit der militärischen Besetzung der Krim am 20. Februar 2014, ihrer völkerrechtswidrigen Annexion einen Monat später und den anschließenden Kämpfen im Donbas, die laut gängigen Definitionen bereits ein Krieg waren.

Die russische de jure Anerkennung der de facto längst kontrollierten "Volksrepubliken" in Donezk und Luhansk vor einem Jahr am 22. Februar 2022 führte schließlich zur großangelegten russischen Invasion, da Russland einen angeblichen "Genozid" dort verhindern wollte. Der Krieg wurde nun in einer völlig neuen Intensität geführt, denn Russland griff die Ukraine mit mehr als 150.000 Soldaten und deutlich überlegener militärischer Ausrüstung gleich von drei Seiten an. Das Ausmaß der Zerstörung ist immens, wie täglich neue Bilder aus der Ukraine zeigen. Die Brutalität und Gewalt der russischen Truppen gegenüber der ukrainischen Zivilbevölkerung hat – zahlreiche Externer Link: gut dokumentierte Kriegs- und Menschenrechtsverbrechen belegen dies – drastisch zugenommen. Das von Russland besetzte Territorium ist, trotz erfolgreicher Rückeroberungen durch die Ukraine, von sieben auf etwa 20 Prozent des Landes gestiegen. Die Zahl der Vertrieben und der Todesopfer hat sich vervielfacht (laut "offiziellen" Externer Link: Angaben der "Behörden" hatte es in der "Volksrepublik Luhansk" im gesamten Jahr 2021 nur ein (!) ziviles Todesopfer gegeben). Da es für Russland nach den ersten Wochen des Blitzkriegs militärisch nicht mehr gut lief und es sich aus der Hälfte der eroberten Gebiete wieder zurückziehen musste, änderte es in den vergangenen Monaten seine Taktik: Mit Externer Link: massiven Angriffen auf die kritische Infrastruktur, die eine humanitäre Krise herbeiführen sollten, versuchte man den Widerstandswillen der Bevölkerung zu brechen.

Als die großangelegte Invasion vor einem Jahr begann, trauten angesichts der klaren militärischen Überlegenheit Russlands und der Wahrnehmung der Ukraine als schwacher oder gar fragiler Staat nur wenige dem angegriffenen Land zu, länger als ein paar Wochen zu überleben. Der entschlossene Widerstand und die große gesellschaftliche Mobilisierung haben viele überrascht. Russland verfehlte seine Ziele klar, sowohl militärisch als auch politisch: Der Blitzangriff auf die Hauptstadt Kyjiw, der einen Regimewechsel zum Ziel hatte, wurde von den Ukrainer:innen erfolgreich abgewehrt. Präsident Selenskyj ist (trotz Externer Link: 12 Attentatsversuchen) weiterhin im Amt. Das von vielen als "in Ost und West gespaltene" bezeichnete Land ist nicht auseinandergebrochen, sondern hat sich vielmehr konsolidiert. Die Ukrainer:innen sind enger zusammengerückt und als politische Nation zusammengewachsen. Selbst die im Süden und Osten der Ukraine lebende russophile Bevölkerung, die Moskau angeblich "befreien" wollte, hat sich angesichts der erbarmungslosen Kriegsführung insbesondere in diesen Regionen endgültig von Russland abgewandt.

Die Existenz der Ukraine als Nation, die von Russlands Führung und Propaganda bestritten wird, ist international sichtbarer denn je. Das "Time" Magazin kürte den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj zur "Person des Jahres", der "Economist" die Ukraine zum "Land des Jahres" und das EU-Parlament verlieh den renommierten "Sacharow-Preis" an das gesamte "mutige ukrainische Volk". Als Selenskyj am 21. Dezember 2022 bei seiner ersten Auslandsreise seit Beginn der Invasion vor dem US-Kongress in Washington sprach, erfuhr er einen Rückhalt wie vor ihm kaum ein anderer Staatschef – beim Zählen der "Standing Ovations" während Selenskyjs fulminanter Rede kamen Externer Link: Beobachter:innen gar nicht mehr hinterher.

Laut Google zählt die Suchanfrage "Ukraine" zu den Top-3 Suchbegriffen des letzten Jahres. Die ukrainische Sprache – aus russischer Sicht bloß ein russischer Dialekt – ist populärer denn je: Mehr als eine Million Menschen auf der ganzen Welt haben im letzten Jahr damit begonnen, Ukrainisch zu lernen. Es gibt ein gewachsenes Interesse an Konzerten, Lesungen und Ausstellungen ukrainischer Kulturschaffender, welche die ukrainische Kultur, die es laut Russland angeblich nicht gibt, in die ganze Welt tragen. Auch in meiner eigenen Zunft, der Osteuropaforschung, die sehr auf Russland fokussiert war, setzt ein Umdenkprozess ein: Die Ukraine tritt aus dem Schatten Russlands und rückt stärker in das Forschungsinteresse (wie andere unabhängige postsowjetische Staaten auch).

Je mehr Russland also versucht, die Ukraine als Staat, Nation und Volk gewaltsam zu zerstören, desto entschlossener nach innen und "existenter" nach außen wird sie. Der neoimperialistische Plan Putins, die freie und unabhängige Ukraine zu unterwerfen (und damit die aus seiner Sicht "größte geopolitische Katastrophe" des 20. Jahrhunderts ein Stück weit zu revidieren), ist angesichts der Resilienz der Ukrainer:innen, die ihre 1991 erlangte Unabhängigkeit und 2014 erkämpfte Würde nicht wieder aufgeben wollen, nicht aufgegangen. Statt des russischen "Empirebuildings" erleben wir ein ukrainisches "Nationbuilding", zu dem Putin, entgegen seiner eigentlichen Ambitionen, selbst am meisten beigetragen hat. Und die Ukrainer:innen haben die existenzielle Frage "Sein oder Nichtsein?", vor der sie angesichts der großangelegten Invasion vor einem Jahr standen, eindrucksvoll beantwortet: Ja, wir sind noch da oder wie US-Präsident Joe Biden es gerade bei seinem Überraschungsbesuch in der Ukraine formulierte: "Kyjiw steht, die Ukraine steht!".

Trotz des hohen Blutzolls und der Sehnsucht nach Frieden und Normalität – die übrigens nirgends so groß sein dürfte wie in der Ukraine, was in der deutschen Debatte gern übersehen wird – lehnt die überwältigende Mehrheit der Ukrainer:innen territoriale Konzessionen als "Preis" für einen Waffenstillstand strikt ab. Denn sie wissen besser als alle anderen, dass ihnen unter russischer Besatzung Externer Link: Verfolgung, Folter, Deportation, Terror und Tod drohen.

Präsident Selenskyj hat eine "Externer Link: Friedensformel" mit 10 Punkten vorgelegt. Russland lehnt diese jedoch ab und besteht weiterhin auf seinen Maximalforderungen. Im Gegenteil, es deutet alles darauf hin, dass Russland seine militärischen Versuche in den kommenden Wochen und Monaten in Form einer neuen Offensive wieder intensiviert. Die Ukrainer:innen sind wiederum überzeugt, dass sie diesen Krieg mit westlicher Unterstützung, die in den kommenden Monaten neu eintreffen wird, gewinnen werden. Sie kämpfen daher weiter, für ihre Freiheit, ihre Würde und unsere gemeinsamen Werte.

Wenn wir die "Zeitenwende" sowie unsere europäischen und humanistischen Werte, die aktuell in der Ukraine auf dem Spiel stehen – einem europäischen Land, das inzwischen ein offizieller EU-Beitrittskandidat ist –, wirklich ernst nehmen, dann müssen wir die Ukraine bis zum Sieg und zu einem gerechten Frieden entschlossen und konstant unterstützen, und zwar humanitär, wirtschaftlich, finanziell, politisch und angesichts der fortdauernden russischen Angriffe vor allem auch: militärisch.

Tun wir das nicht, verraten wir nicht nur unsere eigenen Ideale und 40 Mio. Ukrainerinnen und Ukrainer, die ihre Hoffnungen auf uns setzen. Sondern wir schaffen uns, sollte Russland gewinnen, für die nächsten Jahre und vielleicht sogar Jahrzehnte ein noch größeres sicherheitspolitisches Problem in Europa.

Fussnoten

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ist wissenschaftlicher Mitarbeiter der Forschungsstelle Osteuropa an der Universität Bremen und Redakteur der Ukraine-Analysen.