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Kommentar: Kann die Ukraine mit der Unterstützung der USA rechnen, um einen gerechten Frieden zu erreichen? | Ukraine-Analysen | bpb.de

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Kommentar: Kann die Ukraine mit der Unterstützung der USA rechnen, um einen gerechten Frieden zu erreichen? Ukraine-Analysen Nr. 306

Volodymyr Dubovyk

/ 9 Minuten zu lesen

Was könnte die Rolle der Vereinigten Staaten, des vermeintlichen Schwergewichts als militärische Supermacht, in einem Verhandlungsprozess sein, um einen dauerhaften Frieden in der Ukraine zu garantieren?

Wolodymyr Selenskyj, Präsident der Ukraine, hält am Rande des Nato-Gipfels am 11. 07. 2023 eine öffentliche Ansprache in der litauischen Hauptstadt und wirbt für Nato-Mitgliedschaft und Sicherheitsgarantien für die Ukraine. (© picture-alliance/dpa, Kay Nietfeld)

Herausgeber der Länderanalysen

Die Ukraine-Analysen werden von der Forschungsstelle Osteuropa an der Universität Bremen, der Deutschen Gesellschaft für Osteuropakunde e.V., dem Deutschen Polen-Institut, dem Leibniz-Institut für Agrarentwicklung in Transformationsökonomien, dem Leibniz-Institut für Ost- und Südosteuropaforschung und dem Zentrum für Osteuropa- und internationale Studien (ZOiS) gGmbH gemeinsam herausgegeben. Die Bundeszentrale für politische Bildung/bpb veröffentlicht die Analysen als Lizenzausgabe.

Während der großangelegte Krieg Russlands gegen die Ukraine schon weit über zwei Jahre andauert und kein Ende abzusehen ist, wird auch von Frieden gesprochen. Ist Frieden möglich? Welcher Art könnte dieser Friede sein? Zu welchen Bedingungen? Was wäre die Rolle der Vereinigten Staaten, des vermeintlichen Schwergewichts als militärische Supermacht in diesem Prozess?

In erster Linie wäre der schnellste Weg zum Frieden, wenn Russland seinen Angriffskrieg beenden würde. Es gibt jedoch dafür keinerlei Anzeichen. Russland scheint im Gegenteil die Früchte des derzeitigen Abnutzungskrieges ernten zu wollen. In einem solchen Krieg ist per Definition derjenige im Vorteil, der über die größeren menschlichen, natürlichen und finanziellen Ressourcen verfügt. Russland hat sich an die Sanktionen angepasst, ist in der Lage, mehr Waffen zu produzieren, und erhält Nachschub von Verbündeten wie Iran oder Nordkorea.

Für die Ukraine ist nicht nur wichtig, dass Russland mit seinem Angriffskrieg aufhört, sondern auch, dass es seine Truppen von sämtlichen besetzten ukrainischen Gebieten abzieht. Die Position der Ukraine hat stets darin bestanden, dass die territoriale Integrität des Landes vollständig wiederhergestellt werden müsse. Das findet sich in Selenskyjs "Friedensformel" wie auch in seinem "Zehnpunkteplan" wieder . Territoriale Integrität war und ist formal der zentrale und unabdingbare Teil der ukrainischen Position. Während 2022 einige besetzte Gebiete der Ukraine befreit werden konnten und es 2023 große Erwartungen an eine großangelegte Gegenoffensive gab, ist es im Herbst 2024 offensichtlich, dass eine Befreiung der besetzten Gebiete in näherer Zukunft kaum möglich sein wird.

Niemand wünscht sich einen Frieden mehr als die Ukrainer:innen. Das Land ist bereits geraume Zeit eine Zielscheibe der russischen Invasionsarmee. Ebenso ist deutlich geworden, welchen Preis die Ukraine für ihre Verteidigung zahlen muss. Das spiegelt sich auch in Meinungsumfragen wider, in denen ein langsamer, aber stetiger Anstieg des Anteils derjenigen zu beobachten ist, die mögliche Verhandlungen mit Russland unterstützen. Das bedeutet jedoch nicht, dass die Menschen in der Ukraine in irgendeiner Art bereit wären, ein russisches Ultimatum zur Kapitulation oder territoriale Zugeständnisse an den Feind zu akzeptieren. Da Russland nicht innehält und keinerlei Anzeichen von Kompromissbereitschaft zeigt, liegen die Positionen der beiden Seiten weit auseinander.

Dennoch ist Frieden in aller Munde. Bedauernswerterweise werden von einigen Personen Vorstellungen von einem "Frieden" formuliert, der auf Kosten der Ukraine geht und Russland beschwichtigen soll. Der Geist des Münchener Abkommens von 1938 liegt in der Luft. Der vielbeschworene chinesisch-brasilianische "Friedensplan" ist unter diesem Aspekt zu betrachten. Der Vorschlag eines bedingungslosen Waffenstillstands impliziert das Einfrieren des Konfliktes (auf unbestimmte Zeit) entlang der gegenwärtigen Frontlinie. Damit würde der russische Landraub im Grunde bekräftigt. Gepaart werden diese Vorschläge mit der Forderung, die bestehenden Sanktionen aufzuheben, was bedeuten würde, eines der zentralen Instrumente aufzugeben, mit denen Russland für seinen Angriffskrieg zur Verantwortung gezogen und dessen Vorgehen beeinflusst werden kann. Es wundert wenig, dass die Ukrainer:innen dies nicht als jenen gerechten Frieden betrachten würden, den sie verdienen, und der im Einklang mit den Normen des Völkerrechts und der internationalen Ordnung stünde. In Wirklichkeit wäre das keineswegs ein Frieden, sondern würde Russland dazu ermutigen, mit seiner Aggression weiterzumachen und sein Projekt zur Untergrabung der Souveränität der Ukraine fortzuführen. Bis hin zur Zerstörung jeder ukrainischen Staatlichkeit.

Außerhalb der Ukraine gibt es zunehmend die Wahrnehmung, dass das Land zum Scheitern verurteilt ist und Russland obsiegen wird. Ein solches Scheitern der Ukraine ist allerdings nicht in Stein gemeißelt. In Wirklichkeit besteht für die Ukraine eine reale Chance, wenigstens – und das ist äußerst wichtig – beträchtliche taktische Erfolge zu erzielen und die russischen Kriegsanstrengen noch weiter zu erschweren. Den gesamten Verlauf des Krieges vollkommen zu wenden, bleibt allerdings ein unwahrscheinlicheres Szenario. Dennoch sind derartige taktische Erfolge mit gutem Grund als etwas betrachtet worden, was die Verhandlungsposition der Ukraine verbessern würde, wenn es einst zu irgendeiner Art Friedensgesprächen kommen sollte. Um dies zu erreichen, müsste die Ukraine von ihren internationalen Partnern Hilfe zumindest in jenem beträchtlichen Umfang erhalten, wie das bislang der Fall war. In Wirklichkeit braucht die Ukraine sogar mehr als die bisherige Unterstützung. Die proukrainische Koalition müsste sowohl die Waffenlieferungen wie auch die humanitäre Hilfe verdoppeln. Bisher hat es eher den Anschein, dass diese Hilfen schrumpfen. Und dies zu einem Zeitpunkt, da Russland weiterhin Waffen aus Nordkorea und dem Iran und beträchtliche Unterstützung durch die Volksrepublik China erhält. Es mangelt sowohl am Glauben an einen letztendlichen Erfolg der Ukraine wie auch an der Fähigkeit, schnell Waffen zu beschaffen. Und letztlich fehlt oft der notwendige politische Wille.

Die gegenwärtige Situation hat die ukrainische Führung dazu gebracht, anstelle eines Abflauens eine Ausweitung der Hilfe zu fordern, und zwar mit einer gewissen Dringlichkeit. Die Rolle der Vereinigten Staaten bei dem, was in diesem Krieg als nächstes folgt, ist von sehr großer Bedeutung. Das wird zurecht auch von der Ukraine so gesehen. Die jüngste Visite von Präsident Selenskyj in den USA hat das noch deutlicher werden lassen. Selenskyj hatte seinen "Siegesplan" im Gepäck. Soweit der Inhalt dieses Plans bekannt ist, geht es dort um einen Aufruf zu einer Intensivierung der Hilfe, insbesondere der Waffenlieferungen. Nach ukrainischer Einschätzung ist dies erforderlich, um womöglich die Initiative in diesem Krieg zurückzugewinnen. Die Forderung nach einer Erlaubnis, militärische Ziele in Russland mit weitreichenden Waffen aus westlicher Produktion weit hinter der Grenze angreifen zu dürfen, ist ein wichtiger Teil des Plans.

Kyjiw verhält sich im US-amerikanischen Präsidentschaftswahlkampf neutral. Die Ukraine hat traditionell von einer Unterstützung profitiert, die von beiden Parteien getragen wird, insbesondere, was den Kongress anbelangt. Dieses sensible Gleichgewicht ins Wanken zu bringen, ist das Letzte, was Kyjiw jetzt wollen kann. Es gibt eine zunehmende Unzufriedenheit mit der Biden-Administration, und zwar, weil man bei dieser eine Ängstlichkeit, gar Furcht vor einer möglichen Eskalation durch Russland und Verzögerungen bei den Waffenlieferungen wahrnimmt. Das könnte Kyjiw zu dem Schluss gebracht haben, dass eine Wachablösung von den Demokraten zu den Republikanern insgesamt gar nicht so schlimm wäre. Man ist in Kyjiw allerdings auch nicht überzeugt, dass eine weitere Amtszeit von Trump für die Ukraine besser wäre.

Die Biden-Administration ist gegenüber der ukrainischen Forderung, Angriffe tief in russisches Territorium hinein zu erlauben, unnachgiebig. Bei all den "roten Linien", die seit Februar 2022 überschritten wurden, scheint diese nun für das Weiße Haus unantastbar zu sein, weil man fürchtet, in den Krieg hineingezogen zu werden; die Überlegungen werden immer noch von einer möglichen Eskalation durch Russland dominiert. All dies geschieht natürlich im Kontext der unmittelbar bevorstehenden Präsidentschaftswahl. Die Republikaner sind in Bezug auf die Unterstützung der Ukraine gespalten. Einige der Verfechter nationaler Sicherheit, Falken der alten Schule, sind für eine Fortsetzung der Hilfe. Andere hingegen, ein sehr aktiver Flügel in der Partei, sind dagegen. Der Anführer dieses Flügels ist Präsidentschaftskandidat Donald Trump. Dieser gibt sich uneindeutig hinsichtlich seines Willens, dass die Ukraine gewinnen soll, wie auch bei der grundlegenden Frage, ob eine Unterstützung der Ukraine den Interessen der USA dient.

Und was ist mit Frieden? Trump hat gesagt, dass er schnell für Frieden sorgen werde, wenn er Präsident wird. Er scheint wirklich im Glauben zu sein, dass er sofort Frieden erzielen kann. Die Konturen eines möglichen Trumpschen Friedensplans sind allerdings nicht ganz klar. Trumps Kandidat zum Vizepräsidenten, J.D. Vance, wagt sich mit einer breitangelegten Vision vor, die im Grunde dem chinesisch-brasilianischen Plan ähnelt. Diese Vision deckt sich mit den vorherrschenden Ansichten in Trumps engster Umgebung. Es gibt keine Anzeichen, dass Trump diesen Plan bis ins Detail durchdacht hat. Natürlich würde die Ukraine eine derartige Strategie nicht begrüßen. Also könnte es die Hoffnung geben, dass dieser Ansatz sich im Laufe einer möglichen Amtszeit Trumps wandelt. Allerdings gibt es keine belastbaren Gründe für eine solche Hoffnung.

Die Biden-Administration hat anscheinend während des gesamten Krieges recht stark zu kämpfen gehabt, mit einer strategischen Vision aufzuwarten, wie ein optimaler Ausgang des Krieges aussehen könnten und wie Frieden erzielt werden könnte. Aktuell gibt es keine Belege, dass Präsident Biden in seiner verbleibenden Amtszeit die Ukraine-Hilfe mit einer starken Initiative vorantreiben wird, sei es vor den Wahlen oder in der Zeit danach. Biden scheint mit dem gegenwärtigen Umfang der Unterstützung zufrieden zu sein. Er glaubt, dass die USA mehr als genug getan haben, um die Ukraine zu unterstützen. Und er macht sich um sein "Erbe" bei dieser Frage keine Gedanken.

Bei Kamala Harris lässt sich keine eigenständige Ukraine-Strategie erkennen, die sich von dem des amtierenden Präsidenten unterscheiden würde. Mehr noch: Würde sie etwas Derartiges signalisieren, wäre das eine erheblicher Verletzung der Etikette, da Biden immer noch Oberbefehlshaber und für die Gestaltung der Politik zuständig ist. Wenn es Unterschiede geben sollte, würden die aller Wahrscheinlichkeit nach in einigen taktischen Nuancen bestehen, und nicht im Kern der Politik. Das könnte vielleicht die Art der gelieferten Waffen betreffen, aber nichts Essenzielles. Es wird vermutlich eine Kontinuität in der Ukraine-Politik geben, bei der Harris die Ukraine-Hilfe weder reduziert noch erhöht. Viel wird natürlich vom Kongress und dessen Zusammensetzung nach den Wahlen abhängen.

Es bleibt festzuhalten, dass die Biden-Administration die Ukraine auf sehr bedeutsame Weise unterstützt hat. Sie hat es aber nicht geschafft, eine strategische Vision zu formulieren, was als nächstes kommen sollte, und was am besten den Interessen der USA dienen würde. Das lässt sich zum Teil durch den dynamischen Charakter des Krieges erklären. Und durch die Annahme – die im Grunde berechtigt ist –, dass die Ukraine ihr Schicksal selbst entscheiden solle, auch darüber, wie sie kämpfen sollte, und ob sie einen Frieden anstreben soll und wann. Die Statements zur Unterstützung eines letztendlichen Sieges der Ukraine und darüber, dass ein Sieg Russlands verhindert werden müsse, sind zwar wichtig, aber als solche nicht ausreichend. Es sollte eine Reihe von Schritten geben, die die Dringlichkeit der Lage widerspiegeln und auf der Überzeugung beruhen, dass ein Sieg Russlands im Krieg verhindert werden muss; dazu müsste die Menge der gelieferten Waffen erhöht werden. Es ist von äußerster Wichtigkeit sicherzustellen, dass der Krieg nicht verloren wird. Und dass auch der Frieden anschließend nicht verloren geht. Nur dann kann die Ukraine womöglich einem gerechten und bedeutsamen Frieden entgegensteuern.

Die Konturen eines solchen Friedens sind immer noch nicht definiert. Sie werden natürlich von der Lage an der Front abhängen. Wenn diese stabilisiert werden kann und die russischen Vorstöße aufgehalten werden können – und hier bleiben die US-amerikanischen Waffenlieferungen entscheidend – könnte sich für die Ukraine eine bessere Verhandlungsposition ergeben. Es scheint, als habe Washington insgesamt verstanden, dass das realistische Ziel gerade darin besteht, der Ukraine eine vernünftige Verhandlungsposition zu sichern, damit Russland nicht in die Lage versetzt wird, mit seinen Ultimaten und wiederholten Kapitulationsforderungen einfach alles zu überrollen.

Viel wird davon abhängen, welches langfristige Sicherheitsformat sich für die Ukraine ergibt. Die Diskussion über eine NATO-Mitgliedschaft wird weitergehen, da diese den Sicherheitsinteressen des Landes am besten dient. Das wäre besser als die Ukraine im Ungewissen zu lassen. Es scheint allerdings, dass es in dieser Frage keinen baldigen Fortschritt geben wird. Ebenso unwahrscheinlich ist, dass die Ukraine im Falle einer nicht zu erreichenden NATO-Mitgliedschaft verbindliche und substanzielle Sicherheitsgarantien von anderen Ländern erhält. Was unterdessen bleibt, ist, das Beste aus den bestehenden Sicherheitspaketen zu machen, die die USA und andere Mitglieder der proukrainischen Koalition der Ukraine zur Verfügung stellen. Das wichtigste Ziel ist, die Ukraine mit den entsprechenden Ressourcen auszustatten und die Asymmetrie in diesem Konflikt weiter zu verringern, kurz- wie langfristig. Dadurch würde das Ziel des Kreml, die Souveränität und Sicherheit der Ukraine zu untergraben, für diesen zu einer zunehmend schwierigen Herausforderung.

Übersetzung aus dem Englischen: Hartmut Schröder

Anmerkung: Dieser Text ist eine überarbeitete und erweiterte Version des Kommentars "Ukraine Will Not Accept the Peace of the Graveyard", der am 11. Oktober 2024 von CEPA veröffentlicht wurde. Dieser ist abrufbar unter Externer Link: https://cepa.org/article/ukraine-will-not-accept-the-peace-of-the-graveyard/.

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Volodymyr Dubovyk ist Associate Professor in der Abteilung Internationale Beziehungen und Direktor des Zentrums für internationale Studien an der Nationalen I. I. Metschnykow-Universität Odesa. Zur Zeit ist er Gastprofessor an der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt und Gastwissenschaftler am Center for European Policy Analysis (CEPA) in Washington, DC. Im Laufe seiner wissenschaftlichen Karriere erhielt er zahlreiche Forschungsaufträge aus Kanada und den USA, zuletzt vom Kennan Institute am Wilson Center (2022), von der George Washington Universität (2022–2023), der Universität Toronto (2022–2023) und der Fletcher School of Law and Diplomacy an der Tufts University (2022–2023). Seine Forschungen konzentrieren sich auf die Außen- und Sicherheitspolitik der Ukraine, die transatlantischen Beziehungen, die Vereinigten Staaten, die ukrainisch-US-amerikanischen Beziehungen, Sicherheitsfragen der Schwarzmeerregion und Sicherheitspolitik.