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Analyse: Das Jahr 2024 aus militärischer Sicht: Von Awdijiwka über Pokrowsk bis Kursk | Ukraine-Analysen | bpb.de

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Analyse: Das Jahr 2024 aus militärischer Sicht: Von Awdijiwka über Pokrowsk bis Kursk Ukraine-Analysen Nr. 311

Clément Molin

/ 11 Minuten zu lesen

2024 konzentrierte Russlands Militär sich auf die Region Donezk. Trotz Geländegewinnen verteidigt die Ukraine entschlossen und fügt Russland hohe Verluste zu.

Ukrainische Soldaten bei der Verteidigung von Pokrowsk im Februar 2025. (© picture-alliance, abaca | AA/ABACA)

Zusammenfassung

Im Jahr 2024 ging Russlands Krieg gegen die Ukraine unvermindert weiter. Die schwersten Kämpfe gab es in der Region Pokrowsk im Donbas. Der Krieg verlagerte sich erstmals auch auf russisches Territorium in die Region Kursk. Trotz einer Zunahme des Tempos der russischen Geländegewinne vor allem im zweiten Halbjahr hat sich die Frontlinie insgesamt jedoch nur wenig geändert. Letztlich haben beide Seiten versucht, ihre Positionen in Vorbereitung auf mögliche Verhandlungen im Jahr 2025 zu stärken.

Herausgeber der Länderanalysen

Die Ukraine-Analysen werden von der Forschungsstelle Osteuropa an der Universität Bremen, der Deutschen Gesellschaft für Osteuropakunde e.V., dem Deutschen Polen-Institut, dem Leibniz-Institut für Agrarentwicklung in Transformationsökonomien, dem Leibniz-Institut für Ost- und Südosteuropaforschung und dem Zentrum für Osteuropa- und internationale Studien (ZOiS) gGmbH gemeinsam herausgegeben. Die Bundeszentrale für politische Bildung/bpb veröffentlicht die Analysen als Lizenzausgabe.

Die russische Offensive westlich von Donezk war der zentrale Kriegsschauplatz im Jahr 2024

Im Oktober 2023, nach fünfmonatiger ukrainischer Initiative im Süden und an den Flanken von Bachmut, starteten die russischen Streitkräfte eine Offensive in der Region Donezk. Im Bereich zwischen Awdijiwka und dem etwa 50 Kilometer von Donezk entfernten Pokrowsk fanden die meisten aktiven Kämpfe des Jahres 2024 statt. Man könnte es daher auch als "Donezk-Schlacht" bezeichnen, da die strategischen Ziele der russischen Armee darin bestanden, die Vororte der (einstigen) Millionenstadt zu sichern. Im Januar und Februar 2024 nahm Russland die strategisch wichtige Stadt Awdijiwka ein. Awdijiwka liegt nur 5 Kilometer nördlich von Donezk, ist seit Beginn des Krieges im Donbas 2014 stark befestigt und wurde von ukrainischer Seite genutzt, um die russischen Streitkräfte im nördlichen und westlichen Teil der Stadt Donezk anzugreifen.

Die russische Donezk-Offensive war in drei Hauptachsen organisiert. Die erste und größte Achse war diejenige von Awdijiwka, mit zwei unterstützenden Achsen (die Krasnohoriwka/Marjinka–Kurachowe-Achse entlang der Autobahn Donezk–Saporischschja und die Achse Nowomychajliwka–Wuhledar). Nach der Besetzung (und praktisch völligen Zerstörung) von Awdijiwka stürmten die russischen Truppen entlang der Eisenbahnlinie Donezk–Pokrowsk. Dank eines lokalen Durchbruchs im April übernahmen sie zunächst die Kontrolle über die hochgelegene Stadt Otscheretyne, bevor sie ihren Vormarsch bis nach Pokrowsk fortsetzten. Im Juli waren die ukrainischen Streitkräfte nicht in der Lage, die Linie zu halten, und gaben zwei (unvollendete) Verteidigungslinien auf.

Russland durchdringt poröse ukrainische Verteidigungslinien

Seit Dezember 2023 bereitet die ukrainische Armee überall im Lande neue Verteidigungsstellungen vor. Zunächst wurden eine Verteidigungslinie auf der ukrainischen Seite des Flusses Dnipro, zwei Linien in Saporischschja und weitere Verteidigungslinien an den Grenzen zu Polen und Belarus in den Oblasten Kyjiw, Tschernihiw, Sumy und Charkiw aufgebaut. Dieses Festungsprogramm war jedoch mit mehreren Problemen behaftet. Aufgrund der unzureichenden Vorbereitung blieb zu wenig Zeit, um neue feste Linien zu errichten. An der Pokrowsker Front wurden zwar fünf Verteidigungslinien mit Grabengeflechten, Panzerabwehrgräben und "Drachenzähnen" zum Aufhalten der Panzer errichtet. Die meisten dieser Linien sind aufgrund von Materialmangel, Korruption und anderer Probleme jedoch unvollständig geblieben. Darüber hinaus konnte die russische Armee leicht den Eisenbahnlinien und Straßen folgen, wo die Linien aufhörten. Die mangelhafte Vorbereitung der ukrainischen Verteidigung nach dem Fall von Awdijiwka und somit der Verteidigungslinie von 2014 ist einer der Hauptgründe für den russischen Vormarsch im Jahr 2024. So konnten die russischen Streitkräfte schließlich im August die Kontrolle über Hrodiwka und Nowohrodiwka erlangen, den letzten beiden Städten vor der Agglomeration Pokrowsk-Myrnohrad.

Obwohl vielfach davon ausgegangen wurde, dass die russische Armee als nächstes versuchen würde, die für die Ukraine logistisch und wirtschaftlich wichtige Stadt Pokrowsk einzunehmen, nachdem sie bis kurz vor die Stadt vorgedrungen war, ist dies nicht geschehen und die russischen Streitkräfte sind unter Umgehung von Pokrowsk südlich der Stadt vorgerückt. Warum? Weil sie die Chance sahen, die gesamte Frontlinie in diesem Teil der Region Donezk zum Einsturz zu bringen. Außerdem wäre ein Häuserkampf in einer so großen Stadt wie Pokrowsk für Russland mit großen Verlusten verbunden. Der Ballungsraum Pokrowsk-Myrnohrad hatte ca. 100.000 Tausend Einwohner, das ist mehr als Bachmut, das Russland 2023 nach langem Kampf und unter großen Verlusten einnahm.

Bereits die russische Offensive in Richtung der Kleinstädte Marjinka und Nowomychajliwka am westlichen Stadtrand von Donezk, die im Februar und April eingenommen werden konnten, gingen mit großen Verlusten einher. Laut einem an den Kämpfen beteiligten ukrainischen Soldaten wurden in dieser Offensive in nur sechs Monaten mehr als 300 russische Panzer und gepanzerte Fahrzeuge zerstört. Nach der Einnahme von Marjinka und Nowomychajliwka drangen die russischen Streitkräfte in Krasnohoriwka, einem weiteren Vorort von Donezk, ein. Die dortige Offensive war jedoch nicht so erfolgreich wie die etwas weiter nördliche Offensive in Richtung Pokrowsk und die russische Armee verlor an der zehn Jahre alten Verteidigungslinie Tausende von Männern und Hunderte Einheiten militärischer Geräte.

Der schnelle Vormarsch nördlich von Kurachowe im August 2024 wurde ermöglicht durch den Zusammenbruch der ukrainischen Verteidigungsanlagen in dieser Region. Nachdem die russischen Streitkräfte die Ortschaft Kostjantyniwka westlich von Nowomychajliwka (nicht zu verwechseln mit dem gleichnamigen Kostjantyniwka nördlich von Horliwka, Anm. d. Red.) gesichert hatten, fassten sie nördlich der stark befestigten Stadt Wuhledar Fuß. Diese von Hochhäusern, einer Mine und einem Industriekomplex geprägte Industriestadt liegt an einer wichtigen Kreuzung in südliche und östliche Richtung. Wuhledar war, da es auf einer Anhöhe liegt, hinter der die flache Steppe beginnt, eine strategisch wichtige Verteidigungsposition und wurde von der 72. mechanisierten Brigade mehr als zwei Jahre lang gehalten. Ende September eroberte Russland Wuhledar schließlich (ebenfalls unter großen Verlusten) und durchbrach somit die Süd-Donezker Frontlinie.

Nachdem die russischen Truppen bis zur dritten ukrainischen Verteidigungslinie bei Pokrowsk vorgerückt waren, verlagerten sie ihre Angriffe in südliche Richtung, übernahmen die Kontrolle über Ukrajinsk, folgten der Eisenbahnlinie Krasnohoriwka–Pokrowsk und drangen nach Norden vor. Im Oktober kesselten sie Selydowe, die letzte größere Stadt (ca. 23.000 Einwohner:innen) südlich von Pokrowsk, fast ein, die dann ohne größere Kämpfe fiel. Gleichzeitig drang die russische Armee in das verlassene Hirnyk und Kurachiwka nördlich des Wowtscha-Sees ein. Ende 2024 gelang die Eroberung von Schewtschenko, einer Kleinstadt südlich von Pokrowsk und drangen bis zur weiter westlich gelegenen Kleinstadt Udatschne vor. Außerdem gelang den russischen Streitkräften nach dem Fall von Wuhledar ein kleiner Durchbruch nach Welika Nowosilka, der Stadt, in der die im Sommer 2023 die ukrainische Gegenoffensive begann und wo zwei Verteidigungslinien von Saporischschja beginnen. In den letzten Tagen des Jahres 2024, nach einer russischen Offensive von Osten und Süden her, fiel schließlich Kurachowe, das für die Verteidigung der südlichen Donezker Region ein wichtige Rolle spielte.

Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass die russische Offensive 2024 bei Donezk die Frontlinie um ca. 35 Kilometer von Awdijiwka nach Pokrowsk und von Marjinka nach Kurachowe verlagert hat. Russland hat die "Schlacht von Donezk" klar gewonnen und die Großstadt sowie die strategisch wichtige Eisenbahnstrecke Mariupol–Donezk gesichert. 2024 eroberte Russland insgesamt 3.200 Quadratkilometer, wodurch sich die besetzte Gesamtfläche der Ukraine um 0,54 % auf insgesamt 18,14 % des Landes erhöhte. Davon entfiel der Großteil, ca. 2.500 Quadratkilometer bzw. fast 80 %, auf die Donezker Region, die damit klar im Zentrum der russischen Kriegsführung stand.

Russlands Geländegewinne in 2024 (in km2, pro Monat)

Es ist festzuhalten, dass es zwar territoriale Vorstöße gab, aber keinen größeren russischen Durchbruch, und die Situation, auch wenn sie manchmal kompliziert war, unter der Kontrolle der ukrainischen Armee blieb und die russische Armee nicht die Mittel und den Willen hatte, einen Durchbruch zu erzielen. Dieser hätte sie überdies gezwungen, ihre Logistik schnell zu verlagern, was Russlands Armee im Jahr 2022 herbe Niederlagen einbrachte.

Russlands Donezk-Offensive war für beide Seiten sehr kostspielig. Laut einem OSINT-Experten hat Russland 2.142 Einheiten militärischer Ausrüstung verloren, von denen 1.755 zerstört wurden, darunter 444 Panzer und 1.013 gepanzerte Kampffahrzeuge. Gleichzeitig verlor die Ukraine 505 Ausrüstungsgegenstände, von denen 372 zerstört wurden, darunter 85 Panzer und 124 gepanzerte Kampffahrzeuge

Was geschah an den anderen Frontabschnitten?

Der südliche Teil der Frontlinie in den Gebieten Cherson und Saporischschja blieb weitgehend inaktiv. An der Dnipro-Front in der Oblast Cherson beendete die Ukraine die Operation "Krinky", nachdem sie nach offiziellen ukrainischen Angaben mehr als 788 Soldaten verloren hatte. Diese flussübergreifende Operation dauerte von Oktober 2023 bis Juli 2024 und konnte die russischen Streitkräfte monatelang ablenken, die bei ihrer Gegenoffensive gegen ukrainische Drohnenteams schwere Verluste erlitten. Nach dieser Operation setzte Russland eine intensive Kampagne von Vergeltungsluftangriffen auf der ukrainischen Seite des Flusses fort und führte Dutzende von Drohnenangriffen auf ukrainische Zivilist:innen in Cherson durch. An der weiteren Frontlinie im Süden führten beide Seiten Angriffe bis tief ins gegnerische Gebiet gegen die Luftabwehr und andere militärische Einrichtungen durch. An Frontlinie in der Region Saporischschja eroberte Russland den größten Teil dessen zurück, was die Ukraine während der Gegenoffensive 2023 in Robotyne südlich von Orichiw und von Welika Nowosilka befreit hatte.

Im zentralen und nördlichen Teil der Oblast Donezk drang Russland im August in die Stadt Torezk ein, stieß aber auf großen Widerstand und zahlreiche ukrainische Gegenangriffe, bevor schließlich im Dezember 2024 der größte Teil von Torezk und das benachbarte Nju-Jork unter Kontrolle gebracht werden konnten. In Tschassiw Jar brauchte die russische Armee ebenfalls sechs Monate, um den Siwerskyj-Donez–Donbas-Kanal, die Hauptbefestigungslinie zwischen Bachmut und Tschassiw Jar, zu erreichen, und weitere sechs Monate, um eine Stellung auf der anderen Seite des Kanals zu festigen. In Siwersk und Lyman war Russland nicht in der Lage, vorzurücken, und scheiterte dort mit zahlreichen Offensiven. Diese Frontlinien sind allmählich sehr solide, mit eingegrabenen Stellungen und einer guten Verteidigungsorganisation. An der Frontlinie Charkiw-Luhansk gelang es Russland nach monatelangen Offensiven, den Fluss Oskil bei Senkowe südlich von Kupjansk zu erreichen und damit die Front Kupjansk–Lyman in zwei Teile zu zerschneiden; in einem kleinen Abschnitt überquerten die russischen Truppen auch den Oskil bei Dworitschna.

Grenzüberschreitende Operationen

Die aktuelle militärische Frontlinie ist ca. 950 Kilometer lang, von denen 600 Kilometer Frontabschnitt aktiv sind, während der Rest entlang des Flusses Dnipro verläuft. Der Großteil der langen russisch-ukrainischen Grenze (ca. 700 Kilometer) ist hingegen eine Art "schlafende Frontlinie". Beide Seiten führten allerdings einige grenzüberschreitende Operationen durch, wie z. B. die für die Ukraine kämpfenden russischen Freiwilligen in den russischen Regionen Belgorod und Brjansk im Mai 2023.

Im Mai 2024 startete Russland dann eine größere grenzüberschreitende Operation zur Eroberung von Gebieten. Ein neues russisches Korps, das "Nordkorps", drang dabei von Belgorod aus in die Oblast Charkiw ein und kämpfte nördlich von Lyptsi und Wowtschansk. Mit dieser Operation gelang es Russland, einige ukrainische Truppen aus dem Donbas abzulenken.

Im August 2024 dann, als Gerüchte über eine geplante grenzüberschreitende russische Offensive auf Sumy kursierten, startete die Ukraine überraschend eine erfolgreiche Offensive in die russische Region Kursk und brachte die Stadt Sudscha und etwa 1.000 km2 der Oblast Kursk unter Kontrolle. Der Ukraine ging es bei dieser Operation nicht darum, die Kontrolle über Kursk oder das Kernkraftwerk Kurtschatow zu erlangen, sondern darum, russisches Territorium als Faustpfand in möglichen Verhandlungen zu besetzen, russische Soldaten für den "Austauschfonds" gefangen zu nehmen sowie darum, den Druck auf die westlichen Verbündeten zu erhöhen, damit diese ihre Einschränkungen für den Einsatz von Langstreckenraketen auf russischem Gebiet aufheben. Nach fünf Tagen der Initiative und des Vorrückens, wurden der Vormarsch der ukrainischen Streitkräfte vor Korenewo und Beliza gestoppt. Russland leitete daraufhin zahlreiche Gegenoffensiven ein, die im Oktober mit dem Vorstoß südlich von Korenewo auch einen Erfolg erzielten. Russland verlegte Zehntausende von Soldaten in das Gebiet, darunter auch nordkoreanische Soldaten, die erstmals zum Einsatz kamen, was ein neues Eskalationslevel bedeutet, und konnte weitere Geländegewinne erzielen, so dass die Ukraine zum Jahresende 2024 noch rund 470 km2 russisches Territorium kontrollierte.

Die militärischen Strategien

Das Jahr 2024 hat zwei Hauptstrategien gezeigt, die sich von denen der ersten beiden Kriegsjahre unterscheiden. Die Frontlinie ist gut ausgebaut, die Grauzone ist klein, das Gelände ist vermint, die meisten Städte entlang der Frontlinie sind zerstört, es gibt überall Schützengräben und solide ausgebaute Stellungen auf beiden Seiten. Russlands anfängliche Strategie gegen alte (zwischen 2014 und 2022 befestigte) Minenfelder und Stellungen entlang der Frontlinie waren große mechanisierte Angriffe. Dies war zwar kostspielig, aber gegen vorbereitete Feuerstellungen und gut gebaute Verteidigungsanlagen notwendig. Nachdem Russland im Donbas große Teile der Linie von 2014 unter seine Kontrolle gebracht hatte, war es einfacher, vorzurücken. Sie begannen ihre Angriffe mit Luft- und Artillerieangriffen, auf die zahlreiche kleine, mobile Trupps von 5 bis 10 Soldaten folgten, die Städte und Stellungen gegen die überforderten ukrainischen Verteidiger infiltrierten. Dann wechselten sie zwischen diesen beiden Strategien hin und her.

Auf der anderen Seite hatte die Ukraine im ersten Halbjahr erst mit einem Mangel an Munition zu kämpfen und dann mit einem immer offensichtlicher werdenden Mangel an Soldaten. Wenn Russland angreift, ist die Ukraine gezwungen, eine rückläufige Verteidigung durchzuführen. Generell basiert die ukrainische Strategie auf der Verteidigung von Städten und der Vorbereitung von Verteidigungslinien. Und genau hier gelingt es der russischen Armee besser, Schlachten zu gewinnen: Indem sie zunächst die Städte umgeht, isoliert sie die ukrainische Logistik und dringt dann mit kleinen Gruppen von Infanteristen vor. Diese Strategie hat sich im Jahr 2024 bewährt.

Luft- und Seekrieg

Das Jahr 2024 brachte für beide Seiten eine Zunahme von Angriffen unterschiedlicher Art. Eine zentrale Neuerung des Jahres 2024 war das Lenkungsset für die FAB 500/1500/3000-Gleitbomben. Diese Bombe mit großer Sprengkraft, die Russland noch in großer Zahl aus alten Sowjetbeständen hat und die kaum von der Luftabwehr abgefangen werden können, wird von Kampfjets aus einer Entfernung von 40 bis 70 km vom Ziel abgeworfen. Nach Angaben der ukrainischen Regierung werden täglich schätzungsweise zwischen 100 und 150 Angriffe mit gelenkten Bomben an der gesamten Front durchgeführt. Darüber hinaus führte die russische Armee fast täglich Angriffe mit Shahed-Drohnen aus iranischer Produktion durch, manchmal begleitet von konventionellen oder auch Hyperschallraketen. Im November setzte Russland zum ersten Mal die neue Mittelstreckenrakete Oreshnik ein, die theoretisch auch mit einem nuklearen Sprengkopf bestückt werden kann. Russland nimmt mit den Luftangriffen gezielt Munitionsdepots, kritische Infrastrukturen (vor allem im Bereich des Energiesystems), militärische Ausbildungsstätten, Luftwaffenstützpunkte, Luftverteidigungs- und Marinestützpunkte der Ukraine ins Visier, aber auch zivile Einrichtungen wie Krankenhäuser oder Schulen.

Die Ukraine wiederum verstärkte ihre Angriffskampagne auf die Krim und russisches Territorium. Es gelang ihr, Munitionsdepots in Russland, Ausbildungszentren in der besetzten Ukraine sowie zahlreiche russische Öl- und Gasanlagen von Sotschi bis Kasan mit Drohnen, selbst hergestellten Raketenprototypen sowie (nach Erteilung der entsprechenden Erlaubnis im November) amerikanischen ATCMS und französisch-britischen Storm Shadow Raketen anzugreifen.

Im Jahr 2024 war die russische Marine angesichts des zunehmenden Einsatzes ukrainischer Marinedrohnen weniger aktiv als in den Vorjahren und verließ die Gewässer um die Krim herum größtenteils in Richtung russisches Festland (wo sie z. T. dennoch angegriffen wurde). Die ukrainischen Marinedrohnen werden immer leistungsfähiger und zahlreicher und können nun Raketen und andere Drohnen an Bord nehmen: Anfang 2025 schoss erstmals eine ukrainische Marinedrohne, die mit Raketen bestückt war, einen russischen Kampfhubschrauber südlich der Krim ab.

Was ist für 2025 zu erwarten?

Für die Ukraine wird das Jahr 2025 wahrscheinlich schwieriger sein als die Jahre 2023 und 2024. Erstens ist die militärische Lage im östlichen Teil des Landes, insbesondere im Bereich Donezk, nach wie vor schwierig. Es ist sehr wahrscheinlich, dass Russland versuchen wird, sowohl Pokrowsk als auch den Ballungsraum Kramatorsk-Slowjansk unter seine Kontrolle zu bringen. Sie werden zunächst versuchen, Pokrowsk von seinen Versorgungsketten abzuschneiden, bevor sie die Stadt schließlich einnehmen. Höchstwahrscheinlich werden sie darüber hinaus Torezk und Tschassiw Jar vollständig besetzen, bevor sie weiter in Richtung Kostjantyniwka, der Schlüsselstadt in Richtung Kramatorsk, vorrücken. Es ist nicht auszuschließen, dass Russland eine weitere Offensive startet: Richtung Dnipro, in die Oblaste Saporischschja oder an die Oskil-Frontlinie, die zwischen den Regionen Charkiw und Luhansk verläuft. Das Hauptziel Putins für 2025 dürfte die Sicherung des Donbas sein, d. h. die vollständige Kontrolle über die Oblaste Luhansk und Donezk. Derzeit kontrolliert Russland 99 % der Oblast Luhansk und 57 % der Oblast Donezk, während es 72 % der Oblaste Saporischschja und Cherson sowie noch 3,46 % der Oblast Charkiw und 0,5 % der Oblast Mykolajiw. Die Verwirklichung des einstigen "Noworossija"-Plans – der russischen Kontrolle von Charkiw bis Odesa – scheint derzeit eher unwahrscheinlich.

Mit Donald Trump als neuem US-Präsidenten wird es wahrscheinlich zu Gesprächsversuchen, vielleicht sogar zu Verhandlungen zwischen den beiden Kriegsparteien kommen. Im Hinblick auf eventuelle Gespräche wird die Ukraine daher versuchen, ihre Präsenz in Russland so lange wie möglich aufrechtzuerhalten. Trump ist unberechenbar, und was er entscheiden wird, könnte den Kriegsverlauf signifikant beeinflussen. Es ist jedoch schwer zu sagen, ob die Ukraine und Russland bereit sind, den Krieg zum derzeitigen Status quo zu beenden. Das Jahr 2025 könnte größere Überraschungen bringen als 2024.

Aus dem Englischen von Dr. Eduard Klein

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Clément Molin studiert internationale Beziehungen am Institut Libre des Relations Internationales et des Sciences Politiques (ILERI) in Lyon. Er ist Mitbegründer der Denkfabrik Atum Mundi, die sich auf internationale Beziehungen, Diplomatie und bewaffnete Konflikte spezialisiert hat. Er verfolgt den Krieg in der Ukraine und andere Konflikte auf seinem Twitter/X-Account (55.000 Follower).