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Kommentar: Rettungskräfte im Fadenkreuz: Russlands gezielte „Double-Tap“-Angriffe auf Notfalleinsätze | Ukraine-Analysen | bpb.de

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Kommentar: Rettungskräfte im Fadenkreuz: Russlands gezielte „Double-Tap“-Angriffe auf Notfalleinsätze Ukraine-Analysen Nr. 320

Anhelina Hrytsei

/ 4 Minuten zu lesen

Russland nimmt immer häufiger ukrainische Rettungskräfte mit „Double-Tap“-Angriffen ins Visier – ein mögliches Kriegsverbrechen, das die Retter:innen an ihrer Arbeit hindern soll.

Ein zerschossener Krankenwagen belegt, dass ukrainische Rettungskräfte immer wieder ins Visier geraten, obwohl sie völkerrechtlich geschützt sind. (© picture alliance/dpa | Stefan Sauer)

Herausgeber der Länderanalysen

Die Ukraine-Analysen werden von der Forschungsstelle Osteuropa an der Universität Bremen, der Deutschen Gesellschaft für Osteuropakunde e.V., dem Deutschen Polen-Institut, dem Leibniz-Institut für Agrarentwicklung in Transformationsökonomien, dem Leibniz-Institut für Ost- und Südosteuropaforschung und dem Zentrum für Osteuropa- und internationale Studien (ZOiS) gGmbH gemeinsam herausgegeben. Die Bundeszentrale für politische Bildung/bpb veröffentlicht die Analysen als Lizenzausgabe.

Seit Beginn der russischen Vollinvasion – und insbesondere seit Mitte 2024 – werden die ukrainischen Rettungsdienste gezielt durch russische Double-Tap -Angriffe ins Visier genommen. Solche Angriffe können als Kriegsverbrechen angesehen werden. Russlands Ziel scheint darin zu liegen, die ukrainischen Rettungskapazitäten zu schwächen, die Zivilbevölkerung zu terrorisieren und die lokale Widerstandsfähigkeit zu unterminieren.

Double-Tap-Angriffe als militärische Taktik und ihr Einsatz durch Russland in der Ukraine

Seit Beginn der russischen Vollinvasion und den landesweiten Angriffen retten die staatlichen ukrainischen Rettungsdienste (DSNS) Menschen aus brennenden Gebäuden und Trümmern und leisten Erste Hilfe nach russischen Angriffen. So auch am 4. April 2024, als gegen 1:00 Uhr nachts eine Shahed-Drohne ein Wohnhaus in Charkiw in der Ostukraine traf. Der Angriff beschädigte mehrere Etagen und tötete eine Zivilistin. Rettungskräfte des DSNS trafen innerhalb von zehn Minuten am Ort des Geschehens ein.

Etwa um 1:50 Uhr erschütterten erneute Explosionen die Stadt. Eine Drohne schlug in der Nähe der Rettungsfahrzeuge ein. Drei Retter kamen ums Leben, ein weiterer wurde verletzt; auch eine Krankenschwester und ein Polizist wurden verwundet.

Dieses Ereignis ist ein typisches Beispiel für einen Double-Tap-Angriff – eine brutale militärische Taktik, bei der zwei oder mehr aufeinanderfolgende Schläge denselben Ort treffen, meist im Abstand von zehn Minuten bis mehreren Stunden. Der zeitliche Abstand ermöglicht es den Rettungskräften, mit ihrer Arbeit zu beginnen, während die gezielte Verzögerung den Fokus des Angriffs vom ursprünglichen Ziel auf die Einsatzkräfte selbst verschiebt. Da diese gemäß dem humanitären Völkerrecht geschützt sind, können direkte Angriffe auf sie, ihre Einrichtungen oder ihre Technik ein Kriegsverbrechen darstellen.

Von Februar 2022 bis Ende August 2024 verifizierte die ukrainische Menschenrechtsorganisation Truth Hounds 36 Fälle russischer Double-Tap-Angriffe. In mehr als 50 Prozent dieser Fälle wurden DSNS-Mitarbeitende verletzt oder getötet. Mehr als 60 weitere dokumentierte Vorfälle weisen ebenfalls Merkmale solcher Angriffe auf, konnten aber mangels Daten nicht vollständig überprüft werden.

Seit der zweiten Jahreshälfte 2024 treten Double-Tap-Attacken immer häufiger auf – und scheinen sich 2025 weiter zu intensivieren. Während sie sich vor allem auf Frontgebiete konzentrieren, wurden auch Vorfälle in Städten weit entfernt von der Front registriert, etwa in Nischyn (Oblast Tschernihiw), über 200 km von den Kampfhandlungen entfernt. Pro-russische Medien und Telegram-Kanäle haben die Anwendung dieser Taktik wiederholt bestätigt und betont, dass insbesondere DSNS-Beschäftigte das Hauptziel seien.

Mögliche Zwecke der Double-Tap-Angriffe

Diese Angriffe erfüllen offenbar eine doppelte Funktion. Zum einen sollen sie die Einsatzfähigkeit der Rettungsdienste schwächen. Die ständige Bedrohung eines zweiten Schlages zwingt die Rettungskräfte dazu, Einsätze zu unterbrechen und Schutz zu suchen, was die Überlebenschancen Verschütteter stark reduziert. Zudem werden Geräte und Technik zerstört und Einsatzkräfte getötet oder verletzt, was besonders in kleineren Orten mit nur wenig Personal und begrenzten Ressourcen gravierende langfristige Folgen hat. In manchen Frontstädten – etwa in Kostjantyniwka (Oblast Donezk) – musste die örtliche DSNS-Einheit vollständig evakuiert werden.

Laut DSNS wurden bis Ende Juni 2025 über 100 Retter:innen getötet und mehr als 500 verletzt, viele von ihnen durch Double-Tap-Angriffe. Hinzu kommt die enorme psychische Belastung der Ersthelfenden: Neben den alltäglichen Gefahren ihrer Arbeit müssen sie ständig damit rechnen, selbst zur Zielscheibe zu werden – oft unmittelbar nach dem Verlust von Kolleg:innen.

Zum anderen dienen systematische Double-Tap-Angriffe dazu, die Bevölkerung zu terrorisieren und das Vertrauen in staatliche Strukturen zu schwächen. In betroffenen Regionen entsteht das Gefühl, dass im Notfall niemand mehr helfen wird. Das begünstigt die Flucht der Zivilbevölkerung und schwächt die gesellschaftliche Resilienz. Außerdem kann das Vertrauen in den Staat sinken, wodurch Forderungen nach politischen oder territorialen Zugeständnissen an Russland lauter werden könnten.

In der Ukraine jedoch gelten Rettungskräfte weithin als Held:innen – Symbole der Hoffnung und des Durchhaltewillens, besonders in Frontgemeinden.

Ein Bericht der White Helmets zeigt, dass Russland diese Taktik schon in Syrien zwischen 2015 und 2023 einsetzte, wobei zahlreiche freiwillige Rettungskräfte getötet oder verletzt wurden. Diese Parallelen verdeutlichen, wie Straflosigkeit bei Kriegsverbrechen transnationale Nachahmungseffekte begünstigt. Daher sind internationale Solidarität, Unterstützung der ukrainischen Rettungsdienste und rechtliche Verfolgung der Täter:innen entscheidend, um Gerechtigkeit für die Opfer und ihre Familien zu erreichen.

Russische Anschuldigungen gegenüber der Ukraine

Die russischen Besatzungsbehörden werfen auch der Ukraine vor, Double-Tap-Taktiken einzusetzen. Medienberichte darüber sind jedoch selten, und unabhängige Verifizierungen sind wegen fehlenden Zugangs zu den besetzten Gebieten kaum möglich. In Russland wie auch in den besetzten ukrainischen Gebieten herrscht keine Pressefreiheit, weshalb die Glaubwürdigkeit lokaler Quellen stark eingeschränkt ist. Eine seriöse Untersuchung dieser Behauptungen wird erst möglich sein, wenn internationale Expert:innen Zugang zu den betroffenen Gebieten erhalten.

Weitere Inhalte

Anhelina Hrytsei ist für die ukrainische Menschenrechtsorganisation Truth Hounds tätig und Praktikantin an der Forschungsstelle Osteuropa an der Universität Bremen. Sie hat Internationale Beziehungen an der Nationalen Universität Kyjiwer-Mohyla-Akademie studiert und macht derzeit ihren Master in Friedens- und Konfliktforschung an der Universität Uppsala. Ihr Forschungsinteresse gilt der Dokumentation und Aufarbeitung von russischen Kriegsverbrechen in der Ukraine.