Interner Link: Version des Textes von 2018
In den zurückliegenden zwei Jahrzehnten gab es in der Europäischen Union (EU) umfangreiche Bestrebungen, die Regeln für Asylverfahren, die Anerkennung von Schutzbedürftigen und die Aufnahmebedingungen zu vereinheitlichen. Trotzdem bestehen in der Praxis weiterhin große Unterschiede beim Umgang mit Asylsuchenden und Flüchtlingen in den europäischen Staaten.
In den bisherigen beiden Harmonisierungsrunden des Interner Link: Gemeinsamen Europäischen Asylsystems (GEAS) der 2000er und frühen 2010er Jahre konnten sich die EU-Staaten in zwei wesentlichen Fragen nicht auf adäquate Lösungen einigen. Dies betrifft zum einen die Verantwortungsteilung und zum anderen die Schaffung ausreichender legaler und sicherer Einreisemöglichkeiten für Schutzsuchende. Die historisch hohen Zuzüge von Asylsuchenden in den Jahren Interner Link: 2015 und Interner Link: 2016 erreichten die EU und ihre Mitgliedstaaten weitgehend unvorbereitet und haben zu intensiven und anhaltenden Konflikten zwischen und innerhalb von EU-Staaten geführt. Zugleich hat sich das Ringen um eine Weiterentwicklung des GEAS intensiviert.
Krise der europäischen Flüchtlingspolitik
In den Jahren 2015 und 2016 sind so viele Asylbewerberinnen und -bewerber nach Europa gekommen wie nie zuvor. 2015 wurden nach Angaben der europäischen Statistikbehörde Eurostat in den 28 EU-Staaten zusammen 1,32 Millionen Asylanträge (darunter 1,26 Millionen Erstanträge) registriert, 2016 waren es 1,26 Millionen (darunter 1,21 Millionen Erstanträge) (siehe Abbildung 1). Die hohen Asylantragszahlen haben mehrere Ursachen.
Entwicklung der Asylantragszahlen (Erst- und Folgeanträge) in den 28 EU-Staaten 1998-2018 (Interner Link: Grafik zum Download) Lizenz: cc by-nc-nd/3.0/de/
Entwicklung der Asylantragszahlen (Erst- und Folgeanträge) in den 28 EU-Staaten 1998-2018 (Interner Link: Grafik zum Download) Lizenz: cc by-nc-nd/3.0/de/
Seit 2013 hat die Zahl der Interner Link: Menschen, die sich weltweit auf der Flucht befinden, deutlich Interner Link: zugenommen.
Obwohl sich an dieser Situation bislang nichts geändert hat, sind die Asylantragszahlen in der EU seit 2016 deutlich gesunken. Im Jahr 2017 registrierten die EU-Mitgliedstaaten insgesamt 712.235 Asylanträge (darunter 654.610 Erstanträge). 2018 waren es 645.725 Anträge (darunter 586.050 Erstanträge). Der Rückgang ist zum Teil auf die von der EU und den Mitgliedstaaten ergriffenen politischen Maßnahmen zur Eindämmung der Fluchtmigration nach Europa zurückzuführen.
Die Auswirkungen der Fluchtzuwanderung auf die einzelnen EU-Mitgliedstaaten waren und sind sehr verschieden. Im Fünfjahreszeitraum 2014-2018 wurden die meisten Asylanträge in Interner Link: Deutschland, Italien, Interner Link: Frankreich, Interner Link: Schweden und Ungarn registriert (siehe Abbildung 2). In einer ganzen Reihe von Staaten – darunter zahlreiche osteuropäische Staaten – wurden hingegen kaum Asylanträge gestellt. Die Verteilung der Asylbewerberinnen und Asylbewerber auf die Mitgliedstaaten gestaltete sich somit sehr ungleich, sowohl in absoluten Zahlen als auch im Verhältnis zur Bevölkerungsgröße.
Große Unterschiede bei den Schutzquoten
Asylerstanträge in den 28 EU-Mitgliedstaaten (EU-28) 2014 bis 2018 (Interner Link: Grafik zum Download) Lizenz: cc by-nc-nd/3.0/de/
Asylerstanträge in den 28 EU-Mitgliedstaaten (EU-28) 2014 bis 2018 (Interner Link: Grafik zum Download) Lizenz: cc by-nc-nd/3.0/de/
Die hohe Zahl der Asylanträge führte zunächst zu einem erheblichen Rückstau an Asylverfahren (September 2016: 1,24 Millionen anhängige Verfahren)
Die EU-Migrationsagenda und der Streit um das Relocation-Programm
Die EU-Mitgliedstaaten ringen seit vielen Jahren um einen gemeinsamen Kurs in der Asylpolitik, nicht erst seit der umfangreichen Fluchtzuwanderung 2015. Bewegung in die europäische Flüchtlingspolitik kam aber erst nach mehreren größeren Interner Link: Flüchtlingstragödien im Mittelmeer.
Die Vorschläge der EU-Kommission führten zu Streit zwischen den Mitgliedstaaten. Insbesondere die osteuropäischen Staaten, Spanien und das Vereinigte Königreich machten deutlich, dass sie nicht bereit waren, deutlich mehr Flüchtlinge aufzunehmen als bisher. Sie verwiesen u.a. auf eigene sozioökonomische Probleme und die mangelnde Aufnahmebereitschaft ihrer Bevölkerungen. Für eine innereuropäische Umverteilung sprachen sich hingegen an wichtigen Migrationsrouten liegende Staaten wie Interner Link: Griechenland, Italien und Malta aus. Auch die Regierungen von Staaten mit hohen Asylantragszahlen wie Interner Link: Deutschland, Interner Link: Österreich, Belgien oder Interner Link: Schweden plädierten für eine stärkere Verantwortungsteilung innerhalb der EU. Trotz des Streits einigten sich die Staats- und Regierungschefs auf dem EU-Gipfel am 25./26. Juni 2015 darauf, 40.000 Asylbewerber aus Griechenland und Italien umzusiedeln sowie weitere 20.000 Flüchtlinge über Interner Link: Resettlement aus Drittstaaten aufzunehmen.
Als die Zahl der neuankommenden Schutzsuchenden in den Sommermonaten 2015 weiter stieg, schlug die Kommission die Umsiedlung weiterer 120.000 Asylbewerberinnen und -bewerber aus Italien, Griechenland und Ungarn vor. Am 22. September 2015 stimmte der Innenministerrat diesem Vorschlag zu.
Die Umsiedlung im Rahmen des Relocation-Programms vollzog sich in der Folge äußerst schleppend und war am Ende mäßig erfolgreich: Insgesamt wurden bis Ende 2018 nur rund 34.700 der geplanten 160.000 Asylbewerberinnen und -bewerber aus Griechenland und Italien in andere EU-Staaten umgesiedelt.
Die "Schließung" der Balkan-Route und die EU-Türkei-Vereinbarung
Die hohen Zahlen neuankommender Schutzsuchender an den griechischen und italienischen Küsten und in den westeuropäischen Zielstaaten gingen mit Bildern von toten Geflüchteten einher. Ein temporärer Kontrollverlust beim Grenzschutz und Ängste vor Terroranschlägen durch radikalisierte Flüchtlinge setzten die politischen Entscheidungsträgerinnen und -träger in der EU unter Druck. Auf die hohen Zuzüge ab Sommer 2015 reagierten mehrere Staaten zunächst mit der Einführung von nationalen Grenzkontrollen. Zudem verschärften viele EU-Mitgliedsländer ihre jeweiligen asylrechtlichen Regelungen, darunter v.a. Staaten mit hohen Zuzügen wie Interner Link: Deutschland, Interner Link: Schweden, Österreich und Ungarn.
Eine Gruppe von Staaten, angeführt von Österreich, sprach sich für eine Schließung der sogenannten Balkanroute aus. Sie machten die griechischen Behörden für einen unzureichenden Schutz der EU-Außengrenzen verantwortlich und wollten das Land isolieren, indem Mazedonien seine Grenze schließen sollte. Flüchtlinge würden so gezwungen, in Griechenland zu bleiben, wodurch eine Überfahrt über die Ägäis unattraktiv erschiene. Ab Mitte November 2015 begannen Mazedonien, Serbien und Kroatien damit, nur noch syrische, afghanische und irakische Staatsangehörige ihre Grenzen passieren zu lassen. Später wurden Tageskontingente eingeführt, die die Migrationsbewegungen verlangsamen und die Zahl der nach Mitteleuropa weiterreisenden Schutzsuchenden reduzieren sollten.
Diese mündeten in die Interner Link: Türkei-EU-Erklärung vom 18. März 2016. Der Vereinbarung zufolge sollte die Türkei alle ab dem 20. März 2016 über ihr Territorium irregulär in die EU eingereisten (Flucht-)Migrantinnen und Migranten zurückzunehmen. Im Gegenzug würde die EU für jede zurückgenommene Person aus Syrien eine in der Türkei bereits als Flüchtling anerkannte und aus Syrien stammende Person aufnehmen. Diese Regelung wurde jedoch auf 72.000 Plätze begrenzt. Darüber hinaus sicherte die EU zu, dass ihre Mitgliedstaaten eine größere Zahl schutzbedürftiger Personen aus der Türkei aufnehmen würden, sobald die irregulären Grenzübertritte zwischen der Türkei und der EU erheblich und nachhaltig zurückgehen. Zudem sagte die EU der Türkei zusätzliche drei Milliarden Euro für die Unterstützung Interner Link: der dort lebenden Flüchtlinge zu. Zahlreiche Flüchtlings- und Menschenrechtsorganisationen kritisierten die Vereinbarung mit der Türkei, da sie die Interner Link: Rechte von Flüchtlingen verletze.
Die Zahl neuankommender Schutzsuchender auf den griechischen Inseln ging nach Abschluss der Vereinbarung deutlich zurück. Die auf der östlichen Mittelmeerroute erfassten Ankünfte blieben auch 2017 und 2018 relativ niedrig. Dennoch ist umstritten, welchen Anteil die EU-Türkei-Erklärung daran hat. Skeptiker weisen darauf hin, dass die Zahl der monatlichen Neuankünfte, die im Oktober 2015 mit 211.663 Asylsuchenden ihren Höhepunkt erreichte, bereits vor der Einigung mit der Türkei rückläufig war.
Die Türkei drohte mehrfach, die Vereinbarung aufzukündigen, hat dies aber bislang nicht getan. Bis Ende Februar 2019 nahmen EU-Staaten 20.292 syrische Flüchtlinge im Rahmen der Vereinbarung aus der Türkei auf. Im Gegenzug wurden rund 2.500 Geflüchtete sowie Migrantinnen und Migranten von den griechischen Inseln in die Türkei zurückgeführt. Weitere 3.421 Personen sind seit Juni 2016 im Rahmen der sogenannten Interner Link: freiwilligen Rückkehr und mit finanzieller Unterstützung in die Türkei zurückgekehrt.
Trotz deutlich rückläufiger Ankunftszahlen sind die Auffangzentren (sogenannte Hotspots) auf mehreren griechischen Inseln überfüllt. Menschenrechtsorganisationen kritisieren die schlechten humanitären Zustände und die sehr langen Asyl- bzw. Zulässigkeitsverfahren.
Während die Zuzüge über die östliche und zentrale Mittelmeerroute deutlich gesunken sind und auch Anfang 2019 auf vergleichsweise niedrigem Niveau verbleiben, sind die Ankünfte über die westliche Mittelmeerroute (von Marokko nach Spanien) in den vergangenen Jahren kontinuierlich gestiegen (2018: 58.569 Ankünfte).
Erneute GEAS–Reform
Internationale Organisationen und Nichtregierungsorganisationen dokumentieren immer wieder zum Teil gravierende Verletzungen der Rechte von Asylsuchenden in einigen EU-Staaten und weisen auf die Schwachstellen des GEAS hin.
Stärkung europäischer Agenturen
Im Zuge der Bestrebungen, das GEAS zu reformieren, erfuhren zwei Europäische Agenturen eine erhebliche Stärkung.
Im Interner Link: März und April 2019 beschlossen Rat und EU-Parlament, Frontex weiter zu stärken. So soll bis 2027 eine ständige Reserve von 10.000 Grenzschutzbeamtinnen und -beamten eingerichtet werden. Zudem wurden die Befugnisse der Agentur erweitert. Bedienstete von Frontex sollen künftig stärker operative Aufgaben wahrnehmen, etwa Identitätsfeststellungen durchführen oder Einreisegenehmigungen an den EU-Außengrenzen erteilen, allerdings nur mit Zustimmung des jeweiligen Mitgliedstaats.
Auch Externer Link: das Europäische Unterstützungsbüro für Asylfragen (EASO) soll zu einer EU-Agentur ausgebaut werden. Einen Vorschlag für eine entsprechende Verordnung legte die Kommission im Mai 2016 vor. Diese neue Europäische Asylagentur soll u.a. bewerten, wie die Mitgliedstaaten die europarechtlichen Vorgaben im Asylrecht umsetzen. Zudem soll sie EU-Staaten, die durch eine hohe Asylzuwanderung unter Druck geraten, operativ und technisch unterstützen. Dazu sind etwa "Asyl-Unterstützungsteams" vorgesehen, die auch ohne Anfrage des betreffenden Mitgliedstaats tätig werden können. Sie sollen bei der Identifikation und Registrierung von Asylsuchenden helfen sowie bei der Antragsprüfung unterstützen. Möglich ist auch die Mithilfe bei der Einrichtung von Aufnahmeeinrichtungen. Bisher ist EASO vor allem im Bereich der Weiterbildung und der Informationsbereitstellung aktiv.
Trotz zahlreicher Einigungsversuche konnten sich die EU-Mitgliedstaaten bis zum Ende der Legislaturperiode im Frühjahr 2019 nicht auf eine Reform der gemeinsamen Asylpolitik einigen. Hauptstreitpunkt ist weiterhin die Frage der Verteilung von Asylsuchenden. Zwar wurde zu mehreren Richtlinien und Verordnungen des GEAS (siehe oben) weitgehende Einigung erzielt. Jedoch konnten sie nicht verabschiedet werden, da vor allem südeuropäische Staaten eine Einigung nur inklusive der reformierten Dublin-Verordnung verabschieden will. Über diese streiten die Mitgliedstaaten aber immer noch. Auch die Verabschiedung der Verordnung zur Stärkung des EASO steht noch aus. Einzig der Ausbau von Frontex wurde beschlossen.
Ausbau der externen Migrationspolitik
Im Juni 2016 kündigte die EU-Kommission die Erweiterung und Intensivierung der Interner Link: externen Migrationspolitik an.
Nachdem die Zuzüge über die östliche Mittelmeerroute im Frühjahr 2016 deutlich zurückgegangen waren, geriet die Migration über die zentrale Mittelmeerroute von Nordafrika nach Italien (wieder) stärker in den Fokus der Aufmerksamkeit. Nach dem Vorbild der Interner Link: EU-Türkei-Vereinbarung strebten europäische Regierungsvertreter ähnliche Vereinbarungen mit nordafrikanischen Staaten an, vor allem mit Interner Link: Libyen. 2016 und 2017 war es wichtigstes Transitland für (Flucht-)Migrantinnen und -migranten, die über das Mittelmeer nach Europa gelangen wollten. Trotz des anhaltenden Konflikts in Interner Link: Libyen begannen die EU und Italien (bilateral) eine Kooperation mit unterschiedlichen libyschen Akteuren. Anfang Interner Link: Februar 2017 fassten erst Italien und dann die EU Beschlüsse, die darauf zielen, die Zuwanderung über Libyen deutlich zu reduzieren. Vereinbart wurde u.a. die weitere Ausrüstung und Ausbildung der libyschen Marine und Küstenwache. Diese soll ablegende Boote möglichst noch in nationalen Gewässern vor der libyschen Küste aufgreifen und nach Libyen zurückführen. Darüber hinaus wurden finanzielle Mittel für die Verbesserung der Gesundheitsversorgung und der Aufnahmebedingungen in den Auffangzentren in Libyen zugesagt. Auch wollen Italien und die EU dabei helfen, die libyschen Grenzen im Süden, also zum Tschad, Sudan, Ägypten und Algerien stärker zu kontrollieren und zu sichern. Die Zahl der Mittelmeerüberquerungen über die zentrale Route ging ab Sommer 2017 deutlich zurück. Dies kann auf die Interner Link: Anstrengungen der EU zur Kontrolle von Migrationsrouten in Afrika, die Kooperation der italienischen Regierung mit libyschen Milizen sowie das Erschweren Interner Link: der häufig von privaten Hilfsorganisationen geleisteten Seenotrettung zurückgeführt werden. Menschenrechtsorganisationen kritisieren die Rückführung von auf See aufgegriffenen Geflüchteten in sogenannte "detention centers" (Haftzentren) in Libyen, in denen u.a. Folter und Tod drohen.
Streit um Ausschiffung und Seenotrettung
Eine Zuspitzung erfuhr die Diskussion um Seenotrettung und die Kooperation mit Libyen, als die im März 2018 neu gewählte italienische Regierung (Fünf Sterne/Lega) die bis dahin etablierte Praxis der Aufnahme von im Mittelmeer geretteten Personen durch Italien weitgehend beendete. Trotz deutlich sinkender Zuwanderung über die zentrale Mittelmeerroute verfolgt die italienische Regierung einen restriktiven migrationspolitischen Kurs. Dies hängt auch mit der anhaltenden Uneinigkeit der EU-Mitgliedstaaten über die Verteilung von Schutzsuchenden zusammen. Italien ist nicht mehr bereit, weitgehend allein die Verantwortung für Menschen zu tragen, die über das zentrale Mittelmeer in die EU gelangen. In diesem Kontext setzten einige EU-Staaten, darunter Frankreich, die in der Vergangenheit bereits mehrfach gescheiterte Idee auf die Agenda, in Drittstaaten Asylzentren einzurichten.
Die Politik der italienischen Regierung, Schiffe mit geretteten (Flucht-)Migrantinnen und Migranten an Bord nicht mehr in italienische Häfen einlaufen zu lassen, führte ab Sommer 2018 dazu, dass solche Schiffe über viele Tage auf die Erlaubnis warten mussten, in einem europäischen Hafen anlegen zu dürfen. Mehrfach erklärten sich europäische Regierungen erst nach längeren Verhandlungen bereit, die geretteten Personen aufzunehmen. Die Blockadepolitik Italiens führte Ende Interner Link: März 2019 zu einer de facto-Beendigung des gemeinsamen Marineeinsatzes EUNAVFOR MED Operation Sophia. Diese Operation im zentralen Mittelmeer zielte seit Sommer 2015 auf die Bekämpfung von Schlepperbanden. Die Crews der Einsatzschiffe retteten bei ihren Einsätzen etwa 49.000 Menschen aus Seenot. Daher hatte die von Italien geführte Leitstelle in Rom seit dem Frühsommer 2018 keine Schiffe mehr zu einem Rettungseinsatz nahe der libyschen Küste entsandt.
Ausbau legaler und sicherer Einreisewege
Menschenrechts- und Flüchtlingshilfsorganisationen rufen regelmäßig dazu auf, für Schutzsuchende mehr legale und sichere Einreisewege in die EU zu schaffen, damit sie nicht gezwungen werden, auf gefährlichen und irregulären Wegen nach Europa zu gelangen. Zwar erfüllten die EU-Mitgliedstaaten ihre Zusagen für das in der EU-Migrationsagenda vorgesehene Resettlement-Programm und nahmen in den Jahren 2015 bis 2017 mehr Personen auf als in der Vergangenheit. Im September 2017 schlug die EU-Kommission vor, dass die Mitgliedstaaten bis Oktober 2019 mindestens 50.000 Flüchtlinge über Interner Link: Resettlement aufnehmen sollten und stellte hierfür 500 Millionen Euro zur Verfügung.
Ausblick
Trotz zahlreicher Einigungsversuche konnten sich die EU-Mitgliedstaaten bis zum Ende der Legislaturperiode im Frühjahr 2019 nicht auf eine Reform der gemeinsamen Asylpolitik einigen. In den zurückliegenden Jahren wurden lediglich Maßnahmen des Außengrenzschutzes und der erweiterten Kooperation mit Transitstaaten beschlossen. Die Verabschiedung mehrerer Richtlinien und Verordnungen zur Reform des GEAS, inklusive des Ausbaus des Europäischen Asylunterstützungsbüros (EASO), wurde bis zum Ende der Legislaturperiode im Frühling 2019 blockiert, obwohl in vielen Punkten Einigung erzielt wurde. Eine der zentralen Aufgaben für die neue Legislaturperiode ist somit eine Einigung bei der Dublin-Verordnung, an die mehrere Staaten ihre Zustimmung zum Gesamtreformpaket der GEAS-Reform geknüpft haben.
Die deutlich gesunkenen Zahlen neu in der EU ankommender Flüchtlinge lassen die Krise der Migrations- und Flüchtlingspolitik in der öffentlichen Wahrnehmung zwar etwas in den Hintergrund treten. Es bestehen jedoch weiterhin große Herausforderungen in Flüchtlingsschutz und Asylpolitik. So ist etwa die Zahl der Menschen, die weltweit vor Krieg und Verfolgung fliehen, in den letzten Jahren weiter gestiegen. Auch andere Migrationsmotive – etwa Armut, Korruption, Perspektivlosigkeit oder Interner Link: Klimawandel – bestehen fort.
Ob und wie die notwendige und angestrebte Reform der europäischen Asylpolitik gelingen wird, bleibt angesichts der äußerst unterschiedlichen Positionen der EU-Mitgliedstaaten ungewiss.
Dieser Text ist Teil des Interner Link: Länderprofils Europäische Union.